OGH 8Ob158/08f

OGH8Ob158/08f23.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Bettina J*****, 2. Anneliese O*****, 3. Franz A*****, 4. Thomas K*****, 5. Karin K*****, 6. Adalbert H*****, 7. Gerhilde H*****, 8. Werner S*****, 9. Christina S*****, alle *****, sowie 10. Heidrun L*****, sämtliche vertreten durch Dr. Wolfgang Lang, Rechtsanwalt in Salzburg, und des Nebenintervenienten Martin T*****, vertreten durch Oberhofer & Hibler, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, *****, vertreten durch MMag. Dr. Franz Stefan Pechmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.454,69 EUR sA und Feststellung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 5. August 2008, GZ 22 R 219/08x, 22 R 210/08y-46, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 30. April 2008, GZ 1 C 539/06b-39, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 26. Mai 2008, GZ 1 C 539/06b-41, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien und dem Nebenintervenienten die mit jeweils 1.254,42 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen (darin enthalten jeweils 209,07 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte fertigte die Dachkonstruktion der Wohnungseigentumsanlage auf der Liegenschaft EZ *****, GB ***** mit der Grundstücksadresse P*****weg *****. Die Kläger sind Wohnungseigentümer und haben Kaufverträge mit einer mittlerweile in Konkurs befindlichen Bauträgergesellschaft geschlossen. Die der Bauträgerin gegen die Beklagte zustehenden Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche sind aufgrund eines entsprechenden Aufforderungsschreibens der Kläger gemäß § 16 BTVG am 23. 2. bzw 7. 6. 2006 übergegangen.

Die Ichsenausbildung der Dachkonstruktion erfolgte so, dass ein Stehfalz inmitten der Ichse errichtet wurde. Dabei handelt es sich um eine technisch unrichtige Lösung, weil dadurch der freie Wasserablauf nicht gewährleistet ist. Richtigerweise müsste der Stehfalz zwischen Dacheinfassung und Dacheindeckung errichtet werden. Ende November 2005 stellte der Viertkläger erstmals einen Wassereintritt fest, für den jedenfalls auch die nicht ordnungsgemäß ausgeführte Ichse mitverantwortlich war.

Die Kläger begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, den durch die mangelhafte Ausführung verursachten Schaden zu beheben und den sach- und ordnungsgemäßen Zustand wiederherzustellen, sowie die Feststellung, dass die Beklagte den Klägern sämtliche Schäden, die im Zusammenhang mit dem von ihr durchgeführten Dachausbau entstanden sind oder entstehen werden, zu ersetzen habe. Ferner stellten die Kläger ein Eventualbegehren auf Zahlung von „jedenfalls" 7.500 EUR an Mängelbehebungskosten. Die Beklagte als Errichterin der Dachkonstruktion sei gewährleistungs- und schadenersatzpflichtig. Die Beklagte wendet, soweit für das Revisionsverfahren noch wesentlich, ein, dass sie mit Schreiben vom 13. 10. 2005 gegenüber dem Masseverwalter im Konkurs der Bauträgergesellschaft mit ihrer festgestellten Konkursforderung gegen „allfällige mögliche" Gewährleistungs- oder Schadenersatzansprüche des Bauträgers gegenüber der Beklagten aufgerechnet habe. Eine danach erfolgte Zession an die Kläger sei unbeachtlich.

Die Dachkonstruktion sei ordnungsgemäß ausgeführt worden. Allfällige Schäden seien von der Beklagten weder verursacht noch verschuldet, sondern dem ausschreibenden Planer (Baumeister) und/oder der Zimmerei (Nebenintervenient) zuzurechnen. Gemäß Ö-Norm B7219 habe das Dach nur wasserabweisend zu sein.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren statt.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach zunächst aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Über Zulassungsbeschwerde der Beklagten änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch nachträglich dahin ab, dass es die Revision mit der Begründung für zulässig erklärte, dass keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Rechtsfrage vorliege, ob eine Vertragsbestimmung, wonach eine Ö-Norm-gerechte Ausführung geschuldet werde, die Verpflichtung umfasse, das Gewerk (hier: Dachkonstruktion) auch dann nach dem jeweiligen Stand der Technik auszuführen, wenn die einschlägigen Ö-Normen keine konkrete Ausführungsregelung enthielten.

