OGH 10ObS133/08v

OGH10ObS133/08v22.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Michael Maschl LL.M. und Dr. Christoph Kainz (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Sabine R*****, vertreten durch Dr. Helmut Holzer und andere Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien, vertreten durch Bachmann & Bachmann, Rechtsanwälte in Wien, wegen Rückforderung von Kinderbetreuungsgeld (Streitwert 2.484,63 EUR), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 2. Juli 2008, GZ 8 Rs 39/08 d-10, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. Jänner 2008, GZ 43 Cgs 232/07s-6, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Oberste Gerichtshof stellt gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 Abs 1 B-VG) an den Verfassungsgerichtshof den Antrag,

1. § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) als verfassungswidrig aufzuheben und

2. auszusprechen, dass

  1. a) § 2 Abs 1 Z 3 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) und
  2. b) § 8 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103; in eventu § 8 Abs 1 KBGG in der Stammfassung (BGBl I 2001/103)

    verfassungswidrig waren.

    Mit der Fortführung des Revisionsverfahrens wird gemäß § 62 Abs 3 VfGG bis zur Zustellung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs innegehalten.

Text

Begründung

Der Klägerin wurde von der beklagten Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft anlässlich der Geburt ihres Sohnes Timo Bernd R***** am 20. 4. 2003 für den Zeitraum von 14. 7. 2003 bis 31. 12. 2003 Kinderbetreuungsgeld in der Höhe von 2.484,63 EUR (171 Tage à 14,53 EUR) zuerkannt und ausbezahlt.

Die Klägerin ist Komplementärin der M***** KG und erzielte im Jahr 2003 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.350,06 EUR, weiters Mieteinnahmen von 2.354,60 EUR. Die beklagte Partei hat der Klägerin für das Jahr 2003 Sozialversicherungsbeiträge von 10.482,01 EUR vorgeschrieben.

Mit Bescheid vom 1. 10. 2007 widerrief die beklagte Partei die Zuerkennung des Kinderbetreuungsgeldes für den Zeitraum vom 14. 7. 2003 bis 31. 12. 2003 mit der Begründung, dass der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte im Jahr 2003 21.186,67 EUR betragen und damit den Grenzbetrag von 14.600 EUR überschritten habe. Die Klägerin wurde zum Rückersatz der für den genannten Zeitraum empfangenen Leistung in der Höhe von 2.484,63 EUR binnen vier Wochen verpflichtet.

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin rechtzeitig Klage mit dem (sinngemäßen) Begehren auf Abstandnahme von der Rückforderung, weil der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte für das Jahr 2003 unrichtig ermittelt worden sei. Insbesondere seien nicht die im Jahr 2003 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge als einkommenserhöhend zu berücksichtigen, sondern lediglich jene, die den im Jahr 2003 tatsächlich erzielten Einkünften entsprächen. Überdies seien nur die während des Anspruchszeitraums im Jahr 2003 angefallenen Einkünfte maßgeblich; diese seien auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Die Klägerin habe nach der Geburt ihres Sohnes keine Arbeitsleistungen mehr erbringen können.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, dass bei der Ermittlung des maßgebenden Gesamteinkommens der Klägerin im Jahr 2003 den Einkünften aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.350,06 EUR die Mieteinkünfte (2.354,60 EUR) und die für 2003 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge (10.482,01 EUR) hinzuzurechnen seien.

