OGH 9ObA106/11w

OGH9ObA106/11w29.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Wolfgang Birbamer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei J***** U*****, vertreten durch Dr. H. Mayrhofer, Dr. K. H. Plankel, Mag. S. Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei A***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte Gesellschaft mbH in Wien, wegen 36.340 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. Dezember 2010, GZ 8 Ra 111/10t-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach § 24 Abs 3 Z 1 HVertrG 1993 besteht ein angemessener Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Abs 1 HVertrG unter anderem dann nicht, wenn der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, dass dem Unternehmer zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 HVertrG 1993 darstellen, „hiezu begründeten Anlass gegeben haben“. Der Ausdruck „Anlass gegeben“ stellt auf eine bestimmte innere Motivation des Handelsvertreters ab (8 ObA 5/04z; 9 ObA 106/09t; 9 ObA 16/10h ua). Ob derartige Gründe vorliegen, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (vgl 9 ObA 106/09t; RIS-Justiz RS0108379 ua).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass der einzige vom Kläger auch noch in der außerordentlichen Revision geltend gemachte Grund der Änderung der Eigentümerstruktur der Beklagten nicht den Anlass für seine Kündigung gegeben hat, beruht auf einer bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl dazu 9 ObA 102/10f; 8 ObA 40/11g) und ist jedenfalls vertretbar. Nach den Feststellungen wurde die tatsächliche Unabhängigkeit der Beklagten durch den Verkauf ihrer Holdinggesellschaft bis zum Ausscheiden des Klägers nicht berührt. Den Ausführungen in der Revision, der Kläger habe infolge der von ihm befürchteten vermeintlichen Beeinträchtigung dieser Unabhängigkeit sein Verkaufspräsentationskonzept, das auf dieser Unabhängigkeit beruhte, ändern müssen, wodurch er Umsatzeinbußen erlitten habe, liegt kein entsprechendes Vorbringen im Verfahren erster Instanz zugrunde, sodass es sich dabei um unbeachtliche Neuerungen handelt.

Da kein der Beklagten zurechenbarer Umstand vorlag, der dem Kläger einen begründeten Anlass iSd § 24 Abs 3 Z 1 HVertrG geboten hätte, bedarf es keiner weiteren Auseinandersetzung mit der in der Revision aufgeworfenen Frage des Kausalzusammenhangs zwischen Anlass und Kündigung und den daran geknüpften europarechtlichen Bedenken (vgl 8 ObA 40/11g). Die in der Revision geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Bestimmung werden vom Obersten Gerichtshof nicht geteilt (8 ObA 40/11g). Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO daher zurückzuweisen.

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