OGH 10ObS198/09d

OGH10ObS198/09d19.1.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Lukas Stärker (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Helmut Tomek (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Ing. Fritz L*****, vertreten durch Roschek & Biely Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich- Hillegeist-Straße 1, vertreten durch Dr. Josef Milchram ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. September 2009, GZ 9 Rs 99/09h-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Februar 2009, GZ 21 Cgs 32/08b-11, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 373,68 EUR (darin enthalten 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit der Gründung der L***** & A***** GmbH (im Folgenden: Gesellschaft) im Jahr 1992 deren Geschäftsführer und außerdem Gesellschafter mit einer Beteiligung von 25 % der Stammeinlage. Die restlichen 75 % hält seine Ehefrau. In den Geschäftsjahren 2003 bis 2005 erlitt die Gesellschaft Verluste. Der Kläger vereinbarte daraufhin mit seinen Lieferanten, dass er ihnen gegen Zahlung einer Provision seine Kunden abgibt. Er und seine einzige Mitarbeiterin waren damals nur noch ein bis zwei Stunden pro Woche im Büro, um etwaige Provisionszahlungen zu überwachen, Telefonrechnungen zu bezahlen usw. Im Geschäftsjahr 2006 erwirtschaftete die Gesellschaft einen Bilanzgewinn von 39.403,06 EUR, sodass sich unter Berücksichtigung eines Verlustvortrags aus 2005 ein Jahresgewinn von 28.197,84 EUR ergab. Dieser Gewinn ist atypisch und beruht auf einer Provision aus einem einzigen Großauftrag.

Der Kläger war vom 1. 7. 2006 bis 31. 8. 2006 weder pflichtversichert noch geringfügig beschäftigt; er war aber weiterhin Geschäftsführer der Gesellschaft. Er bezog von der Gesellschaft ein Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung in Höhe von 326,23 EUR monatlich ab 1. 9. 2006 und in Höhe von 341,16 EUR monatlich für die Zeit von 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007. Im Geschäftsjahr 2007 erlitt die Gesellschaft einen Verlust von 2.876,88 EUR. In der Bilanz wurden Rückstellungen im Ausmaß von 10.329 EUR gebildet. Davon entfielen 9.995 EUR auf Leistungen der Steuerberatungskanzlei C***** - C***** Wirtschaftstreuhand- und Beratungsgesellschaft mbH für das Jahr 2007, und zwar 5.160 EUR brutto für die Beratungsleistungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Liquidation der Gesellschaft und dem Übertritt des Gesellschafters in die Pension und weitere 4.835 EUR brutto für die Erstellung des Jahresabschlusses 2007 und die dafür erforderlichen Ausgaben für Schriftverkehr und Barauslagen. Die Verrechnung der Beratungsleistungen und der Erstellung des Jahresabschlusses 2007 in Höhe von insgesamt 9.995 EUR brutto erfolgte am 9. 12. 2008.

Der Kläger beantragte am 22. 5. 2006 bei der Beklagten die Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer. Die Beklagte gewährte ihm ab 1. 7. 2006 eine vorläufige, jederzeit widerrufbare und verrechenbare vorläufige Leistung in Höhe von 2.368,25 EUR brutto monatlich.

Mit Bescheid vom 21. 12. 2007 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 22. 5. 2006 auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer mit der Begründung ab, dass die in § 253b Abs 1 Z 4 ASVG normierte Voraussetzung nicht erfüllt sei. Gleichzeitig forderte die Beklagte den durch die Gewährung einer vorläufigen Leistung in der Zeit vom 1. 7. 2006 bis 30. 11. 2007 entstandenen Überbezug von 35.274,34 EUR zurück.

Mit der gegen diesen Bescheid rechtzeitig erhobenen Klage begehrt der Kläger die Zuerkennung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab 1. 7. 2006 bis „vorerst" 30. 11. 2007 sowie die Verpflichtung der Beklagten, von der Rückforderung des Betrags von 35.274,34 EUR Abstand zu nehmen.

