Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Das angefochtene Teilurteil wird aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.
Dem Rekurs der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Ärztin für Allgemeinmedizin und bewarb sich im Oktober 2007 um eine bestimmte Kassenvertragsplanstelle in Niederösterreich. Die zwischen der Ärztekammer für Niederösterreich (Erstbeklagte) und der NÖ Gebietskrankenkasse (Zweitbeklagte) vereinbarten Niederlassungsrichtlinien lauten auszugsweise:
„…
§ 7
Bewerberliste (bisher Reihungsliste)
(1) Die Bewerberliste wird auf EDV-Basis von der Ärztekammer geführt. …
(3) Maßgeblich für die Bewertung der Eintragung in die Bewerberliste ist der Zeitpunkt der ersten Eintragung nach Erlangung des Rechts zur selbstständigen Berufsausübung (Allgemeinmedizin, Sonderfächer). …
(4) Die Eintragung in die Bewerberliste wird mit 0,2 Punkten pro Monat, maximal acht Punkten, bewertet. …
…
§ 10
Behindertengerechter und barrierefreier Zugang
Die Zusage, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis bei Vertragsbeginn oder innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsbeginn zu schaffen (vgl § 2 Abs 1 Z 4 der Reihungskriterien-Verordnung), wird mit zwei Punkten bewertet.
…
§ 11
Ablehnung der Invertragnahme
(1) Liegt die Punkteanzahl des Erstgereihten mehr als 5 % über jener seiner Mitbewerber, ist der Erstgereihte zu einem Vorstellungsgespräch in die Hearingkommission zu laden. Als „Erstgereihter“ ist auch ein Bewerber zu werten, der sich als einziger Kandidat um eine ausgeschriebene Planstelle bewirbt.
(2) Die Ärztekammer und die niederösterreichische Gebietskrankenkasse können einvernehmlich die Invertragnahme des Erstgereihten mit Begründung ablehnen, wenn erhebliche Bedenken bestehen, ob der mit dem Einzelvertrag verbundene Versorgungsauftrag durch diesen Bewerber erfüllt werden kann.
§ 12
Hearing
(1) Ein Hearing ist durchzuführen, wenn die Punkteanzahl der Bewerber innerhalb einer Bandbreite von 5 %, bezogen auf die Punkteanzahl des Erstgereihten, liegt. Das Hearing ist nicht öffentlich.
(2) Die Hearingkommission wird von der Ärztekammer und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse paritätisch besetzt.
…
(3) Die Hearingkommission ist in ihrer Beurteilung der Kandidaten an kein vorgeschriebenes Punktesystem gebunden, sondern völlig frei und unabhängig. Die Entscheidung innerhalb der Hearingkommission erfolgt durch demokratische Abstimmung mit einfacher Mehrheit.
(4) Insbesondere zu beurteilen sind durch die Hearingkommission:
1. Zusätzliche fachliche Qualifikationen im Sinne einer speziellen Ausbildung, die für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit für die ausgeschriebene Kassenplanstelle von besonderer Relevanz ist (zum Beispiel weitere Zusatzfächer, zusätzliche Qualifikation im Sinne von Sonderberechtigungen wie EEG, EKG, Echokardiografie, Ergometrie etc),
2. die soziale Förderungswürdigkeit,
3. sonstige medizinische oder soziale Tätigkeiten,
4. zusätzliche Sprachkenntnisse,
5. die Frauenquote zur Sicherstellung einer ausgewogenen Versorgung mit weiblichen und männlichen Vertragsärzten.
(5) Die Entscheidung der Hearingkommission ist ausführlich zu begründen und in der Begründung eine Abwägung der für die Entscheidung relevanten Kriterien in Bezug auf die im Hearing zu beurteilenden Bewerber zu treffen. Die Begründung ist im Beratungsprotokoll über das Hearing festzuhalten und von allen Hearingkommissionsmitgliedern zu unterzeichnen. Das Beratungsprotokoll ist vertraulich. Die Entscheidung der Hearingkommission ist den Bewerbern um die Kassenplanstelle, die am Hearing teilgenommen haben, bekannt zu geben.
