Spruch:
Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird Folge gegeben.
Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Antragsteller war vom 1. 8. 1988 bis 31. 12. 2007 Mieter der Wohnung Top 7 im Haus ***** in *****, das im Eigentum der Antragsgegnerin steht.
Aufgrund einer Kündigung des Bestandverhältnisses vom 26. 11. 2007 per 31. 12. 2007 kam es am 9. 12. 2007 zu einer Begehung der Wohnung, bei der der Antragsteller und die Antragsgegnerin neben anderen Personen anwesend waren. Es wurde Einigung über den Auflösungszeitpunkt hergestellt. Der Antragsteller sprach dabei gegenüber der Antragsgegnerin von Investitionsersatz und schilderte ihr in groben Zügen, welche Aufwendungen er am Objekt getätigt habe. Eine Bezifferung seines Anspruchs nahm er dabei nicht vor. Er erhielt die Zusage der Antragsgegnerin, dass er das erhalten werde, was ihm gesetzlich zustehe.
Die Antragsgegnerin forderte weder bei diesem Gespräch noch danach den Antragsteller auf, seinen Ersatzanspruch binnen 14 Tagen schriftlich und mit ziffernmäßiger Angabe seiner Forderung zu verbessern.
Erstmals mit Schreiben vom 22. 12. 2007 (zur Post gegeben am 23. 12. 2007), das der Antragsgegnerin (allerdings in ihrer Ortsabwesenheit) am 28. 12. 2007 durch Hinterlegung zugestellt wurde, bezifferte der Antragsteller seinen Investitionsersatzanspruch der Höhe nach.
Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrte er, die Antragsgegnerin zum Ersatz seiner Investitionen in Höhe von insgesamt 7.210,80 EUR zu verpflichten und behauptete, zwischen Mitte 1988 und Ende 1990 zahlreiche Investitionen im Bestandobjekt getätigt zu haben, wodurch die Wohnung von der Ausstattungskategorie D in die Ausstattungskategorie A verbessert worden sei. Die Verbesserungen seien immer noch nützlich. Er listete alle von ihm durchgeführten Arbeiten auf und errechnete aus Pauschalbeträgen unter Abzinsung von einem Zwanzigstel jährlich den insgesamt begehrten Betrag. Über Aufforderung des Erstgerichts legte der Antragsteller mit Schriftsatz ON 5 eine Aufstellung der durchgeführten Arbeiten inklusive der Rechnungsbeträge vor und verwies darauf, dass er für Investitionen im Zeitraum zwischen 1. 1. 1982 und 1. 3. 1991 keine Rechnungen für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen vorzulegen habe.
Die Antragsgegnerin bestritt das Begehren auf Ersatz von Investitionskosten und beantragte die Abweisung des Antrags. Neben der im Revisionsrekursverfahren nicht mehr aufrecht erhaltenen Behauptung, der Antragsteller sei im Zeitpunkt der Beendigung des Bestandverhältnisses nicht mehr Mieter gewesen, wendete die Antragsgegnerin eine Verfristung des Anspruchs zufolge § 10 Abs 4 MRG ein. Auch seien die erbrachten Leistungen nicht sachgerecht, dienten nicht der Verbesserung des Objekts, seien nicht durchgeführt oder bereits von der Nachmieterin bezahlt worden.
Der Antragsteller hielt dem entgegen, dass die Antragsgegnerin ihrer Verpflichtung nach § 10 Abs 4a MRG nicht nachgekommen sei. Er habe rechtzeitig Ersatz der Investitionen begehrt und hätte von ihr zur Verbesserung seiner Anzeige des Ersatzanspruchs aufgefordert werden müssen. Deshalb sei der Anspruch nicht präkludiert.
Ausgehend von den einleitend zusammengefasst wiedergegebenen Feststellungen wies das Erstgericht das Begehren des Antragstellers ab.
