OGH 2Ob84/09f

OGH2Ob84/09f20.5.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eduard C*****, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gahleithner & Partner OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Michaela T*****, vertreten durch Dr. Rose-Marie Rath, Rechtsanwältin in Wien, wegen 36.340 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. März 2009, GZ 13 R 244/08k-20, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsprechung nimmt eine Wissenszurechnung durch jene Personen (Wissensvertreter) an, die - sowohl als selbständige Dritte als auch als Gehilfen - vom Geschäftsherrn damit betraut worden sind, Tatsachen, deren Kenntnis von Rechtserheblichkeit ist, entgegenzunehmen oder anzuzeigen (RIS-Justiz RS0065360; zuletzt 5 Ob 290/07v). Soweit es auf das Wissen des Geschäftsherrn ankommt, wird ihm dabei das Wissen des Wissensvertreters als eigenes zugerechnet und es treten die an sein Wissen geknüpften Rechtsfolgen zum Nachteil des Geschäftsherrn ein (5 Ob 290/07v). Die Wissenszurechnung gilt auch, wenn es um die Kenntnis der für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB relevanten Umstände, wie den Eintritt des Schadens, geht (9 Ob 23/07h mwN; 1 Ob 241/07h).

Zum Prozessbevollmächtigten vertritt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Rechtsansicht, dass sein im Prozess erworbenes Wissen nicht schlechthin dem Berechtigten zuzurechnen sei, wohl aber das von ihm im aufgetragenen Wirkungskreis erworbene und dazugehörige Wissen (SZ 52/167; 3 Ob 510/82; 3 Ob 1565/91; 1 Ob 64/00v; 5 Ob 18/01k). Das Wissen des Prozessbevollmächtigten ist dem Berechtigten demnach nur in Beziehung auf solche rechtserhebliche Tatsachen zurechenbar, die mit dem Vertretungsbereich, in welchem der Bevollmächtigte berufen war und tätig wurde, verbunden sind (2 Ob 130/01h; vgl auch 9 Ob 88/99b).

In diesem Zusammenhang hatte der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 510/82 ausgeführt, die Vertretungsmacht des Prozessbevollmächtigten decke nur dessen Handlungen innerhalb eines bestimmten Prozesses. Es gehöre nicht zum Aufgabenbereich eines Prozessbevollmächtigten, sich darüber Gedanken zu machen, ob gegen eine von den eigentlichen Prozessparteien verschiedene dritte Person ein Schadenersatzanspruch bestehen könne. Die Kenntnis derartiger Umstände könne der Kenntnis der Partei selbst im Sinne des § 1489 ABGB nicht gleichgehalten werden. Anderes würde nur gelten, wenn der Prozessbevollmächtigte von vornherein mit der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche gegen den Dritten beauftragt gewesen sei.

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger seinen Rechtsanwalt nur mit seiner Vertretung im Verfahren nach den §§ 81 ff EheG beauftragt. Die Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche gegen seine frühere Rechtsanwältin, die nunmehrige Beklagte, stand hingegen nicht zur Diskussion. Der Rechtsvertreter des Klägers hatte daher auch in keinem Stadium des Vertretungsverhältnisses zu prüfen, ob ein Schadenersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte besteht. Eine für die Beurteilung der Verjährungsfrage relevante Zurechnung positiven Wissens des Rechtsvertreters oder einer - im Rahmen des Vertretungsverhältnisses - als fahrlässig zu beurteilenden Unkenntnis vom Ablauf der einjährigen Präklusivfrist des § 95 EheG und den dafür maßgeblichen Gründen an den Kläger kommt schon deshalb nicht in Betracht.

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