OGH 7Ob65/11a

OGH7Ob65/11a18.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K***** L*****, 2. S***** L*****, Lehrling, 3. A***** L*****, und 4. minderjährige L***** L*****, vertreten durch Längle Fussenegger Singer Rechtsanwälte Partnerschaft in Bregenz, gegen die beklagte Partei D***** M*****, vertreten durch Dr. Martin Kloser, Rechtsanwalt in Hard, wegen 30.000 EUR und Feststellung (Erstklägerin) und jeweils 20.000 EUR (Zweit-, Dritt- und Viertklägerinnen), über die Revisionen der Klägerinnen und des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. November 2010, GZ 2 R 187/10g-32, mit dem das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 6. Juli 2010, GZ 6 Cg 125/09h-27, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Erstklägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 1.819,08 EUR (darin enthalten 303,18 EUR USt) bestimmten Kosten der ihre Revision betreffenden Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Zweit-, Dritt- und Viertklägerinnen sind schuldig, dem Beklagten die mit 2.326,88 EUR (darin enthalten 387,81 EUR USt) bestimmten Kosten der ihre Revision betreffenden Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Beklagte ist schuldig, der Erstklägerin die mit 1.821,24 EUR (darin enthalten 303,54 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

U***** L*****, der Ehemann der Erstklägerin und Vater der Zweit-, Dritt- und Viertklägerinnen, ist am 21. 2. 2008 nach dem Konsum eines alkoholischen Getränks, das ihm der Beklagte am Abend des 15. 2. 2008 zubereitet hatte, gestorben. Der Genuss des Getränks war Teil eines Aufnahmerituals („Taufe“), um Vollmitglied in einem Motorradclub zu werden, dem L***** seit einem Jahr angehört hatte. L*****, dem klar war, dass dem Getränk eine beträchtliche Menge harter Alkoholika beigemischt war, trank zumindest die Hälfte des Gebräus und dann noch einen Teil eines „Radlers“ (Mischung aus Bier und Limonade). Da er in der Folge einschlief und nicht geweckt werden konnte, legte man ihn auf eine Couch. Als er sich, ohne aufzuwachen, erbrach, reinigte ihm ein Clubmitglied den Mund und legte ihn wieder auf die Couch. Als wenig später die Erstklägerin im Clubheim eintraf, stellte sie fest, dass ihr Ehemann schlief und sein Körper nass war, er aber normal atmete. Erbrochenes lag vor der Couch. Die Erstklägerin holte aus dem Auto frische Kleider für ihren Ehemann und setzte sich dann an die Bar, von der aus man die Couch sehen konnte. In der Folge sahen Clubmitglieder mehrmals nach L*****. Als dieser zu würgen begann und ihm Speichel aus Mund und Nase rann, machte sich die Erstklägerin erstmals Sorgen um ihn. Er wurde ins Krankenhaus D***** gebracht, wo er nach einem Herzstillstand reanimiert werden musste. Es wurde bei ihm eine Alkoholisierung von etwa 3,26 Promille festgestellt. Zufolge eines durch Erbrochenes verursachten Erstickungsvorgangs war es zu einem Sauerstoffmangel gekommen, der schließlich zum Tod führte. Ob L***** vor dem Konsum des vom Beklagten zubereiteten Getränks ein die Wirkung von Alkohol verstärkendes Beruhigungsmittel zu sich genommen hatte oder bei ihm festgestellte Benzodiazepine ihm erst im Zuge der notfall- und intensivmedizinischen Behandlung verabreicht wurden, kann nicht festgestellt werden.

Die Klägerinnen begehren vom Beklagten die Zahlung von Trauerschmerzengeld. Die Erstklägerin begehrt auch die Feststellung der Haftung des Beklagten für den ihr durch den Tod des Ehemanns entgehenden Unterhalt.

