Spruch:
Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt.
Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts zu lauten hat:
Es wird festgestellt, dass die Klägerin nicht zum Rückersatz des mit Bescheid der beklagten Partei vom 18. 12. 2007, Zl 4928200868, festgesetzten Betrages von 5.303,45 EUR verpflichtet ist.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit 208,80 EUR (Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit 371,52 EUR (darin 61,92 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die Mutter des am 29. 3. 2001 geborenen Thomas W*****. Aufgrund ihres Antrags erhielt sie im Jahr 2001 Karenzgeld für den Zeitraum vom 22. 6. 2001 bis 9. 9. 2001 in Höhe von 13,67 EUR pro Tag, Karenzgeld bei Teilzeitbeschäftigung für den Zeitraum vom 10. 9. 2001 bis 31. 12. 2001 in Höhe von 6,84 EUR pro Tag und Karenzgeld für den Zeitraum vom 1. 1. 2002 bis 29. 9. 2003 in Höhe von 14,53 EUR pro Tag zuerkannt und ausbezahlt.
Mit Unterfertigung des Antrags auf Karenzgeld nahm die Klägerin die auf dem Antrag aufscheinende Belehrung, dass bei einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze die erhaltenen Leistungen (Karenzgeld) zurückgefordert werden können, zur Kenntnis. Sie erhielt auch das im Jahr 2002 aufgelegte Informationsblatt zu den Leistungen des Kinderbetreuungsgeldes ausgehändigt und achtete genau auf die Zuverdienstgrenzen. Die Klägerin war im Jahr 2002 als Vertragslehrerin im Bereich des Landesschulrats für Steiermark beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis ist das Vertragsbedienstetengesetz 1948 anzuwenden. Im Zeitraum vom 1. 1. 2002 bis 31. 12. 2002 bezog sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 11.681,20 EUR. In der Zeit von Jänner 2002 bis August 2002 war sie befristet im Ausmaß von 9 Wochenstunden beschäftigt. Ab September 2002 wurde eine Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses und eine Stundenreduktion vereinbart. Im März 2002 kam es durch einen krankheitsbedingten Ausfall eines Vorgesetzten der Klägerin in der HLW in K***** dazu, dass die Klägerin unvorhergesehen 7 zusätzliche Supplierstunden für 1 bis 1 ½ Monate übernehmen musste. Weiters musste sie aufgrund eines weiteren gesundheitsbedingten Ausfalls einer Kollegin Ende August 2002 die Funktion des Klassenvorstands übernehmen. Den Vertrag für die reduzierten 8 Stunden Lehrtätigkeit hatte die Klägerin bereits am 1. 7. 2002 unterzeichnet.
Mit Bescheid vom 18. 12. 2007 sprach die beklagte Gebietskrankenkasse aus, dass die Zuerkennung des Karenzgeldes für den Zeitraum vom 1. 1. 2002 bis 31. 12. 2002 widerrufen werde und die Klägerin zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Leistung in Höhe von 5.303,45 EUR verpflichtet sei.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage, mit dem Begehren, festzustellen, dass das Karenzgeld für die Monate Jänner bis Dezember 2002 zu Recht zuerkannt worden sei und keine Verpflichtung zum Rückersatz der bezogenen Leistung bestehe. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, allfällige Überschreitungen des maßgeblichen Grenzbetrags könnten in einzelnen Monaten nur durch überraschend angeordnete Überstunden entstanden sein, sodass die Härtefallverordnung anzuwenden sei. Der monatliche Verdienst könne im Übrigen nur in den Monaten März und April höher gewesen sein, sodass im Falle eines Widerrufs des Karenzgeldes dieses jedenfalls nur für diese beiden Monate zurückgefordert werden könne.
