Spruch:
Die Beschwerde wird im gegen die Zurückweisung der Berufung gerichteten Teil zurückgewiesen. Im die Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde betreffenden Teil wird ihr nicht Folge gegeben.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Text
Gründe:
Dr. Anton B***** wurde mit (gekürzt ausgefertigtem) Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 12. Oktober 2010, GZ 601 Hv 4/10d-24, (richtig:) mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung erbat er sich „3 Tage Bedenkzeit“ (ON 24 S 3). Mit am selben Tag eingelangtem Schriftsatz (ON 25) erklärte der Verteidiger für den Angeklagten den Verzicht auf Rechtsmittel gegen dieses Urteil. Die in weiterer Folge vom Angeklagten persönlich am 14. Oktober 2010 per Telefax übermittelte Erklärung, „das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung“ anzumelden (ON 26), wies das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss zurück.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die (ersichtlich auf § 285b Abs 2 StPO gestützte) Beschwerde des Angeklagten.
Gemäß § 285a Abs 1 Z 1 letzter Fall StPO hat das Landesgericht, bei dem eine Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet wird, diese zurückzuweisen, wenn sie von einer Person eingebracht wurde, die auf sie verzichtet hat. Ein derartiger Verzicht ist unwiderruflich, egal ob er vom Angeklagten selbst rechtswirksam (vgl § 57 Abs 2 zweiter und dritter Satz StPO) oder von seinem Verteidiger erklärt wird. Dies gilt dem Beschwerdevorbringen zuwider auch für die - in § 285a Abs 1 Z 1 StPO unveränderte - Rechtslage nach Inkrafttreten des StrafprozessreformG, BGBl I 2004/19 (RIS-Justiz RS0116751, RS0099945, RS0097859). Die von der Beschwerde ins Treffen geführte Bestimmung des § 57 Abs 2 zweiter Satz StPO, derzufolge bei widersprechenden (Rechtsmittel-)Erklärungen des Beschuldigten und seines Verteidigers jene des Ersteren gilt, betrifft bloß den Fall, dass ein solcher Dissens dem Gericht bereits im Zeitpunkt der Erklärung des Verteidigers bekannt ist oder in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang bekannt wird (vgl Ratz, WK-StPO § 284 Rz 8; Achammer, WK-StPO § 57 Rz 49 f; RIS-Justiz RS0097995, RS0099941; ErläutRV 25 BlgNR 22. GP 83). Eine solche Konstellation liegt jedoch - wie bereits vom Erstgericht (ohne Bekämpfung durch den Beschwerdeführer) angenommen - hier nicht vor.
Zufolge Gültigkeit und Unwiderruflichkeit des vom Verteidiger erklärten Rechtsmittelverzichts erfolgte die Zurückweisung der nachträglichen Anmeldung einer Nichtigkeitsbeschwerde durch den Angeklagten zu Recht; der dagegen gemäß § 285b Abs 2 StPO erhobenen Beschwerde war daher keine Folge zu geben.
Soweit die undifferenzierte (auf „die Rechtsmittelanmeldung“ abstellende) Formulierung des angefochtenen Beschlusses auch eine Zurückweisung der vom Angeklagten angemeldeten Berufung beinhaltet, ist diese Entscheidung zufolge insoweit fehlender Kompetenz des Erstgerichts (vgl § 294 Abs 4 StPO) wirkungslos, weshalb die Beschwerde im dagegen gerichteten Teil mangels gesetzlichen Bezugspunkts dieses Rechtsmittels zurückzuweisen war (Ratz, WK-StPO § 285b Rz 6; vgl RIS-Justiz RS0116270 [insbesondere T3]; 13 Os 187/08m, 155/09g, EvBl 2010/48, 324). Über die (angemeldete) Berufung hat daher das Oberlandesgericht zu entscheiden (RIS-Justiz RS0100545).
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