Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts lautet:
„Der betreibenden Partei wird aufgrund des vollstreckbaren Urteils des Bezirksgerichts Graz vom 17. November 2006, GZ 24 C 1713/04a-41, wider die verpflichtete Partei die Exekution durch Vormerkung des Eigentumsrechtes der betreibenden Partei ob den ***** Anteilen zu ***** und den ***** Anteilen zu ***** der Liegenschaft *****, *****, Innere Stadt, sowie ob den ***** Anteilen zu ***** der Liegenschaft *****, *****, Innere Stadt, der verpflichteten Partei, bewilligt.
Das Mehrbegehren, der betreibenden Partei ob den genannten Liegenschaften die Exekution durch Einverleibung des Eigentumsrechtes zu bewilligen, wird
abgewiesen.
Die erforderlichen grundbücherlichen Anordnungen obliegen dem Erstgericht als Grundbuchgericht.
Der betreibenden Partei werden die mit 266,24 EUR (darin 29,04 EUR USt und 92 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Exekutionsantrags als Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.“
Die verpflichtete Partei hat die Kosten ihres Rekurses an die zweite Instanz selbst zu tragen.
Der betreibenden Partei werden die mit 1.015,99 EUR (darin 92,83 EUR USt und 459 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses als weitere Kosten des Exekutionsverfahrens bestimmt.
Text
Begründung
Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden aufgrund des mit einer Vollstreckbarkeitsbestätigung vom 15. März 2010 versehenen Teilurteils des Bezirksgerichts Graz vom 17. November 2006, AZ 24 C 1713/04a, die Exekution durch Einverleibung ihres Eigentumsrechts ob den im Spruch dieser Entscheidung bezeichneten Miteigentumsanteilen des Verpflichteten.
Das Rekursgericht gab dem vom Verpflichteten erhobenen Rekurs Folge und wies den Exekutionsantrag der Betreibenden ab. Auch bei einer Exekution nach § 350 EO seien grundsätzlich die Voraussetzungen der die grundbücherlichen Eintragungen regelnden Vorschriften zu beachten. Maßgeblich sei § 33 GBG, wonach nur rechtskräftige Urteile zur Eigentumseinverleibung im Grundbuchverfahren ausreichende öffentliche Urkunden darstellen würden. Das von der Betreibenden vorgelegte Teilurteil sei demgegenüber lediglich vollstreckbar. Der Oberste Gerichtshof habe in der - soweit überblickbar - vereinzelt gebliebenen Entscheidung 5 Ob 16/94 die Auffassung vertreten, dass die Rechtskraft des Titels nicht Voraussetzung für eine Exekution auf Einverleibung nach § 350 EO sei. Von dieser Ansicht weiche das Rekursgericht ab, weswegen der Revisionsrekurs zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Betreibenden erhobene Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist teilweise auch berechtigt.
1. Die Exekution nach § 350 EO dient der exekutiven Durchsetzung von Ansprüchen auf Einräumung, Übertragung, Beschränkung oder Aufhebung eines bücherlichen Rechts. Sie ist mit dem Vollzug der Grundbuchseintragung beendet (RIS-Justiz RS0004520). Besteht der Titel in einer einverleibungsfähigen Urkunde, hat der Berechtigte die Wahl zwischen einer Eintragung im Wege eines Grundbuchsgesuchs oder einem Exekutionsantrag nach § 350 EO (Höllwerth in Burgstaller/Deixler, EO, § 350 Rz 1; Klicka in Angst², § 350 Rz 2; 5 Ob 66/01v mwN).
2. Im Wege der Exekution nach § 350 EO werden genauso wie bei einer Exekution auf unbewegliches Vermögen bücherliche Rechte an Liegenschaften begründet. Es ist daher anerkannt, dass die Voraussetzungen der die bücherlichen Eintragungen regelnden grundbuchsrechtlichen Vorschriften von Amts wegen zu beachten sind (Höllwerth aaO Rz 12; 3 Ob 24510s; 3 Ob 134/07p = SZ 2007/128 = RIS-Justiz RS0122492). Neben dem Grundbuchsgesetz regelt das ABGB in den §§ 431 ff wesentliche Grundsätze des Grundbuchsrechts (Eccher in KBB³ § 431 Rz 1).