Das Erstgericht stellte fest, dass die Klägerin das Kinderbetreuungsgeld im Zeitraum vom 14. 7. 2003 bis 31. 12. 2003 zu Recht bezogen habe und ein Rückforderungsanspruch der beklagten Partei nicht bestehe. Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 KBGG seien die Einkünfte von Selbstständigen aus Betätigungen, die Grundlage für Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung darstellten, um die darauf entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu erhöhen. Es komme auf das Bruttoeinkommen im Anspruchszeitraum an. Die Einkünfte in Höhe von 8.350,06 EUR seien daher nur um jene Beiträge zu erhöhen, die sich bei Berücksichtigung eines Einkommens von 8.350,06 EUR tatsächlich ergeben, somit um 1.931,07 EUR (15 % Pensionsbeitrag von der heranzuziehenden Mindestbeitragsgrundlage von 12.873,84 EUR), 743,15 EUR (8,9 % Krankenversicherungsbeitrag von 8.350,06 EUR) sowie 81,37 EUR (Unfallversicherungsbeitrag). Bei Berücksichtigung der Mieteinnahmen für das Jahr 2003 von 2.354,68 EUR ergebe sich ein maßgebliches Gesamteinkommen von 13.460,33 EUR, sodass der Grenzbetrag von 14.600 EUR nicht überschritten werde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Ersturteil auf und verwies die Sozialrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Die in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG geregelte Zuverdienstgrenze stelle auf den „maßgeblichen Gesamtbetrag der Einkünfte" ab. Dabei werde grundsätzlich von den steuerpflichtigen Einkünften gemäß dem EStG 1988 ausgegangen. Grundsätzlich solle eine Art Bruttoeinkommen zugrunde gelegt werden. Bei Einkünften aus unselbstständiger Arbeit werde diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass die während des Anspruchszeitraums bezogenen Einkünfte um 30 % erhöht würden. Dabei würden die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung mit einem pauschalen Ansatz von 15 % sowie die Sonderzahlungen des 13. und 14. Monatsbezugs bzw die pauschale Hinzurechnung von Sonderausgaben, steuerfreien Einkünften und ähnlichem ebenfalls mit einem pauschalen Zuschlag von 15 % berücksichtigt. Auch bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit habe eine Bereinigung der Einkünfte um abgezogene Pflichtbeiträge zu erfolgen. Bei der Ermittlung der Höhe der Beiträge im Bereich der gewerblichen Kranken- und Pensionsversicherung sei zwischen der „vorläufigen" und der „endgültigen" Beitragsgrundlage zu unterscheiden. Im Sinne der seit 1. 1. 1998 geltenden „ständigen Nachbemessung" sei die vorläufige Beitragsgrundlage für das Jahr 2003 auf der Grundlage des Einkommensteuerbescheids für das Jahr 2000 zu ermitteln. In der Folge werde die vorläufige Beitragsgrundlage durch die endgültige ersetzt. Komme es zu einer Nachforderung, so würden die nachzuzahlenden Beiträge nicht sofort in voller Höhe nachgefordert, sondern über vier Beitragsvorschreibungen geviertelt. Somit würden sich die der Klägerin im Jahr 2003 vorgeschriebenen Beiträge zur Sozialversicherung nicht auf ihr Einkommen im Jahr 2003 beziehen. Um die „maßgeblichen Bruttoeinkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit" der Klägerin für das Jahr 2003 zu ermitteln, sei es erforderlich, die ihr im Jahr 2003 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge den steuerpflichtigen Einkünften für dieses Jahr hinzuzurechnen.

Im vorliegenden Fall stünden die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2003 in Höhe von 8.350,06 EUR außer Streit. Maßgeblich und im fortgesetzten Verfahren erörterungsbedürftig sei jedoch die Frage, ob es sich bei diesem Betrag um die steuerpflichtigen Einkünfte, die gemäß § 4 Abs 4 Z 1 lit a EStG bereits um die im Jahr 2003 vorgeschriebenen Beiträge zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung reduziert worden seien, oder um „Einkünfte vor Abzug der Betriebsausgaben" handle. Dazu seien entsprechend präzise Feststellungen erforderlich. Sollten die Einkünfte von 8.350,06 EUR „bereits die steuerpflichtigen Einkünfte darstellen", müssten diesem Betrag die von den Gesamteinkünften der Klägerin im Jahr 2003 bereits abgezogenen vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 10.482,01 EUR auch wieder hinzugerechnet werden. In diesem Fall komme es zu einer Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Jahr 2003. Sollten jedoch von dem genannten Einkunftsbetrag die vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge noch nicht abgezogen sein, wäre eine Hinzurechnung weiterer Sozialversicherungsbeiträge nicht zulässig, sodass die Klägerin die Zuverdienstgrenze nicht überschritten hätte. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren eine Überschreitung der Zuverdienstgrenze nach den aufgezeigten Grundsätzen ergeben, werde zu prüfen sein, ob die Klägerin im Anspruchszeitraum tatsächlich keine bzw keine maßgeblichen Einkünfte erzielt habe. Bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit ist es zwar grundsätzlich gerechtfertigt, die Einkünfte des gesamten Jahres anzusetzen. Im Sinne einer Gleichbehandlung mit den Beziehern von Lohneinkünften solle es auch den selbstständig Tätigen ermöglicht werden, eine zeitliche Zuordnung der auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte zu treffen. Voraussetzung dafür sei ein konkreter „Zuordnungsnachweis". Im Bereich der betrieblichen Einkünfte werde vom Vorliegen eines solchen Nachweises dann ausgegangen werden können, wenn ein rechnerischer Zwischenabschluss („Rumpfwirtschaftsjahr") erstellt werde. In diesem Fall würden dann die auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte gleich den nicht selbstständigen Einkünften auf einen Jahresbetrag hochzurechnen sein. Im Falle der Überschreitung der Zuverdienstgrenze im Jahr 2003 sei daher mit den Parteien die Frage zu erörtern, ob ein rechnerischer Zwischenabschluss erstellt worden sei. Gegebenenfalls wäre ein solcher vorzulegen und daraus entsprechende Feststellungen zu treffen. Die Beiziehung eines Sachverständigen erscheine nicht indiziert.

