Spruch:
Stefan K***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Text
Gründe:
Stefan K***** wurde mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 12. Jänner 2011 anklagekonform des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB sowie der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt (ON 67). Er hat dagegen das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet (ON 67 S 19).
Im Anschluss an die Hauptverhandlung wurde die über den Angeklagten am 10. Mai 2010 verhängte Untersuchungshaft (ON 7) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 3 lit a StPO fortgesetzt (ON 68). Der dagegen erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 20. Jänner 2011 (ON 74) nicht Folge und setzte die Untersuchungshaft aus demselben Haftgrund fort.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen gerichtete Grundrechtsbeschwerde ist nicht im Recht.
Zutreffend ist das Oberlandesgericht hinsichtlich des dringenden Tatverdachts von der - wenngleich nicht rechtskräftigen - Verurteilung in erster Instanz ausgegangen. Denn ein nach Durchführung eines kontradiktorischen Beweisverfahrens ergangener Schuldspruch begründet jedenfalls einen für die Verhängung und Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft erforderlichen dringenden Tatverdacht (RIS-Justiz RS01008486, zuletzt 15 Os 133/10p). Mit seinen weitwendigen, die Annahme des dringenden Tatverdachts nach Art einer Nichtigkeitsbeschwerde aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO bekämpfenden Einwänden wird der Beschwerdeführer darauf verwiesen. Weshalb überdies die Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 MRK) der Fortsetzung der Untersuchungshaft entgegenstehen sollte, bleibt unerfindlich (Art 5 Abs 1 lit a MRK; RIS-Justiz RS0119511 [T2]).
Die rechtliche Annahme einer der von § 173 Abs 2 StPO genannten Gefahren (hier: Tatbegehungsgefahr) wird vom Obersten Gerichtshof im Rahmen eines Grundrechtsbeschwerdeverfahrens dahin überprüft, ob die Prognoseentscheidung des Oberlandesgerichts aus den in dessen Beschluss angeführten bestimmten Tatsachen abgeleitet werden durfte, ohne dass die darin liegende Ermessensentscheidung als willkürlich bzw unvertretbar angesehen werden müsste (RIS-Justiz RS0117806).
Diesem Begründungserfordernis wird die angefochtene Entscheidung gerecht, indem sie die Tatbegehungsgefahr aus aktuellen finanziellen Bedürfnissen des Angeklagten und aus der sich in einem „hemmungslosen, durch vorangehenden Alkoholkonsum geförderten Tatverhalten“ manifestierenden kriminellen Energie ableitete, wobei das Oberlandesgericht auch die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und seine aufrechte Wohnung im Inland in die Überlegungen einbezog (BS 3 f).
Dem setzt die Beschwerde durch bloßes Bestreiten der Annahmen des Gerichts und durch eigenständige Erwägungen über die persönlichen und finanziellen Verhältnisse des Angeklagten keine substantiellen Argumente entgegen und zeigt daher auch keine Willkür der bekämpften Prognoseentscheidung auf. Das weitere Vorbringen, das Gericht verletze das Gebot der Unschuldsvermutung und das Recht auf ein faires Verfahren, wenn es „meine laufenden Unschuldsbeteuerungen und die für mich sprechenden Entlastungsbeweise völlig negiert“, entzieht sich mangels Ausgehens vom festgestellten dringenden Tatverdacht im Rahmen der Prüfung der Prognoseentscheidung einer inhaltlichen Erwiderung.
Ausgehend von der vom Erstgericht ausgesprochenen Freiheitsstrafe von drei Jahren ist die bisherige Dauer der Untersuchungshaft von knapp zehn Monaten nicht unangemessen. Die - nunmehr geforderte - Anwendung gelinderer Mittel wurde in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Fortsetzungsbeschluss nicht releviert, sodass es insofern an der Erschöpfung des Instanzenzugs (§ 1 Abs 1 GRBG) mangelt (RIS-Justiz RS0114487 [T1]).
Bemerkt wird, dass die Haftentscheidung des Landesgerichts für Strafsachen Graz (ON 68) zu Unrecht durch den Schöffensenat (ON 67, S 19) und nicht durch die Vorsitzende alleine gefällt wurde, war doch die Hauptverhandlung - nach Urteilsverkündung und Erteilung der Rechtsmittelbelehrung - zum Entscheidungszeitpunkt bereits beendet (§ 32 Abs 3 StPO; RIS-Justiz RS0125616; Fabrizy, StPO10 § 176 Rz 7).
Einer Relevierung des Fehlers durch den Obersten Gerichtshof steht jedenfalls der Umstand entgegen, dass das Grundrechtsbeschwerdegesetz amtswegiges Vorgehen des Obersten Gerichtshofs gemäß § 10 GRBG nur in den - hier nicht aktuellen - Fällen der §§ 290 Abs 1 zweiter Satz, 362 StPO kennt (vgl im Übrigen RIS-Justiz RS0096295).
Stefan K***** wurde daher im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, weshalb die Beschwerde ohne Kostenzuspruch abzuweisen war (§ 8 GRBG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)