Das Erstgericht wies die Klagebegehren ab. Das Zubereiten des Getränks an sich sei nicht rechtswidrig gewesen. Der Beklagte habe die Gefahrenlage nicht früher erkennen können; selbst die Erstklägerin habe nicht erkannt, wie bedrohlich die Situation für ihren Gatten gewesen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Zweit-, Dritt- und Viertklägerinnen keine, jener der Erstklägerin teilweise Folge. Es änderte das im Übrigen bestätigte Ersturteil dahin ab, dass es feststellte, der Beklagte hafte der Erstklägerin zu 50 % für jenen Unterhalt, der ihr durch den Tod ihres Ehemanns entgehe. Der Beklagte habe mit dem Anbieten des Getränks eine Gefahrenlage geschaffen und wäre daher verpflichtet gewesen, L***** in regelmäßigen Abständen zu beobachten und regelmäßig Weckversuche zu unternehmen, um zu überprüfen, ob L***** noch bei Bewusstsein sei. Grobe Fahrlässigkeit sei dem Beklagten aber nicht vorzuwerfen. Das Begehren auf Zahlung eines Trauerschmerzengeldes, das nach ständiger Rechtsprechung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit in Betracht komme, sei vom Erstgericht daher zu Recht abgewiesen worden. Das Feststellungsbegehren sei hingegen grundsätzlich berechtigt. Es sei aber ein Mitverschulden des U***** L***** im Sinn einer Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten zu berücksichtigen. L***** habe gewusst, dass dem Getränk eine beträchtliche Menge harter Alkoholika beigemischt war und habe dennoch zumindest einen halben Liter getrunken, obwohl keinerlei Zwang oder Notwendigkeit bestanden habe, so viel zu trinken. Dass die Erstklägerin nicht sofort die Einlieferung ihres Ehegatten in das Krankenhaus veranlasst habe, als sie ihn auf der Couch liegend vorgefunden habe, begründe kein weiteres, anspruchsverkürzendes Mitverschulden. Im Unterschied zum Beklagten habe sie nämlich nicht gewusst, was dem Getränk beigemischt war und wie viel ihr Ehemann davon getrunken hatte. Eine Verschuldensaufteilung im Verhältnis von 1 : 1 sei daher angemessen.

Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision hinsichtlich der Zweit- bis Viertklägerinnen nicht zulässig und hinsichtlich der Erstklägerin zulässig sei, da eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur vorliegenden Fallkonstellation (offenbar gemeint: hinsichtlich des Begehrens auf Feststellung der Haftung für entgehenden Unterhalt) nicht bestehe. Auf Antrag der Zweit-, Dritt- und Viertklägerinnen nach § 508 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen betreffenden Ausspruch dahin ab, dass es die Revision auch hinsichtlich der Zweit- bis Viertklägerinnen für zulässig erklärte. Es sei nicht auszuschließen, dass das Verhalten des Beklagten als grobes Verschulden zu werten sei, womit der Anspruch (aller vier Klägerinnen) auf Zahlung des Trauerschmerzengeldes dem Grunde nach zu bejahen wäre.

Entgegen diesen, nach § 508a Abs 1 ZPO den Obersten Gerichtshof nicht bindenden, Aussprüchen ist eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht zu beantworten. Gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

Zur Revision des Beklagten:

Nach dem im österreichischen Schadenersatzrecht geltenden Ingerenzprinzip hat derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft, die notwendigen und ihm zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer abzuwenden (RIS-Justiz RS0022778). Die Verursachung einer Gefahrensituation rechtfertigt die Auferlegung verstärkter Sorgfaltspflichten. Voraussetzung ist das bei gehöriger Sorgfalt mögliche Erkennen einer Gefahrenlage. Diese Sorgfaltspflicht darf allerdings nicht überspannt werden, weil dies dazu führen würde, in Wahrheit eine vom Verschulden losgelöste Haftung zu begründen. Die Grenzen des Zumutbaren sind zu beachten. Im Einzelfall kommt es auf die Wahrscheinlichkeit der Schädigung an (RIS-Justiz RS0023487). Die „verpflichtende Vorhandlung“, durch die eine Gefahrenquelle geschaffen wird, kann auch darin bestehen, dass jemand zu einer Handlung verleitet wird, durch die er in eine gefährliche Lage kommt (RIS-Justiz RS0022470). Ob jemand in diesem Sinn einen anderen in eine Gefahrenlage gebracht hat und welche Maßnahmen ihm zur Schadensverhinderung zumutbar gewesen wären, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit sind diese Fragen nicht revisibel, es sei denn, dem Berufungsgericht wäre eine Fehlbeurteilung unterlaufen, die aus Gründen der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste. Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein, musste doch dem Beklagten klar sein, dass sich L***** in einer gefährlichen Situation befand, weil er (auch wenn dem Beklagten ein allfälliger Alkoholvorkonsum nicht bekannt war) jedenfalls erheblich alkoholisiert sein musste. In den vom Berufungsgericht vom Beklagten geforderten Maßnahmen einer intensiveren Beobachtung und von regelmäßigen Weckversuchen kann daher eine Überspannung der Sorgfaltspflicht des Beklagten nicht erblickt werden. Dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehlt, bedeutet entgegen der Ansicht des Beklagten und des Berufungsgerichts keineswegs, dass die Entscheidung von der Lösung einer im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage abhinge. Besonderheiten der Fallgestaltung schließen eine richtungsweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für zukünftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs sogar eher aus (RIS-Justiz RS0102181).