Zur Klärung der aufgezeigten Fragen sei daher die angefochtene Entscheidung aufzuheben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, da keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage bekannt sei, in welchem Ausmaß Sozialversicherungsbeiträge bei Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zu berücksichtigen sind bzw welche formellen Voraussetzungen (Zwischenabschluss) für eine allfällige Trennung der Einkünfte eines Jahres vorliegen müssten. Der Beantwortung dieser Fragen sei jedenfalls über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung beizumessen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Entscheidung in der Sache im klagsstattgebenden Sinn.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Rekursbeantwortung die Entscheidung in der Sache im klagsabweisenden Sinn.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil die im Folgenden dargestellten Bedenken gegen die Verfassungskonformität der präjudiziellen Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 und der §§ 8 und 31 Abs 2 zweiter SatzKBGG in der hier anzuwendenden Fassung ein Normenprüfungsverfahren angezeigt erscheinen lassen.

Die Rekurswerberin macht im Wesentlichen geltend, dass nach der Textierung des § 8 Abs 1 Z 2 2. Satz KBGG die Einkünfte eines bestimmten Jahres (hier: im Jahr 2003 8.350,06 EUR + Mieteinnahmen von 2.354,68 EUR) nur um jene Beiträge zur Sozialversicherung zu erhöhen seien, die aufgrund der tatsächlichen Einkünfte im Anspruchsjahr anfallen (hier: 2.755,59 EUR), und nicht um jene, die im Anspruchsjahr vorgeschrieben wurden, sodass im Jahr 2003 von einem relevanten Gesamtbetrag von 13.460,33 EUR auszugehen sei, der unter dem Grenzbetrag der Einkünfte von 14.600 EUR liege, weshalb die Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes nicht gerechtfertigt sei. Demgegenüber steht die beklagte Partei in ihrer Rekursbeantwortung auf dem Standpunkt, dass der ermittelte Jahresgewinn um die in diesem Kalenderjahr vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge zu erhöhen sei, um die Betriebsausgabe „Sozialversicherungsbeiträge" zu kompensieren und rechnerisch den Zustand vor der steuerlichen Absetzung der Beiträge wiederherzustellen, damit für alle Kinderbetreuungsgeld-BezieherInnen unabhängig von der jeweiligen Einkommensart gleich hohe Zuverdienstmöglichkeiten bestünden.

Der Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Zum Anspruch der Klägerin auf Kinderbetreuungsgeld:

Mit dem Inkrafttreten des Kinderbetreuungsgeldgesetzes (KBGG), BGBl I 2001/103, wurde das Karenzgeld, eine an eine frühere Erwerbstätigkeit anknüpfende Versicherungsleistung, von der Familienleistung Kinderbetreuungsgeld abgelöst. Nach den Gesetzesmaterialien der Stammfassung des KBGG (RV 620 BlgNR XXI. GP 54) soll mit dem Kinderbetreuungsgeld auch eine im Vergleich zu bisher größere Wahlfreiheit in der Lebensgestaltung im Interesse einer besseren Vereinbarkeit der Lebensbereiche Familie und Beruf erreicht werden. Dies wird durch eine gegenüber der derzeitigen Rechtslage beim Karenzgeld (Geringfügigkeitsgrenze) wesentlich erhöhte Zuverdienstgrenze von 14.600 EUR jährlich für den das Kinderbetreuungsgeld beziehenden Elternteil angestrebt. Dadurch soll es ermöglicht werden, während der intensiven Betreuungsphase durch Aufrechterhalten des Kontakts mit dem Arbeitgeber oder etwa in Form zeitlich reduzierter Beschäftigung den (gleitenden) beruflichen Wiedereinstieg bzw Ersteinstieg besser zu bewältigen bzw weiterhin erwerbstätig zu bleiben.

