OGH 8Ob155/08i

OGH8Ob155/08i16.12.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Spenling und Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätinnen Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfgang T*****, vertreten durch Sauerzopf & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Renate K*****, und 2. Renate K*****, beide vertreten durch Dr. Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, sowie den Nebenintervenienten Mag. Hans Joachim K*****, vertreten durch Dr. Manfred Steininger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Streit- und Revisionsinteresse 22.000 EUR), über die außerordentliche Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. September 2008, GZ 13 R 188/07y-100, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht verneinte den in der Berufung des Klägers gerügten erstinstanzlichen Verfahrensmangel, den der Kläger darin erblickte, dass das Erstgericht, obwohl es dem im Verfahren erstatteten neurologischen Sachverständigengutachten, das von mangelnder Testierfähigkeit des Erblassers ausging, nicht folgte, kein weiteres Sachverständigengutachten einholte, mit ausführlicher Begründung. Die Geltendmachung eines vom Berufungsgericht verneinten (angeblichen) Mangels des Verfahrens erster Instanz ist aber nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht zulässig (RIS-Justiz RS0042963; RS0106371). Ob ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden soll, ist eine Frage der Beweiswürdigung und daher nicht revisibel (RIS-Justiz RS0043320). Es ist den Tatsacheninstanzen nicht verwehrt, in freier Beweiswürdigung auch einem Sachverständigengutachten keinen Glauben zu schenken und von der Einholung eines weiteren Gutachtens Abstand zu nehmen, wenn die eigenen Fachkenntnisse oder schon die allgemeine Lebenserfahrung zur Beurteilung ausreichen (RIS-Justiz RS0043391; 10 ObS 171/93). Machen die Vorinstanzen - wie hier - von dieser Möglichkeit Gebrauch, handelt es sich um einen Akt der freien Beweiswürdigung, der der Überprüfung durch das Revisionsgericht, das nicht Tatsacheninstanz ist, entzogen ist. Ein Eingehen darauf, ob im konkreten Fall die Fachkenntnisse bzw die allgemeine Lebenserfahrung der Vorinstanzen zur Beurteilung der entscheidungswesentlichen Frage ausreichten, erübrigt sich daher. Im Übrigen hat der Sachverständige nicht über die Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0012408) der Testierfähigkeit abzusprechen (RIS-Justiz RS0012400; 6 Ob 317/01p).

Die Lösung der Frage, inwieweit ein festgestellter Geisteszustand Testierunfähigkeit begründet, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - die Zulässigkeit der Revision nicht rechtfertigen kann (9 Ob 124/04g; RIS-Justiz RS0012408 [T2]). Eine solche Fehlbeurteilung ist nicht ersichtlich. Es steht fest, dass der Erblasser weder desorientiert noch verwirrt war; sein Sprachverständnis war intakt, lediglich der Sprachausdruck war wegen erlittener Schlaganfälle gestört. Er formulierte eindeutig, dass er die Beklagten zu Erbinnen einsetzen wollte und bekräftigte diesen Wunsch über Befragen des anwesenden Nebenintervenienten mehrfach. Auch ohne ausdrückliche Feststellung, dass der Erblasser (zumindest) die kognitiven Fähigkeiten eines 14-jährigen hatte, sind somit die Vorinstanzen aufgrund des festgestellten Geisteszustands des Erblassers zumindest vertretbar davon ausgegangen, dass er nicht nur erkennen konnte, dass er ein Testament errichtete, sondern auch in seiner freien Willensbildung durch seine Erkrankung nicht behindert wurde (RIS-Justiz RS0012402; RS0012424; RS0012427).

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