3. Ungeachtet der Verschiedenartigkeit des Exekutionsverfahrens nach § 350 EO und des über ein Grundbuchsgesuch geführten Verfahrens nach dem Grundbuchsgesetz bewirkt eine Entscheidung Rechtskraft, beispielsweise ein die Eintragung ablehnender Grundbuchsbeschluss dahin, dass bei unverändertem Grundbuchsstand und identen Anspruchsgrundlagen die Einmaligkeitswirkung des Grundbuchsbeschlusses einem Antrag nach § 350 EO entgegensteht (Höllwerth aaO Rz 18; Klicka aaO Rz 2; RIS-Justiz RS0079245). Bei unverändertem Grundbuchsstand kann also die Urkundenidentität als maßgebliches Kriterium für die Annahme der identen Rechtssache angesehen werden. Daraus ist abzuleiten, dass für die Einverleibung aufgrund eines gerichtlichen Titels die Voraussetzungen, die an eine solche Urkunde (§ 33 GBG) zu stellen sind, trotz Verschiedenheit der Verfahren gleich sein müssen. Soweit es um die Eintragung von bücherlichen Rechten geht, sind demnach auch im Exekutionsverfahren nach § 350 EO die speziellen Bestimmungen des Grundbuchsrechts (§§ 33, 38 und 41 GBG) maßgeblich.
4. Gemäß § 33 Abs 1 lit d GBG können Urkunden, die die Eigenschaft eines gerichtlich vollziehbaren Anspruchs einer öffentlichen Behörde haben, Grundlage einer bücherlichen Einverleibung sein. Das Gesetz zählt dazu insbesondere rechtskräftige Erkenntnisse (§ 33 Abs 1 lit d zweiter Satz GBG). Die Judikatur legt diese Bestimmung so aus, dass jedenfalls Exekutionstitel im Sinne der EO zu diesen Urkunden gehören (5 Ob 92/06z ua). Der in der Entscheidung 5 Ob 16/94 = JBl 1994, 691 unter Berufung auf diese Judikatur vertretenen Auffassung, dass in Streitsachen ergangene Urteile der Zivilgerichte schon dann einen Anspruch auf Einverleibung des Eigentums gewähren, wenn dem Gegner Kraft gesetzlicher Anordnung (§ 505 Abs 4 letzter Satz ZPO) zwar ein die Rechtskraft nicht aber die Vollstreckbarkeit hemmendes Rechtsmittel zur Verfügung steht (abl Hoyer, Gilt § 440 ABGB noch? in JBl 1994, 645 und Grundbuchspraxis I in NZ 1995, 1), vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen:
5. Nur Urkunden, die die Exekutionsführung gemäß § 350 EO gestatten, enthalten einen gerichtlich vollziehbaren Ausspruch iSd § 33 Abs 1 lit d GBG und können damit zur grundbücherlichen Einverleibung eines Rechts führen (Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht, § 33 GBG Rz 10 mwN). Als Titel für eine Exekution nach § 350 EO kommen gerichtliche und schiedsgerichtliche Urteile oder Vergleiche und Notariatsakte in Betracht (Heller /Berger/Stix, Komm III, 2515). Diese Urkunden lassen sich - sieht man von dem hier nicht interessierenden Vergleich und Notariatsakt ab - im Begriff „Erkenntnisse“ zusammenfassen, für die nach dem Wortlaut des § 33 Abs 1 lit d GBG die Rechtskraft und damit deren Unabänderlichkeit für den mit der Einverleibung verbundenen unbedingten Rechtserwerb oder -verlust verlangt wird. Erst wenn die formelle Rechtskraft eingetreten ist, kann es zur Feststellungswirkung kommen, dass jede neuerliche Entscheidung über den rechtskräftig erledigten Anspruch ausgeschlossen ist (Rechberger in Rechberger ZPO³ Vor § 390 Rz 26).