Das Erstgericht gab diesem Klagebegehren vollinhaltlich statt. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht - soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist - dahin, dass gemäß § 198 Abs 8 Z 1 UGB für ungewisse Verbindlichkeiten, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunkts ihres Eintritts unbestimmt seien, zwingend Rückstellungen zu bilden seien. Unter diesen Voraussetzungen dürften - bzw müssten, wenn dies den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung entspreche - weiters Rückstellungen für ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen gebildet werden. Als Verbindlichkeit seien alle gegenüber Dritten möglicherweise bestehende Leistungspflichten in Betracht zu ziehen, die zu einem Vermögensabfluss in Zukunft führten. Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres seien dabei unabhängig vom Zahlungszeitpunkt im Geschäftsjahr ihrer wirtschaftlichen Verursachung zu berücksichtigen. Es sei demnach unerheblich, dass die von der C***** - C***** erbrachten Beratungsleistungen erst im Jahr 2008 in Rechnung gestellt worden seien. Die Beratungsleistungen seien im Jahr 2007 erbracht worden und seien daher wirtschaftlich diesem Geschäftsjahr zuzurechnen. Mit der Erbringung der Beratungsleistungen durch die C***** - C***** sei für die Gesellschaft eine der Höhe nach ungewisse Verbindlichkeit, die dem Geschäftsjahr 2007 zuzuordnen gewesen sei, entstanden. Somit sei für die Kosten der Beratungsleistungen eine Rückstellung zu bilden gewesen. Auch im Folgejahr anfallende Ausgaben für die gesetzliche Jahresabschlussprüfung seien jedenfalls in dem Jahr, für welches der Abschluss erfolge, zurückzustellen. Dies gelte auch für die Kosten der Aufstellung des Jahresabschlusses. Die tatsächlichen Kosten hätten annähernd die Höhe der gebildeten Rückstellung erreicht. Die gebildeten Rückstellungen seien somit geboten und daher gewinnmindernd zu berücksichtigen gewesen. Im Geschäftsjahr 2007 sei somit von der Gesellschaft kein Gewinn, sondern ein Verlust erwirtschaftet worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge. Es sprach aus, dass das Klagebegehren auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer für den Zeitraum 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007 dem Grunde nach zu Recht bestehe (Punkt 1. des Urteilsspruchs). Es trug der Beklagten die Erbringung einer vorläufigen Leistung für diesen Zeitraum auf, wobei die von der Beklagten bereits erbrachten Vorschüsse in Anrechnung zu bringen seien (Punkt 2.). Es sprach weiters aus, dass der Kläger nicht zum Rückersatz der gewährten Vorschüsse für den Zeitraum 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007 in Höhe von 22.993,91 EUR verpflichtet sei (Punkt 3.). Hingegen wies das Berufungsgericht das Mehrbegehren des Klägers auf Gewährung einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer auch für den Zeitraum 1. 7. 2006 bis 31. 12. 2006 (Punkt 4.) ebenso unbekämpft ab, wie sein weiteres Mehrbegehren, es werde festgestellt, er sei nicht zum Rückersatz des Überbezugs für den Zeitraum 1. 7. 2006 bis 31. 12. 2006 in Höhe von 12.280,43 EUR verpflichtet (Punkt 5.). Das Berufungsgericht erkannte demgemäß den Kläger unbekämpft schuldig, der Beklagten den Überbezug von 12.280,43 EUR in monatlichen Raten von 500 EUR ab dem auf die Rechtskraft dieses Urteils folgenden Monatsersten zu bezahlen (Punkt 6.). Es gelangte in rechtlicher Hinsicht zu dem - im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen - Ergebnis, dass dem Kläger der auf seinen Gesellschaftsanteil entfallende, nicht ausgeschüttete Gewinn für das Geschäftsjahr 2006 sozialversicherungsrechtlich als Erwerbseinkommen anzurechnen sei, sodass er im Jahr 2006 (ab 1. 9. 2006 einschließlich des ausbezahlten Geschäftsführergehalts) jedenfalls ein Erwerbseinkommen erzielt habe, dessen Höhe über der Geringfügigkeitsgrenze gelegen sei. Für das Jahr 2006 sei daher gemäß § 253b Abs 1 Z 4 ASVG ein Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ausgeschlossen.