Die beklagte Gebietskrankenkasse beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen ein, dass die Anwendung der Härtefallverordnung ausschließlich in die Kompetenz der Versicherungsträger falle. Die Klägerin habe im Jahr 2002 Einkünfte in Höhe von 15.185,56 EUR erzielt und damit den Grenzbetrag von 14.600 EUR überschritten, weshalb sie zur Rückzahlung der unberechtigt erfolgten Leistung zu verpflichten sei. Die von der Klägerin gewünschte monatliche Überprüfung der Zuverdienstgrenze sei gesetzlich nicht gedeckt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und verpflichtete die Klägerin zur Rückzahlung des im Zeitraum vom 1. 1. 2002 bis 31. 12. 2002 bezogenen Karenzgeldes in Höhe von 5.303,45 EUR. In rechtlicher Hinsicht vertrat es den Standpunkt, gemäß § 2 Abs 6 KGG sei - abweichend von § 2 Abs 2 bis 5 KGG - für Ansprüche aufgrund von Geburten vom 1. 7. 2000 bis 31. 12. 2001 ab 1. 1. 2002 vom Anspruch auf Karenzgeld ausgeschlossen, wer ein den Grenzbetrag gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG übersteigendes Einkommen (§ 8 KBGG) erziele. Nach dieser Bestimmung errechne sich der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte der Klägerin im Kalenderjahr 2002 mit 15.185,56 EUR, sodass der für das Jahr 2002 heranzuziehende Grenzbetrag von 14.600 EUR um 585,56 EUR überschritten worden sei. Eine monatliche Zuverdienstgrenze sehe das KBGG nicht vor. Die Klägerin sei daher gemäß § 31 Abs 1 KBGG zur Rückzahlung des zu Unrecht empfangenen Karenzgeldes verpflichtet. Eine Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Rückzahlungspflicht komme den Gerichten nicht zu.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es sah einen sekundären Feststellungsmangel dahingehend, wie viel die Klägerin in den einzelnen Monaten des Jahres 2002 verdient hat, als rechtlich irrelevant an und bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Die Prüfung der Voraussetzungen für einen gänzlichen oder teilweisen Verzicht stelle nach dem klaren Wortlaut des § 31 Abs 4 KBGG eine Ermessensentscheidung dar, die nicht der gerichtlichen Kontrolle unterliege. Im Übrigen wende sich § 31 Abs 4 KBGG in Bezug auf den Verzicht auf die Rückforderung wegen des Vorliegens berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle) nur an den Krankenversicherungsträger; den Gerichten stehe keine Kompetenz für eine gänzliche oder teilweise Nachsicht der Rückzahlungspflicht zu.
§ 2 Abs 3 KGG, wonach im Fall einer vorübergehenden Erwerbstätigkeit das erzielte Nettoeinkommen in einem Kalendermonat auf das Karenzgeld in diesem Kalendermonat anzurechnen sei, sei gemäß § 2 Abs 6 KGG nicht auf die Klägerin anzuwenden, zumal ihr Sohn im Zeitraum vom 1. 7. 2000 bis 31. 12. 2001 zur Welt gekommen sei. Diese Übergangsbestimmung normiere ausdrücklich, dass ein Anspruch auf Karenzgeld ausgeschlossen sei, wenn das Einkommen gemäß § 8 KBGG den Grenzbetrag gemäß § 2 Abs 1 Z 3 KBGG übersteige. Laut den Gesetzesmaterialien zum KBGG stelle der maßgebliche Grenzbetrag von 14.600 EUR eine „Jahresgrenze" dar. Zur Herstellung eines entsprechenden Vergleichsniveaus seien die im Anspruchszeitraum erzielten Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen, sodass es nicht auf das in den einzelnen Monaten erzielte Einkommen isoliert ankomme. Von der Möglichkeit eines Verzichts auf den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld habe die Klägerin nicht Gebrauch gemacht. Somit sei die Ermittlung der maßgeblichen Gesamteinkünfte korrekt erfolgt, weshalb die Klägerin zur Rückzahlung der infolge Überschreitung des Grenzbetrags zu Unrecht empfangenen Leistung verpflichtet sei.
Eine Verfassungswidrigkeit der anzuwendenden Bestimmungen des KBGG sei zu verneinen, weil diese durchaus dem Bestimmtheitsgebot entsprächen. Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei nicht zu erkennen.
Die Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof in einer vergleichbaren Rechtssache bereits eine außerordentliche Revision angenommen habe und die Berufungswerberin im vorliegenden Fall neue Argumente hinsichtlich der Frage der Anwendung der KBGG-Härtefälle-Verordnung durch die Gerichte aufgezeigt habe.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin wegen (sekundärer) Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 27. 1. 2009, 10 ObS 193/08t, die Revision der Klägerin schon deshalb, weil Bedenken gegen die Verfassungskonformität präjudizieller Bestimmungen (§ 2 Abs 1 Z 3, § 8 und § 31 Abs 2 zweiter SatzKBGG in der hier anzuwendenden Fassung) bestanden haben, für zulässig angesehen und beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art 89 Abs 2 B-VG einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag gestellt. Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wurde gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten. Der Verfassungsgerichtshof wies mit seinem Erkenntnis vom 16. 6. 2009, G 32/09-6, unter anderem diesen Gesetzesprüfungsantrag zurück, weil er bereits mit Erkenntnis vom 26. 2. 2009, G 128/08 ua, dieselben Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der oben angeführten Bestimmungen als unbegründet abgewiesen habe, weshalb entschiedene Sache vorliege.
Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs ist das Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs erweisen sich die von der Revisionswerberin gegen die maßgebende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken als nicht berechtigt.
Gemäß § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG ist der Empfänger einer Leistung nach dem KBGG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat. Da die Klägerin durch die von ihr im Jahr 2002 erzielten und gemäß § 8 KBGG maßgeblichen Einkünfte in Höhe von 15.185,56 EUR die Zuverdienstgrenze für den Anspruch auf Karenzgeld (14.600 EUR) überschritten hat, ist sie grundsätzlich zur Rückzahlung der empfangenen Leistungen an die beklagte Partei verpflichtet.
Die Klägerin macht in ihrem Rechtsmittel dazu unter anderem geltend, dass ein Härtefall im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliege. Sie wendet sich insbesondere gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach über die Frage, ob ein Härtefall im Sinne der KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliege, nicht vom Gericht entschieden werden könne. Vielmehr seien die Gerichte verpflichtet, das Vorliegen eines sogenannten Härtefalls nach § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung zu überprüfen.
Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:
Der gemäß § 39 KGG hier anzuwendende § 31 Abs 4 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) sieht unter anderem vor, dass der Krankenversicherungsträger bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle) insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,
1. die Erstattung des zu Unrecht bezahlten Betrags in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,
2. die Rückforderung stunden,
3. auf die Rückforderung verzichten kann.
Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Kriterien für Härtefälle sowie Art und Weise der Rückforderung festzulegen.
Nach § 1 der KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2001/405) gelten in Bezug auf die Einkommensgrenze als Härtefälle:
a) Fälle einer geringfügigen, unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze. Eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung liegt nur dann vor, wenn die Grenzbeträge gemäß den §§ 2 Abs 1 Z 3 und 9 Abs 3 KBGG um nicht mehr als 10 % überstiegen werden. In solch einem Fall ist auf die Rückforderung zu verzichten.
b) Fälle, in denen die Voraussetzungen für eine Rückforderung dem Grunde nach erfüllt sind, jedoch aufgrund der individuellen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des/der Verpflichteten eine Rückforderung ganz oder teilweise oder zum gegebenen Zeitpunkt als unbillig erscheint.
Seit der Änderung der KBGG-Härtefälle-Verordnung durch die Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen, ausgegeben am 26. 2. 2004 (BGBl II 2004/91), gilt eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung der in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG und § 9 Abs 3 KBGG vorgesehenen Zuverdienstgrenzen um nicht mehr als 15 % als Härtefall, bei dem von einer Rückforderung der ausbezahlten Leistungen abzusehen ist. Nach § 4 der KBGG-Härtefälle-Verordnung (BGBl II 2004/91) tritt lit a in der Fassung dieser Verordnung mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und gilt für Geburten nach dem 31. 12. 2001.
Die Bestimmung des § 31 Abs 4 letzter Satz KBGG wurde zwar mit der Novelle BGBl I 2007/76 insofern geändert, als an die Stelle der Verordnungsermächtigung der Verweis auf die §§ 60 bis 62 BHG trat, weshalb die KBGG-Härtefälle-Verordnung mit Ablauf des 31. 12. 2007 außer Kraft getreten ist; sie ist jedoch auf Anspruchsüberprüfungen der Kalenderjahre 2002 bis 2007 weiterhin anzuwenden (§ 49 Abs 15 KBGG).