Dazu korrespondierend bestimmt § 38 lit a GBG, dass aufgrund gerichtlicher Erkenntnisse erster oder höherer Instanz, durch die das dingliche Recht zu- oder abgesprochen wird, die aber noch nicht in Rechtskraft erwachsen sind, die Vormerkung stattfindet. Die Vormerkung ist Vorstufe zur Einverleibung, wobei im Fall des § 38 lit a GBG die mangelnde Rechtskraft ausschließlicher Umstand ist, der die Einverleibung hindert (Verweijen in Kodek aaO § 10 Rz 3; Eccher aaO § 436 Rz 1; 5 Ob 2408/96w = RIS-Justiz RS0107270). Die Rechtfertigung des gemäß § 38 lit a GBG durch Vormerkung bedingten Rechts erfolgt nach § 41 lit a GBG durch den Ausweis über den Eintritt der Exekutionsfähigkeit des vorgemerkten gerichtlichen Erkenntnisses.
6. Für den Rechtserwerb oder -verlust an unbeweglichen Sachen ist zudem zu beachten, dass die Einverleibung des Eigentums im Grundbuch die Erwerbsart darstellt. Soweit keine Ausnahme vom Eintragungsgrundsatz besteht, wirkt sie konstitutiv. Ist ein Urteil Grundlage für die Übertragung des Eigentumsrechts, verlangt auch § 436 ABGB dessen Rechtskraft für die Einverleibung. Die durch den Eintritt der Rechtskraft bzw deren Fehlen bedingte Abstufung der bücherlichen Rechte nach Einverleibung und Vormerkung (siehe dazu Hoyer aaO) trägt somit - soweit der Eigentumsübergang durch Gerichtsurteil verfügt wird - auch der Anordnung des § 436 ABGB Rechnung.
7. Aus diesen Überlegungen gelangt der erkennende Senat zur Ansicht, dass nicht bloß vollstreckbare (§ 505 Abs 4 ZPO), sondern nur rechtskräftige Urteile von Zivilgerichten über Exekutionsantrag nach § 350 EO zur sofortigen Einverleibung führen können. Nur so kann vermieden werden, dass ein mangels formeller Rechtskraft nicht unabänderliches Urteil zur Grundlage einer für den Eigentumsübergang konstitutiven Grundbuchseintragung wird. Dem bücherlichen Vormann bliebe sonst nur die Löschungsklage, wenn einem nach Eintritt der Vollstreckbarkeit noch zulässigen außerordentlichen Rechtsmittel stattgegeben und das Urteil abgeändert wurde. Dabei besteht die Gefahr, dass ein Dritter zwischenzeitig im Vertrauen auf den Grundbuchsstand gutgläubig Eigentum erworben hat, wenn er eine Abweichung des Hauptbuchs von der tatsächlichen Rechtslage nicht kannte und auch nicht kennen musste. Das Vertrauen auf die Urkundensammlung ist nicht geschützt (RIS-Justiz RS0060225).
8. Gegenstand der vorliegenden Exekution ist die Einräumung eines bücherlichen Rechts, weswegen den grundbuchsrechtlichen Vorschriften besondere Bedeutung zukommt. Im Grundbuchsverfahren kann die Bewilligung der Vormerkung unter Abweisung des Mehrbegehrens als Minus gegenüber der Einverleibung erfolgen (RIS-Justiz RS0060665 [T2]). Auch im Exekutionsverfahren ist die Bewilligung eines Minus zulässig (RIS-Justiz RS0005038, RS0002621, RS0002034). Über den auf Einverleibung gerichteten Exekutionsantrag ist daher nur die Vormerkung zu bewilligen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 40, 43 und 50 ZPO. § 43 ZPO ist auch im Exekutionsverfahren anzuwenden (Heller/Berger/Stix, EO4 704; Fucik in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 74 Rz 18). Die Bewilligung der Exekution bloß durch Vormerkung bedeutet nur ein geringfügiges Unterliegen der Betreibenden.
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