OGH 6Ob2192/96p

OGH6Ob2192/96p30.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der Gasthof K***** OHG, ***** wegen Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft sowie der Liquidatoren zur Eintragung in das Firmenbuch, infolge Revisionsrekurses der Gesellschafterin S***** R*****, ***** vertreten durch Dr.Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 12. Juni 1996, GZ 3 R 115/96b-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 25.April 1996, GZ 50 Nc 67/96w-3, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Gasthof K***** OHG ist seit 21.12.1994 im Firmenbuch des Landesgerichtes Innsbruck eingetragen (FN 129316x). Gesellschafter mit selbständiger Vertretungsbefugnis sind die Revisionsrekurswerberin S***** R***** und deren Schwester M***** R*****. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert nicht. Die OHG führt auf der im Miteigentum der Gesellschafter stehenden Liegenschaft I***** ein Hotel und vermietet Räumlichkeiten zum Betrieb eines Gasthauses an die Gasthaus K***** Betriebsgesellschaft mbH.

Mit Schreiben vom 26.5.1995, gerichtet an die zweite Gesellschafterin, kündigte M***** R***** die OHG zum Ende des Geschäftsjahres 31.12.1995 auf. S***** R***** brachte daraufhin zu 8 Cg 169/95v beim Landesgericht Innsbruck eine Übernahmsklage gemäß § 142 Abs 1 HGB ein und brachte vor, die Beklagte habe Ausschließungsgründe gesetzt, sie verweigere die mit ihr vereinbarten Dienste, zeige kein Interesse an Investitionen und anderen Gesellschaftsproblemen und sei an einer Mitarbeit im Gastgewerbebetrieb nicht mehr interessiert. Das Verhältnis zwischen den Streitteilen sei völlig zerrüttet, ein zum Wohle der OHG gedeihliches Zusammenwirken nicht möglich. Die Kündigung der OHG sei allein in der Absicht erfolgt, die Klägerin durch Vernichtung ihrer Existenzgrundlage zu schädigen.

Die Beklagte M***** R***** trat dem Übernahmsbegehren entgegen und wendete ein, sie habe kein gesellschaftswidriges Verhalten gesetzt, die Gründe für die Zerrüttung lägen allein im Verhalten der Klägerin, welche die Geschäftsführung an sich gerissen habe. Da die OHG auf unbestimmte Zeit eingegangen wurde, sei es unabdingbares Recht der Beklagten, die Gesellschaft aufzukündigen. Von der behaupteten Schädigungsabsicht könne keine Rede sein, zumal die OHG lediglich das Hotel betreibe, so daß die Klägerin mit einer allfälligen Liquidation keinesfalls ihre Existenzgrundlage verliere. Im übrigen werde durch die Auflösung der OHG die finanzielle Situation beider Streitteile gebessert, da die Nächtigungszahlen rückläufig seien. Die OHG wäre schon lange zahlungsunfähig und könnte nur durch Zuführung von Fremdmitteln saniert werden, wenn sie nicht von der Gasthaus K***** Betriebsgesellschaft mbH eine Jahrespacht von 990.000 S netto erhielte. Das Übernahmsverfahren 8 Cg 169/95v des Landesgerichtes Innsbruck ist nach wie vor anhängig. S***** R***** begehrte am 11.6.1996 die Erlassung einer einstweiligen Verfügung (8 Cg 169/95v-25), wonach bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens über die Übernahmsklage mit der Liquidation der Gasthof K***** OHG innezuhalten sei und der Beklagten M***** R***** die Vertretung und Zeichnung der OHG verboten werde. Ferner wurde die Eintragung dieses Verbotes ins Firmenbuch begehrt. Das Landesgericht Innsbruck wies den Sicherungsantrag mit Beschluß vom 6.8.1996, 8 Cg 169/95v-32 ab, die Entscheidung ist noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Anläßlich eines Antrages auf Abberufung der Gesellschafterin S***** R***** als Liquidatorin (das Verfahren ist zu 50 Nc 39/96 des Landesgerichtes Innsbruck anhängig) brachte M***** R***** dem Firmenbuchgericht zur Kenntnis, daß sie die Gesellschaft zum 31.12.1995 aufgekündigt habe. Das Firmenbuchgericht forderte daraufhin beide Gesellschafterinnen unter Androhung einer Zwangsstrafe von S 2.000 auf, binnen drei Wochen Auflösung und Liquidation zur Eintragung ins Firmenbuch anzumelden oder darzutun, daß diese Verpflichtung nicht besteht. Während M***** R***** dieser Aufforderung nachkam, wendete S***** R***** ein, die Kündigung der OHG sei rechtsmißbräuchlich erfolgt. Die OHG sei zum Zweck gegründet worden, den ererbten Gasthof gemeinsam weiterzuführen und als Familienbetrieb zu erhalten. M***** R***** habe die vereinbarte Mitarbeit im Betrieb jedoch verweigert und kein Interesse mehr daran gezeigt. Der Rechtsmißbrauch ergebe sich auch daraus, daß M***** R***** ohne Anlaß die Gesellschaft aufgekündigt habe, obwohl auf ihrer Seite ein Ausschließungsgrund vorgelegen sei. Auch habe sie das Übernahmebegehren im Verfahren 8 Cg 169/95v des Landesgerichtes Innsbruck trotz eines angemessenen Abfindungsangebotes bestritten.

