Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Gemeinschuldnerin war Eigentümerin einer Liegenschaft. Sie gab diese Liegenschaft einer Liegenschaftsverwaltungsgesellschaft, die beabsichtigte, darauf ein Superädifikat zu errichten, 1989 in Bestand und verzichtete auf die Ausübung des Kündigungsrechts bis 30. 6. 2029. Diese Liegenschaftsverwaltungsgesellschaft errichtete darauf als Superädifikat einen „Bauhof“, den sie wieder an die spätere Gemeinschuldnerin verleaste.
Auf dieser Liegenschaft lastete auch eine Höchstbetragshypothek der Absonderungsgläubigerin im Ausmaß von 280 Mio ATS. Dieses Absonderungsrecht umfasste nicht den „Bauhof“.
Im Konkursverfahren veräußerte der Masseverwalter die Liegenschaft freihändig zu einem Kaufpreis von 2.020.000 EUR. Gleichzeitig verkaufte auch die Grundstücksverwaltungsgesellschaft den „Bauhof“ an denselben Käufer.
Im Verfahren über den vom Masseverwalter vorgelegten Verteilungsentwurf sind noch die von ihm als Sondermassekosten begehrten Leasingentgelte aus dem von ihm aufrecht erhaltenen Leasingvertrag über den „Bauhof“ strittig.
Der Masseverwalter stützte deren Qualifikation als Sondermassekosten zusammengefasst darauf, dass er durch die Auflösung des Leasingvertrags die Verfügungsmöglichkeit über das Superädifikat „Bauhof“ endgültig aufgegeben und sich damit der Möglichkeit einer besseren Verwertung hinsichtlich der Liegenschaft begeben hätte. Ohne das Superädifikat hätte ein allfälliger Erwerber nur 2.700 EUR zuzüglich USt pro Monat an Bestandzins für die nächsten ca 20 Jahre erhalten. Der Kaufpreis von 80,87 EUR/m2 sei nur durch eine gemeinsame Verwertung des Grundstücks und des Superädifikats erzielbar gewesen. Zwar hätten dadurch auch die allgemeine Konkursmasse und die Leasinggeberin profitiert, aber ebenso die Absonderungsgläubigerin. Ex ante betrachtet seien die Leasingentgelte nicht unzweckmäßig gewesen.
Die Absonderungsgläubigerin wendete schon im erstgerichtlichen Verfahren ein, dass es ein wesentliches Kriterium für die Abgrenzung der Sondermassekosten sei, ob der Absonderungsgläubiger diesen Aufwand hätte selbst tragen müssen, um zur Verwertung des Absonderungsgutes zu gelangen. Insoweit fehle es bei den Leasingentgelten an einem sachlichen Zusammenhang zwischen dem Absonderungsgut und diesen Kosten. Für diese Kosten hätte die Bestandnehmerin als Eigentümerin des Superädifikats aufkommen müssen. Die Absonderungsgläubigerin habe ja auch kein selbständiges Recht auf Zuspruch von Nutzungen. Diese laufenden Betriebskosten stünden nur mit den Mieterlösen, nicht aber mit dem Verkaufserlös in einem sachlichen Zusammenhang. Es sei auch nicht erforderlich gewesen, den Leasingvertrag zur Verbesserung der Verkaufsposition aufrechtzuerhalten, da dieser ohnehin kein Verfügungsrecht über das Superädifikat begründe und die Grundstücksverwaltungsgesellschaft ohne die Liegenschaft ebenfalls das Superädifikat nur zu wesentlich schlechteren Bedingungen hätte veräußern können. Im Wesentlichen sei die vom Masseverwalter gewählte Vorgangsweise dieser Liegenschaftsverwaltungsgesellschaft zugutegekommen.
Das Erstgericht bestimmte auch die Leasingentgelte, soweit sie nicht durch die Mieteinnahmen abzüglich der Betriebskosten abgedeckt wurden, als Sondermassekosten. Es ging dabei rechtlich dabei aus, dass die Leasingraten bei einer ex ante-Betrachtung ein zweckmäßiger Aufwand gewesen seien, um Kaufinteressenten für das Grundstück auch die Gelegenheit zu bieten, in einen aufrechten Leasingvertrag einzusteigen. Sonst hätte im Hinblick auf das einverleibte Bestandrecht nur ein geringerer Verkaufserlös erzielt werden können.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Absonderungsgläubigerin gegen die Bestimmung der Leasingentgelte als Sondermassekosten teilweise Folge und änderte den angefochtenen Beschluss dahin ab, dass es im Wesentlichen nur 2.999,90 EUR an Grundsteuer als Sondermassekosten zusprach. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass der Masseverwalter über keine rechtliche Handhabe zum Verkauf des Superädifikats verfügt habe und die allfällige „Günstigkeit“ nur in einer faktisch wirtschaftlichen Betrachtungsweise gelegen sei. Wesentlich sei, dass es an einem sachlichen Zusammenhang zwischen den Leasingraten für das Superädifikat und der Liegenschaft mangle. Die Vorgangsweise des Masseverwalters habe sowohl die Interessen der Masse als auch der Absonderungsgläubigerin gefördert. Je größer der Verwertungserlös für die Absonderungsgläubigerin sei, desto geringer würden die sonstigen Konkursforderungen belastet. Die im gemeinsamen Interesse gewählte Vorgangsweise lasse allein noch keine Zuordnung zu den Sondermassekosten zu. Vielmehr sei entsprechend der Vorentscheidung zu 8 Ob 113/06k zu prüfen, ob die in Rede stehenden Kosten durch das bloße Vorhandensein der Sondermasse entstanden seien. Dies sei aber zu verneinen. Die Aufwendungen seien nicht auf das bloße Vorhandensein der Sondermasse zurückzuführen, sondern auf das Leasingverhältnis, das sich gerade nicht auf das Absonderungsgut beziehe. Es verblieben daher bloß die von der Absonderungsgläubigerin anerkannten 2.999,90 EUR an Grundsteuer als Sondermassekosten.
