OGH 8Ob113/06k

OGH8Ob113/06k18.12.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter im Konkurs über das Vermögen der Gemeinschuldnerin F***** GmbH, ***** wegen Feststellung von Sondermassekosten, über den Revisionsrekurs der Masseverwalterin Dr. Gudrun Petsch-Lindmayr, Rechtsanwältin, Wiener Straße 35a, 8605 Kapfenberg, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 24. Mai 2006, GZ 3 R 74/06m-56, womit über Rekurs der Absonderungsgläubigerin R***** Genossenschaft mit beschränkter Haftung, ***** der Beschluss des Landesgerichtes Leoben vom 29. März 2006, GZ 17 S 193/03f-50, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie - einschließlich der unangefochten gebliebenen Teile - wie folgt zu lauten haben:

„I. Es wird festgestellt, dass folgende Masseforderungen dem Grunde nach Sondermassekosten darstellen, die aus der Sondermasse „Verwertungserlös der Liegenschaft EZ *****" zu berichtigen sind:

  1. 1. Kosten der Versteigerung
  2. 2. Grundsteuer ab 1. 1. 2004
  3. 3. Kanalbereitstellungsgebühr ab Juni 2003
  4. 4. Sockelbeitrag Müll ab Juni 2003
  5. 5. Kehrgebühren ab dem 3. Quartal 2003
  6. 6. Versicherungsprämien ab Konkurseröffnung
  7. 7. Instandhaltungskosten ab Konkurseröffnung

    II. Es wird festgestellt, dass folgende Masseforderungen dem Grunde nach allgemeine Massekosten darstellen, die aus der gemeinschaftlichen Masse zu berichtigen sind:

  1. 1. Wasserverbrauchsgebühr ab Juni 2003
  2. 2. Kanalbenützungsgebühr ab Juni 2003
  3. 3. Restmüllgebühr ab Juni 2003"

    Der Antrag auf Zuspruch von Revisionsrekurskosten wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Gemeinschuldnerin, über deren Eigenantrag am 5. 3. 2003 der Konkurs eröffnet wurde, war Eigentümerin der Liegenschaft EZ *****. Die Liegenschaft war mit einem Pfandrecht der R***** (in der Folge immer: Absonderungsgläubigerin) belastet. Das Konkursgericht genehmigte mit Beschluss vom 26. 8. 2004 (ON 34) die kridamäßige Veräußerung der Liegenschaft.

Die Liegenschaft ist mit einem gemischt genutzten Gebäudekomplex bebaut: Neben zwei Erdgeschosswohnungen besteht ein ehemals als Bürotrakt verwendeter Bereich. Auf Niveau des Kellergeschosses befinden sich Räumlichkeiten des aufgelassenen Getränkeerzeugungsbetriebes der Gemeinschuldnerin. Zum Zeitpunkt der Konkurseröffnung war das Unternehmen der Gemeinschuldnerin bereits geschlossen.

Die Ehegattin des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin benutzte mit ihrem behinderten Kind eine der Wohnungen. Die andere Wohnung wurde von der Tochter des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin und deren Kind benutzt.

Der Gläubigerausschuss fasste am 17. 7. 2003 den Beschluss, die Masseverwalterin möge von den Bewohnern der Wohnungen kein Benutzungsentgelt verlangen, um kein Mietverhältnis entstehen zu lassen. Der Gläubigerausschuss beauftragte die Masseverwalterin, die Bewohner darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Benützung um ein Prekarium handle und dass die Nutzer einen Anteil an den Betriebskosten zahlen müssten (ON 16).