Zunächst sei davon auszugehen, dass der Antragsteller im Zeitpunkt der Auflösung des Mietverhältnisses noch Hauptmieter gewesen sei. Ihm komme die Übergangsbestimmung des Art V Abs 3 Z 1 lit c des 2. WÄG (BGBl I 1991/68) zugute, wonach er für Aufwendungen vor Inkrafttreten des 2. WÄG, konkret für Aufwendungen zwischen dem 1. 1. 1982 und dem 1. 3. 1991, von der Vorlage von Rechnungen als Anspruchsvoraussetzung für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen entbunden sei. Weiters betrage die jährliche Abschreibungsquote allgemein für Aufwendungen diesfalls ein Zwanzigstel.
Dennoch hätte die Anzeige seines Ersatzanspruchs der Schriftform bedurft und hätte auch den geforderten Betrag sowie die Grundlagen des Anspruchs enthalten müssen. Der Antragsteller habe jedoch bei der Vereinbarung der Auflösung des Mietverhältnisses am 9. 12. 2007 seine Ansprüche nur mündlich pauschal angemeldet, nicht aber beziffert oder konkretisiert und nicht schriftlich ausgeführt. Zufolge § 10 Abs 4 Z 1 MRG hätte er spätestens vierzehn Tage nach Abschluss der Auflösungsvereinbarung diese Voraussetzungen zu erfüllen gehabt. Mit seinem Schreiben vom 22. 12. 2007, das der Antragsgegnerin überhaupt erst am 28. 12. 2007 zugekommen sei, habe er diese Frist nicht eingehalten. Die Regelung des § 10 Abs 4a MRG komme ihm nicht zugute, weil er in Wahrheit keinen Anspruch geltend gemacht habe. Dazu wäre erforderlich gewesen, seinen Anspruch durch konkrete Zahlen zu beziffern oder den Gegenstand des Investitionsersatzbegehrens zu benennen. Solange der geforderte Betrag gänzlich unbestimmt bleibe und Investitionsersatzansprüche nur abstrakt angemeldet würden, also nur grob und pauschal die vom Mieter durchgeführten Verbesserungsarbeiten bezeichnet würden, werde kein Ersatzanspruch erhoben, der eine Verpflichtung des Vermieters, zur Verbesserung aufzufordern, auslöse.
Die Erklärung des Vermieters, der Mieter werde das erhalten, was ihm „gesetzlich zustehe“, lasse auch keinen Verzicht auf die Formerfordernisse des § 10 Abs 4 MRG erkennen, sondern vielmehr, dass der Vermieter auf der Einhaltung des Gesetzes bestehe.
Das Erstgericht beurteilte daher den Ersatzanspruch des Mieters als präkludiert.
Dem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.
Die durch die WRN 2006 (BGBl I 2006/124) eingeführte Bestimmung des § 10 Abs 4a MRG, die dann, wenn wie hier der Mietvertrag nach dem 30. 9. 2006 aufgelöst wurde (§ 49e Abs 4 MRG), anzuwenden sei, solle nach den Gesetzesmaterialien (RV 1183 BlgNR XXII. GP, 38) einerseits die einem Mieter zur Verfügung stehenden Fristen zur Geltendmachung verlängern, andererseits dem Mieter eine „zweite Chance“ im Fall einer mangelhaften Anzeige einräumen.
In den Materialien heiße es dazu:
„Im Fall einer rechtzeitigen - wenngleich formal oder inhaltlich mangelhaften - Anzeige des Ersatzanspruchs soll der Hauptmieter diesen nicht etwa dadurch verlieren, dass er die Rechnungen nicht oder nicht vollständig vorgelegt hat, dass er seine Ansprüche nicht explizit beziffert oder den Ersatzanspruch etwa nur mündlich geltend gemacht hat. In all diesen Fällen bewirkt die Mangelhaftigkeit der Anzeige zunächst keinen Anspruchsverlust. Erst wenn der Vermieter den Hauptmieter unter Benennung des Mangels zu einer ordnungsgemäßen, nämlich den § 10 Abs 4 MRG vollständig entsprechenden Anzeige unter Setzung einer Nachfrist von mindestens 14 Tagen auffordert und der Hauptmieter dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nachkommt, ist ein Investitionsersatzanspruch des Hauptmieters untergegangen.“
Es sei also zu prüfen, ob eine Äußerung eines Hauptmieters im Zusammenhang mit Investitionsersatzansprüchen gewisse Mindestanforderungen zu erfüllen habe, um eine Verpflichtung des Vermieters iSd § 10 Abs 4a MRG entstehen zu lassen.