§ 13
Frauenförderung
(1) Ist im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfälle) des ausgeschriebenen Einzelvertrags der Anteil an Vertragsärztinnen geringer als der Anteil an Bewerberinnen gemäß der Bewerberliste nach § 7, so ist (sind) in das Hearing gemäß § 12 jene Bewerberin (jene Bewerberinnen) einzubeziehen, die ausschließlich wegen der Bewertung gemäß § 7 nicht erstgereiht ist (sind).“
Die Klägerin war nach der Verordnung des Bundesministers für Soziale Sicherheit und Generationen über die Kriterien für die Reihung der ärztlichen BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern (Reihungskriterien-Verordnung) BGBl II 2002/487 für die zu besetzende Planstelle mit einer Mitbewerberin, die ebenso wie die Klägerin 44 Punkte erreichte, an erster Stelle gereiht. Der Drittbeklagte bekam 42,4 Punkte. Der Punkteunterschied resultierte aus der kürzeren Dauer seiner Eintragung in die Bewerberliste. Nach einem daraufhin am 11. 9. 2007 abgehaltenen Hearing mit den drei genannten Bewerbern, bei welchem die medizinische Qualifikation, soziale Aspekte, die Frauenquote und die Ordinationskonzepte der Bewerber diskutiert wurden, entschied sich die Hearingkommission für den Drittbeklagten.
Die Klägerin begehrte 11.503,30 EUR sA als Erfüllungsinteresse aus dem Titel des Schadenersatzes sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für künftige Schäden, die ihr aus der Verweigerung des Zuschlags an sie bzw durch den von der Zweitbeklagten mit dem Drittbeklagten geschlossenen Vertrag für die ausgeschriebene Kassenvertragsstelle entstehen werden. Ihr hätte als Bestbieterin der Zuschlag erteilt werden müssen. Die Erst- und Zweitbeklagte hätten jedoch die Vergaberichtlinien gleichheitswidrig angewendet und willkürlich mit der bloßen und daher nicht nachvollziehbaren Begründung, der Drittbeklagte sei der „Bessere“ entschieden, diesem dem Zuschlag erteilt und sich dabei vom Umstand leiten lassen, er werde die Ordination seines Vorgängers erwerben. Mitentscheidend sei darüber hinaus die über ausdrückliches Nachfragen unzutreffende Bekanntgabe des Drittbeklagten gewesen, die von ihm in Aussicht genommene Ordination entspreche in baulicher Hinsicht den Ö-Normen betreffend Behindertengerechtheit. Tatsächlich fehle jedoch vor der Eingangstüre zur Ordination die erforderliche Rampe für Rollstuhlfahrer, die Räume für physikalische Therapie seien nur über mehrere Stiegen erreichbar und die Tür zum EKG-Raum sei zu schmal. Das WC sei räumlich zu eng, befinde sich außerhalb der Ordination und könne nur über eine hohe Stufe betreten werden. Die in Wahrheit bessere Qualifikation der Klägerin sei nicht ausreichend gewürdigt worden. Aufgrund vergabefremder Motive in Verletzung des Diskriminierungsverbots, des Wettbewerbsprinzips und des Transparenzgebots sei von der ursprünglichen Reihung der Klägerin als Erstgereihte abgegangen worden. Nach § 11 Abs 2 der Niederlassungsrichtlinien dürfe der Erstgereihte nur dann nicht zum Zug gelangen, wenn erhebliche Bedenken bestehen, ob der mit dem Einzelvertrag verbundene Versorgungsauftrag durch diesen Bewerber nicht erfüllt werden könne, was nicht zutreffe. Erst im Verfahren habe die Zweitbeklagte versucht, die Entscheidung der Hearingkommission zu begründen. Zwischen dem Drittbeklagten und der Klägerin bestehe ein Wettbewerbsverhältnis, der Drittbeklagte habe wettbewerbswidrige Handlungen durch unrichtige Aussagen im Auswahlverfahren gemacht, bei dem es zu Verstößen gegen die Grundsätze des Vergaberechts gekommen sei. Von diesen Verstößen habe der Drittbeklagte profitiert. Durch das Verhalten der Erst- und Zweitbeklagten werde Einfluss auf die Wettbewerbsverhältnisse am Markt für medizinische Dienstleistungen genommen.