Die Masseverwalterin berichtete im Verfahren (ON 24), dass sie die Gattin und die Tochter des Geschäftsführers aufgefordert habe, anteilige Betriebskosten zu bezahlen. Aufgrund der schwierigen finanziellen Lage der Bewohner bezahlten die beiden gemeinsam 60 EUR monatlich an Betriebskosten. Ab August 2004 (siehe ON 37) bezahlten die Wohnungsnutzer monatlich 120,83 EUR netto an Betriebskosten (brutto 145 EUR). Diese Beträge entsprachen den von der Masseverwalterin bezahlten Stromrechnungen für die Liegenschaft. Die Liegenschaft wurde am 12. 10. 2005 vom BG Bruck an der Mur kridamäßig versteigert und dem Bestbieter um 185.000 EUR zugeschlagen. Neben im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittigen Positionen (Versteigerungskosten; Grundsteuer ab 1. 1. 2004) meldete die Masseverwalterin (ON 19 in 1 E 46/04z des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur) am 7. 12. 2005 folgende Forderungen als Sondermasseforderungen im Sinne des § 49 KO an:

Das Exekutionsgericht ersuchte das Konkursgericht um Entscheidung „dem Grunde und der Höhe nach" darüber, ob diese Forderungen aus der allgemeinen Masse oder aus der Sondermasse zu befriedigen seien. In der vom Erstgericht aufgetragenen Äußerung führte die Absonderungsgläubigerin aus, dass nach „aktueller Judikatur" Versicherungsprämien, Gemeindeabgaben, Kehrgebühren und Instandhaltungskosten aus der allgemeinen Masse zu befriedigen seien. Das Erstgericht stellte fest, dass die Grundsteuer ab 1. 1. 2004, die übrigen Gemeindeabgaben (Wasserverbrauchs-, Kanal- und Müllgebühren) ab Juni 2003, Kehrgebühren ab dem 3. Quartal 2003 sowie die Versicherungsprämien und die Instandhaltungskosten ab Konkurseröffnung dem Grunde nach Sondermassekosten darstellten. Es handle sich um Masseforderungen, die nicht entstanden wären, wenn die Sondermasse nicht zur Konkursmasse gehörte.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Absonderungsgläubigerin (die die Entscheidung des Erstgerichtes im Hinblick auf die Grundsteuer ab 1. 1. 2004 unbekämpft ließ) erhobenen Rekurs Folge und änderte die erstinstanzliche Entscheidung dahin ab, dass es feststellte, dass die übrigen Gemeindeabgaben (Wasserverbrauchs-, Kanal- und Müllgebühren) ab Juni 2003, die Kehrgebühren ab dem 3. Quartal 2003, die Versicherungsprämien ab Konkurseröffnung und die Instandhaltungskosten ab Konkurseröffnung aus der gemeinschaftlichen Masse zu berichtigen seien. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes insgesamt 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Rechtlich ging das Rekursgericht - nach ausführlicher Darstellung der Lehre und der Rechtsprechung - davon aus, dass nach der Entscheidung 8 Ob 249/02d laufende Betriebskosten für eine Liegenschaft nur mit allfälligen Mieterlösen, nicht aber mit dem Verkaufserlös der Liegenschaft in einem sachlichen Zusammenhang stünden. Es handle sich daher um keine Sondermassekosten. Auch in der Lehre - die der Entscheidung kritisch gegenüberstehe - werde betont, dass bei Vereinnahmung von Mietzinsen durch den Masseverwalter die für die Liegenschaft entstehenden Betriebskosten aus den Mietzinseinnahmen zu berichtigen seien. Es könne keinen Unterschied machen, ob Bestandentgelte tatsächlich erzielt oder ob sie zu erzielen verabsäumt worden seien. Die Masseverwalterin hätte ein näheres Vorbringen darüber erstatten müssen, warum die fraglichen Kosten dennoch Sondermasseforderungen darstellten. Es gelte der Grundsatz, dass im Zweifel, ob sich Masseforderungen auf die gemeinschaftliche oder auf eine besondere Masse bezögen, das Erstere gelte. Der dagegen von der Masseverwalterin erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Vorauszuschicken ist, dass der Oberste Gerichtshof seit der Entscheidung 3 Ob 102/92 (JBl 1993, 795 [Schuhmacher]) in ständiger Rechtsprechung davon ausgeht, dass eine Entscheidung darüber, ob Masseforderungen aus der allgemeinen Masse oder aus der Sondermasse zu berichtigen sind, nicht den Kostenpunkt im Sinne des § 528 Abs 2 Z 3 ZPO betreffen.