§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG in der hier anzuwendenden Stammfassung (BGBl I 2001/103 - im Folgenden: Stammfassung) hat samt Überschrift folgenden Wortlaut:

„Anspruchsberechtigung

§ 2. (1) Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hat ein Elternteil (Adoptivelternteil, Pflegeelternteil) für sein Kind (Adoptivkind, Pflegekind), sofern

  1. 1. ...
  2. 2. ...
  3. 3. der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 KBGG) des Elternteils im Kalenderjahr den Grenzbetrag von 14 600 EUR nicht übersteigt."

    Nach den Gesetzesmaterialien (RV 620 BlgNR XXI. GP 58) wurde, wie bereits erwähnt, zur Erhöhung der Wahlfreiheit die Zuverdienstgrenze gegenüber der Rechtslage beim Karenzgeld deutlich angehoben. Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld wird nun davon abhängig gemacht, dass der nach den Z 1 und 2 anspruchsberechtigte Elternteil mit seinem - nach den Bestimmungen des § 8 KBGG zu ermittelnden - Gesamtbetrag der Einkünfte die Einkommensgrenze von 14.600 EUR jährlich nicht übersteigt („Zuverdienstgrenze"). Wie bei der grundsätzlich vergleichbaren Regelung im Bereich der Anspruchsvoraussetzungen auf das Karenzgeld (§ 2 Abs 2 KGG) ist dabei auf das individuelle Einkommen des Anspruchsberechtigten abzustellen.

    § 8 KBGG in der hier anzuwendenden Stammfassung (BGBl I 2001/103) hat samt Überschrift folgenden Wortlaut:

    „Gesamtbetrag der Einkünfte

§ 8. (1) Der maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) ist wie folgt zu ermitteln:

1. Soweit im Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß § 2 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 (EStG 1988), BGBl. Nr. 400, solche aus nichtselbständiger Arbeit (§ 25 EStG 1988) enthalten sind, ist von jenen Einkünften auszugehen, die während der Kalendermonate mit Anspruch auf Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes (Anspruchszeitraum) zugeflossen sind. Sonstige Bezüge im Sinne des § 67 EStG 1988 bleiben außer Ansatz. Der danach ermittelte Betrag ist um 30 % zu erhöhen und sodann auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Besteht der Anspruch auf die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für mehr als die Hälfte des Kalendermonates, zählt dieser Kalendermonat zur Gänze zum Anspruchszeitraum, andernfalls ist dieser Kalendermonat nicht in den Anspruchszeitraum einzubeziehen. Das Arbeitslosengeld und die Notstandshilfe gelten als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, abweichend vom vorletzten Satz ist der ermittelte Betrag um 15 % zu erhöhen.

2. Andere Einkünfte (§§ 21 bis 23 sowie §§ 27 bis 29 EStG 1988) einschließlich jener, die der Steuerabgeltung nach § 97 EStG 1988 unterliegen, sind mit jenem Betrag zu berücksichtigen, der in die Ermittlung des Einkommens für das betreffende Kalenderjahr eingeht. Einkünfte aus Betätigungen, die Grundlage für Pflichtbeiträge in der gesetzlichen Sozialversicherung darstellen, sind um die darauf entfallenden vorgeschriebenen Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu erhöhen. Wird eine Betätigung vor Beginn des Anspruchszeitraumes (Z 1) beendet oder nach Ablauf des Anspruchszeitraumes begonnen, bleiben die aus einer solchen Betätigung bezogenen Einkünfte außer Ansatz. Wird nachgewiesen, in welchem Ausmaß Einkünfte vor Beginn oder nach Ende des Anspruchszeitraumes angefallen sind, sind nur jene Einkünfte zu berücksichtigen, die während des Anspruchszeitraumes angefallen sind. Im Falle eines derartigen Nachweises sind die während des Anspruchszeitraumes angefallenen Einkünfte auf einen Jahresbetrag umzurechnen. Z 1 vorletzter Satz ist anzuwenden.