Zutreffend verweist die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung darauf, dass die KBGG-Härtefälle-Verordnung in § 1 lit a und b zwei unterschiedliche Härtefalltatbestände festlegt:
Gemäß § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung gelten als Härtefälle die Fälle einer geringfügigen (nicht mehr als 15 %) und unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze. In solchen Fällen ist auf die Rückforderung zu verzichten. Dieser Härtefalltatbestand richtet sich in erster Linie an den Krankenversicherungsträger, der nach Feststellung der Überschreitung der Zuverdienstgrenze eruieren muss, ob die Überschreitung nicht mehr als 15 % beträgt und ob sie unvorhersehbar war. Liegen diese beiden genannten Voraussetzungen für ein Absehen von der Rückforderung vor, so erfolgt keine bescheidmäßige Rückforderung. Liegen diese Voraussetzungen hingegen nicht vor und ist der Rückforderungstatbestand erfüllt, ergeht ein Rückforderungsbescheid. Prüfungen des Tatbestands des § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung stellen somit ein „vorgeschaltetes" Verwaltungsverfahren dar. In einem nachfolgenden Gerichtsverfahren ist daher auch von den Sozialgerichten gegebenenfalls das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung zu überprüfen.
Demgegenüber handelt es sich in den Fällen des § 1 lit b der KBGG-Härtefälle-Verordnung um ein „nachgeschaltetes" Verwaltungsverfahren (eingehend 10 ObS 63/09a und 10 ObS 91/09v).
Im vorliegenden Fall ist daher von den Gerichten die Frage zu prüfen, ob hinsichtlich der Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes der Härtefalltatbestand des § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung erfüllt ist.
Die maßgebende Zuverdienstgrenze von 14.600 EUR wurde durch die gemäß § 8 KBGG für das Jahr 2002 ermittelten Einkünfte der Klägerin unbestritten um 585,56 EUR (= ca 4 %) überschritten, sodass eine bloß geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Sinne des Härtefalltatbestands des § 1 lit a KBGG-Härtefälle-Verordnung vorliegt. Es ist daher noch zu prüfen, ob diese bloß geringfügige Überschreitung der Zuverdienstgrenze für die Klägerin unvorhersehbar war.
Das Kriterium der „Unvorhersehbarkeit" ist dann gegeben, wenn die Überschreitung der Zuverdienstgrenze trotz Anlegung eines zumutbaren Sorgfaltsmaßstabs nicht erkannt werden konnte. Den Leistungsbezieher trifft eine Überprüfungspflicht hinsichtlich der Höhe der zu erwartenden Einkünfte. Dies zeigt sich auch darin, dass der Gesetzgeber mit dem Verzicht auf den Bezug von Kinderbetreuungsgeld (§ 5 Abs 6 KBGG) die Möglichkeit geschaffen hat, Einkünfte, welche im Verzichtszeitraum erzielt wurden, bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte im Sinn des § 8 KBGG unberücksichtigt zu lassen. Gerade durch diese Verzichtsmöglichkeit hat der Gesetzgeber auch auf Fälle mit unregelmäßigen Einkünften Bedacht genommen.
Die beklagte Partei verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Übernahme der Tätigkeit als Klassenvorstand überraschend und unvorhersehbar war, dass jedoch „Überstunden" in Form von Supplierstunden im Bereich der Lehrerschaft „üblich und fester Bestandteil des Arbeitslebens" seien, weshalb das Kriterium der Unvorhersehbarkeit nicht erfüllt sei. Keinesfalls überraschend und damit auch nicht unvorhersehbar sei, dass diese Tätigkeiten entlohnt würden und sich damit die Bezüge der Revisionswerberin erhöhten; dem hätte die Klägerin durch einen Verzicht auf das Karenzgeld Rechnung tragen müssen.
Dieser Standpunkt kann nicht geteilt werden, müsste doch ansonsten im Arbeitsleben (etwa im Hinblick auf die aus der Treuepflicht erwachsende Pflicht zur Leistung honorierter Überstunden oder Mehrarbeitsstunden gemäß §§ 7, 8, 19d Abs 3 und 20 AZG) praktisch jederzeit mit Mehreinkünften gerechnet werden, denen durch einen Verzicht auf das Karenzgeld Rechnung getragen werden müsste. Damit würde aber das in § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung zur Einschränkung der Rückforderbarkeit enthaltene Kriterium der „Unvorhersehbarkeit" der Überschreitung der Zuverdienstgrenze sinnentleert, wenn bei Erkennbarkeit eines jeden Mehrverdienstes - unabhängig von Höhe und Dauer - aus Sicherheitsgründen immer ein Verzicht auf das Karenzgeld abgegeben werden müsste.
Unter den konkreten Gegebenheiten ist von einem Härtefall im Sinn des § 1 lit a der KBGG-Härtefälle-Verordnung auszugehen, weshalb der Revision der Klägerin Folge zu geben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit a ASGG.
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