OGH 2Ob285/08p

OGH2Ob285/08p19.2.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Siegfried E*****, vertreten durch Dr. Heinz Mildner, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. Herbert Z*****, vertreten durch Dr. Harald Burmann und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 7.651,29 EUR sA und Feststellung (Streitinteresse: 13.600 EUR), über die außerordentliche Revision und den darin enthaltenen Rekurs der klagenden Partei gegen das Teilurteil und den Aufhebungsbeschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2008, GZ 1 R 195/08y-25, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird, soweit sie sich als Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts richtet, als (absolut) unzulässig, im Übrigen jedoch gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

I.

Das Berufungsgericht entschied in teilweiser Stattgebung der Berufung des Beklagten über einen Teil des Klagebegehrens mit Teilurteil und hob das erstinstanzliche Urteil im Übrigen zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung auf. Hinsichtlich des Teilurteils sprach es aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Einen Ausspruch, dass der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss zulässig sei, enthält die angefochtene Entscheidung nicht.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den abändernden und (erkennbar auch) den aufhebenden Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung richtet sich das als außerordentliche Revision bezeichnete Rechtsmittel des Klägers, das, soweit der Aufhebungsbeschluss bekämpft wird, als Rekurs zu behandeln ist. Der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss ist jedoch mangels Zulässigkeitsausspruchs des Berufungsgerichts gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO absolut unzulässig. Auch ein „außerordentlicher Rekurs" kann in einem solchen Fall nicht erhoben werden (2 Ob 81/07m mwN).

II.

1. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Der Oberste Gerichtshof hat in der vom Kläger in seinem Rechtsmittel mehrfach zitierten Entscheidung 4 Ob 78/08m, in der unter anderem ein Schmerzengeldanspruch nach ärztlicher Fehlbehandlung anlässlich einer Entbindung zu beurteilen war, die Auseinandersetzung mit der in der Rechtsprechung noch ungelösten Frage, ob die Anrechnung „ersparter Schmerzen" unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung möglich ist (vgl 10 Ob 209/02m; 5 Ob 242/03d; 6 Ob 54/04s) als entbehrlich angesehen. Er erachtete hiefür als wesentlich, dass die Entbindung in jedem Fall stattfinden hätte müssen und die damalige Klägerin bei rechtmäßigem Alternativverhalten des Arztes, nämlich der medizinisch indizierten Entbindung mit Kaiserschnitt, die gleichen körperlichen Schmerzen wie bei der konkreten Entbindung erlitten hätte. Der Arzt hätte nur für ein „Mehr an Schmerzen" einzustehen (idS auch Reischauer in Rummel, ABGB³ II/2a § 1312 Rz 19a).

3. Im vorliegenden Fall war nach den Feststellungen der Vorinstanzen die Behandlung des „beherdeten" Zahnes „unbedingt erforderlich". Auch hier hätte der Zahn also auf jeden Fall behandelt werden müssen. Die mit der Extraktion des Zahnes eingeleitete Sanierungsmethode stellte ferner keine Fehlbehandlung dar. Der Kläger hätte allerdings, wäre er vom Beklagten entsprechend belehrt worden, trotz einer Erfolgswahrscheinlichkeit von (nur) 50 % die Alternative einer Wurzelbehandlung gewählt.

Bei dieser Sachlage begründet es gerade im Lichte der zitierten Entscheidung keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht bei der Bemessung des Schmerzengelds nach Gegenüberstellung der konkreten und der fiktiven Behandlungs- und Folgeschmerzen nur das „Mehr an Schmerzen" berücksichtigt hat. Nur in diesem Ausmaß war die Unterlassung der gebotenen Aufklärung für den Schadenserfolg kausal (vgl RIS-Justiz RS0022913).

4. Die Höhe des angemessenen Schmerzengelds ist eine Frage des Einzelfalls und begründet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0042887). Eine eklatante Fehlbemessung, die aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fallen würde (RIS-Justiz RS0031075), ist dem Berufungsgericht nicht unterlaufen.

Stichworte