(2) Wird auf den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld verzichtet (§ 2 Abs 7), so bleiben die während der Dauer des Verzichtes erzielten Einkünfte bei der Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrages der Einkünfte gemäß Abs 1 außer Ansatz."

Nach den Gesetzesmaterialien zu der hier maßgebenden Bestimmung des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG (RV 620 BlgNR XXI. GP 62) ist bei „anderen Einkünften" eine zeitliche Zuordnung vielfach nicht möglich (etwa bei der Absetzung für Abnutzung oder bei Rückstellungen). Überdies sind Gestaltungen, wie sie für den Bereich der Lohneinkünfte typisch sind (Herabsetzung der Arbeitszeit, Wechsel in ein anderes Dienstverhältnis), kaum gegeben. Es ist daher gerechtfertigt, grundsätzlich die Einkünfte des gesamten Jahres anzusetzen. Auch in diesem Bereich erfolgt eine Bereinigung der Einkünfte um abgezogene Pflichtbeiträge. Im Sinne einer Gleichbehandlung mit den Beziehern von Lohneinkünften soll es auch den selbstständig Tätigen ermöglicht werden, eine zeitliche Zuordnung der auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte zu treffen. Voraussetzung dafür ist ein konkreter „Zuordnungsnachweis". Im Bereich der betrieblichen Einkünfte wird vom Vorliegen eines solchen Nachweises dann ausgegangen werden können, wenn ein rechnerischer Zwischenabschluss („Rumpfwirtschaftsjahr") erstellt wird. In weiterer Folge werden die auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte gleich den nichtselbstständigen Einkünften auf einen Jahresbetrag hochgerechnet. Abhängig davon, ob in Bezug auf die Hinzurechnung der Sozialversicherungsbeiträge dem Rechtsstandpunkt der Klägerin oder dem der beklagten Partei gefolgt wird, wurde im Kalenderjahr 2003 der nach § 2 Abs 1 Z 3 KBGG maßgebliche Gesamtbetrag der Einkünfte nicht überschritten oder überschritten.

2. Zur Rückforderung des Kinderbetreuungsgeldes gemäß § 31 Abs 2

KBGG:

Nach § 31 Abs 1 KBGG ist der Leistungsbezieher bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung besteht nach § 31 Abs 2 erster Satz KBGG auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht oder die zur Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 8 KBGG) verweigert wird. Darüber hinaus ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz nach § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat. § 31 Abs 4 KBGG sieht unter anderem vor, dass der Krankenversicherungsträger bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände (Härtefälle), insbesondere in Berücksichtigung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Empfängers,

1. die Erstattung des zu Unrecht bezahlten Betrags in Teilbeträgen (Ratenzahlungen) zulassen,

  1. 2. die Rückforderung stunden,
  2. 3. auf die Rückforderung verzichten kann.

    Der Bundesminister für Soziale Sicherheit und Generationen wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Kriterien für Härtefälle sowie Art und Weise der Rückforderung festzulegen.

    Nach § 1 der KBGG-Härtefall-Verordnung (BGBl II 2001/405) gelten in Bezug auf die Einkommensgrenze als Härtefälle:

    a) Fälle einer geringfügigen, unvorhersehbaren Überschreitung der Zuverdienstgrenze. Eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung liegt nur dann vor, wenn die Grenzbeträge gemäß den §§ 2 Abs 1 Z 3 und 9 Abs 3 KBGG um nicht mehr als 10 % überstiegen werden. In solchen Fällen ist auf die Rückforderung zu verzichten.

    b) Fälle, in denen die Voraussetzungen für eine Rückforderung dem Grunde nach erfüllt sind, jedoch aufgrund der individuellen Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse des/der Verpflichteten eine Rückforderung ganz oder teilweise als unbillig erscheint.

    Seit der Änderung der KBGG-Härtefall-Verordnung durch die Verordnung des Bundesministers für Soziale Sicherheit und Generationen, ausgegeben am 26. 2. 2004 (BGBl II 2004/91), gilt eine geringfügige, unvorhersehbare Überschreitung der im § 2 Abs 1 Z 3 KBGG und § 9 Abs 3 KBGG vorgesehenen Zuverdienstgrenzen um nicht mehr als 15 % als Härtefall, bei dem von einer Rückforderung der ausbezahlten Leistungen abzusehen ist.