Dem in der Revision vom Beklagten aufrecht erhaltenen weiteren Einwand eines zufolge Verletzung der Beistandspflicht nach § 90 Abs 1 ABGB gegebenen Mitverschuldens der Erstklägerin steht die Rechtsprechung entgegen, dass der ehelichen Beistandspflicht nicht die Funktion zukommt, den für eine Verletzung des Ehepartners haftpflichtigen Dritten in seiner Schadenersatzpflichten zu entlasten (RIS-Justiz RS0009423). Aber auch wenn man dieser Auffassung im Sinn der Kritik von Huber an der Entscheidung 7 Ob 138/08g (ZVR 2009/8, 25 [26 f]) nicht folgte, kann nach den spezifischen Umständen des vorliegenden Einzelfalls in der Ansicht des Berufungsgerichts, ein Mitverschulden der Erstklägerin sei zu verneinen, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden (vgl RIS-Justiz RS0044088). Da die Erstklägerin im Gegensatz zum Beklagten ja nicht wusste, welche Menge Alkohol ihr Ehemann im Rahmen des Aufnahmerituals zu sich genommen hatte, tritt ein allfälliger Vorwurf wegen ihres verspäteten Eingreifens gegenüber dem dem Beklagten zu machenden Schuldvorwurf so in den Hintergrund, dass er jedenfalls zu vernachlässigen ist. Auch diesbezüglich (vgl RIS-Justiz RS0044262) und somit insgesamt zeigt der Beklagte also keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Zu den Revisionen der Klägerinnen:

Die zufolge des ursprünglichen Zulassungsausspruchs getrennt ausgeführten, vor allem die Abweisung der Begehren auf Trauerschmerzengeld bekämpfenden Revisionen der Erstklägerin einerseits und der Zweit-, Dritt- und Viertklägerinnen andererseits sind im Wesentlichen wortgleich, sodass darauf gemeinsam einzugehen ist.

Ein Widerspruch zu oberstgerichtlicher Judikatur wird von den Klägerinnen darin erblickt, dass die Vorinstanzen das Mischen und Verabreichen des harte Alkoholika enthaltenden Getränks durch den Beklagten als nicht rechtswidrig angesehen haben. Ob nach den spezifischen Umständen des vorliegenden Falls das Herstellen eines hochprozentigen Alkoholgemisches und dessen Verabreichung im Rahmen eines Aufnahmerituals als rechtswidrig anzusehen ist oder nicht (zum „echten“ und „unechten“ Handeln auf eigene Gefahr: RIS-Justiz RS0023101), muss hier allerdings nicht näher untersucht werden. Der von den Klägerinnen geltend gemachte Anspruch auf Trauerschmerzengeld setzt nämlich, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, ein vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Schädigers voraus. Die Ansicht, diese Anspruchsvoraussetzung liege nicht vor, weil das Verhalten des Beklagten insgesamt nicht als grob fahrlässig zu qualifizieren sei, ist keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung:

Grobe Fahrlässigkeit liegt nach ständiger Rechtsprechung dann vor, wenn sich das Verhalten des Schädigers aus der Menge der sich auch für den Sorgsamsten nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen des täglichen Lebens als eine auffallende Sorglosigkeit heraushebt (RIS-Justiz RS0030477; RS0030359; RS0031127). Dabei wird ein Verhalten vorausgesetzt, von dem der Handelnde wusste oder wissen musste, dass es geeignet ist, den Eintritt eines Schadens zu fördern. Grobe Fahrlässigkeit ist also eine auffallende Sorglosigkeit, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falls in ungewöhnlichem Maß verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist (RIS-Justiz RS0030644). Die Schadenswahrscheinlichkeit muss offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres naheliegt, zur Vermeidung eines Schadens ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen (RIS-Justiz RS0030272 und RS0031127). Zur Annahme grober Fahrlässigkeit ist es nach herrschender Meinung zudem erforderlich, dass bei Vorliegen eines objektiv groben Verstoßes dem Täter dieser auch subjektiv schwerstens vorwerfbar sein muss (RIS-Justiz RS0030272). Als brauchbare Anhaltspunkte, von denen die Beurteilung im Einzelnen abhängen kann, kommen die Gefährlichkeit der Situation, die zu einer Sorgfaltsanpassung führen sollte, der Wert der gefährdeten Interessen, das Interesse des Handelnden an seiner Vorgangsweise und schließlich die persönlichen Fähigkeiten des Handelnden in Betracht (RIS-Justiz RS0080275 [T27]).

