OGH 13Os5/10z

OGH13Os5/10z4.3.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 4. März 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher, Dr. Lässig, Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart des Rechtspraktikanten Mag. Romstorfer als Schriftführer in der Strafsache gegen Andreas T***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Andreas T***** und Bernd T***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 21. August 2009, GZ 12 Hv 51/09k-46, und die Beschwerde des Angeklagten Bernd T***** gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss (§ 494a Abs 1 Z 4 StPO) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Andreas T***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG (A), nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG (B) und nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter und dritter Fall, Abs 2 Z 1 und Abs 4 Z 3 SMG (D), Bernd T***** der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (A) und nach § 28a Abs 1 vierter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (B) sowie beide des Verbrechens des Suchtgifthandels nach §§ 15, 12 zweiter Fall StGB, § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG (C) schuldig erkannt.

Danach haben in Vöcklabruck, Regau und Wels Andreas T***** und Bernd T***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken (gemeint: bloß zu A und B) als Mittäter

A) vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge einem anderen überlassen, indem sie am 29. Jänner 2009 „936,7 Gramm Kokain (netto) mit einer Reinsubstanz von 580 +/- 42 g Cocain.HCL“ um den Betrag von 56.000 Euro an einen verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamts übergaben;

B) vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge einem anderen angeboten, indem sie am 22. und 29. Jänner 2009 einem verdeckten Ermittler des Bundeskriminalamts den Verkauf von etwa 1 kg Kokain um den Betrag von 64.000 Euro in der sechsten Kalenderwoche des Jahres 2009 in Aussicht stellten;

C) etwa Anfang des Jahres 2009 vorschriftswidrig andere zur versuchten Erzeugung von Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge bestimmt, indem sie die abgesondert Verfolgten Arno N***** und Marvin E***** sowie einen bislang nicht ausgeforschten holländischen Staatsbürger beauftragten, die von den Genannten in *****, gemeinsam errichtete professionelle Cannabisplantage mit etwa 1.300 Stück Cannabispflanzen zu betreuen, diese bis zur Erntereife aufzuziehen und abzuernten, wobei die Tat infolge des Einschreitens der Polizei am 22. Mai 2009 beim Versuch geblieben ist und von den Beamten 32.387,60 Gramm (netto) erntereifes Cannabiskraut abgeerntet und sichergestellt werden konnte;

Andreas T***** alleine

D) Anfang Jänner 2009 vorschriftswidrig einen anderen zur Aus- und Einfuhr von Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Menge bestimmt, indem er den bislang nicht ausgeforschten „Sia“ beauftragte, etwa 1 kg Kokain von den Niederlanden aus- und nach Österreich einzuführen, wobei er die Straftaten gewerbsmäßig beging und schon einmal „wegen einer Straftat nach § 28a Abs 1 SMG (entspricht § 28 Abs 2 alte Fassung SMG)“ verurteilt worden ist.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von Andreas T***** aus Z 5 und von Bernd T***** aus Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden verfehlen ihr Ziel.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Andreas T*****

Die Mängelrüge (Z 5) ist Großteils nicht an den Anfechtungskategorien des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes orientiert:

Mit dem Vorbringen, dass von den Tatrichtern gezogene Schlüsse falsch seien, es sich bei Konstatierungen um eine Hypothese handle, das Erstgericht eine „rechtsunrichtige weil logisch nicht korrekte Darstellung des durchgeführten Beweisverfahrens zu verantworten“ habe, Beweisergebnisse in Ansicht des Beschwerdeführers gegen die ihm angelastete Bestimmungstäterschaft sprächen, seine Aussagen durch andere Verfahrensergebnisse nicht widerlegt worden seien, Feststellungen „unrichtig und unvollständig“ seien und eine „korrekte und vollständige Auswertung des Beweisverfahrens in Entsprechung § 270 Abs 2 Z 5 StPO“ unterblieben sei, wird kein Begründungsmangel angesprochen.

