Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters, ihm die alleinige Obsorge vom Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen, ab. Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung über Rekurs des Vaters im Sinn einer Stattgebung des Antrags ab.
Die Mutter, der die Obsorge bereits 2008 rechtskräftig entzogen wurde, macht in ihrem Revisionsrekurs als erhebliche Rechtsfrage nur geltend, es fehle an Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dazu, in welcher Form der ernstliche Wille eines mündigen Kindes, seine Urteilsfähigkeit und das zukünftige Umfeld des Kindes bei der Obsorgezuteilung zu berücksichtigen seien. Damit zeigt sie aber keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG auf, weshalb der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen ist.
Vorweg ist klarzustellen, dass der Mutter ein Rechtsmittelrecht schon deshalb nicht abzusprechen ist, weil es im Rahmen einer Obsorgezuteilung nicht allein darum geht, ob der Rechtsmittelwerber durch die Entscheidung in seinen Rechten beschwert wurde, sondern ob bei gebührender Beachtung des Kindeswohls die Rechte des Kindes verletzt sein könnten (1 Ob 74/01s = RIS-Justiz RS0006820 [T7]).
Die Entscheidungen über die Kindesobsorge stellen, sofern dabei auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen wurde, solche des Einzelfalls dar, denen keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 AußStrG zukommt (RIS-Justiz RS0115719 [T7]; RS0007010 [T1]). Es entspricht auch gesicherter Judikatur, dass der ernsthafte Wunsch eines Minderjährigen, künftig auf Dauer beim anderen Elternteil zu leben, einen wichtigen Grund für einen Obsorgewechsel iSd § 176 ABGB darstellen kann (6 Ob 7/10p mwN). Je älter ein bereits einsichts- und urteilsfähiges Kind ist, desto eher ist seinem Wunsch nach einem Obsorgewechsel zu entsprechen (RIS-Justiz RS0048820 [T4]). Dabei ist jedenfalls ab dem zwölften Lebensjahr von der Urteilsfähigkeit eines Kindes bezüglich einer Obsorgezuteilung auszugehen (RIS-Justiz RS0048820 [T9]).
Der Vorwurf an das Rekursgericht beschränkt sich darauf, dass es ergänzender - gar nicht näher konkretisierter - Feststellungen zum sozialen Umfeld (der Familie) des Vaters bedurft hätte; weiters wird argumentiert, der Vater habe sich mehrere Jahre durchgehend nicht um seine Tochter gekümmert, obwohl ihm die Umstände über den Entzug der Obsorge der Mutter bekannt gewesen seien, was die als sehr gut beschriebenen ökonomischen Umgebungsfaktoren nicht aufwiegen könnten. Daher entspreche die gänzliche Übertragung der Obsorge an den Vater nicht dem Wohl des Kindes.
Zu berücksichtigen ist, dass sich der Vater über den Aufenthalt seiner Tochter in Österreich informiert hat, sich an den Jugendwohlfahrtsträger wendete und (auch persönlichen) Kontakt mit dem Kind aufnahm, sodass eine ordnungsgemäße Betreuung in seinem Familienverband - nach den noch ausreichenden Feststellungen - anzunehmen ist, dass die Mutter unbekannten Aufenthalts ist und vor allem der feste und unbeeinflusste Wunsch des nunmehr 12-jährigen Mädchens, beim Vater zu leben. Demnach ist in der Ansicht des Rekursgerichts, die Übertragung der Obsorge an den Vater entspreche ungeachtet allfälliger Nachlässigkeiten in der Vergangenheit dem Kindeswohl besser als die Unterbringung in einem Pflegeheim in Österreich, keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
Die Beanstandungen der Überlegungen des Rekursgerichts im Rahmen der Würdigung seiner ergänzend getroffenen Feststellungen als Verfahrensmängel stellen inhaltlich eine in dritter Instanz unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung dar (RIS-Justiz RS0007236 [T4]).
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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