Auch wenn nach § 119 KO eine gerichtliche Veräußerung nach den Vorschriften der Exekutionsordnung durch das Exekutionsgericht vorzunehmen ist, hat gemäß § 47 Abs 3 KO das Konkursgericht zu entscheiden, ob sich Masseforderungen auf die allgemeine oder auf eine besondere Masse beziehen (8 Ob 45/04g mwN).

Zu den Masseforderungen gehören nach § 46 Abs 1 Z 2 KO unter anderem alle Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und Bewirtschaftung der Masse verbunden sind. Sondermassekosten sind solche, die sich auf eine Sondermasse im Sinne des § 48 Abs 1 KO beziehen, den Tatbestand einer Masseforderung gemäß § 46 KO erfüllen und gemäß § 47 Abs 1 KO aus der Masse zu decken sind, auf die sie sich bezieht (8 Ob 45/04g; 8 Ob 24/05w; SZ 74/29; SZ 74/103). Die Rechtsprechung betont in diesem Zusammenhang, dass Sondermassekosten nur dann vorliegen, wenn ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen den Massekosten und dem Absonderungsgut besteht (RIS-Justiz RS0114697).

In der Lehre wird - wenngleich mit durchaus unterschiedlichen Begründungsansätzen - ganz überwiegend die Auffassung vertreten, dass auf die Liegenschaft entfallende laufende Betriebskosten, Versicherungsprämien und Reparaturkosten grundsätzlich zu den besonderen Verwaltungskosten für die Liegenschaft zählen, die aus der Sondermasse zu befriedigen sind (Bartsch/Pollak, KO1 283 f;

Baumgartner, die kridamäßige Versteigerung, ÖJZ 1973, 5 [9];

Schuhmacher, Sondermassekosten in der Meistbotsverteilung, JBl 1988, 436 [439]; Bachmann, Befriedigung der Masseforderungen, 101 f;

Konecny/Riel, Entlohnung im Insolvenzverfahren Rz 233; Schulyok in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, § 49 KO Rz 19;

Lecher in Burgstaller/Deixler-Hübner, §§ 216, 217 EO Rz 12;

Petsch/Bertl/Reckenzaun/Isola, Praxishandbuch² 445 f). In der Entscheidung 8 Ob 249/02d - die die Zwangsversteigerung von mit Wohnungseigentum verbundenen Liegenschaftsanteilen betraf - wurde erkannt, dass vom Masseverwalter als „Betriebskostenrückstand für laufende Wohnbeiträge" angemeldete Forderungen (tatsächlich handelte es sich um nach dem WEG 1975 vorgeschriebene Beiträge zur Rücklage) keine Sondermassekosten darstellten. Die Entscheidung verweist darauf, dass Mieterlöse der allgemeinen Masse und nicht der Sondermasse zugute kämen. Daher stünden die geltend gemachten Kosten nur mit Mieterlösen, nicht aber mit der Sondermasse selbst in einem sachlichen Zusammenhang.