Die Erstbeklagte wendete ein, die getroffene Entscheidung sei weder willkürlich noch intransparent gewesen. Die Mitglieder der Hearingkommission seien in ihrer Entscheidung frei und unabhängig gewesen und hätten nach ihrem Ermessen unter Zugrundelegung der hierfür aufgestellten Kriterien entschieden. Die Erstbeklagte habe weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt. Die Mehrzahl der Kriterien nach § 12 Abs 4 der Niederlassungsrichtlinie mit Ausnahme der Frauenquote habe für den Drittbeklagten gesprochen.
Die Zweitbeklagte wendete ergänzend ein, im Rahmen der Hoheitsverwaltung tätig gewesen zu sein. Sie stehe mit der Klägerin in keinem Wettbewerbsverhältnis. Diese sei nicht Bestbieterin, sondern nur Erstgereihte gewesen; die Voraussetzungen zur Abhaltung eines Hearings seien vorgelegen. Bei der Entscheidung seien alle Umstände berücksichtigt worden, die Klägerin sei nicht überlegen gewesen, zumal ihre Zusatzqualifikationen ihr nur quantitativ, nicht jedoch qualitativ zum Vorteil gereicht hätten. Der Drittbeklagte sei sozial förderungswürdig gewesen, nur die Frauenquote habe für die Klägerin gesprochen. Einer eventuell bestehenden vertraglichen Zusage des Ordinationsvorgängers des Drittbeklagten sei ebenso wenig wie dem Bestehen von baulichen Mängeln eine entscheidungsrelevante Wirkung zugekommen, weil sowohl die Klägerin als auch der Drittbeklagte zugesagt hätten, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis zu schaffen.
Der Drittbeklagte wendete ein, die Kommission nie über eine fehlende bauliche Eignung der in Aussicht genommenen Ordinationsräumlichkeiten getäuscht oder unrichtige Angaben über die Behindertengerechtheit oder Barrierefreiheit gemacht zu haben.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab. Weder liege eine Willkürentscheidung vor, noch eine Verletzung des UWG.
Das Berufungsgericht bestätigte mit (Teilurteil) die Klageabweisung gegenüber dem Drittbeklagten und hob das Ersturteil im Übrigen (in Ansehung der Erst- und Zweitbeklagten) auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 5.000 EUR, nicht aber auch 30.000 EUR übersteige und die Revision bzw der Rekurs zulässig seien, weil ein vergleichbarer Sachverhalt (unbegründete Entscheidung einer Hearingkommission bzw allfällig unrichtige Angaben eines Bewerbers) von der Rechtsprechung noch nicht beurteilt worden sei.
Die Erst- und die Zweitbeklagte seien in der von ihnen paritätisch besetzten Hearingkommission zur Auswahl der Bewerber für freie Kassenplanstellen im öffentlichen Interesse privatrechtlich tätig, weshalb sie bei ihrer Tätigkeit an die Grundrechte gebunden seien. Die Vergabe eines Kassenvertrags nach sachlich nicht gerechtfertigten Kriterien verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und führe zur Haftung wegen der Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 1311 ABGB für daraus entstehende Schäden. Die Klägerin habe dann Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses, wenn ohne Pflichtverletzung durch Erst- und Zweitbeklagte der Vertrag mit ihr zustandegekommen wäre. Dies hätte sie zu beweisen. Entscheidend sei, wie sich die Kommission hätte verhalten müssen, wenn sie die Vergabe in allen Punkten regelgerecht durchgeführt hätte. Im vorliegenden Fall sei entscheidend, dass die Kommission ihre Entscheidung gegenüber den Bewerbern nicht begründet hätte, weshalb eine auf objektiven und nachprüfbaren Erwägungen beruhende, transparente und sachlich gerechtfertigte Entscheidung fehle. Die Tatsache, dass die Entscheidung auf einer demokratischen Abstimmung beruhe, befreie die Kommission nicht von ihrer Begründungspflicht. Im fortzusetzenden Verfahren müsse festgestellt werden, ob die Klägerin bei objektiv richtiger Vergabeentscheidung den Zuschlag erhalten hätte.