Für den - im Revisionsverfahren allein noch strittigen - Zeitraum 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007 verwies das Berufungsgericht in Ergänzung der als zutreffend beurteilten unternehmensrechtlichen Ausführungen des Erstgerichts darauf, dass aus steuerrechtlicher Sicht Rückstellungen gemäß § 9 Abs 1 Z 3 EStG 1988 unter anderem für sonstige ungewisse Verbindlichkeiten gebildet werden könnten, wenn die Rückstellungen nicht Abfertigungen, Pensionen oder Jubiläumsgelder beträfen. Gemäß § 9 Abs 3 EStG 1988 dürften Rückstellungen auch im Sinn des Abs 1 Z 3 nicht pauschal gebildet werden. Die Bildung sei nur dann zulässig, wenn konkrete Umstände nachgewiesen werden, nach denen im jeweiligen Einzelfall mit dem Vorliegen und dem Entstehen einer Verbindlichkeit (eines Verlusts) ernsthaft zu rechnen sei. Bei Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten handle es sich um Bilanzpositionen, denen lediglich geringfügige Voraussetzungen zur Verbindlichkeit fehlten. Die Bildung einer Verbindlichkeitsrückstellung diene dem richtigen Erfolgsausweis im Wirtschaftsjahr und werde daher steuerlich nur in der Höhe anerkannt, in der der Erfolg des betreffenden Wirtschaftsjahres voraussichtlich mit künftigen Aufwendungen belastet werde. Soweit eine gesetzliche Verpflichtung zur Aufstellung eines Jahresabschlusses bestehe, könne für damit zusammenhängende Kosten eine Rückstellung gebildet werden. Dasselbe gelte für Steuerberatungskosten, wenn eine Abgrenzung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr nicht möglich sei.

Im vorliegenden Fall beträfen die Jahresabschlusskosten und die Steuerberatungskosten jeweils das Jahr 2007 und seien erst im Jahr 2008 in Rechnung gestellt worden. Die Vornahme der Rückstellung in der Bilanz für 2007 entspreche damit der korrekten Darstellung des wirtschaftlichen Erfolgs im Jahr 2007. Anders als bei einem Verlustvortrag erfolge hier kein „Verschieben" auf ein anderes Wirtschaftsjahr. Die im Jahr 2007 von der Gesellschaft gebildeten Rückstellungen für Steuerberatungs- und Jahresabschlusskosten seien notwendig gewesen, um für die Begleichung dieser Verbindlichkeiten im Folgejahr Vorsorge zu treffen. Zutreffend sei das Erstgericht daher von einem Verlust der Gesellschaft für das Jahr 2007 ausgegangen, sodass eine Anrechnung von Gewinnanteilen auf das Einkommen des Klägers für dieses Jahr nicht zu erfolgen habe. Der Kläger habe somit Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer für den Zeitraum 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Berücksichtigung von Rückstellungen bei der Berechnung des Gewinns einer GmbH, deren geschäftsführender Gesellschafter der Pensionswerber sei, nicht vorliege.

Gegen den stattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, nach der ständigen Rechtsprechung könnten schon aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen im Sinn des EStG und dem Einkommen im Sinn der Sozialversicherungsgesetze erhebliche Unterschiede bestehen, sodass bei der Ermittlung des Einkommens durchaus unterschiedliche Ergebnisse der Steuerbehörden im Abgabeverfahren und der Pensionsversicherungsträger bzw der Gerichte im Verfahren über Sozialversicherungsleistungen möglich seien. Während beispielsweise im Steuerrecht das Zuflussprinzip zur Anwendung zu kommen habe, sei der Zeitpunkt des Gewinnzuflusses in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nicht maßgeblich. Dies habe auch für das Gewinnkorrektivum zu gelten, wenn eine Abgrenzung für das laufende Geschäftsjahr steuerrechtlich nicht möglich sei. Es wäre daher erforderlich gewesen, nicht nur die Ergebnisse des relevanten Geschäftsjahres 2007, sondern auch jene des Geschäftsjahres 2008 heranzuziehen.

Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten:

1. Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist die Bestimmung des § 253b ASVG zwar gemäß § 607 Abs 2 Z 2 ASVG mit Ablauf des 30. 6. 2004 außer Kraft getreten. In der Übergangsbestimmung des § 607 Abs 10 ASVG ist allerdings vorgesehen, dass die am 31. 12. 2003 geltenden Bestimmungen über die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer auf Versicherungsfälle, in denen der Stichtag nach dem 30. 6. 2004 liegt, weiterhin anzuwenden sind, jedoch das Anfallsalter etappenweise bis zum 1. 4. 2014 bis zur Höhe des Regelpensionsalters hinaufgesetzt wird.