Maschke (ZIK 2004/3) differenziert in seiner dazu ergangenen Entscheidungsbesprechung: Vorrangig seien Betriebskosten - unabhängig davon, ob die Mieten bei einer vermieteten Pfandliegenschaft an Dritte abgetreten seien - aus den Nutzungen (Mieterlösen) zu begleichen. Sei die Pfandliegenschaft vermietet und die Mieten nicht abgetreten, seien jene Betriebskosten, die in den Nutzungen (Mieterlösen) nicht Deckung fänden, aus dem Verwertungserlös zu berichtigen: Der Absonderungsgläubiger profitiere von der Bezahlung der Betriebskosten, weil diese Kosten der Erhaltung des Wertes bzw der Substanz der Pfandliegenschaft dienten. Das gelte auch für den Fall, dass die Pfandliegenschaft nicht vermietet sei. Insoweit sei das Ergebnis der Entscheidung 8 Ob 249/02d richtig; allerdings müsse dem Masseverwalter bei einer nicht vermieteten Pfandliegenschaft die Möglichkeit offen stehen, darzulegen, inwieweit der auf die Liegenschaft getätigte Aufwand dem Vorteil der Pfandgläubiger diene. Riel (Was sind Sondermasseforderungen? - Zur Verteilung einer Sondermasse im Konkurs in Konecny, Insolvenzforum 2004, 181 ff) verweist zunächst darauf, dass § 49 Abs 1 KO eine Einschränkung des in § 11 Abs 1 KO postulierten Grundsatzes, dass Absonderungsrechte durch die Konkurseröffnung nicht berührt werden, darstelle: Außerhalb eines Konkursverfahrens müsse der Absonderungsgläubiger nur im engeren Rahmen des § 216 Abs 1 Z 1 bis 3 EO dulden, dass der Erlös der belasteten Sache für andere Zwecke als den seiner Befriedigung herangezogen werde. Nach dem klaren Gesetzeswortlaut seien die Nutzungen einer zur Sondermasse gehörigen Sache, auf die der Absonderungsgläubiger außerhalb des Konkurses in der Regel keinen Anspruch erheben könne, zur Befriedigung der Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse heranzuziehen. Schließlich sei aus § 47 Abs 1 KO abzuleiten, dass die allgemeine Masse zumindest nicht endgültig mit Masseforderungen belastet werden solle, die sich auf eine Sondermasse bezögen.

Sein Lösungsansatz geht dahin, dass die Bestimmungen der §§ 47 Abs 1, 48 Abs 1 und § 49 Abs 1 KO so zu verstehen seien, dass die Absonderungsrechte insofern durch die Konkurseröffnung berührt würden, als die abgesonderte Befriedigung der gesicherten Gläubiger aus der Sondermasse in einem in die KO integrierten Verfahren erfolge, in dem die Sondermasse mit dem Ziel der vorzugsweisen Befriedigung der Absonderungsgläubiger verwaltet, verwertet und nach der Regel des § 49 Abs 2 KO verteilt werde. Die Sondermasse sei demnach gleichsam ein eigener Rechnungskreis, den man sich bildlich durchaus wie ein eigenes Konkursverfahren vorstellen könne, das primär der Befriedigung der Absonderungsgläubiger diene. Bezweckten aber die gesetzlichen Regelungen eine solche Trennung der Rechnungskreise, könne die strittige Frage, welche Masseforderungen aus der Sondermasse vorzugsweise zu befriedigen seien, dahin beantwortet werden, dass Sondermasseforderungen im Sinne des § 47 Abs 1, § 49 Abs 1 KO alle Masseforderungen seien, die nicht entstanden wären, wenn die Sondermasse nicht zur Konkursmasse gehörte. Das in 8 Ob 249/02d erzielte Ergebnis sei unter diesen Prämissen zweifelhaft:

Hätten die Eigentumswohnungen nicht zur Masse gehört, wären die „Wohnungsbeiträge" zweifellos nicht angefallen. Die Entscheidung sei im Ergebnis dann richtig, wenn der Masseverwalter Mietzinse vereinnahmt habe und die Betriebskosten als Vorzugsposten den Absonderungsgläubigern habe aufbürden wollen. Der Entscheidung 8 Ob 45/04g sei jedoch im Ergebnis zuzustimmen: Dort habe sich aufgrund einer Gebarung des Gemeinschuldners Sperr- und Sondermüll auf der Liegenschaft angesammelt. Die dadurch entstandenen Entsorgungskosten seien daher nicht durch die Liegenschaft als solche (die Sondermasse), sondern durch ein Verhalten des Gemeinschuldners entstanden. Diese Kosten könnten daher nicht der Sondermasse zugerechnet werden.