    Die Klägerin ist aufgrund der dargelegten Gesetzeslage gemäß § 31 Abs 2 KBGG dann zum Ersatz des Kinderbetreuungsgeldes aufgrund des Überschreitens des Grenzbetrags (§ 2 Abs 1 Z 3 KBGG) durch den maßgeblichen Gesamtbetrag ihrer Einkünfte (§ 8 KBGG) verpflichtet, wenn die von ihr im Jahr 2003 erzielten Einkünfte um die im Jahr 2003 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge zu erhöhen sind (und nicht bloß um die auf die Einkünfte im Jahr 2003 entfallenden). Ein gutgläubiger Verbrauch des Kinderbetreuungsgeldes durch die Klägerin kommt im Hinblick auf die objektive Rückzahlungsverpflichtung des § 31 Abs 2 KBGG nicht in Betracht (vgl RIS-Justiz RS0114485 ua; VwGH 23. 9. 2005, Zl 2005/15/0080 mwN zu § 26 Abs 1 FLAG).

    Die Rückzahlungsverpflichtung ist auch nicht verfristet: Nach § 31 Abs 7 KBGG ist eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen einschließlich der Aberkennung des Anspruchs auf Kinderbetreuungsgeld oder eine Verfügung der Nachzahlung unzulässig, die länger als fünf Jahre, gerechnet ab der Kenntnis des maßgeblichen Sachverhalts durch den Krankenversicherungsträger, zurückliegen. Da das Kind der Klägerin im April 2003 geboren ist und der Bescheid der beklagten Partei am 1. 10. 2007 erlassen wurde, kann eine Verfristung nach dieser Gesetzesstelle nicht eingetreten sein.

    3. Zur Präjudizialität:

    Der Oberste Gerichtshof hat bei der Entscheidung über das Rechtsmittel der Klägerin, wie bereits dargelegt, unter anderem die Bestimmungen des § 2 Abs 1 Z 3 KBGG, des § 8 Abs 1 Z 2 KBGG und des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG jeweils in der Stammfassung (BGBl I 2001/103) anzuwenden.

    4. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken:

    Auszugehen ist davon, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein Gesetz dann nicht dem Gleichheitssatz entspricht, wenn die in Betracht kommende Regelung sachlich nicht gerechtfertigt ist. Der Gleichheitsgrundsatz verpflichtet den Gesetzgeber, an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen und wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich durch entsprechende rechtliche Regelungen zu berücksichtigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ist mit dem Gleichheitssatz auch vereinbar, wenn der Gesetzgeber von einer Durchschnittsbetrachtung ausgeht und dabei auch eine pauschalierende Regelung trifft, insbesondere wenn dies der Verwaltungsökonomie dient. Solche Regelungen dürfen lediglich, wenn sie im Interesse der Verwaltungsökonomie getroffen werden, nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens widersprechen; die gewählten Maßstäbe müssen den wirtschaftlichen Erfahrungen entsprechen. Es wird ein solches Gesetz nicht schon deshalb gleichheitswidrig, weil dabei Härtefälle entstehen (B 623/03 ua = VfSlg 17.315 mwN uva). Der Gesetzgeber kann daher in Grenzen „einfache und leicht handhabbare Regelungen" schaffen; der Eintritt einer Rechtsfolge darf aber nicht von „Zufälligkeiten" (insbesondere auch nicht von „manipulativen Umständen") abhängen. Der Gesetzgeber darf auch ein von ihm selbst geschaffenes Ordnungssystem (zB das des Einkommensteuerrechts) verlassen, indem er einzelne Tatbestände auf eine nicht systemkonforme Art regelt (zB unterschiedliche Besteuerung verschiedener Einkunftsarten oder Vermögensteile). Dies muss nur sachlich begründet sein und damit in sich dem Gleichheitsgrundsatz entsprechen. Die zentrale Bedeutung der „sachlichen Rechtfertigung" bei der Gleichheitsprüfung hat dazu geführt, dass der Gleichheitssatz heute auch als umfassendes Sachlichkeitsgebot verstanden wird. Dabei wird die Gleichheitsprüfung vom Vergleich zwischen verschiedenen Sachverhalten völlig losgelöst und ausschließlich an der Überlegung orientiert, ob für eine bestimmte Norm „sachliche Gründe" sprechen. In der Praxis spielt auch die „Unverhältnismäßigkeit" einer Regelung eine Rolle (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts10 Rz 1359 f mwN). Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs vom antragstellenden Gericht im konkreten Normenkontrollverfahren jegliche Verfassungswidrigkeit geltend gemacht werden kann und es daher keine Rolle spielt, ob sich die behauptete Verfassungswidrigkeit im Anlassverfahren auswirkt. Auch die Prüfung der angefochtenen Norm durch den Verfassungsgerichtshof selbst erfolgt stets losgelöst von den Aspekten des Einzelfalls (VfSlg 14.231, 13.015, 11.506 ua). Gegen die Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3, 8 und 31 Abs 2 zweiter SatzKBGG in der im vorliegenden Fall jeweils anzuwendenden Fassung bestehen nach Ansicht des antragstellenden Gerichts folgende verfassungsrechtliche Bedenken:

    a) Gegen die Anknüpfung der Zuverdienstgrenze bzw Freigrenze für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes bzw des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld an das steuerliche Einkommen (§ 8 Abs 1 Z 2 KBGG) bestehen insofern Bedenken, als das steuerliche Einkommen einzelner Einkunftsarten leicht von einem Jahr in ein anderes Jahr verschoben werden kann, also nicht dem tatsächlich erwirtschafteten Einkommen entsprechen muss (vgl Doralt, Kindergeld: Zuverdienstgrenze verfassungswidrig? RdW 2007/328, 308). Gegen die in § 8 Abs 1 Z 2 KBGG auch für Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit - ebenso wie in § 8 Abs 1 Z 1 KBGG für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit - vorgesehene Hochrechnung der auf den Anspruchszeitraum entfallenden Einkünfte auf einen Jahresbetrag bestehen insofern Bedenken, als es sich dabei oftmals um Zufallsergebnisse handeln wird, die für die Betroffenen nicht vorhersehbar sind und die insbesondere bei starken Einkommensschwankungen die beim Anspruchsberechtigten bzw dessen Partner tatsächlich bestehenden Einkommensverhältnisse nicht richtig wiedergeben.

    b) Weiters bestehen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die hier maßgebende Gesetzeslage auch insofern, als nach der im vorliegenden Fall maßgebenden Rechtslage bei Überschreiten der Zuverdienstgrenze das gesamte, im betreffenden Kalenderjahr gebührende Kinderbetreuungsgeld zurückzuzahlen ist, sofern nicht ein Härtefall vorliegt. Die in der Bestimmung des § 8a KBGG in der Fassung BGBl I 2007/76 nunmehr vorgesehene Einschleifregelung ist, wie bereits dargelegt wurde, nur auf Bezugszeiträume nach dem Jahr 2007 anzuwenden und findet daher im vorliegenden Fall keine Anwendung.

    c) Nach der nicht angreifbaren Bestimmung des § 31 Abs 1 KBGG besteht eine Verpflichtung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen, wenn der Leistungsbezieher den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Nach § 31 Abs 2 erster Satz KBGG in der Fassung BGBl I 2003/122 besteht die Verpflichtung zum Ersatz der empfangenen Leistung auch dann, wenn rückwirkend eine Tatsache festgestellt wurde, bei deren Vorliegen kein Anspruch besteht oder die zur Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte (§ 8 KBGG) erforderliche Mitwirkung trotz Aufforderung innerhalb angemessener Frist verweigert wird. Darüber hinaus ist der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz gemäß § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG in der Stammfassung auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden aufgrund des von der Abgabenbehörde an die Niederösterreichische Gebietskrankenkasse übermittelten Gesamtbetrags der Einkünfte ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührt hat.