Weshalb die zum Schuldspruch C angestellten beweiswürdigenden Erwägungen über Tatplan und Vorgangsweise des Angeklagten (US 16 f) undeutlich sein sollen, vermag die Beschwerde nicht darzulegen, die zudem übergeht, dass das Erstgericht keineswegs auf zwingende Schlussfolgerungen angewiesen ist (RIS-Justiz RS0111358, RS0098471, RS0099455).

Desgleichen bleibt offen, warum die im Rahmen der Beweiswürdigung hinsichtlich der zu den Schuldsprüchen B und C getroffenen Feststellungen erfolgte Bezugnahme der Tatrichter auf die Verantwortung des Angeklagten eine offenbar unzureichende Begründung darstellen soll (Z 5 vierter Fall). Der Sache nach stellt sich sein diesbezügliches Vorbringen - wie auch jenes gegen die Argumente der Tatrichter betreffend den Zeugen Alfred W***** (US 13) - als Angriff auf die Beweiswürdigung nach Art einer zur Anfechtung kollegialgerichtlicher Urteile in der Verfahrensordnung nicht vorgesehenen Schuldberufung dar.

Den Angaben des Zeugen Matthias D*****, der feststellungskonform davon berichtete, dass dem verdeckten Ermittler wiederholte Kokainübergabe in Aussicht gestellt wurde (ON 44 S 39), fehlte die Eignung, die dem Gericht durch die Gesamtheit der übrigen Beweisergebnisse vermittelte Einschätzung vom Vorliegen oder Nichtvorliegen einer entscheidenden Tatsache maßgebend zu verändern, weshalb sie der Beschwerde zuwider keiner Erörterung bedurften (RIS-Justiz RS0116877).

Ein Begründungsmangel liegt demnach nicht vor.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bernd T*****

Das undifferenziert unter beiden in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgründen (Z 5 und 5a) erstattete Vorbringen erweist sich als nicht prozessordnungskonform, indem es sich mit Bezugnahme auf den Schuldspruch A gegen die Höhe der Freiheitsstrafe und den Widerruf der bedingten Entlassung wendet und zu Schuldspruch C vorbringt, der Angeklagte habe mit dem zu Grunde liegenden Vorgang „schlichtweg nichts zu tun“.

Gleiches gilt für den in Ansehung des Schuldspruchs B erhobenen Einwand, bei den Gesprächen nicht dabei gewesen zu sein (vgl demgegenüber US 7). Die damit verbundene Hervorhebung einzelner Beweisergebnisse vernachlässigt, dass eine Mängelrüge (Z 5) nur dann gesetzmäßig ausgeführt ist, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394; RIS-Justiz RS0119370, RS0116504), woran es dem inhaltlich als Schuldberufung gestalteten weitwendigen Berufungsvorbringen ebenso wie jenem zum Schuldspruch C gebricht.

Auch dieser Angeklagte vermeint zu Unrecht, dass die Tatrichter auf zwingende Schlüsse aus den Beweisergebnissen angewiesen seien (RIS-Justiz RS0111358, RS0098471, RS0099455).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur schlechterdings unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Soweit er überhaupt auf konkrete Beweismittel Bezug nimmt, was zur gesetzmäßigen Ausführung der Tatsachenrüge erforderlich ist (RIS-Justiz RS0117446), vermag der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen von Aussagedetails keine sich aus den Akten ergebenden erheblichen Bedenken des Obersten Gerichtshofs gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Zu einem von der Generalprokuratur in Ansehung des Schuldspruchs B angeregten Vorgehen nach § 290 Abs 1 StPO sah sich der Oberste Gerichtshof angesichts der vorliegenden Konstatierungen zu der von den Angeklagten in Aussicht genommenen Reinsubstanzmenge (US 7 zweiter Absatz) und des erkennbaren Willens der Tatrichter zur Feststellung einer auf Anbieten von Kokain zum bevorstehenden Verkauf gerichteten Willensausrichtung des Angeklagten Andreas T***** (US 7, 10; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) nicht veranlasst.

Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden führt zur Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht der Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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