Mit Beschluß vom 25.4.1996 (ON 3) verhängte das Landesgericht Innsbruck daraufhin eine Zwangsstrafe von S 2.000 über S***** R***** und forderte sie neuerlich auf, die Auflösung der Gesellschaft sowie die Liquidatoren und deren Vertretungsbefugnis zur Eintragung ins Firmenbuch anzumelden oder darzutun, daß diese Verpflichtung nicht besteht, widrigens eine weitere Zwangsstrafe von S 20.000 angedroht werde.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Gesellschafterin S***** R***** nicht Folge und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei, weil eine neuere gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob und unter welchen Voraussetzungen eine von einem Gesellschafter einer OHG ausgesprochene Kündigung der Gesellschaft wegen rechtsmißbräuchlicher Ausübung des Kündigungsrechtes unwirksam sein kann.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs Silvia R*****s ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Wer verpflichtet ist, eine Anmeldung.................zum Firmenbuch

vorzunehmen,.....ist vom Gericht durch Zwangsstrafen bis zu S 50.000

anzuhalten, seine Verpflichtung zu erfüllen....., oder darzutun, daß

die Verpflichtung nicht besteht..... (§ 24 Abs 1 FBG). Voraussetzung

für die Verhängung einer Zwangsstrafe im Sinn der genannten Bestimmung ist daher das Vorliegen einer Anmeldeverpflichtung. Im Falle der Auflösung einer offenen Handelsgesellschaft durch Kündigung eines Gesellschafters gemäß § 131 Z 6 HGB ist die Auflösung vom sämtlichen Gesellschaftern zur Eintragung ins Firmenbuch anzumelden (§ 143 Abs 1 HGB). Sämtliche Gesellschafter haben überdies die Liquidatoren mit Namen, Geburtsdatum, Beginn und Art ihrer Vertretungsbefugnis anzumelden (§ 3 Z 12 FBG iVm § 148 Abs 1 HGB; ecolex 1993, 322; Koppensteiner in Straube HGB2 Rz 4 zu § 143 mwN).

Die von der Revisionsrekurswerberin vermißte Feststellung über die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Vertragsdauer konnte schon deshalb unterbleiben, weil sie selbst nie - auch nicht im Revisionsrekurs - behauptet hat, daß der Gesellschaftsvertrag für einen anderen Zeitraum, als auf unbestimmte Dauer abgeschlossen wäre. Die Revisonsrekurswerberin hat vielmehr - von der zweiten Gesellschafterin in diesem Punkt nicht bestritten - vorgebracht, die Gesellschaft sei zur Fortführung des väterlichen Gastwirtschaftsbetriebes gegründet worden. Das Rekursgericht ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die Gesellschaft auf unbestimmte Zeit eingegangen wurde und die Aufkündigung daher unter Einhaltung der im § 132 HGB vorgesehenen Frist zum Ende des Geschäftsjahres 31.12.1995 wirksam erfolgte.

Die Rechtsmittelwerberin hält den Einwand, die Kündigung sei wegen Rechtsmißbrauchs unwirksam, in ihrem Revisionsrekurs nicht mehr aufrecht, bestreitet ihre Anmeldeverpflichtung jedoch unter Hinweis auf die anhängige Übernahmsklage und führt aus, ihre Schwester M***** R***** habe ein Verhalten gesetzt, durch das die Voraussetzungen für eine Übernahme der OHG nach § 142 HGB gegeben seien. Die anhängige Übernahmsklage stehe der Auflösung und Liquidation der Gesellschaft entgegen, sie sei daher nicht verpflichtet, Auflösung und Liquidation anzumelden. Das Firmenbuchgericht hätte die Berechtigung des Übernahmsantrages selbst prüfen oder das Verfahren zur Eintragung der Auflösung und der Liquidatoren unterbrechen müssen.

