Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden die Angeklagten J***** M***** und E***** F***** von der wider sie erhobenen Anklage, es hätten am 31. Mai 2008 in Bezau
1./ J***** M***** als Beamter, und zwar als gemäß § 57a Abs 2 KFG ermächtigter Gewerbetreibender mit dem Vorsatz, die Republik Österreich an ihren Rechten, einerseits auf Teilnahme nur verkehrs- und betriebssicherer Kraftfahrzeuge am öffentlichen Straßenverkehr und auf Vergabe von Begutachtungsplaketten gemäß § 57a Abs 5 KFG nur für solche Fahrzeuge, andererseits auf Ausstellung ausschließlich gesetzeskonformer, nämlich alle Fahrzeugmängel erfassender Gutachten gemäß § 57a Abs 4 KFG zu schädigen, seine Befugnis im Namen des Bundes als dessen Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte, und zwar die Begutachtung von Fahrzeugen gemäß § 57a KFG vorzunehmen, wissentlich missbraucht, indem er für einen Pkw des H***** Fe***** ein Gutachten gemäß § 57a Abs 4 KFG anfertigte, in welchem keinerlei Mängel festgehalten waren, obwohl das Fahrzeug zahlreiche Mängel aufwies, für das Fahrzeug eine Begutachtungsplakette ausstellte sowie dessen Verkehrs- und Betriebssicherheit bzw Mängelfreiheit attestierte, obwohl die Verkehrs- und Betriebssicherheit wegen schwerwiegender Mängel nicht gegeben war;
2./ E***** F***** den J***** M***** zu dem in Punkt 1./ beschriebenen Verhalten bestimmt, indem er ihn dem Sinne nach aufforderte, trotz der Fahrzeugmängel eine positive Begutachtung durchzuführen und ihm zu erklären, welche Mängel noch zu beheben seien;
und (entbehrlich, zumal die Erwähnung jener rechtlichen Kategorien, die nach Ansicht des Anklägers durch das inkriminierte Verhalten begründet wurden, nicht erforderlich ist [Lendl, WK-StPO § 259 Rz 11]) hätten sie hiedurch das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs 1 StGB - E***** F***** als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB - begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen von der Staatsanwaltschaft aus den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Die Mängelrüge macht mit Blick auf die Urteilsannahme, es sei nicht feststellbar, ob zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Angeklagten M***** am Fahrzeug des H***** Fe***** schwere Mängel vorgelegen wären (US 16), zunächst Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) geltend, weil sich die Erstrichter mit den dieser Negativfeststellung entgegenstehenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hätten. Damit ist die Beschwerde nicht an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe orientiert (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 394), indem sie die konstatierten Reparaturarbeiten durch J***** M***** (nämlich an der Auspuffanlage, durch Einstellung des Fremdzündungsmotors und Festziehen einer Schraube beim DOM-Lager am Federbein vorne rechts; US 7 und 11 f) außer Acht lässt. Zudem legt sie nicht dar, aus welchen Gründen dem Umstand eines zum Tatzeitpunkt allenfalls vorhandenen schweren Mangels - trotz der vom Schöffensenat darüber hinaus angenommenen Möglichkeit, der Angeklagte M***** habe weitere Mängel am betreffenden Fahrzeug schlichtweg übersehen bzw aufgrund seiner technischen Möglichkeiten nicht entdecken können (US 7, 13 und 16), weshalb ihm wissentlicher Befugnismissbrauch und Schädigungsvorsatz nicht nachzuweisen seien (US 10) - die Eignung zukäme, eine Verurteilung des Angeklagten M***** herbeizuführen. Soweit der Rechtsmittelwerberin die vom Erstgericht angestellten Erwägungen nicht überzeugend genug erscheinen und sie im Übrigen versucht, aus isoliert betrachteten Verfahrensergebnissen zum Teil spekulativ eigene, für ihren Standpunkt günstigere Schlussfolgerungen zu ziehen, richtet sie sich bloß gegen die dem