Spruch:
Beide außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die Eltern der Klägerinnen wurden bei einem Verkehrsunfall, der vom Erstbeklagten verschuldet wurde, getötet. Die Zweitbeklagte ist dessen Haftpflichtversicherer. Die im Unfallszeitpunkt minderjährigen Klägerinnen lebten mit ihren Eltern im gemeinsamen Haushalt. Nach dem Unfall zog die Tante der Klägerinnen mit ihrer mj Tochter sowie die mütterliche Großmutter in diese Wohnung, um die Klägerinnen betreuen zu können.
Rechtliche Beurteilung
I. Revision der Klägerinnen:
Die Klägerinnen machen das Fehlen von oberstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage geltend, ob die sonst 24-stündige Anwesenheit von Eltern im Schädigungsfall abzugelten sei.
Damit zeigen die Klägerinnen jedoch keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Der Oberste Gerichtshof entscheidet nämlich in ständiger Rechtsprechung, dass die Zeit, die die Pflegeperson jedenfalls bei dem Pflegebedürftigen anwesend wäre (insbesondere während der Nacht und während der Hausarbeit), nicht zu ersetzen ist, weil sie keinen konkreten Schaden darstellt (2 Ob 24/04z mwN, zuletzt 2 Ob 137/09z). Die Revision der Klägerinnen ist daher mangels Darstellung einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.
II. Revision der Beklagten:
Die Beklagten bekämpfen den zugesprochenen Betreuungsunterhalt und den Zinsenzuspruch. Das Berufungsgericht habe die Rechtsfrage, ob die weiteren im Haushalt lebenden Personen (hier Großmutter sowie Tante samt Tochter) beim Betreuungsaufwand und den Kosten der Haushaltsführung zu berücksichtigen seien, falsch gelöst und sich von der (ungenannten) „ständigen Judikatur des Höchstgerichts“ entfernt.
Dazu ist auszuführen:
1. Maßgebend für den Ersatzanspruch der Kinder nach § 1327 ABGB ist, in welchem Umfang ihnen durch den Tod der Eltern Pflegeleistungen und Unterhaltsleistungen entgangen sind (RIS-Justiz RS0031598). Die Hinterbliebenen sind so zu stellen, wie sie stünden, wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre (RIS-Justiz RS0031291). Dabei ist von den Verhältnissen (bis) zum Todeszeitpunkt auszugehen. Künftige Entwicklungen sind - soweit möglich - bei der Bemessung im Rahmen einer Prognose zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0031835).
2. Erbringt ein Dritter aufgrund familienrechtlicher Verpflichtungen Leistungen an oder für die Geschädigten, um deren unfallbedingt vermehrte Bedürfnisse zu befriedigen, dann geschieht dies nicht zu dem Zweck, den Schädiger zu entlasten (RIS-Justiz RS0022789).
3. Fixkosten sind alle Kosten der Haushaltsführung, die sich durch den Wegfall des Verstorbenen in ihrer Höhe nicht wesentlich ändern und Unterhaltscharakter haben (RIS-Justiz RS0031808). Diese Kosten sind bei der Ermittlung des Unterhaltsentgangs anteilig zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0031723; zuletzt 2 Ob 149/09i).
4. Im vorliegenden Fall haben die Vorinstanzen bei der Aufteilung der Fixkosten und der Kosten für Haushaltsführung und Kinderbetreuung den Umstand, dass die Tante samt Kind sowie die mütterliche Großmutter der Klägerinnen in deren Wohnung eingezogen sind, nicht berücksichtigt, weil auf die tatsächlichen Verhältnisse vor dem schädigenden Ereignis abzustellen sei und der fiktive schädigungsfreie Verlauf den Verhältnissen, die der schädigende Eingriff hervorgerufen habe, gegenüberzustellen sei. Davon abgesehen hätten die Klägerinnen auch keinen Rechtsanspruch gegenüber den Genannten, sich an den Kosten der Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu beteiligen.
Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der - oben wiedergegebenen - Rechtsprechung, dass Leistungen aus der Familie des Geschädigten den Schädiger nicht zu entlasten vermögen. Die Entscheidung 2 Ob 212/77, wonach bei Wiederverehelichung der Witwe die Fixkosten nicht nach Kopfteilen der Kinder zu berechnen, sondern auf so viele Personen aufzuteilen sind wie der Haushalt tatsächlich umfasst (Witwe, Kinder und nunmehriger Ehemann), ist mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Hier handelt es sich nicht um eine Vermehrung der Anzahl der Haushaltsangehörigen aufgrund von Wiederverehelichung, sondern aufgrund des pflegenotwendigen Einzugs der nunmehrigen Betreuungspersonen. Dass die Tante der Klägerinnen auch ihr Kind mitbrachte, ist vernachlässigbar, zumal die Aufnahme der Betreuungspersonen in den Haushalt der Klägerinnen ausschließlich im Interesse und zum Vorteil der Klägerinnen erfolgte. Die von den Beklagten (nach Eigendefinition „überspitzt“) dargestellte Extremsituation des Einzugs einer Tante mit zehn Kindern und aller vier Großelternteile kann dahingestellt bleiben, da sich der Senat nicht veranlasst sieht, sich mit bloß hypothetischen Überlegungen zu befassen (vgl RIS-Justiz RS0002495).
5. Die Frage, ob ein ausreichendes Vorbringen zu den begehrten Zinsen erstattet wurde, kann nur jeweils nach den konkreten Umständen im Einzelfall beurteilt werden und stellt demgemäß regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (vgl RIS-Justiz RS0042828); so auch nicht die von den Beklagten (unsubstantiiert) aufgestellte Behauptung der Unschlüssigkeit des Zinsenzuspruchs.
Zusammenfassend ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage auch die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
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