OGH 3Ob127/09m

OGH3Ob127/09m22.7.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden und durch die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****-GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Markus Skarics, Rechtsanwalt in Imst, gegen die beklagte Partei T*****gesellschaft ***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Norbert Stütler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 30.000 EUR) über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. April 2009, GZ 1 R 196/08w-21, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig. Die relevierte Bindungswirkung von Feststellungen aus den Vorprozessen liegt nicht vor:

1. Es entspricht der herrschenden Rechtsprechung, dass Bindungswirkung nur insoweit besteht, als die jeweilige Feststellung bei richtiger rechtlicher Beurteilung für das Urteil im Vorprozess unbedingt erforderlich war (RIS-Justiz RS0115239 [T1]). Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligt hatte, als diese als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen. In diesem Rahmen sind sie daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden, sofern ihnen in jenem Verfahren unbeschränktes rechtliches Gehör zustand (verstärkter Senat 1 Ob 2123/96d = SZ 70/60). Maßgebend ist, ob die im Vorprozess getroffenen Feststellungen für das Ergebnis der dort gefällten Entscheidung notwendig waren oder ob auch bei Wegfall dieser Tatsachenannahmen das gleiche Prozessergebnis erzielt worden wäre. Bei dieser Prüfung kommt es nicht auf die rechtliche Begründung der (letztinstanzlichen) Entscheidung im Vorprozess, sondern auf die objektiv richtige rechtliche Beurteilung an (4 Ob 72/01v; 8 ObS 206/01d mwN = RIS-Justiz RS0115239).

2. Die im (rechtskräftig erledigten) Vorverfahren 59 Cg 223/06d des Landesgerichts Innsbruck getroffene negative Feststellung „es sei nicht feststellbar, ob der Mitarbeiter des technischen Überwachungsvereins darauf hinwies, dass ihm eine Befundaufnahme nicht zur Gänze möglich gewesen sei und daher auch der Prüfbericht allenfalls nicht alle möglichen Mängel umfasse", gehört nicht zu den „notwendigen Elementen" der Entscheidung im Vorprozess, war dort nicht entscheidungswesentlich und entfaltet daher für den vorliegenden Folgeprozess keine Bindungswirkung.

Auch im weiteren Vorverfahren 18 Cg 50/06m des Landesgerichts Innsbruck waren Feststellungen dazu entscheidungswesentlich, ob die Verletzung auf einen von der Gesellschaft zu vertretenden bzw von deren Mitarbeitern verschuldeten technischen Mangel des Spielgeräts zurückzuführen war.

In beiden Vorverfahren wurde eine Haftung der dort beklagten Gesellschaft (hier Klägerin) mit der Begründung bejaht, dass - unabhängig von einer Begutachtung durch den technischen Überwachungsverein (hier beklagte Partei) - jedenfalls erkennbar gewesen sei, dass der Auslaufbereich eine erhebliche Gefährdung der Benützer des Spielgeräts darstellte. Der Abstand von nur einem halben Meter zwischen dem abgebremsten Sitz und dem am Ende der Fahrstrecke befindlichen Baum beim Ausschwingen sei wesentlich zu gering, sodass stets damit zu rechnen war, der Benutzer werde gegen den Baum prallen. Aus diesem Grund habe der Einwand der Gesellschaft, die Anlage sei vom technischen Überwachungsverein überprüft worden, erfolglos zu bleiben; die Gesellschaft habe den Beweis mangelnden Verschuldens nicht erbringen können (Berufungsurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck ON 47 S 22f im Akt 59 Cg 223/06d des Landesgerichts Innsbruck; Teilurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck ON 41 S 23 im Akt 18 Cg 50/06m des Landesgerichts Innsbruck).

3. Wurde die Haftung der Gesellschaft unabhängig vom Einschreiten des technischen Überwachungsvereins bejaht, folgt daraus, dass die (oben wiedergegebene) negative Feststellung zum Verhalten des Prüforgans für den Ausgang der (Vor-)Verfahren nicht entscheidungserheblich war; diese Verfahren wären auch bei Fehlen dieser Feststellung nicht anders entschieden worden. Hat nun das Erstgericht im vorliegenden Verfahren die im Vorverfahren 59 Cg 223/06d des Landesgerichts Innsbruck getroffene - dort kein „notwendiges Element" der Entscheidung darstellende (negative) - Feststellung nicht übernommen sondern durch eine davon abweichende (positive) Feststellung ersetzt, begründet dies keinen Verstoß gegen die sich aus dem Vorprozess ergebende Bindungswirkung.

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