Mit der auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Revision strebt die Beklagte eine Abänderung des Urteils des Berufungsgerichts im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung an.

Die Kläger und der Nebenintervenient beantragen, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) nicht zulässig. An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichts ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO).

Zentrales Argument in der Revision ist der Vorwurf der Beklagten, das Berufungsgericht habe die Rechtsfrage deshalb unrichtig gelöst, weil präzisierte Ausführungsbestimmungen über die Errichtung des Stehfalzes in keiner Ö-Norm enthalten seien, weshalb ihr auch keine Ö-Norm-Verletzung habe nachgewiesen werden können. Daraus folgert die Beklagte offenkundig, dass die Ichsenbildung keinen ungestörten und freien Wasserablauf gewährleisten und nicht dem Stand der Technik entsprechen müsse.

Diese Auffassung ist unzutreffend: Aus den insoweit vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts ergibt sich, dass durch die von der Beklagten gewählte Konstruktion der freie Wasserablauf nicht gewährleistet war. Es steht ferner fest, dass ein Stehfalz inmitten der Ichse eine technisch unrichtige Lösung darstellt. Die Beklagte als Sachverständige iSd § 1299 ABGB haftet für jene Kenntnisse und den Fleiß, den ihre Fachgenossen gewöhnlich haben (RIS-Justiz RS0026451; Reischauer in Rummel³ § 1299 Rz 2 mwN). Der Umstand, dass keine konkrete Ö-Norm die Stelle genau bezeichnet, wo der Stehfalz zu errichten ist, enthob die Beklagte daher nicht ihrer Verpflichtung, das Werk so auszuführen, dass der freie Wasserablauf gewährleistet ist.

Ob über die von der Beklagten zu vertretenden Mängel hinaus auch noch Planungsfehler vorlagen, ist nicht relevant, weil nach den Feststellungen jedenfalls in Bezug auf den von den Klägern beanstandeten behinderten Wasserablauf die nicht sachgerechte Dachkonstruktion der Beklagten zumindest mitverantwortlich war. Errichtet ein Werkunternehmer das Werk mangelhaft, leistet er also den vertraglich geschuldeten Erfolg nicht, so trifft ihn zufolge § 1298 ABGB die Beweislast dafür, dass ihn (und seine Gehilfen, für die er nach § 1313a ABGB einzustehen hat) kein Verschulden trifft, dass er also die gebotene Sorgfalt - nach dem Maßstab des § 1299 ABGB - eingehalten hat (RIS-Justiz RS0112247; RS0026472; RS0026221). Einen entsprechenden Beweis hat die Beklagte nicht erbracht. Auf die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 1052 ABGB - dessen Relevanz für das vorliegende Verfahren im Übrigen nicht ersichtlich ist - hat sich die Beklagte in erster Instanz nicht berufen.

Die Vorinstanzen gaben dem Hauptbegehren auf Mängelbehebung und Feststellung statt. Die Frage, ob die Beklagte gegenüber der in Konkurs befindlichen Bauträgergesellschaft eine Aufrechnung erklärte, stellt sich daher schon - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - aus diesem Grund nicht. Überdies hat die Beklagte nach ihrem eigenen erstinstanzlichen Vorbringen niemals eine spezifizierte Aufrechnungserklärung gegenüber der Bauträgerin abgegeben. Sie hat sich in diesem Zusammenhang nur auf eine Aufrechnung „gegen allfällige entstehende Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche" berufen. Ein näheres Eingehen auf die nun in der Revision behauptete Verfassungswidrigkeit des § 19 Abs 2 KO erübrigt sich daher. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war nicht zu lösen. Die Revision ist daher als unzulässig zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Die Kläger und der Nebenintervenient haben in ihren Revisionsbeantwortungen jeweils auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

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