2.1 Der Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer setzt nach § 253b Abs 1 Z 4 ASVG in der am 31. 12. 2003 geltenden Fassung - neben weiteren, hier nicht strittigen Voraussetzungen - voraus, dass der Versicherte am Stichtag weder der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung nach dem ASVG, dem GSVG, dem BSVG oder dem FSVG unterliegt noch aus sonstigen selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeiten ein Erwerbseinkommen bezieht, das das gemäß § 5 Abs 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen („Geringfügigkeitsgrenze") übersteigt. Strittig ist im Revisionsverfahren nur noch die Frage, ob der Kläger im noch verfahrensrelevanten Zeitraum vom 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007 eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, aufgrund derer er ein die Geringfügigkeitsgrenze übersteigendes Einkommen bezogen hat.

2.2 Nach ständiger Rechtsprechung ist der in § 253b Abs 1 Z 4 ASVG verwendete Begriff des „Erwerbseinkommens" mangels eigenständiger Definition im Sinne der Legaldefinition des § 91 Abs 1 ASVG zu verstehen (RIS-Justiz RS0110575). Danach gilt bei einer unselbständigen Erwerbstätigkeit das aus dieser Tätigkeit gebührende Entgelt und bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit der auf den Kalendermonat entfallende Teil der nachgewiesenen Einkünfte aus dieser Tätigkeit als Erwerbseinkommen. Wie der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgeführt hat, ist für die Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit grundsätzlich auf die Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes zurückzugreifen (10 ObS 170/89 = SSV-NF 3/98; 10 ObS 57/88 = SSV-NF 2/111 ua). Wie der Oberste Gerichtshof jedoch ebenfalls bereits mehrfach entschieden hat, können schon aufgrund der unterschiedlichen Ziele der Sozialversicherungsgesetze und der Steuergesetze zwischen dem Einkommen im Sinne des Einkommensteuergesetzes und dem Erwerbseinkommen im Sinne der Sozialversicherungsgesetze (hier: § 253b Abs 1 Z 4 ASVG) auch erhebliche Unterschiede bestehen und es können daher die Pensionsversicherungsträger (sowie aufgrund der sukzessiven Kompetenz die Gerichte) bei der Ermittlung des Einkommens zu durchaus anderen Ergebnissen kommen als die Steuerbehörde im Abgabeverfahren (10 ObS 16/07m = SSV-NF 21/9 = ZAS 2008/11, 82 [Resch]; 10 ObS 84/93 = SSV-NF 8/106 ua). Es ist letztlich Aufgabe der Gerichte, zu klären, welche Einkünfte bzw Abzüge bei der Ermittlung der Höhe des Erwerbseinkommens im Sinne der Sozialversicherungsgesetze zu berücksichtigen sind (vgl 10 ObS 16/07m = SSV-NF 21/9 = ZAS 2008/11, 82 [Resch]). So wurde beispielsweise entschieden, dass Aufwendungen für Anlagegüter grundsätzlich entsprechend den für Zwecke der Einkommensteuer geltenden Grundsätzen über Abschreibungen zu berücksichtigen sind. Die steuerpflichtigen Einkünfte sind hingegen gegebenenfalls um Beträge zu erhöhen, denen keine oder - bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise - nur geringere Aufwendungen gegenüberstehen und die nach den steuerrechtlichen Vorschriften nur aus wirtschaftspolitischen Gründen, nämlich zur Förderung der Bildung von Eigenkapital und der Investitionstätigkeit, als gewinnmindernd berücksichtigt werden dürfen. Da diese Gründe für den Bereich der Sozialversicherung nicht maßgebend sind, können die angeführten Beträge für diesen Bereich nicht als einkommensmindernd anerkannt werden. Es gehören dazu etwa die Differenz zwischen der gewöhnlichen und einer vorzeitigen Abschreibung und die auf eine Investitionsrücklage, auf einen Investitionsfreibetrag oder auf einen nicht entnommenen Gewinn entfallenden Beträge. Sie alle sind im Zusammenhang mit einer Alterspension zu den steuerpflichtigen Einkünften hinzuzurechnen (10 ObS 170/89 = SSV-NF 3/98 ua, RIS-Justiz RS0084294). Der Oberste Gerichtshof hat ebenfalls bereits mehrfach ausgesprochen, dass als Erwerbseinkommen die Einkünfte des Versicherten aus der selbständigen Erwerbstätigkeit anzusehen sind, die im maßgeblichen Kalenderjahr angefallen sind. Verluste aus früheren Jahren sind daher nicht abzuziehen (vgl RIS-Justiz RS0083781). Für die Zuordnung von Erwerbseinkommen zu einem bestimmten Zeitraum kommt es im Pensionsrecht, im Gegensatz zu dem im Steuerrecht geltenden Zuflussprinzip (§ 19 EStG 1988), nicht darauf an, wann jemandem das Geld zugeflossen ist, sondern ausschlaggebend ist, wann die Leistung erbracht worden ist (10 ObS 163/07d mwN; RIS-Justiz RS0105194).