Der Senat hat dazu erwogen:

Zunächst ist der mit dem klaren Wortlaut des § 49 Abs 1 KO in Einklang stehenden Auffassung beizupflichten, dass die Nutzungen einer zur Sondermasse gehörigen Sache zur Berichtigung der Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse heranzuziehen sind. Daraus ergibt sich - worauf Riel (aaO 184) zutreffend verweist - im Ergebnis ein Vorteil für den Absonderungsgläubiger: In der Regel sind die Erträgnisse der Sondermasse vom Pfandrecht nicht umfasst. Dennoch sind sie im Konkurs - zum wirtschaftlichen Vorteil der Absonderungsgläubiger - zur Befriedigung der Kosten der besonderen Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Sondermasse heranzuziehen.

Ausgehend von dieser klaren gesetzlichen Regelung ist die in der kritisierten Entscheidung 8 Ob 249/02d enthaltene Aussage, wonach durch die Liegenschaft entstandene Kosten vorrangig aus den Mieterlösen zu berichtigen sind, voll aufrechtzuerhalten. Im hier zu beurteilenden Fall war die Pfandliegenschaft nicht vermietet. Es ist daher zu fragen, ob - der dargestellten herrschenden Meinung folgend - für die Liegenschaft aufgewendete Betriebskosten zu den besonderen Verwaltungskosten im Sinne des § 49 Abs 1 KO zählen, die aus der Sondermasse zu befriedigen sind. Dabei ist nach Auffassung des Senates von folgenden Gesichtspunkten auszugehen: § 11 Abs 1 KO sieht vor, dass Absonderungsrechte durch die Konkurseröffnung nicht berührt werden. Die Rechtsprechung hat daraus abgeleitet, dass sich die Rechtsposition der Absonderungsgläubiger durch das Konkursverfahren weder verschlechtern noch verbessern darf (8 Ob 45/04g; 8 Ob 24/05w je mwN). Daran ist festzuhalten, wobei allerdings Riel zuzugestehen ist, dass dieser Grundsatz durch die als lex specialis aufzufassende Vorschrift des § 49 Abs 1 KO in zweifacher Hinsicht durchbrochen wird. Zum einen ergibt sich eine Verbesserung der Position der Absonderungsgläubiger aus dem bereits erwähnten Umstand, dass auch nicht verpfändete Erlöse (Mieteinnahmen) aus der Liegenschaft zur Befriedigung der besonderen Verwaltungskosten heranzuziehen sind, auf die der Absonderungsgläubiger außerhalb des Konkurses keinen Anspruch erheben könnte. Zum anderen muss der Absonderungsgläubiger außerhalb eines Konkursverfahrens nur im engeren Rahmen des § 216 Abs 1 Z 1 bis 3 EO ein Heranziehen des Erlöses dulden.

Diese Durchbrechungen des in § 11 Abs 1 KO postulierten Grundsatzes ändern aber nichts daran, dass in Zweifelsfällen jener Auslegung des § 49 Abs 1 KO zu folgen sein wird, die sich am ehesten mit dem Grundsatz des § 11 Abs 1 KO vereinen lässt.

Bei der Abgrenzung Massekosten - Sondermassekosten ist überdies zu beachten, dass es Aufgabe des Masseverwalters ist, auch von Absonderungsrechten erfasste Vermögenswerte zu verwalten. Dabei hat der Masseverwalter das Ziel zu verfolgen, durch die Verwaltung der Sondermasse auch für die allgemeine Masse einen Nutzen zu ziehen. Andernfalls - etwa bei evidenter Überbelastung des Massegegenstandes mit Absonderungsrechten - hat er auf Ausscheidung der Sondermasse gemäß § 119 Abs 5 KO hinzuwirken. Dieser vom Masseverwalter für die allgemeine Masse zu erzielende Nutzen kann einerseits darin bestehen, dass die Masse aus einer allfälligen Hyperocha Vorteile zieht; andererseits ist auch denkbar, dass die auf die Sondermasse bezogenen Verwaltungshandlungen des Masseverwalters zu einem höheren Verwertungserlös führen, der der allgemeinen Masse auch dann zugute kommt, wenn keine Hyperocha vorhanden ist: Je größer der Verwertungserlös für den Absonderungsgläubiger, desto geringer belastet seine - ungedeckte - Konkursforderung die Masse. Auf der anderen Seite ist anerkannt, dass der Masseverwalter auch den Sondermassegläubigern gegenüber zu sorgfaltsgemäßem Verhalten verpflichtet ist: Beteiligte im Sinne des § 81 Abs 3 KO sind nach ständiger Rechtsprechung auch die Absonderungsberechtigten (RIS-Justiz RS0065345).