Den ordentlichen Revisionsrekurs erachtete das Rekursgericht als zulässig, da eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur hier wesentlichen Frage der Aufwendung von Leasingentgelten zur besseren Verwertung der Liegenschaft nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
I. Der gegen diesen Beschluss erhobene Revisionsrekurs des Masseverwalters ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, inwieweit Leasingentgelte für Superädifikate, die auf in die Sondermasse fallenden Liegenschaften errichtet wurden, zur Förderung des Verkaufs dieser Liegenschaften Sondermassekosten darstellen können, liegt nicht vor. Zutreffend zeigt der Masseverwalter auf, dass derartige Konstellationen häufiger auftreten können und daher der Lösung dieser Frage erhebliche Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO zukommt.
II. Nach § 49 Abs 1 KO sind aus den Nutzungen sowie aus dem Erlös einer zur Sondermasse gehörigen Sache vor der Befriedigung der Absonderungsgläubiger die Kosten der „besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung“ der Sondermasse zu berichtigen. Als Sondermassekosten werden solche Kosten verstanden, die sich auf eine Sondermasse iSd § 48 Abs 1 KO beziehen, den Tatbestand einer Masseforderung nach § 46 KO erfüllen und gemäß § 47 Abs 1 KO aus der Masse zu decken sind, auf die sie sich beziehen (zuletzt 8 Ob 66/08a; 8 Ob 113/06k; jeweils mwN; Schuljok in Konecny/Schubert, KO, § 49 Rz 1). Wesentlich ist, dass ein sachlicher Zusammenhang zwischen den Sondermassekosten und dem Absonderungsgut bestehen muss (RIS-Justiz RS0114697 mwN; Schuljok aaO).
III. Zutreffend hat das Berufungsgericht festgehalten, dass der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung zu 8 Ob 113/06k (= SZ 2006/185) als wesentlich hervorgehoben hat, ob die Kosten durch die Sondermasse verursacht wurden, also nicht entstanden wären, wenn die Sondermasse nicht zum Konkurs gehört hätte (zust Riel, Was sind Sondermasseforderungen? Anmerkung zu 8 Ob 113/06k; ZIK 2007/63, 38). So kann der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 8 Ob 113/06k entnommen werden, dass etwa Betriebskosten, wie Kanalbereitstellungsgebühren, Klärgebühren, Versicherungsprämien aber auch objektbezogene Grundsteuer als von der Sondermasse verursacht und bei einer ex ante-Betrachtung nicht unzweckmäßig zu beurteilen sind.
IV. Hier wäre auch dann, wenn die Liegenschaft nicht zum Konkurs gehört hätte oder bereits verkauft worden wäre, das Entgelt aus dem Leasingvertrag für das Superädifikat, das nicht in die Sondermasse fiel, zu bezahlen gewesen. Die Überlegungen des Revisionsrekurses gehen in Richtung einer rein wirtschaftlichen „Sinnhaftigkeit“ der Vorgehensweise des Masseverwalters, weisen aber keine Kausalität der Sondermasse für die geltend gemachten Kosten nach.
V. Soweit sich der Masseverwalter auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 8 Ob 24/05w bezieht, ist ihm entgegenzuhalten, dass es sich damals um die Aufwendungen für die Betriebsfortführung und den sich daraus allenfalls ergebenden Betriebsverlust handelte. Im damaligen Verfahren ging es zudem um ein Hotel, das unmittelbar zur Liegenschaft gehörte und nicht - wie hier - um ein Superädifikat. Der Oberste Gerichtshof hat damals festgehalten, dass eine Berücksichtigung nur in Betracht kommen kann, soweit sich dies auch konkret im Verwertungserlös wiederspiegelt. Nähere Erörterungen, inwieweit die damaligen Überlegungen allenfalls auch hier fruchtbar zu machen wären, können daher schon deshalb unterbleiben, weil ein konkreter bezifferbarer Vorteil aus der „Betriebsfortführung“ hier weder behauptet noch nachgewiesen wurde. Allein die allgemeine „Günstigkeit“ für die Veräußerung der Liegenschaft kann - soweit der Absonderungsgläubiger nicht zustimmt - Kosten, die sich nicht unmittelbar auf die Liegenschaft beziehen, nicht zu Sondermassekosten iSd § 49 KO machen.
VI. Insgesamt war daher dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
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