OGH 5Ob158/10m

OGH5Ob158/10m2.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr Höllwerth als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Brenn und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerinnen 1.) DI Barbara M*****, geboren am *****, 2. Birgit E*****, geboren am *****, beide vertreten durch Kubes Passeyrer Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Einverleibung eines Pfandrechts ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 25. Mai 2010, AZ 47 R 57/10w, womit infolge Rekurses der Erstantragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 16. Dezember 2009, TZ 3585/2009, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin wird zurückgewiesen.

2. Aus Anlass des Revisionsrekurses der Erstantragstellerin wird die Entscheidung des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs der Erstantragstellerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom 16. 12. 2009, TZ 3585/2009, zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht bewilligte über und gemäß dem Antrag beider Antragstellerinnen aufgrund des Kaufvertrags vom 30. 10. 2009 die Einverleibung des Eigentumsrechts der Erstantragstellerin ob den mit Wohnungseigentum an Top 1 verbundenen 70/6623-Anteilen B-LNR 52 der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** im Rang der angemerkten Rangordnung für die Veräußerung TZ 3319/2009 sowie aufgrund vorgelegter Löschungs- bzw Pfandfreilassungserklärungen die Einverleibung der Löschung der zu C-LNR 5, 6, 9 und 10 verbücherten Pfandrechte und aufgrund der Pfandurkunde vom 13. 11. 2009 die Einverleibung eines Pfandrechts im Höchstbetrag von 130.000 EUR für die R*****bank ***** AG im laufenden Rang (TZ 3585/2009).

Das - auf dem vorgelegten Rangordnungsbeschluss vom 2. 11. 2009 beruhende - Mehrbegehren auf Einverleibung des zuvor bezeichneten Pfandrechts im angemerkten Rang TZ 3318/2009 wies das Erstgericht mit der wesentlichen Begründung ab, es sei die Pfandbestellung (bereits) durch die Erstantragstellerin erfolgt und nicht durch die Zweitantragstellerin, die im Zeitpunkt der Anmerkung der Rangordnung Liegenschaftseigentümerin gewesen sei.

Das Rekursgericht gab dem gegen die Abweisung des Mehrbegehrens - allein von der Erstantragstellerin erhobenen - Rekurs nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Die gleichzeitige Einverleibung eines Pfandrechts und des Eigentums jeweils im Rang einer Ranganmerkung sei dann nicht zulässig, wenn die Anmerkung der Rangordnung für die von der Erwerberin vorgenommene Verpfändung derjenigen für die Veräußerung vorgehe, sei doch das Gesuch so zu beurteilen, als ob es schon im Zeitpunkt der Anmerkung erhoben worden wäre. Zu dieser Rechtsfrage liege - soweit überblickbar - keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs beider Antragstellerinnen mit dem Begehren auf Abänderung dahin, dass die Einverleibung des Pfandrechts im Rang der Anmerkung TZ 3318/2009 bewilligt werde.

1. Zum Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin:

In Grundbuchsachen ist die Rekurslegitimation nur bei Beschwer des Rechtsmittelwerbers zu bejahen (RIS-Justiz RS0006491; RS0006693 [insb T3]), welche auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel fortbestehen muss (RIS-Justiz RS0006491 [T2]; RS0041770). Weicht zwar die angefochtene Entscheidung von dem vom Rechtsmittelwerber in der Vorinstanz gestellten Antrag ab, ist er also formell beschwert, ist sein Rechtsmittel dennoch zurückzuweisen, wenn seine Rechtsstellung durch die Entscheidung nicht beeinträchtigt wird (RIS-Justiz RS0041868 [insb T15]; RS0041770 [T71]).

Die Zweitantragstellerin vermag aber in ihrem Revisionsrekurs weder die Verletzung eigener bücherlicher Rechte geltend zu machen, ist sie doch nicht (mehr) Liegenschaftseigentümerin, noch wird sie durch die strittige Eintragung berechtigt oder verpflichtet (vgl Kodek, Grundbuchsrecht, § 122 GBG Rz 15 mzN).

Aber auch in formeller Hinsicht fehlt der Zweitantragstellerin die Beschwer, weil sie die erstinstanzliche Entscheidung unbekämpft gelassen und daher (ihr gegenüber) in Rechtskraft erwachsen lassen hat.

Der Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin ist daher zurückzuweisen.

2. Zum Revisionsrekurs der Erstantragstellerin:

Das Erstgericht hat das Pfandrecht im laufenden Rang einverleibt. Zwischen der Ranganmerkung für die Verpfändung TZ 3318/2009 und dem laufenden Rang TZ 3585/2009 erfolgten ob dem betreffenden Miteigentumsanteil keine weiteren Eintragungen oder Plomben. Zu TZ 3319/2009 wurde lediglich das Eigentumsrecht der Zweitantragstellerin einverleibt. Damit steht fest, dass es durch die Einverleibung des Pfandrechts im laufenden Rang gegenüber einer Einverleibung im angemerkten Rang zu keiner die Erstantragstellerin beeinträchtigenden Rangverschiebung kam (vgl zur fehlenden Rangverschiebung 5 Ob 48/91 = NZ 1991, 321; 3 Ob 243/09w = EvBl 2010/72, 205; jüngst 5 Ob 170/10a).

Der Entscheidung des Rekursgerichts über die von der Erstantragstellerin in Anspruch genommene Ranganordnungsanmerkung, die mittlerweile auch abgelaufen ist, kam daher nur noch theoretische Bedeutung zu. Die im Revisionsrekurs zur Begründung einer doch gegebenen Beschwer relevierte Gebührenfrage (vgl dazu Rechberger/Bittner, Grundbuchsrecht2, Rz 156) vermag ebenso wenig wie ein Kosteninteresse Beschwer in der Hauptsache zu begründen (RIS-Justiz RS0002396; RS0002495 [T67]). Eine Beschwer der Zweitantragstellerin lag daher schon im Zeitpunkt ihrer Rekurserhebung nicht (mehr) vor.

Entscheidet aber ein Gericht zweiter Instanz über einen (hier: mangels Beschwer) unzulässigen Rekurs meritorisch, ist der Mangel der funktionellen Zuständigkeit für eine solche Erledigung vom Obersten Gerichtshof aus Anlass eines gegen die unzulässige Sachentscheidung erhobenen Revisionsrekurses als Nichtigkeit, die immer eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft, wahrzunehmen. Der Beschluss des Rekursgerichts war daher aufzuheben und der Rekurs gegen den Beschluss erster Instanz zurückzuweisen (vgl RIS-Justiz RS0115201; RS0042059; zur Geltung dieses Grundsatzes auch im Außerstreitverfahren s 5 Ob 170/10a).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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