Daraus und aus der unterschiedlichen Interessenlage der Beteiligten (vgl dazu Schulyok aaO § 49 KO Rz 8 SZ 74/103, 8 Ob 45/04g) wurde abgeleitet, dass für die Abgrenzung Massekosten/Sondermassekosten der durch die Verwaltungshandlung dem Absonderungsgläubiger konkret zugekommene Vorteil maßgeblich sei (vgl dazu 8 Ob 24/05w mwN; siehe auch die Darstellung der Meinungen dazu bei Schulyok aaO § 49 KO Rz 12 ff).

Schulyok (aaO § 49 KO Rz 15; ebenso bereits Baumgartner aaO 8; Bachmann aaO 101) geht davon aus, dass der Masseverwalter im Sinne der §§ 81 und 83 KO aufgrund eines gesetzlichen Auftrages die Sondermasse zu verwalten und zu verwerten und diesbezüglich die Interessen der Absonderungsgläubiger - bei sonstiger Haftung - zu beobachten habe. Da sich der Masseverwalter keineswegs in fremde Geschäfte dränge, sondern lediglich einem gesetzlichen Auftrag nachkomme, könne Maßstab für die Beurteilung des Vorliegens von Sondermassekosten lediglich sein, ob unter Anwendung der dem Masseverwalter obliegenden Sorgfaltspflichten die von ihm ergriffenen Maßnahmen der Verwaltung und Verwertung der Sondermasse objektiv notwendig und nützlich gewesen seien. Dies sei ex ante zu beurteilen. Eine „Erfolgshaftung" für einen messbaren Nutzen für die Absonderungsgläubiger hieße die Verantwortlichkeit eines Masseverwalters überspannen und das wirtschaftliche Risiko objektiv richtiger Maßnahmen ohne sachliche Begründung auf die freie Konkursmasse zu Lasten der übrigen Gläubiger zu überwälzen. Letztlich profitierten die Absonderungsgläubiger von der Sinnhaftigkeit der Tätigkeiten des Masseverwalters, sodass ihnen auch ein allfälliges Risiko des Scheiterns dieser Maßnahmen zumutbar und daher zuzuordnen ist.

Dieser Auffassung schließt sich der Senat an: Verwaltungskosten stellen jedenfalls dann Sondermassekosten gemäß § 49 Abs 1 KO dar, wenn sie sich auf die Sondermasse beziehen, also - im Sinne der Ausführungen Riels - durch die Sondermasse verursacht wurden und bei der gebotenen ex ante-Betrachtung nicht unzweckmäßig erscheinen. Käme es hingegen ausschließlich auf einen tatsächlich eingetretenen wirtschaftlichen Vorteil des Absonderungsgläubigers an, wären etwa Versicherungsprämien nur dann als Sondermassekosten zu qualifizieren, wenn sich im maßgeblichen Zeitraum ein Schadensfall ereignet hätte, der von der Versicherungsdeckung umfasst ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Sondermassekosten infolge einer ungebührlichen zeitlichen Verzögerung mit der Verwertung des Absonderungsgutes entstanden - was die Zweckmäßigkeit der Sondermassekosten in Frage stellen könnte - ergeben sich weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vorbringen der Absonderungsgläubigerin.