Die Reihungskriterien-Verordnung unterscheide nicht zwischen einer bereits bestehenden und einer erst in Zukunft herzustellenden behindertengerechten Ausgestaltung der Ordination. Es sei daher ohne Relevanz, welchen Einfluss die Angaben des Drittbeklagten zur Barrierefreiheit auf die konkrete Entscheidung der Kommission gehabt hätte. Das diesbezügliche Verhalten des Drittbeklagten sei von vornherein ungeeignet gewesen, eine objektiv unrichtige Entscheidung herbeizuführen, sodass es nicht habe festgestellt werden müssen bzw die das Verhalten des Drittbeklagten betreffende Verfahrens- und Feststellungsrüge nicht abschließend behandelt habe werden müssen. Die Klage gegen den Drittbeklagten sei schon nach dem Vorbringen der Klägerin abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin, mit der sie die Aufhebung der Klageabweisung gegenüber dem Drittbeklagten anstrebt, ist zulässig und berechtigt.
Der Rekurs der Erstbeklagten, mit dem sie die Wiederherstellung des klageabweisenden Ersturteils anstrebt, ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Zur Revision:
Die Klägerin stützt den gegen den Drittbeklagten erhobenen Schadenersatzanspruch (Erfüllungsinteresse nach rechtswidriger Ablehnung des Vertragsabschlusses für eine bestimmte Kassenvertragsstelle) in dritter Instanz ausschließlich auf die (behauptetermaßen) unrichtige Aussage des Drittbeklagten über die Barrierefreiheit der von ihm in Aussicht genommenen Ordination, sie sei bereits alten- und behindertengerecht.
Auch der Schadenersatzanspruch nach UWG erfordert den Nachweis des Kausalzusammenhangs zwischen Wettbewerbsverletzung und Schaden; eine Beweislastumkehr findet nicht statt (Kodek/Leupold in Wiebe/G. Kodek UWG, § 16 Rz 51 mwN). Der Ersatz des von der Klägerin begehrten Erfüllungsinteresses setzt voraus, dass der Vertrag ohne Pflichtverletzung mit ihr zustandegekommen wäre, der Zuschlag also ihr hätte erteilt werden müssen (4 Ob 198/05d mwN). Zur Beurteilung der Kausalität des (behaupteten) Verhaltens des Drittbeklagten hat das Berufungsgericht daher zu Recht geprüft, ob die dem Drittbeklagten vorgeworfene falsche Angabe über das Bestehen eines barrierefreien Zugangs zur in Aussicht genommenen Ordination eine Auswirkung auf das Ergebnis des Vergabeverfahrens haben hätte können. Nach § 2 Abs 1 Z 4 Reihungskriterien-Verordnung ist zwar ausschließlich die Zusage, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis nach den Bestimmungen der Ö-Norm B 1600 sowie der Ö-Norm B 1601 bei Vertragsbeginn oder innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsbeginn zu schaffen, das Reihungskriterium. Anderes sehen auch die vertraglich vereinbarten Niederlassungsrichtlinien nicht vor. Ohne die tatsächliche Begründung der von der Klägerin bekämpften Vergabeentscheidung zu kennen - diesbezügliche Feststellungen hat das Berufungsgericht vermisst und deshalb die Klageabweisung in Ansehung der Erst- und Zweitbeklagten aufgehoben - lässt sich aber noch nicht beurteilen, ob die von der Klägerin behauptete Aussage des Drittbeklagten zu seinen geschäftlichen Verhältnissen (behindertengerechter Zugang zu den in Aussicht genommenen Ordinationsräumlichkeiten) für die behauptetermaßen unrichtige Vergabeentscheidung zugunsten des Drittbeklagten ursächlich war. Dies wäre etwa der Fall, wenn für die Hearingkommission maßgeblich gewesen wäre, dass die vom Drittbeklagten in Aussicht genommene Ordination schon behindertengerecht ist (und damit zum Vertragsbeginn jedenfalls behindertengerecht sein wird), während die Ordination der Klägerin erst in weiterer Folge angepasst werden müsste. Der dann bestehende zeitliche Vorteil (behindertenfreundliche ärztliche Versorgung jedenfalls schon bei Vertragsbeginn gegenüber späterer Anpassung der Ordinationsräume) wäre als sachliches und daher zulässiges Kriterium für die Vergabeentscheidung anzusehen.