Unter Auseinandersetzung mit dazu in der Literatur geäußerten Meinungen vertrat das Rekursgericht die Ansicht, der Gesetzgeber habe an dem von der Rechtsprechung gewonnenen Verständnis des Begriffs „Anzeige“, das stets die Notwendigkeit einer Bezifferung betont habe, keine Änderung vornehmen wollen. Wegen des zeitlichen Zusammenhangs der Novellierung des Abs 4 und der Neuschaffung des Abs 4a in § 10 MRG einerseits sowie infolge der eindeutigen Verweisung, dass als Mangel ein Fehler in Form oder Inhalt nach Abs 4 zu verstehen sei, scheide eine andere Auslegung aus. Der Gesetzgeber habe die bisherige höchstgerichtliche Judikatur nur insofern als zu restriktiv erachtet, als es um die Einhaltung der Bestimmung des § 10 Abs 4 MRG gehe. Eine „2. Chance“ sei daher nur dann vorgesehen, wenn ein Formfehler ( Schriftform) oder ein inhaltlicher Fehler (Nichtvorlage von Rechnungen) unterlaufen sei. Die Erklärung eines Hauptmieters, Investitionskostenersatz zu begehren, stelle mangels Bezifferung des Anspruchs keine geeignete Willenserklärung an den Vermieter dar, die die Qualität einer Anzeige eines Ersatzanspruchs erfülle. Deshalb wäre die Antragsgegnerin auch nicht verhalten gewesen, den Antragsteller zu einer form- und inhaltskonformen Geltendmachung aufzufordern. Eine allgemeine Verpflichtung des Bestandgebers zur Belehrung über die in § 10 Abs 4 MRG genannten Fristen anlässlich der Auflösung eines Mietverhältnisses bestehe gerade nicht. Mit ihrer Äußerung habe die Vermieterin nur auf die Geltung des Gesetzes verwiesen. Schließlich sei es dem Antragsteller auch möglich gewesen, am 22. 12. 2007 den Anspruch ohne weitere Aufforderung durch die Vermieterin schriftlich geltend zu machen. Diese erstmalige Geltendmachung sei allerdings verspätet erfolgt, weil sie der Vermieterin erst nach mehr als 14 Tagen zugekommen sei.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil bisher keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu § 10 Abs 4a MRG vorliege.
Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag auf Aufhebung der Sachbeschlüsse der Vorinstanzen und Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht.
Die Antragsgegnerin beantragte den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht bezeichneten Grund zulässig und im Sinne des gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.
Durch die WRN 2006 (BGBl I 2006/124) wurde § 10 MRG in Z 1 und 2 seines Abs 4 dahin geändert, dass die schon davor dort genannten Zeitpunkte jeweils um 14 Tage als eine Art Nachfrist verlängert wurden (Würth/Zingher/Kovanyi, Wohnrecht 2007 Anm 3 zu § 10 MRG). Gleichzeitig wurde mit § 10 Abs 4a MRG folgende neue Bestimmung geschaffen:
„Entspricht eine rechtzeitig erstattete Anzeige des Ersatzanspruchs in Form oder Inhalt nicht der Regelung des Abs. 4, so hat der Vermieter den Mieter zur Verbesserung des Mangels binnen einer Frist von mindestens 14 Tagen aufzufordern. Der Verlust des Ersatzanspruchs tritt nur ein, wenn der Mieter einer solchen Aufforderung nicht fristgerecht nachkommt.“
Die davor als gefestigt anzusehende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hatte als Inhaltsvoraussetzung einer Anzeige nach § 10 Abs 4 MRG die genaue Bezifferung bei sonstigem Anspruchsverlust gefordert (vgl 5 Ob 141/97i = MietSlg 49.238; 5 Ob 293/02b = wobl 2004/2; 5 Ob 193/03y = RdW 2004/254; RIS-Justiz RS0070072; RS0070065; RS0069870). Der Vermieter sollte die Höhe des geforderten Betrags wissen, damit er die entsprechenden Beträge im Zug einer weiteren Verwertung des Mietgegenstands berücksichtigen könne (vgl RIS-Justiz RS0070044; zuletzt 5 Ob 20/08i; alle zur Rechtslage vor der WRN 2006).
