OGH 5Ob130/11w

OGH5Ob130/11w14.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1.) B*****gesellschaft mbH, FN *****, 28.) R***** M***** OEG, FN *****, und 28 weiterer Antragsteller, wegen grundbücherlicher Eintragungen in EZ ***** GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der 28. Antragstellerin R***** M***** OEG, *****, vertreten durch Dr. Peter Schlösser, Rechtsanwalt in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 25. November 2010, AZ 4 R 257/10h, mit dem der Rekurs der 28. Antragstellerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom 22. März 2010, TZ 4530/10, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der 28. Antragstellerin wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Wie das Rekursgericht in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung ausführt, sind die in ihren bücherlichen Rechten beeinträchtigten Personen zur Anfechtung von Grundbuchsbeschlüssen nur dann legitimiert, wenn deren Antrag nicht oder doch nicht vollständig stattgegeben wurde (Marent/Feil/Preisl, Grundbuchsrecht² § 122 Rz 5; Rassi, Grundbuchsrecht Rz 474). Unabhängig von der Frage nach der materiell-rechtlichen Beschwer erfordert eine Rechtsmittelzulässigkeit immer jedenfalls auch die formelle Beschwer (vgl 5 Ob 119/08y; 5 Ob 185/08d; 7 Ob 49/04p mwN ua). Die formelle Beschwer als besondere Ausprägung des Rechtschutzinteresses in höherer Instanz liegt nicht vor, wenn dem Antrag zur Gänze stattgegeben wurde (RIS-Justiz RS0006587; RS0006491 [T3, T4]; RS0006693; 5 Ob 1162/95, 5 Ob 242/05g = NZ 2006, 309 [zust Hoyer]; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 122 Rz 55 mwN). Diese Grundsätze kommen nur dann nicht zum Tragen, wenn im Rechtsmittel geltend gemacht wird, dass der Antrag mangels Vollmacht in Wahrheit gar nicht gestellt worden sei (5 Ob 242/05g). Ergibt sich dabei ein Vollmachtsmangel aus dem Gesuch oder den mit diesem vorgelegten Urkunden, so verstößt dessen Geltendmachung auch nicht gegen das in § 122 Abs 2 GBG normierte Neuerungsverbot (vgl RIS-Justiz RS0106932 [T1]; 5 Ob 117/97k; 5 Ob 242/05g).

2. Die Befugnis zum Einschreiten muss im Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs gegeben sein (5 Ob 117/97k; Hoyer, Prüfungsrecht und Prüfungspflicht des Grundbuchsrichters, in FS Kralik [1986], 215 [224]). Dabei kann sich nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ein Notar (ebenso wie der Rechtsanwalt), ohne einen schriftlichen Vollmachtsnachweis vorlegen zu müssen, auch im Grundbuchsverfahren (vom Fall begründeter Zweifel abgesehen) hinsichtlich seiner Bevollmächtigung auf § 5 Abs 4a NO (für den Rechtsanwalt: § 30 Abs 2 ZPO) berufen (RIS-Justiz RS0035804).

3. Der für sämtliche Antragsteller und damit auch für die Revisionsrekurswerberin im Grundbuchsverfahren einschreitende Notar hat sich gemäß § 77 GBG und § 5 Abs 4a NO auf die ihm von allen erteilte Vollmacht berufen. Die anwaltlich vertretene 28. Antragstellerin hat im Rekursverfahren nicht behauptet, keine Vollmacht zum Einschreiten im Grundbuchsverfahren erteilt und damit den Antrag gar nicht gestellt zu haben. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die 28. Antragstellerin durch die vollständige Stattgebung des (auch) in ihrem Namen eingebrachten Antrags formell nicht beschwert und ihr Rechtsmittel daher unzulässig sei, ist daher zutreffend.

4. Eine erhebliche Rechtsfrage spricht die 28. Antragstellerin auch dadurch nicht an, dass sie erstmals im Revisionsrekursverfahren geltend macht, es habe keine ausreichende Verfügungsvollmacht nach § 31 Abs 6 GBG zum Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags vorgelegen, weswegen auch keine Anerkennung des Nutzwertgutachtens erfolgen habe können. Mit dieser Behauptung macht die Revisionsrekurswerberin eine materielle Beschwer geltend, die immer dann vorliegt, wenn die (materielle oder prozessuale) Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung beeinträchtigt wird. Die vom Rekursgericht verneinte Rechtsmittelzulässigkeit erfordert aber - wie erwähnt - jedenfalls das Vorliegen einer formellen Beschwer (5 Ob 119/08y; 5 Ob 185/08d).

Stichworte