Der erkennende Senat teilt diese Ansicht nicht. Die Rechtsmittelwerberin konnte den - mangels Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag - nur im Klagswege nach § 142 HGB geltend zu machenden Übernahmsanspruch zwar noch nach Auflösung der Gesellschaft während der Liquidation geltend machen (Kastner/Doralt/Nowotny Gesellschaftsrecht5, 134), die für den Fall der Berechtigung der Übernahmsklage vorgesehenen Rechtswirkungen treten jedoch nicht schon mit Erhebung der Klage, sondern erst mit Rechtskraft des ihr stattgebenden Urteiles ein (GesRZ 1976, 129; Koppensteiner in Straube HGB2 Rz 8 und 9 zu § 142). Eine davor bereits erfolgte rechtswirksame Kündigung wird durch Erhebung der Übernahmsklage nicht außer Kraft gesetzt, so daß es bei der durch sie bewirkten Auflösung der Gesellschaft bleibt (GesRZ 1976, 129; Kastner/Doralt/Nowotny aaO 134; Torggler/Kucsko in Straube HGB2 Rz 6 zu § 145; Koppensteiner aaO Rz 4 zu § 142). Das Erstgericht mußte daher die Berechtigung des Übernahmsantrages als Vorfrage der Eintragung der Auflösung der Gesellschaft und der Liquidatoren nicht überprüfen.

Wenngleich die Durchsetzung des Übernahmsanspruches von der nach Auflösung der Gesellschaft durchzuführenden Liquidation zunichte gemacht werden könnte, hindert die Einbringung der Übernahmsklage weder die durch Kündigung erfolgte Auflösung der Gesellschaft noch deren Liquidation (GesRZ 1976, 129), so daß auch eine Unterbrechung des Verfahrens auf Erzwingung der Eintragung der Auflösung und der Liquidatoren nicht in Frage kommt. Inwieweit die Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung vorliegen, um ein Unterbleiben der Liquidation selbst bis zur rechtskräftigen Erledigung des Übernahmeverfahrens zu erzwingen, ist hier nicht zu überprüfen.

Für eine analoge Anwendung der für den Fall des Ausscheidens eines von zwei Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entwickelten Grundsätze, wonach die Zweimann-Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Zugang der Ausschlußerklärung an den zweiten Gesellschafter beendet wird und ihr Vermögen ohne weiteren Übertragungsakt auf den verbleibenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergeht (Strasser in Rummel ABGB2 Rz 13 zu § 1211; GesRZ 1989, 152), besteht schon deshalb kein Raum, weil § 142 Abs 1 HGB für die Übernahme einer zweigliedrigen OHG durch den verbleibenden Gesellschafter (mangels ausdrücklicher, hier nicht gegebener Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag) ausdrücklich eine Rechtsgestaltungsklage vorsieht (Koppensteiner aaO Rz 2 zu § 142). Die Rechtswirkungen der Übernahme nach § 142 Abs 1 HGB treten erst mit Rechtskraft des stattgebenden Urteiles ein (GesRZ 1979, 129; Koppensteiner aaO Rz 8 und 9 zu § 142).

Mit Rücksicht auf die rechtswirksam erfolgte Aufkündigung durch die zweite Gesellschafterin wurde die OHG zum 31.12.1995 aufgelöst und ist mit diesem Zeitpunkt in Liquidation getreten. Die Revisionsrekurswerberin als Gesellschafterin dieser OHG ist daher verpflichtet, die Auflösung der Gesellschaft und die Liquidatoren zur Eintragung ins Firmenbuch anzumelden (§§ 143 Abs 1, 148 Abs 1 HGB iVm § 3 Z 12 FBG), wobei dieser Eintragung nur mehr rechtsbekundende (deklarative) Bedeutung zukommt (SZ 49/90; Torggler/Kucsko aaO Rz 1 zu § 148).

Ist der anmeldepflichtige Gesellschafter - wie hier - säumig, kann er gemäß § 24 FBG durch Verhängung von Zwangsstrafen zur Erfüllung der ihn treffenden Anmeldepflicht angehalten werden (ecolex 1993, 322). Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin wird durch die im gegenständlichen Fall verhängte Zwangsstrafe jedoch nicht die Durchführung der Liquidation an sich erzwungen. Die Zwangsstrafe dient vielmehr dazu, die Anmeldung der Auflösung der Gesellschaft und der vertretungsbefugten Liquidatoren zur Eintragung ins Firmenbuch sicherzustellen.

Die von der Revisionsrekurswerberin angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verhängung der Zwangsstrafe bestehen nicht. Insbesondere wurde sie nicht willkürlich verhängt, konnte doch die Rechtsmittelwerberin ihre Argumente, wonach eine Verpflichtung zu der aufgetragenen Anmeldung nicht besteht, dartun. Die Zwangsstrafe wurde erst verhängt, nachdem sich die Rechtsmittelwerberin geweigert hatte, der Aufforderung Folge zu leisten und ihre Ansicht, sie sei zur Anmeldung nicht verpflichtet, auch geprüft und abgelehnt worden war.

Dem Revisionsrekurs mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.

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