Setzt man sich nun mit dem konkreten Problem der Einordnung der hier strittigen Positionen als Massekosten oder Sondermassekosten auseinander, bedarf es zunächst einer Klarstellung: Die in der Lehre vertretene Auffassung, „Betriebskosten, Instandhaltungskosten, Versicherungsprämien" stellten jedenfalls Sondermassekosten dar, kann nur dann einer Überprüfung unterzogen werden, wenn man die verwendeten Begriffe näher definiert: Unter „Betriebskosten" könnte man einerseits Betriebskosten im Sinne der einschlägigen wohnrechtlichen Vorschriften verstehen. Dann aber würden etwa Versicherungsprämien bereits unter diesen Begriff fallen. Andererseits ist auch innerhalb dieses Betriebskostenbegriffs dahin zu differenzieren, ob es sich um Kosten handelt, die unabhängig von einem konkreten Gebrauch der Liegenschaft entstehen oder ob Kosten gemeint sind, die verbrauchsabhängig sind. Auch der Begriff „Instandhaltungskosten" ist für sich allein nicht aussagekräftig. Folgt man nun dem dogmatisch überzeugenden und auch praktikablen Ansatz Riels, wonach für die Abgrenzung maßgeblich ist, ob es sich um Masseforderungen handelt, die nicht entstanden wären, wenn die Sondermasse nicht zur Konkursmasse gehörte, ergibt sich daraus für die Entscheidung der vorliegenden Rechtssache:

Jene Betriebs- und Instandhaltungskosten, die unabhängig vom Gebrauch der Liegenschaft durch Familienmitglieder des Gemeinschuldners entstanden, stellen Sondermassekosten dar. Darunter fällt die verbrauchsunabhängige Grundgebühr beim Müll ( siehe dazu Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 2004 LGBl Nr 65/2004 und die sich aus § 8 leg cit ergebenden Anschlusspflicht). Das gilt ebenso für die Kanalbereitstellungsgebühr (Sockelbetrag), nicht aber für die pro m³ Wasserverbrauch entstehende Kanalbenützungsgebühr (vgl dazu Steiermärkisches Kanalabgabengesetz 1955 LGBl Nr 71/1955). Die Kanalbereitstellungsgebühr ebenso wie die verbrauchsunabhängige Grundgebühr beim Müll sind somit nach der Abgrenzungsmethode Riels dem Vorhandensein der Sondermasse an sich, nicht aber der Benützung zweier Wohnungen auf der Liegenschaft durch Familienmitglieder des Gemeinschuldners zuzurechnen. Das gilt ebenso für die von der Masseverwalterin geltend gemachten Instandhaltungskosten, die sich nach den Rechnungsinhalten auf Reparaturen an der Heizungsanlage/Speicher im Haus beziehen. Auch die von der Masseverwalterin als Sondermassekosten beantragten Kehrgebühren und die Versicherungsprämien für die Gesamtliegenschaft ab Konkurseröffnung beziehen sich auf die Sondermasse an sich und nicht auf den konkreten Gebrauch zweier Objekte in der Gesamtliegenschaft durch Familienmitglieder des Gemeinschuldners. Diese Kosten sind daher als Sondermassekosten dem Grunde nach zu bestimmen. Dass die dafür getätigten Aufwendungen bei der gebotenen ex ante-Betrachtung unzweckmäßig gewesen wären, lässt sich aus dem Akteninhalt nicht ableiten. Vielmehr dient etwa gerade die Versicherung des Absonderungsgutes seiner Erhaltung. Das gilt ebenso für die - im Übrigen behördlich vorgeschriebene - regelmäßige Kehrung und die aufgelaufenen Beträge für Müll und Kanalbereitstellung, soweit die Aufwendungen verbrauchsunabhängig sind.

