OGH 6Ob40/10s

OGH6Ob40/10s15.4.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch e/n/w/c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei K***** GmbH, *****, vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert 145.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. Dezember 2009, GZ 5 R 187/09y-27, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin beauftragte die Beklagte im Juni 2007 mit der Durchführung der Personalverrechnung samt Nebenleistungen. Dabei war es Aufgabe der Beklagten, die Mitarbeiterdaten der E***** GmbH anhand der zur Verfügung gestellten Papierakte zu digitalisieren, die Zeitwirtschaft und die Personalverrechnung sowie auch das Personalcontrolling, die Personalentwicklung und das Bewerbermanagement der Belegschaft anhand einer adaptierten Standardsoftware des Unternehmens dpw HR Software GmbH zu übernehmen, die durch Parametrierung den Bedürfnissen der Klägerin angepasst wurde. Zu diesem Zweck stellte die Beklagte die gesamte Hard- und Softwareplattform zur Verfügung und richtete darüber hinaus einen Web-Zugriff für die Auftraggeberin ein; sie verpflichtete sich weiters zu Datenschutz und zu Datensicherheit auf höchstem Standard. Am 7. 2. 2008 löste die Klägerin den Vertrag vorzeitig auf und gab bekannt, ab Mai 2008 die an die Beklagte übertragenen Aufgaben wieder selbständig übernehmen zu wollen. Am 7. 5. 2008 übergab die Beklagte über eine Spedition der Klägerin sämtliche Originalunterlagen sowie einen USB-Stick mit sämtlichen Lohnkonten im PDF-Format und sämtliche Unterlagen für die Prüfung nach der BAO für die Jahre 2004 bis 2007 im TXT-Format.

Im Prozess verlangt nun die Klägerin im Wesentlichen die Herausgabe der verwalteten Personaldaten ihrer Dienstnehmer und alle in Erfüllung dieses Vertrags erstellten Daten in einem von der dpw HR Software GmbH lesbaren Format sowie alle digitalisierten Personalakten der S***** GmbH. Die Beklagte sei aufgrund der vertraglichen oder auch der nachvertraglichen Verpflichtungen angehalten, die verlangten Unterlagen in einer direkt einspielbaren, von der dpw-Software lesbaren Form herauszugeben.

Die Beklagte wendete ein, dass die gewünschte Übertragung der Softwarelizenzen an der dpw-Software aus rechtlichen Gründen nicht möglich sei; im Übrigen habe sie der Klägerin am 7. 5. 2008 die Daten übergeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf es die Feststellung, dass der Berufsrechtsausschuss der Kammer der Wirtschaftstreuhänder empfehle, iSd § 131 BAO jeweils Druckfiles aufzubewahren bzw herauszugeben; im Sinne der Kollegialität werde weiters empfohlen, den nachfolgenden Kollegen die Daten auf EDV zur Verfügung zu stellen, wobei die entsprechenden Kosten zu ersetzen seien. Wenn es im Zuge einer Auflösung des Vertragsverhältnisses zu einer Übergabe des Datensatzes käme, wäre das eine letztmalige Werklieferung, welche als Zusatzleistung zu honorieren sei.

Es sei üblich, zu vereinbaren, was im Fall der Auflösung des Vertragsverhältnisses zu geschehen habe. Sollte eine solche Vereinbarung fehlen, bestünde ohne zusätzliches Entgelt kein Anspruch auf die Datensätze. Eine Verkehrssitte in der Form, dass es eine zwingende Überspielung des Datensatzes als „Quasi-Nebenpflicht des Vertragsverhältnisses“ gebe, bestehe nicht.

Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass es nicht Parteiwille beider Seiten gewesen sei, dass bei Vertragsauflösung der Klägerin die Daten inklusive der von der beklagten Partei adaptierten dpw-Standard-Software zurückzugeben seien. Im Übrigen habe die beklagte Partei der Klägerin sämtliche Daten in Originalform wie auch elektronisch ausgefolgt.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Nach Verwerfung einer Nichtigkeits- und Beweisrüge erwog es in rechtlicher Sicht, mit der Übergabe der Originalunterlagen sowie sämtlicher Lohnkonten und Unterlagen für die Prüfung nach der BAO für die Jahre 2004 bis 2007 in digitalisierter Form habe die beklagte Partei die ihr nach § 11 Abs 1 Z 5 DSG 2000 auferlegte Verpflichtung, unabhängig von allfälligen vertraglichen Vereinbarungen nach Beendigung der Dienstleistung alle Verarbeitungsergebnisse und Unterlagen, die Daten enthalten, dem Auftraggeber zu übergeben, erfüllt. Die Verpflichtung zur Ausfolgung dieser Unterlagen im speziellen digitalen dpw-Format könne aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden.

Soweit die Klägerin in der Rechtsrüge davon ausgehe, die Parteien hätten eine entsprechende Vereinbarung für den Fall der vorzeitigen Vertragsauflösung getroffen, sei die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie sich vom festgestellten Sachverhalt entferne.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen seien.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof billigt die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen sowohl im Ergebnis als auch in der methodischen Ableitung, sodass uneingeschränkt darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO).

Wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannten, kann aus der Bestimmung des § 11 Abs 1 Z 5 DSG 2000 keine Verpflichtung abgeleitet werden, die vorhandenen Daten in einem ganz bestimmten, für den Auftraggeber am besten zu handhabenden Format zu übergeben. Eine diesbezügliche Vereinbarung haben die Streitteile ausdrücklich nicht getroffen. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen besteht auch keine diesbezügliche Verkehrssitte. Dazu kommt, dass für das dpw-Programm eine eigene Lizenz erforderlich ist. Auch aus dieser zusätzlichen Erwägung kann die Verpflichtung der Übergabe von Daten in Form von dpw-Dateien nicht aus § 11 Abs 1 Z 5 DSG 2000 abgeleitet werden.

Ebensowenig bietet § 1009 ABGB eine Grundlage für das von der klagenden Partei erhobene Begehren. Nach dieser Bestimmung hat der Beauftragte alles vom Auftraggeber Stammende herauszugeben, das er nicht mehr benötigt, wie etwa Verwaltungsunterlagen, Pläne und sonstige Urkunden (P. Bydlinski in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB2 § 1009 Rz 4). Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat die beklagte Partei der klagenden Partei aber ohnedies alle von dieser stammenden Originalunterlagen zurückgegeben und darüber hinaus sämtliche Lohnkonten und Unterlagen für die Prüfung nach der BAO auch in digitalisierter Form, wenn auch in einem anderen Dateiformat als von der klagenden Partei gewünscht, übergeben. Damit ist die Pflicht nach § 1009 ABGB jedenfalls erfüllt. Bei den verwendeten Formaten PDF und TXT handelt es sich auch um durchaus übliche und gängige Dateiformate, sodass auch von Schikane iSd § 1295 Abs 2 ABGB keine Rede sein kann.

Inwiefern die klagende Partei Werknutzungsrechte iSd §§ 24, 26 Urheberrechtsgesetz an den dpw-Dateien erworben haben will, ist nicht nachvollziehbar. Naturgemäß umfasste die Tätigkeit der klagenden Partei die Digitalisierung von Buchhaltungsunterlagen. Diese war schon die Grundlage für die eigene weitere Tätigkeit der klagenden Partei. Eine Verpflichtung zur Weitergabe dieser Daten in digitaler Form unter Verwendung eines bestimmten Dateiformats hätte aber - wie die Vorinstanzen völlig zutreffend erkannten - einer entsprechenden Vereinbarung bedurft.

Damit ist die Beantwortung der sich im vorliegenden Fall stellenden Rechtsfragen aber derart selbstverständlich (4 Ob 45/95; Zechner in Fasching/Konecny 2 § 502 ZPO Rz 47) bzw nach dem Gesetzeswortlaut derart eindeutig zu lösen (3 Ob 20/04v; 3 Ob 7/04g; Zechner aaO), dass nur die in den Entscheidungen der Vorinstanzen vorgenommene Auslegung ernsthaft in Betracht zu ziehen ist. Insoweit können demnach gar keine Zweifel entstehen (1 Ob 161/04i; Zechner aaO mwN), sodass es einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedarf.

Damit bringt die Revision aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

Stichworte