Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 21. August 2009, GZ 12 Hv 51/09k-46, wurde Bernd T***** wegen der Begehung mehrerer Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz schuldig erkannt und hiefür zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.
Die dagegen erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 4. März 2010, AZ 13 Os 5/10z, zurück. Zu einem von der Generalprokuratur in Ansehung eines Schuldspruchs (B) angeregten Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO sah er sich dabei angesichts der getroffenen Konstatierungen und eines erkennbaren Feststellungswillens der Tatrichter nicht veranlasst.
Mit gegenständlichem Antrag vom 25. Oktober 2010 begehrt der Verurteilte wegen Verletzung des in Art 6 MRK normierten Grundrechts auf ein faires Verfahren die Verfahrenserneuerung nach § 363a StPO.
In seinem Antrag kritisiert er, dass der Oberste Gerichtshof die Anregung der Generalprokuratur zu einem Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO (Aufhebung des Schuldspruchs B wegen eines dem Ersturteil anhaftenden Rechtsfehlers mangels Feststellungen) nicht aufgegriffen und dies nicht „umfassend“ begründet habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Antrag erweist sich als unzulässig.
Denn ein Erneuerungsantrag, der sich nicht auf eine Entscheidung des EGMR berufen kann, ist nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zwar zulässig (RIS-Justiz RS0122228), muss aber allen gegenüber dem EGMR normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und 35 MRK sinngemäß entsprechen (RIS-Justiz RS0122737).
Im Sinne des Art 35 Abs 2 MRK sind solche Beschwerden unzulässig, die im Wesentlichen mit einer schon vorher vom Obersten Gerichtshof geprüften Beschwerde übereinstimmen.
Wurde der Oberste Gerichtshof bereits im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde mit der behaupteten Grundrechtsverletzung konfrontiert, so ist es ihm schon aufgrund des ne-bis-in-idem Prinzips verwehrt, in einer von ihm bereits entschiedenen Sache ohne Vorliegen eines EGMR-Erkenntnisses eine erneute eigene inhaltliche Beurteilung vorzunehmen (RIS-Justiz RS0122737; Schroll, WK-StPO § 23 Rz 3; Reindl-Krauskopf, WK-StPO § 363a Rz 36).
Fallaktuell mangelt es auch an der Zulässigkeitsvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzugs (Art 35 Abs 1 MRK), weil die Geltendmachung der Grundrechtsverletzung in der Nichtigkeitsbeschwerde vom Beschwerdeführer selbst verabsäumt worden war. Die Anregung einer amtswegigen Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO durch die Generalprokuratur kommt einer Geltendmachung durch den Beschwerdeführer nicht gleich (vgl Grabenwarter EMRK4 § 13 Rz 31).
Soweit der Antrag die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs selbst bekämpft, ist er darauf zu verweisen, dass Erkenntnisse des Höchstgerichts nicht Gegenstand eines Erneuerungsantrags ohne vorherige Anrufung des EGMR sein können (vgl zur gleichgelagerten Konstellation bei der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes: Schroll, WK-StPO § 23 Rz 3; Ratz aaO § 292 Rz 10 f). Die vermisste Begründung für das Nicht-Aufgreifen der Anregung der Generalprokuratur findet sich im Übrigen auf S 7 des Erkenntnisses.
Der Antrag war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur schon bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen.
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