erkennenden Senat vorbehaltene Beweiswürdigung und verfehlt solcherart eine diesem Nichtigkeitsgrund entsprechende, nämlich auf die Geltendmachung formaler Begründungsmängel beschränkte Urteilskritik. Vielmehr haben die Tatrichter die entscheidenden Tatsachen und Negativfeststellungen im Urteil in gedrängter Form (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) zur Darstellung gebracht und ihre dazu angestellten Erwägungen - insbesondere auch zur nicht nachweisbaren subjektiven Tatseite der beiden Angeklagten - unter Hinweis auf die Schilderungen der Zeugen W***** P*****, G***** Mo***** und H***** Fe***** sowie jener der Angeklagten selbst mängelfrei begründet (US 11 ff). Sie waren hingegen nicht verhalten, den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen, wie überhaupt alle Verfahrensergebnisse im Einzelnen zu erörtern und darauf zu untersuchen, inwieweit sie für oder gegen diese oder jene Darstellung sprechen, oder sich mit jedem gegen ihre Beweiswürdigung möglichen, erst in der Rüge konkret erhobenen Einwand bereits im Voraus auseinanderzusetzen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Aber auch die einzelnen ins Treffen geführten Beweisergebnisse, aus denen sich nach Ansicht der Beschwerdeführerin das Vorliegen schwerer Mängel auch nach Begutachtung durch den Angeklagten M***** ableiten lasse, waren deren Standpunkt zuwider nicht erörterungsbedürftig, sodass die behauptete Unvollständigkeit nicht vorliegt. Aus dem Umstand, der Zeuge Fe***** habe den Zweitangeklagten F***** unter anderem mit der Reparatur des rechten vorderen Traggelenks beauftragt, sodass für den Fall, diese Reparatur sei bereits durchgeführt gewesen, ein entsprechender Auftrag völlig unsinnig gewesen wäre, lässt sich auch im Zusammenhalt mit den vom Angeklagten F***** bekundeten Depositionen dieses Zeugen, für die Mängelbehebung keine Zeit zu haben, weshalb der Zweitangeklagte „alles" machen solle (S 45 Mitte), das Vorliegen eines schweren Mangels keineswegs verlässlich ableiten, wobei die Anklagebehörde überdies vernachlässigt, dass das Erstgericht aus den Einlassungen der Angeklagten, denen auch die Aussage des Zeugen Fe***** nicht entgegensteht, erschlossen haben, J***** M***** habe insoweit eine Reparatur durchgeführt und auch das Fortbestehen eines leichten Mangels bekanntgegeben (US 12 erster Absatz iVm S 227, 230 f). Ebenso verhält es sich mit dem Vermerk des Zeugen M***** L*****, der Angeklagte M***** habe (anlässlich seiner Befragung) ausgeführt, den Prüfbericht und die Begutachtungsplakette an den Zweitangeklagten mit der Auflage übergeben zu haben, dass die offenen Mängel noch repariert werden müssen; überdies hat der Genannte seine ursprünglichen Festhaltungen im Rahmen seiner späteren Vernehmungen deutlich relativiert (insbes S 155, aber auch 233). Auch die von der Rechtsmittelwerberin für ihren Standpunkt herangezogene Äußerung M*****s gegenüber dem Zeugen L*****, es sei das letzte Mal, dass er so etwas gemacht habe (S 155 oben), vermag diesen keineswegs zu stützen, wobei dieser Zeuge auch hier betonte, sich keineswegs an den Wortlaut erinnern zu können.
Dass das rechte vordere Traggelenk auch nach der Begutachtung durch den Erstangeklagten M***** noch mangelhaft gewesen sei, haben die Tatrichter ohnedies als erwiesen angenommen (US 8). Auch aus der isoliert herausgegriffenen Aussage des Angeklagten F*****, er hätte ihn ohne vorangehende Reparatur nicht mitsamt Pickerl gehen lassen können (S 115 unten), lässt sich der Beschwerde zuwider ein schwerer Mangel nicht ableiten, hat dieser Angeklagte - im Gegensatz zum (zuvor erstellten) Prüfbericht des Ö***** (großes Spiel; US 5 iVm S
59) - doch ausdrücklich von einem bloß leichten Spiel gesprochen (US 8 dritter Absatz, S 115).