Ob eine Fehlhandlung oder eine Unterlassung die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigt, bildet bei Vertretbarkeit der von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Beurteilung grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 2 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0042405). Die Frage des Vorliegens grober Fahrlässigkeit ist daher nur dann revisibel, wenn der Sachverhalt den von der Judikatur für die Annahme oder die Verneinung grober Fahrlässigkeit aufgestellten Kriterien nicht entspricht (vgl RIS-Justiz RS0044262). Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Die Ansicht, auch das Herstellen und Verabreichen des Getränks erfülle die Kriterien grober Fahrlässigkeit hier nicht, ist wegen der besonderen Umstände dieses Falls (die Alkoholmengen wurden dem Getränk nicht „heimlich“ beigefügt; es wurde einer erwachsenen, selbstbestimmten und im Umgang mit Alkohol nicht unerfahrenen Person verabreicht) noch vertretbar. Dies gilt ebenso für den Umstand, dass es der Beklagte zuließ, dass L***** eine beträchtliche Menge davon trank, wobei hier auch die Situation des „Aufnahmerituals“ in den Club zu beachten ist. Zur Verpflichtung, sich um den Alkoholisierten zu kümmern, ist zu bedenken, dass bekannt war, dass L***** nach Genuss von Alkohol „regelmäßig einschlief“, und zwar häufig auch im Sitzen und „in allen möglichen Stellungen“. Weiters, dass selbst die Erstklägerin als Ehefrau dadurch, dass ihr Ehemann erbrochen hatte, stark schwitzte und offenbar nicht ansprechbar war, zunächst nicht beunruhigt wurde. Dass der Beklagte, auch wenn er (zumindest annähernd) wusste, welche Alkoholmenge L***** zu sich genommen hatte, unter diesen Umständen nicht an eine Erstickungsgefahr dachte und die Situation zunächst nicht als gefährlich einschätzte, erscheint nicht in dem außergewöhnlichen Maß sorglos, dass die Ansicht des Berufungsgerichts, grobe Fahrlässigkeit sei noch nicht vorgelegen, als unvertretbar angesehen werden müsste.

Ein Trauerschaden von Krankheitswert wurde von den Klägerinnen nicht behauptet.

Nach ständiger Rechtsprechung kommt ein Ersatz des Seelenschmerzes (Trauerschmerzengeld) über den Verlust naher Angehöriger, der zu keiner eigenen Gesundheitsschädigung im Sinne des § 1325 ABGB geführt hat, wie bereits erwähnt, nur bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Schädigers in Betracht (RIS-Justiz RS0115189). Die Klägerinnen wenden sich auch dagegen und meinen, der Beklagte habe ihnen ungeachtet des Grades seines Verschuldens, also auch bei bloß leichter Fahrlässigkeit, Trauerschmerzengeld zu leisten. Sie werfen auch damit keine erhebliche Rechtsfrage auf, da sich die für die Revisionszulässigkeit maßgebende Erheblichkeit der Rechtsfragen nach objektiven Umständen bestimmt. Hat das Berufungsgericht - wie hier - im Sinn einer einheitlichen, wenn auch nur von Teilen der Lehre anerkannten, Rechtsprechung entschieden, kann die Zulässigkeit der Revision nur mit neuen bedeutsamen Argumenten begründet werden (vgl RIS-Justiz RS0042405). Solche Argumente, die an der Richtigkeit der ständigen Rechtsprechung zweifeln ließen, bringen die Klägerinnen nicht vor.

Schließlich hängen auch die Fragen eines Mitverschuldens des Geschädigten und der Höhe der Mitverschuldensquote von den spezifischen Umständen des Einzelfalls ab und sind mangels einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerinnen daher ebenfalls nicht revisibel (RIS-Justiz RS0087606). Eine in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Der betreffende Einwand, das Berufungsgericht hätte ohne Beweisergänzung oder Beweiswiederholung nicht davon ausgehen dürfen, L***** habe gewusst, dass dem Getränk eine beträchtliche Menge harter Alkoholika beigemischt gewesen sei, übersieht die entsprechende, unbekämpft gebliebene erstgerichtliche Feststellung.

Die Revisionen der Klägerinnen sind daher ebenfalls mangels eines tauglichen Zulassungsgrundes zurückzuweisen.

Die Klägerinnen und der Beklagte haben in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ihres Prozessgegners hingewiesen. Sie haben daher nach §§ 41 und 50 ZPO Anspruch auf Ersatz der Kosten ihrer Revisionsbeantwortungen.

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