Auch die fehlende Übermittlung von Rechnungen zur Überprüfbarkeit des geltend gemachten Ersatzanspruchs führte nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung vor der WRN 2006 zur Präklusion des Ersatzanspruchs (vgl 5 Ob 20/08i).
Nach den Gesetzesmaterialien kann es - wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte - keinem Zweifel unterliegen, dass mit der Neufassung des § 10 Abs 4 und der Neuschaffung des § 10 Abs 4a MRG derartige formale und zeitliche Hürden eines Mieters bei Geltendmachung seines Investitionsersatzanspruchs beseitigt werden sollten - dies einerseits dadurch, dass dem Mieter jeweils eine vierzehntägige Verlängerung nach dem fristauslösenden Ereignis eingeräumt wurde, und andererseits dadurch, dass § 10 Abs 4a MRG einer Präklusion des Ersatzanspruchs vorbeugen sollte, wenn im Fall einer rechtzeitigen Anzeige diese formale oder inhaltliche Mängel aufwies. Klargestellt wird dies durch die in der RV 1183 BlgNR XXII. GP, 38 enthaltene und weiter oben bereits wiedergegebene Formulierung, wonach „der Hauptmieter diesen [Ersatzanspruch] nicht etwa dadurch verlieren (soll), dass er die Rechnungen nicht oder nicht vollständig vorgelegt hat, dass er seine Ansprüche nicht explizit beziffert oder den Ersatzanspruch etwa nur mündlich geltend gemacht hat.“
Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ist damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass sowohl die Verletzung der Formvorschrift der Schriftlichkeit als auch das Fehlen einer expliziten Bezifferung des Anspruchs als inhaltlicher Mangel nicht zum Verlust des Anspruchs an sich führt, sondern „verbesserungswürdig“ im Sinn der dadurch ausgelösten Verpflichtung des Vermieters nach § 10 Abs 4a MRG ist.
Muss aber der Mieter seinen Anspruch nicht beziffern, so muss eine dem Bestandgeber zukommende Erklärung dahin ausreichen, dass Geldersatz für auf die Wohnung getätigte Aufwendungen innerhalb der gesetzlichen Fristen verlangt wird (vgl idS W. Dirnbacher, Mietrechtsnovelle 2005: Die vorgesehenen Änderungen in § 10 MRG, wobl 2005, 77 ff; ihm folgend A. Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht Rz 65 ff zu § 10 MRG). Dann ist es aber Sache des Vermieters, den Mieter unter Setzung einer mindestens vierzehntägigen Frist zur Verbesserung aufzufordern, wobei die Mängel ausdrücklich anzuführen sind. Kommt der Vermieter dieser Verpflichtung nicht nach, bleibt der Ersatzanspruch des Mieters bis zur Nachholung aufrecht (vgl Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht22 Rz 18 zu § 10 MRG; Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 2006 [Teil 1], wobl 2006, 241 [254]).
Es ist daher künftighin Sache des Vermieters, den Zweck der Anzeigepflicht, nämlich die Höhe des auf den neuen Mieter überwälzbaren Betrags (§ 10 Abs 6 MRG), möglichst rasch in Erfahrung zu bringen, zu gewährleisten.
Der auf § 10 MRG gegründeten Anspruch des Antragstellers ist sohin nicht präkludiert.
Das Erstgericht wird sich demgemäß im fortgesetzten Verfahren mit den übrigen, bisher nicht geprüften Voraussetzungen des Ersatzanspruchs auseinanderzusetzen haben.
Zutreffend hat das Erstgericht bereits auf die Besonderheit des Ersatzes für Aufwendungen zwischen dem 1. 1. 1982 und dem 1. März 1991 aufgrund der Übergangsbestimmung des Art V Abs 3 Z 1 lit c des 2. WÄG BGBL 1991/68 hingewiesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
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