OGH 15Os184/10p

OGH15Os184/10p16.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. März 2011 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé als Vorsitzenden, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Tomecek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dieter H***** wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB, AZ 35 Hv 38/10y des Landesgerichts Innsbruck, über den Antrag des Verurteilten auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 29. April 2010, GZ 35 Hv 38/10y-26, wurde Dieter H***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt.

Danach hat er zwischen 23. Juni und 7. Juli 2009 in Innsbruck als vom Bezirksgericht Innsbruck im Schuldenregulierungsverfahren AZ 21 S 14/09i gemäß § 96 KO mit der Inventarisierung der Masse beauftragter Gerichtsvollzieher, sohin als Beamter, mit dem Vorsatz, dadurch den Staat und die Gläubiger des Gemeinschuldners Markus P***** an ihren Rechten auf Errichtung eines aktuellen Inventars über das Vermögen des Gemeinschuldners und auf inhaltliche Richtigkeit von gerichtlichen Protokollen zu schädigen, seine Befugnis, im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er trotz gerichtlicher Anordnung der Inventarisierung nach Öffnung der Wohnung des Gemeinschuldners im Gerichtsgebäude ein Protokoll verfasste, welches die Vornahme der Inventarisierung an der Wohnanschrift des Gemeinschuldners, die Ausscheidung lediglich des notwendigen Hausrats, das Vorfinden bloß zweier elektronischer Geräte und deren Wertlosigkeit bescheinigte, ohne die Wohnung in den Monaten zuvor je betreten, das Vorhandensein von Wertgegenständen geprüft und die geschätzten Geräte in Augenschein genommen zu haben, und das Protokoll dem Gericht vorlegte.

Die dagegen erhobene, auf § 281 Abs 1 Z 1, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Dieter H***** wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 17. August 2010, GZ 11 Os 90/10k-6 (ON 35), zurückgewiesen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), wobei das Höchstgericht den auf Z 1 gestützten Einwand einer nicht gehörigen Besetzung des Schöffengerichts durch behauptete Mitwirkung nicht in der in § 14 GSchG determinierten Reihenfolge berufener Laienrichtern infolge Nichteinhaltung der Rügeobliegenheit (§ 281 Abs 1 Z 1 letzter Satzteil StPO) verwarf. Der Berufung des Angeklagten wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 28. Oktober 2010, AZ 7 Bs 430/10h (ON 41), nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Mit seinem am 21. Dezember 2010 beim Obersten Gerichtshof eingebrachten - nicht auf ein Erkenntnis des EGMR gestützten (RIS-Justiz RS0122228) - Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO behauptet der Verurteilte eine Verletzung des Art 6 MRK, weil die an der erstinstanzlichen Entscheidung mitwirkenden Laienrichter mangels Eintragung in die im Zeitpunkt der Hauptverhandlung aktuellen Dienstlisten für Schöffen (Haupt-und Ergänzungslisten) nicht zum Schöffenamt berufen gewesen wären, das erkennende Schöffengericht damit nicht gehörig besetzt gewesen sei.

Der Erneuerungsantrag war bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 2 Z 2 StPO), weil nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die - unter anderem auch eine nicht gehörige Besetzung des Schöffengerichts durch Mitwirkung gesetzwidrig berufener Schöffen relevierende (Z 1) - Nichtigkeitsbeschwerde der vorliegende, nicht auf ein Erkenntnis des EGMR gestützte Antrag nach § 363a StPO unzulässig ist. Der nochmaligen Anrufung des Höchstgerichts steht die Zulässigkeitsbeschränkung des § 35 Abs 2 lit b erster Fall MRK entgegen, stimmt doch der Antrag solcherart - ungeachtet der vorgenommenen Modifikation der Begründung für die behauptete Normverletzung - „im Wesentlichen“ mit einer schon vorher durch den Obersten Gerichtshof geprüften „Beschwerde“ überein (RIS-Justiz RS0122737 [T11], 11 Os 132/06f, 15 Os 156/07s). Indem der Verteidiger in seiner Äußerung gemäß § 24 StPO Letzteres mit der Behauptung bestreitet, der Erneuerungsantrag enthalte neue Tatsachen (Art 35 Abs 2 letzter Satzteil MRK), übersieht er, dass er mit seinem Erneuerungsantrag diesfalls - mangels Geltendmachung im ordentlichen Rechtsmittelverfahren - an der Nichterschöpfung des Instanzenzugs scheitern müsste (RIS-Justiz RS0122737 [T12]).

Stichworte