Da es sohin auf die Existenz des alten- und behindertengerechten Zugangs bereits zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (Hearing) und damit zu Vertragsbeginn ankommen konnte, könnte eine allenfalls unrichtige Angabe des Drittbeklagten über den derzeitigen Zustand der in Aussicht genommenen Ordination eine objektiv unrichtige Vergabeentscheidung herbeigeführt haben. Das Berufungsgericht hat daher eine weitere Auseinandersetzung (bzw die angedeutete Konsequenz der beschriebenen Mangelhaftigkeit der erstgerichtlichen Begründung) mit der Verfahrens- und Tatsachenrüge der Klägerin betreffend die (Negativ-)Feststellungen zu den dem Drittbeklagten vorgeworfenen Aussagen zu Unrecht abgelehnt.
Nur wenn das Berufungsgericht die negativen Feststellungen des Erstgerichts zu den beanstandeten Behauptungen des Drittbeklagten als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung übernimmt oder aufgrund eigener Beweisaufnahme zu gleichartigen Feststellungen gelangt, wäre die Klageabweisung in diesem Verfahrensstadium berechtigt. Andernfalls wäre die weitere Klärung des Sachverhalts (Begründung der Vergabeentscheidung) abzuwarten, um abschließend beurteilen zu können, ob die dem Drittbeklagten angelasteten Behauptungen zur Barrierefreiheit der in Aussicht genommenen Ordinationsräume (mit-)ursächlich für die Vergabeentscheidung zu Lasten der Klägerin waren.
Das Teilurteil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über das den Drittbeklagten betreffende Klagebegehren aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Zum Rekurs:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass die am Auswahlverfahren zur Ermittlung eines Kandidaten für den Abschluss eines Einzelvertrags zwischen Arzt und zuständigem Träger der Krankenversicherung beteiligten Körperschaften öffentlichen Rechts im öffentlichen Interesse privatrechtlich tätig sind und aufgrund der Fiskalgeltung der Grundrechte und auch § 16 ABGB bei ihrer Tätigkeit an die Grundrechte gebunden sind. Es verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz, sachlich nicht gerechtfertigte Auswahlkriterien bei der Vergabe eines Kassenvertrags anzuwenden. Die hiefür ergehenden Besetzungsvorschläge und damit die zugrundeliegenden Richtlinien müssen auf objektiven und nachprüfbaren Erwägungen beruhen, die transparent und sachlich gerechtfertigt sind. Zum Reihungskriterium einer vorvertraglichen privatrechtlichen Einigung mit dem Praxisvorgänger oder einer Bereitschaftserklärung zur Leistung des von der Kommission festgestellten Bewertungsbetrags an den bisherigen Praxisinhaber hielt der Oberste Gerichtshof fest, dass darin keine spezifische fachliche Qualifikation eines Kandidaten zum Ausdruck kommt, dieses Kriterium daher sachlich nicht gerechtfertigt ist (7 Ob 299/00x; 7 Ob 25/09s, je mwN; RIS-Justiz RS0115621).