Das in diesem Zusammenhang vom Rekursgericht gebrauchte Argument, die Masseverwalterin habe ein Vorbringen darüber vermissen lassen, warum sie keine Einkünfte aus der Liegenschaft erzielt habe, die mit den Liegenschaftsaufwendungen gegenzuverrechnen gewesen wären, ist nicht stichhältig: Zum einen ergibt sich aus dem Akteninhalt, dass der Gläubigerausschuss die Masseverwalterin anwies, von den Nutzern der Wohnungen kein Benützungsentgelt zu verlangen. Andererseits liegt es auf der Hand, dass eine Neuvermietung von Liegenschaftsteilen durch den Masseverwalter während des Konkursverfahrens - soweit überhaupt möglich - bei Bestehen eines Absonderungsrechtes die bestmögliche Verwertung des Absonderungsgutes gefährden könnte. Die Tatsache, dass den verbrauchsunabhängigen Aufwendungen, die die Masseverwalterin auf die Liegenschaft tätigte, keine Einnahmen gegenüberstehen, kann daher zu keinem anderen Ergebnis führen.

Anders ist die Beurteilung nach Auffassung des Senates jedoch für jene Kosten, die ausschließlich durch den tatsächlichen Gebrauch der auf der Liegenschaft befindlichen Wohnungen durch Familienmitglieder des Gemeinschuldners entstanden (Wasserverbrauchsgebühren; Restmüllgebühren, verbrauchsabhängige Kanalbenützungsgebühr). Diese Kosten wurden nicht durch das Vorhandensein der Sondermasse verursacht, sondern - vergleichbar dem der Entscheidung 8 Ob 45/04g zugrunde liegenden Sachverhalt (Sperr- und Sondermüllansammlung durch den Gemeinschuldner) - durch ein dem Gemeinschuldner und somit der allgemeinen Masse zuzurechnendes Verhalten.

Im Revisionsrekurs bringt die Masseverwalterin dazu vor, dass für den Absonderungsgläubiger von Vorteil wäre, wenn eine Liegenschaft bis zur Verwertung des Absonderungsgutes benützt werde; der Nutzer heize die Liegenschaft, warte sie und trage dazu bei, dass sie keinen verwahrlosten Eindruck mache. Ob dieses Argument grundsätzlich geeignet wäre, eine Zuordnung der konkreten Betriebsverbrauchskosten zur Sondermasse zu rechtfertigen (wogegen nach der Abgrenzungsmethode Riels spräche, dass diese Kosten eben gerade nicht durch das bloße Vorhandensein der Sondermasse entstanden) braucht hier nicht näher geprüft zu werden: Insoweit ist nämlich davon auszugehen, dass sich aus der Zweifelsregel des § 47 Abs 3 Satz 1 KO ergibt, dass die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass Aufwendungen dem Rechnungskreis „Sondermasse" zuzuordnen sind, den Masseverwalter trifft (8 Ob 24/05w; Schuhmacher aaO 441; Maschke aaO 10; Riel aaO 189). In erster Instanz hat die Masseverwalterin zu diesem Thema kein Vorbringen erstattet.

Die verbrauchsabhängigen Betriebskosten, die ab Konkurseröffnung entstanden, stellen somit dem Grunde nach keine Sondermasseforderungen dar. Dem steht auch der Umstand nicht entgegen, dass es sich teilweise um Gemeindeabgaben handelt: Weder das Steiermärkische KanalabgabenG 1955 idgF (vgl dazu auch RZ 1993/18) noch das Steiermärkische Abfallwirtschaftsgesetz enthalten Bestimmungen über ein gesetzliches Pfand- oder Vorzugsrecht. Klarzustellen ist, dass das Konkursgericht nur über die Zuordnung der hier strittigen Positionen zu entscheiden hat, nicht aber die Frage zu beantworten hat, ob diese Kosten inhaltlich (also der Höhe nach) berechtigt sind (8 Ob 45/04g). Es bedarf daher auch keines Eingehens auf die im Rekurs der Absonderungsgläubigerin relevierte Frage, ob die Sondermassekosten um die Umsatzsteuer zu entlasten sind. Gemäß § 173 Abs 1 KO gibt es im Konkursverfahren, soweit es sich nicht um Rechtsstreitigkeiten handelt, keinen Kostenersatz. Das gilt auch für die Kosten des Rechtsmittelverfahrens. Der Antrag der Masseverwalterin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekurses war daher zurückzuweisen (8 Ob 45/04g mwN).

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