    Den Empfänger des Kinderbetreuungsgeldes trifft somit nach dieser Bestimmung schlechthin das Risiko, dass er die Leistung zur Gänze zu Unrecht empfangen hat, weil seine (fiktiven) Einkünfte die Zuverdienstgrenze überschreiten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des erkennenden Senats gehen nun dahin, ob das mit dem erklärten Zweck der teilweisen Abgeltung der Betreuungsleistung und der mit einer außerhäuslichen Betreuung von Kindern verbundenen finanziellen Belastung der Eltern gewährte Kinderbetreuungsgeld ohne jede weitere Voraussetzung, insbesondere auch ohne jedes Verschulden des Leistungsempfängers, auch nach Verbrauch des Geldes noch zur Gänze zurückverlangt werden darf, wenn das Überschreiten der Zuverdienstgrenze im Jahreseinkommen im Zeitpunkt des Empfangs (Verbrauchs) der Leistung noch nicht voraussehbar, sondern erst nachträglich erkennbar war oder überhaupt erst durch nachfolgende Ereignisse ausgelöst wurde (vgl VfSlg 14.095 betreffend die Verpflichtung zur Rückzahlung von Arbeitslosengeld bzw Notstandshilfe zur Gänze infolge Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze des Einkommens eines selbstständig Erwerbstätigen ohne Vorhersehbarkeit der Ungebührlichkeit der Leistung wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz). Durch die KBGG-Härtefall-Verordnung (BGBl II 2001/405 idgF) wird eine mögliche Verletzung des aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz abzuleitenden Sachlichkeitsgebots zwar für bestimmte Fälle (Härtefälle) ausgeschlossen, aber nicht grundsätzlich behoben.

    5. Zum Umfang der Anfechtung:

    Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs müssen die Grenzen der Anfechtung sowie dann der Aufhebung in einem auf Antrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren so gezogen werden, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle in untrennbarem Zusammenhang stehenden Bestimmungen auch erfasst werden (VfSlg 14.890 mwN). Dass gesetzliche Bestimmungen durch die Aufhebung anderer Bestimmungen unanwendbar werden, führt für sich allein noch nicht dazu, dass diese Bestimmungen miteinander in untrennbarem Zusammenhang stehen (VfSlg 16.948 mwN). Die im Hinblick auf den Anfechtungsumfang gebotene Abwägung obliegt in einem auf Antrag eingeleiteten Gesetzesprüfungsverfahren zunächst dem Antragsteller (VfSlg 13.772 mwN).

    Der antragstellende Senat geht im Sinne dieser Grundsätze davon aus, dass die Regelungen des § 8 KBGG betreffend die Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte eine sachlich untrennbare Einheit bilden, sodass sie nur gemeinsam angefochten werden können. § 8 Abs 1 Z 1 KBGG regelt die Berechnungsweise für Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit; § 8 Abs 1 Z 2 KBGG jene für „andere Einkünfte", wobei auch in dieser Regelung inhaltlich ausdrücklich auf die Definition des „Anspruchszeitraums" und die Berechnungsweise in § 8 Abs 1 Z 1 KBGG Bezug genommen wird. Auch § 8 Abs 2 KBGG nimmt ausdrücklich Bezug auf die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle. Diese Bestimmung enthält eine Regelung betreffend die Ermittlung des maßgeblichen Gesamtbetrags der Einkünfte bei Verzicht auf den Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld bzw Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld (in der Fassung BGBl I 2003/122) und steht damit ebenfalls in einem untrennbaren Zusammenhang mit der Regelung des § 8 Abs 1 KBGG. Es ist daher nach Ansicht des antragstellenden Senats nicht möglich, einzelne - allenfalls nicht aktuell wirksame - Teile aus der Gesamtregelung des § 8 KBGG herauszulösen. Für den Fall, dass jedoch das Vorliegen eines sachlich untrennbaren Zusammenhangs zwischen der Regelung des § 8 Abs 1 KBGG und jener des § 8 Abs 2 KBGG verneint wird, wird eventualiter die Feststellung begehrt, dass § 8 Abs 1 KBGG in der Stammfassung verfassungswidrig war. Weiters bestehen im konkreten Anlassfall aus den dargelegten Gründen auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelung der Anspruchsberechtigung in § 2 Abs 1 Z 3 KBGG sowie der Rückforderungsbestimmung des § 31 Abs 2 zweiter Satz KBGG jeweils in der Stammfassung.

    Der Oberste Gerichtshof sieht sich daher veranlasst, im Hinblick auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes und einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht einen entsprechenden Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen. Da die Bestimmungen der §§ 2 Abs 1 Z 3 und 8 KBGG in der hier jeweils anzuwendenden Fassung nicht mehr in Kraft sind, war im Sinne des Art 89 Abs 3 B-VG insoweit die Entscheidung zu begehren, dass diese Rechtsvorschriften verfassungswidrig waren.

    Die Anordnung der Innehaltung des Verfahrens beruht auf der im Spruch zitierten Gesetzesstelle.

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