OGH 8ObA29/10p

OGH8ObA29/10p22.2.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Kuras und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Umfahrer und Helmut Tomek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei F***** R*****, vertreten durch Friedl & Holler Rechtsanwälte Partnerschaft in Gamlitz, gegen die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Graz, wegen 20.873,88 EUR brutto sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagende Partei (Revisionsinteresse: 2.986,36 EUR) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse: 1.187,88 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. Februar 2010, GZ 8 Ra 4/10k-24, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen beider Parteien werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

I. Zur außerordentlichen Revision des Klägers:

Das Erstgericht hat ausdrücklich und unbekämpft festgestellt, dass der Kläger bis Ende Juni 2008 gesamt 349 Stunden und 55 Minuten an Überstunden geleistet hat (US 28 und 30), sodass schon daher die behauptete Aktenwidrigkeit des Berufungsurteils nicht vorliegt. Es trifft auch nicht zu, dass das Erstgericht diese Feststellung „ohnedies … nicht beachtet“ habe. Die vom Kläger aus den von ihm zitierten Beweismitteln gezogenen Schlüsse sind durch die für den Obersten Gerichtshof bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht gedeckt. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung des tatsächlich festgestellten Sachverhalts wird in der Revision nicht geltend gemacht, sodass eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO insgesamt nicht geltend gemacht wird.

II. Zur außerordentlichen Revision der Beklagten:

1. Eine Pauschalentlohnung von Überstunden ist nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich zulässig; das Pauschale darf aber im Durchschnitt eines längeren Zeitraums nicht geringer sein als die zwingend zustehende Überstundenvergütung (Grillberger, AZG 92; RIS-Justiz RS0051519). Als Beobachtungszeitraum für diese Deckungsprüfung ist üblicherweise das Kalenderjahr anzusehen (RIS-Justiz RS0064874), davon kann jedoch durch Vereinbarung im Einzelfall abgewichen werden (RIS-Justiz RS0051788), was aber hier nicht der Fall war. Allerdings fand im vorliegenden Fall nach eineinhalb Jahren eine Überprüfung der Deckung der geleisteten Überstunden im Überstundenpauschale statt, als deren Ergebnis die Parteien einvernehmlich 189 offene Überstunden in das neue Zeiterfassungssystem übernahmen. Die Revisionswerberin geht selbst von einer Einigung in diesem Sinn aus, sodass ihr Standpunkt, die für die Zeit bis zu dieser Einigung vom Berufungsgericht honorierten Überstunden seien verfallen, nicht verständlich ist.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kann die Anordnung von Überstunden auch schlüssig erfolgen; vom Arbeitnehmer geforderte Leistungen, die bei richtiger Einteilung der Arbeit nicht innerhalb der Normalarbeitszeit erbracht werden können, sind als Überstunden zu bezahlen (RIS-Justiz RS0051431; RS0051314). Daran ändert auch eine kollektivvertragliche Bestimmung, die nur „ausdrücklich“ angeordnete Arbeitsstunden als Überstunden vorsieht (wie hier § 5 Abs 1 des Kollektivvertrags für Angestellte im Handwerk und Gewerbe ua) nichts, zumal eine derart enge Auslegung solcher Bestimmungen deren Sittenwidrigkeit zur Folge hätte (4 Ob 94/82 = SZ 56/27).

3. Einen Überstundenzuschlag hat das Berufungsgericht entgegen den Ausführungen der Revisionswerberin nicht zugesprochen (S 29 des Berufungsurteils). Die Berechnungen, aufgrund derer die Beklagte zum Ergebnis kommt, dass die vom Kläger im zweiten Halbjahr 2008 geleisteten Überstunden durch die gezahlte Pauschale abgegolten seien, sind schon deshalb verfehlt, weil die Beklagte damit abermals die zwischen den Parteien zustande gekommene Einigung außer Acht lässt und deshalb Überstundenguthaben des Klägers als verfallen erachtet und einen zu einem völlig anderen Ergebnis führenden Berechnungszeitraum zugrunde legt. Auf andere Details der Berechung der Revisionswerberin, mit denen sie - ohne dies zu begründen - von den schlüssigen Berechnungen des Berufungsgerichts abweicht, ist daher nicht mehr einzugehen.

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