Dass die Vergabe des Kassenvertrags auf objektiven und nachprüfbaren Erwägungen beruht, die transparent und sachlich gerechtfertigt sind, lässt sich aber nur nachvollziehen, wenn nicht bloß die Reihung, sondern auch die endgültige Entscheidung begründet wird. Dass der Vergabeentscheidung eine Abstimmung zugrundeliegt, schließt eine Begründung der Entscheidung keineswegs aus. Im vorliegenden Fall steht schließlich fest, dass die medizinische Qualifikation der Bewerber, soziale Aspekte, die Frauenquote und die Ordinationskonzepte der Bewerber diskutiert wurden. Die Entscheidung erfolgte also nicht etwa rein aufgrund des - allenfalls schwer verbalisierbaren - persönlichen Eindrucks von den Kandidaten. Der Umstand, dass das Protokoll vertraulich zu behandeln ist, schließt eine Begründung der Entscheidung keinesfalls aus; auch gerichtliche Senatsentscheidungen werden zwecks öffentlicher Nachvollziehbarkeit begründet, obwohl der Inhalt des Beratungsprotokolls gemäß § 219 Abs 1 ZPO nicht öffentlich zu bleiben hat.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch Ermessensbescheide der Begründung bedürfen; etwa betreffend Raumordnungsfragen (RIS-Justiz RS0049505) oder im Fremdenrecht (1 Ob 18/89 mwN zur Rsp des VwGH). Auch für die hier zu beurteilende Auswahlentscheidung kann nichts Anderes gelten (vgl Resch in Jabornegg/Resch/Seewald, Der Vertragsarzt im Spannungsfeld zwischen gesundheitspolitischer Steuerung und Freiheit der Berufsausübung 165 mwN; Gerscha/Pesendorfer, Kommentar Vergaberecht, Erl zu § 130 BVergG 2006, 3). Die Hearingkommission ist daher zur Begründung ihrer Entscheidung für einen und damit gegen einen (oder mehrere) andere(n) Bewerber um die zu besetzende Kassenvertragsstelle verpflichtet.
Die Klägerin behauptete, die Entscheidung der Erst- und Zweitbeklagten zugunsten des Drittbeklagten beruhe auf dem Umstand, dass der Drittbeklagte die Ordination seines Vorgängers zu erwerben beabsichtigt habe. Sollte dies zutreffen, was aufgrund der bisher geschaffenen Tatsachengrundlage nicht beurteilt werden kann, wäre die Entscheidung der Erst- und Zweitbeklagten im Sinn der dargelegten Rechtsprechung gleichheitswidrig und - sofern der Klägerin der Beweis gelingt, dass unabhängig von dem als maßgeblich erachteten, tatsächlich aber unsachlichen Entscheidungskriterium ihr der Vorzug zu geben gewesen wäre, der von ihr geltend gemachte Schadenersatzanspruch dem Grunde nach berechtigt. Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS-Justiz RS0042179).
Sollte das von der Klägerin beanstandete Kriterium (Ordinationsübernahme) für die Entscheidung der Erst- und Zweitbeklagten nicht maßgeblich gewesen seien, ist diese Entscheidung weiter dahin zu überprüfen, ob sie unter Berücksichtigung insbesondere der in den Niederlassungsrichtlinien genannten, beim Hearing zu berücksichtigenden Punkte (§ 12 Abs 4 Z 1 bis 5) als im Rahmen des von der Hearingkommission zu übenden (gebundenen) Ermessens vertretbar zu beurteilen ist oder nicht.
Der der Klägerin obliegende Beweis der objektiv unrichtigen Vergabeentscheidung ist nur dann als erbracht anzusehen, wenn die Hearingkommission den ihr bei Abwägung der von Reihungskriterien-Verordnung sowie Niederlassungsrichtlinien vorgegebenen Kriterien zweifellos bestehenden Ermessensspielraum, etwa durch Berücksichtigung sachfremder Kriterien, überschritten hat. Nur dann und wenn überdies bewiesen wird, dass die Klägerin bei Abwägung der genannten Kriterien gegenüber allen anderen Bewerbern zu bevorzugen gewesen wäre, besteht der von ihr geltend gemachte Anspruch auf das Erfüllungsinteresse dem Grunde nach zu Recht (RIS-Justiz RS0030354 [T5, T6]).
Dem insgesamt unberechtigten Rekurs der Erstbeklagten ist daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO. Der Rekurs war zwar nicht erfolgreich, trug aber doch zur Klärung der Rechtslage bei, sodass die Schriftsätze des Rekursverfahrens zweckmäßige Prozesshandlungen waren (4 Ob 78/10i mwN).
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