OGH 6Ob48/11v

OGH6Ob48/11v16.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers Anton P*****, vertreten durch Dr. Ludwig Draxler und Mag. Ludwig H. Draxler, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner Lorenz P*****, vertreten durch Dr. Schilchegger Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in St. Johann im Pongau, wegen Bestellung von Liquidatoren, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 3. Jänner 2011, GZ 6 R 244/10k-18, mit dem der Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 18. Oktober 2010, GZ 24 Fr 5063/10i-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist schuldig, dem Antragsteller die mit 978,84 EUR (darin 163,14 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig:

Das Rekursgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu §§ 146, 147 UGB seit der Handelsrechtsreform 2005.

1. Der Antragsgegner meint, die Vorinstanzen hätten den tatsächlich gestellten Antrag des Antragstellers entgegen § 405 ZPO überschritten, indem sie beide Parteien und Gesellschafter der im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg zu FN ***** eingetragenen Gebrüder P***** in Liquidation von ihrer Funktion als Liquidatoren enthoben und einen Rechtsanwalt zum alleinigen Liquidator bestellten; tatsächlich habe der Antragsteller die Abberufung des Antragsgegners als Liquidator gar nicht beantragt. Dies ist jedoch aktenwidrig (vgl AS 26).

2. Nach § 146 Abs 2 UGB können die vom Gericht bestellten Liquidatoren an die Stelle der vorhandenen oder neben sie treten. Welche Alternative gewählt wurde, ist im Ernennungsbeschluss eindeutig zum Ausdruck zu bringen; im Zweifel ist von einer Bestellung anstelle der bisherigen Liquidatoren auszugehen (Jabornegg/Artmann in Jabornegg/Artmann, UGB² [2010] § 146 Rz 28 mwN). Allein aufgrund der in diesem Verfahren von den Parteien gegeneinander erhobenen Vorwürfen ist die Auffassung der Vorinstanzen, einen gesellschaftsfremden Liquidator allein zu bestellen (vgl auch Jabornegg/Artmann aaO Rz 27 mwN), durchaus vertretbar; jedenfalls mangelt es dieser Frage aber an der von § 63 Abs 1 AußStrG geforderten Erheblichkeit.

3. Die Argumentation des Antragsgegners im Revisionsrekurs, es bestünden nunmehr „naturgemäß überhaupt keine Uneinigkeiten mehr“, habe doch der Antragsteller seine Enthebung als Liquidator nicht bekämpft, weshalb das Rekursgericht den Antragsgegner in seinem Amt als Liquidator hätte belassen können, übersieht, dass auch die Rechtsmittelgerichte aufgrund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz zu entscheiden haben, zumal außerdem der der Abberufung zugrundeliegende Interessenwiderstreit nicht beseitigt wurde.

4. Der Antragsgegner meint im Hinblick auf das zwischen den Parteien nach wie vor anhängige Verfahren 2 C 1613/07b des Erstgerichts (vgl zu dessen Entscheidungsgegenstand 6 Ob 152/08b GesRZ 2009, 32 [Hochedlinger] = EvBl 2009/17 [Schopper]), eine Liquidation der Gesellschaft sei tatsächlich noch nicht eingetreten. Die Eintragung der Liquidation im Firmenbuch wirke lediglich deklarativ; er beruft sich dabei auf Jabornegg/Artmann (in Jabornegg/Artmann, UGB² [2010] § 146 Rz 4) und die Entscheidung 6 Ob 8/76 (SZ 49/90).

4.1. Richtig ist, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 8/76; 6 Ob 2192/96p) die Eintragung sowohl der Auflösung der Personengesellschaft als auch der Liquidatoren im Firmenbuch nur rechtsbekundende, nicht aber rechtsbegründende Wirkung hat und sich die Folgen der Eintragung oder Nichteintragung in den Vermutungen des § 15 UGB erschöpfen. Dies bedeutet aber nicht - wie der Antragsgegner offensichtlich meint -, dass die Eintragungen grundsätzlich unbeachtlich wären; vielmehr ist zu prüfen, ob tatsächlich eine Auflösung erfolgte (6 Ob 8/76). Hinsichtlich der Eintragung der beiden Parteien als Liquidatoren nach § 146 Abs 1 UGB und auch der Auflösung der Gesellschaft ist der Antragsgegner im Übrigen an seine eigene diesbezügliche Antragstellung vom 29. 10. 2009 im Verfahren 24 Fr 1133/09x des Erstgerichts zu erinnen.

4.2. Der Antragsteller hat am 29. 6. 2007 gegenüber dem Antragsgegner die Aufkündigung der Gesellschaft zum 30. 9. 2007 erklärt (siehe 6 Ob 152/08b). Dies führte gemäß § 142 HGB idF vor dem Handelsrechts-Änderungsgesetz zur Auflösung und Liquidation der Gesellschaft (6 Ob 152/08b). Mit dieser Rechtslage stimmt somit der Stand des Firmenbuchs überein.

4.3. Der Antragsteller strebt in dem noch anhängigen, bereits erwähnten streitigen Verfahren vor dem Erstgericht die Ausschließung des Antragsgegners und die anschließende Übernahme des Gesellschaftsvermögens gemäß § 142 Abs 1 UGB an; der zeitliche Anwendungsbereich des § 142 Abs 1 UGB, soweit er einen Übergang des Gesellschaftsvermögens an den verbleibenden Gesellschafter auch ohne Vorliegen eines Ausschlussgrundes vorsieht, ist jedoch auf nach dem 1. 1. 2007 gegründete Gesellschaften zu beschränken (6 Ob 152/08b; ebenso Schopper, EvBl 2009/17 [Entscheidungsanmerkung]). Damit hat aber der derzeitige Stand des Streitverfahrens - entgegen der Auffassung des Antragsgegners - keine Auswirkungen darauf, dass sich die Gesellschaft infolge Auflösung in Liquidation befindet und von Liquidatoren zu führen ist (vgl 6 Ob 2192/96p; 6 Ob 2354/96m; vgl in diesem Sinn auch Krejci in Krejci, RK [2007] UGB § 142 Rz 2).

4.4. Zum Einwand des Antragsgegners, die Liquidation beeinträchtige den Ruf und den Wert des Unternehmens, verursache beträchtliche Kosten und sei bei Abweisung der Klage des Antragstellers im streitigen Verfahren „völlig obsolet“, hat bereits das Rekursgericht auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verwiesen, die eine einstweilige Verfügung, mit der Liquidation der Gesellschaft innezuhalten, für zulässig erachtet (1 Ob 249/61 SZ 34/94; 6 Ob 2354/96m). Warum dem Antragsgegner, auch wenn er „um den Erhalt seines Lebenswerks“ kämpft, ein derartiges Provisorialverfahren nicht zumutbar sein sollte, ist für den Obersten Gerichtshof nicht erkennbar.

5. Da sich das Rekursgericht an bestehender Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs beziehungsweise einer eindeutigen Rechtslage orientierte und die hier maßgeblichen Rechtsfragen vom Obersten Gerichtshof bereits in der dieselben Parteien betreffenden Entscheidung 6 Ob 152/08b überwiegend beantwortet wurden, war der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

6. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 78 Abs 2 AußStrG; zwischen den Parteien liegen entgegengesetzte Interessen vor. Die Bemessungsgrundlage richtet sich - jedenfalls analog - nach § 10 Z 5 lit d RATG.

Der Antragsteller hat in der Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.

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