In Ansehung der Negativfeststellung betreffend die Bestimmung des J***** M***** durch E***** F***** (US 10 und 14) erblickt die Beschwerdeführerin Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) darin, dass Angaben des Angeklagten F***** im Vorverfahren nicht berücksichtigt worden wären. Dabei geht die Beschwerdeführerin (unter Hinweis auf S 114 vorletzter Absatz) aber von einer vom Protokoll abweichenden Annahme aus und vermeint, F***** habe „mit dem Erstangeklagten" vereinbart, das Fahrzeug „werde zunächst vorgeführt und anschließend repariert". Tatsächlich beziehen sich die in Rede stehenden Depositionen des Angeklagten F***** indes auf eine Vereinbarung mit H***** Fe***** (siehe S 114 vorletzter Absatz) und soll F***** - seiner weiteren Aussage zufolge (S 114 letzter Absatz) - zur Werkstatt des J***** M***** gefahren sein und seinerseits das Auto „vorgeführt" haben. Die daran anschließende Passage, wonach sich F***** von M***** angeblich habe erklären lassen, „welche Mängel noch zu beheben sind" (S 114 letzte Zeile), wurde - was auch die Beschwerde einräumt - vom Angeklagten F***** in der Hauptverhandlung als falsch protokolliert bezeichnet und sofort richtig gestellt (S 229). Da die Tatrichter letzterer Aussage offenbar Glauben schenkten und - wie bereits mehrfach angeführt - ohnedies vom Fortbestehen eines leichten Mangels ausgingen, waren sie nicht verhalten, sich mit der früheren, hiezu nicht in unüberbrückbarem Widerspruch stehenden Aussage dieses Angeklagten auseinanderzusetzen.
Die Feststellungen zur Wissentlichkeit des Befugnismissbrauches und zum Schädigungsvorsatz des Erstangeklagten vermissende Rechtsrüge (Z 9 lit a) fußt auf der bloßen, nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz abgeleiteten Rechtsbehauptung, auch die Nichtaufnahme behobener und fortbestehender leichter Mängel in den Prüfbericht begründe das Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt gemäß § 302 Abs 1 StGB; solcherart wird sie jedoch nicht prozessförmig zur Darstellung gebracht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).
Im Übrigen ist es Schutzzweck des § 57a KFG, durch (wiederkehrende) Begutachtung nicht den Anforderungen an Verkehrs- und Betriebssicherheit entsprechende Kraftfahrzeuge vom öffentlichen Verkehr auszuschließen (vgl RIS-Justiz RS0022886, RS0049816, RS0027390). Neben der (wissentlichen) positiven Begutachtung ungeachtet ihr entgegenstehender Mängel wird der Staat in seinem Recht auf Überprüfung der Verkehrs- und Betriebssicherheit von Fahrzeugen nach ständiger Rechtsprechung auch dann beeinträchtigt, wenn der gemäß § 57a Abs 2 KFG zur Begutachtung Ermächtigte ein Gutachten nach § 57a Abs 4 KFG erstellt, ohne sich durch tatsächliche Überprüfung des Fahrzeugs an Hand des vorgeschriebenen Prüfungskatalogs von der Verkehrs- und Betriebssicherheit des Kraftfahrzeugs überzeugt zu haben, wobei es auf deren tatsächliche Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht ankommt (RIS-Justiz RS0096721). Werden die Verfahrensvorschriften aber nicht in derart unvertretbarer Weise missachtet, müsste durch das normwidrige Verhalten der vom Gesetzgeber an die übergangene Vorschrift geknüpfte materielle Zweck betroffen sein (RIS-Justiz RS0097040). Soweit die Rechtsrüge (dSn Z 10) in eventu Konstatierungen in Richtung des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB fordert und den Standpunkt vertritt, bereits aus den Aussagen des Angeklagten M***** (S 130 und 231) sei Wissentlichkeit betreffend die Herstellung eines unrichtigen Beweismittels ersichtlich, gibt sie dessen Verantwortung - die letztlich darin mündet, dass er damals der Meinung war, leichte Mängel im Gutachten nicht anführen zu müssen (S 231) - nur bruchstückhaft (und damit sinnentstellt) wieder. Die Behauptung, der Angeklagte F***** habe „zunächst eine positive Vorführung" des Fahrzeugs (und anschließend eine Erklärung, welche Mängel noch zu beheben seien) gewollt, lässt sich - wie bereits oben ausgeführt - seinen Depositionen (S 114) nicht entnehmen. Schließlich wird ein auf die Verwendung eines inhaltlich unrichtigen Beweismittels in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren gerichteter Vorsatz beider Angeklagter bloß unter Hinweis auf ihre Stellung als erfahrene Kfz-Mechaniker behauptet, nicht jedoch aus einem konkreten darauf hinweisenden Sachverhaltssubstrat abgeleitet.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
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