3.1 Im vorliegenden Fall wird auch von der Beklagten grundsätzlich nicht in Zweifel gezogen, dass die Gesellschaft, deren geschäftsführender Gesellschafter der Kläger im Jahr 2007 war, nach der zutreffenden Rechtsansicht der Vorinstanzen aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen (vgl § 198 Abs 8 UGB, § 9 EStG 1988) und der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung verpflichtet war, für die verfahrensgegenständlichen Steuerberatungs- und Jahresabschlusskosten eine Rückstellung zu bilden. Rückstellungen dienen allgemein dazu, Ausgaben, die erst in späteren Perioden konkret anfallen, der Periode ihres wirtschaftlichen Entstehens als Aufwand zuzuordnen. So enthält § 198 Abs 8 Z 1 UGB die gesetzliche Verpflichtung, Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind. Rückstellungen dürfen gemäß § 198 Abs 8 Z 2 UGB außerdem für ihrer Eigenart nach genau umschriebene, dem Geschäftsjahr oder einem früheren Geschäftsjahr zuzuordnende Aufwendungen gebildet werden, die am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder sicher, aber hinsichtlich ihrer Höhe oder dem Zeitpunkt ihres Eintritts unbestimmt sind. Derartige Rückstellungen sind zu bilden, soweit dies den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht. Steuerrechtlich sind Rückstellungen Passivposten für Aufwendungen, die wirtschaftlich das abgelaufene Wirtschaftsjahr betreffen und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersehbar sind oder dem Grunde nach schon sicher und nur der Höhe nach unbestimmt sind. Rückstellungen dienen der zeitabschnittsmäßig richtigen Erfolgsabgrenzung und stellen damit ein Gewinnkorrektivum dar (vgl Doralt, EStG12 § 9 Rz 16 mwN). Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr erbrachte Steuerberatungsleistungen sind als Verbindlichkeiten (allenfalls in geschätzter Höhe) auszuweisen, wenn es sich zumindest um berechenbare Teileistungen handelt; andernfalls sind Rückstellungen zu bilden. Künftige Steuerberatungskosten für das abgelaufene Jahr (Aufwände der Bilanzerstellung) sind ebenfalls rückstellungsfähig (vgl Wiesner ua, MGA EStG 1988 § 9 S 22).

3.2 Die hier noch verfahrensgegenständlichen Jahresabschlusskosten und die Steuerberatungskosten betreffen - letztere auch unabhängig davon, ob sie als Verbindlichkeit oder Rückstellung ausgewiesen sind - jeweils das Geschäftsjahr 2007 und wurden erst im Jahr 2008 in der Höhe der gebildeten Rückstellungen in Rechnung gestellt. Mit der Verrechnung wurde die Rückstellung - bezogen auf das Geschäftsjahr 2007 - zu einer Verbindlichkeit, die im Geschäftsjahr 2007 den Gewinn auch endgültig gemindert hat. Die Vornahme der Rückstellung in der Bilanz für das Geschäftsjahr entspricht damit nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichts der korrekten Darstellung des wirtschaftlichen Erfolgs im Geschäftsjahr 2007. Anders als bei der Berücksichtigung eines Verlustvortrags erfolgte dadurch auch kein „Verschieben" auf ein anderes Geschäftsjahr. Die im Jahr 2007 von der Gesellschaft für Steuerberatungs- und Jahresabschlusskosten gebildeten Rückstellungen stellen somit einen Aufwand dar, der wirtschaftlich dieses Geschäftsjahr betrifft und somit auch diesem Geschäftsjahr zuzuordnen ist. Eine Bedachtnahme auf die Ergebnisse des Geschäftsjahres 2008, worüber von den Vorinstanzen noch keine Feststellungen getroffen werden konnten, hat daher entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht zu erfolgen. Zutreffend sind somit die Vorinstanzen für das Geschäftsjahr 2007 von einem Verlust der Gesellschaft ausgegangen, sodass eine Anrechnung von Gewinnanteilen auf das Einkommen des Klägers für dieses Jahr nicht zu erfolgen hat. Daraus folgt, dass dem Kläger für den noch strittigen Zeitraum vom 1. 1. 2007 bis 30. 11. 2007 die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 253b ASVG zusteht.

Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.

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