OGH 10ObS154/08g

OGH10ObS154/08g25.11.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Peter Ladislav (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Diana D*****, vertreten durch Dr. Michael Drexel, MBA, Rechtsanwalt in Graz, dieser vertreten durch Mag. Martina Weirer, Rechtsanwältin in Graz, gegen die beklagte Partei Steiermärkische Gebietskrankenkasse, 8011 Graz, Josef-Pongratz-Platz 1, wegen Rückforderung von Krankengeld (Streitwert 8.394,33 EUR sA), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. Juli 2008, GZ 7 Rs 49/08t-12, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Richtigkeit der Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass bei Gewährung von Urlaubsersatzleistungen der Anspruch auf Krankengeld während des darauf entfallenden Zeitraums gemäß § 143 Abs 1 Z 3 ASVG ruht, wird von der Revisionswerberin zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen (vgl 10 ObS 146/97m = SSV-NF 11/72; 10 ObS 353/97b = SSV-NF 11/139 mwN ua). Diese Regelung ist auch nicht unsachlich. Bei der Urlaubsersatzleistung handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung von bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch nicht verbrauchten Urlaub in Geld. Nach der geltenden Rechtslage wäre es nicht angebracht, dem Arbeitnehmer für denselben Zeitraum sowohl Urlaubsersatzleistung als auch Krankengeld zu zahlen (10 ObS 146/07m = SSV-NF 11/72 ua).

Nach § 107 Abs 1 letzter Satz ASVG sind Geldleistungen zurückzufordern, wenn und soweit sich wegen eines nachträglich festgestellten Anspruchs auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstellt, dass sie zu Unrecht erbracht wurden. Durch diese durch die 31. ASVG-Nov BGBl 1974/775 geschaffene Bestimmung wurde für Fälle, in denen sich wegen eines nachträglich festgestellten Bezugs aus einem Arbeitsverhältnis ergibt, dass eine sozialversicherungsrechtliche Leistung (hier: Krankengeld) zu Unrecht erbracht wurde, die nachträgliche Korrektur dieser Leistung ermöglicht. Für diese Fälle wurde ein von subjektiven Momenten unabhängiger Rückforderungstatbestand geschaffen (10 ObS 353/97b = SSV-NF 11/139 mwN ua).

Die Klägerin erhielt von der Beklagten nach den Feststellungen der Vorinstanzen für die Zeit vom 5. 3. 2006 bis 2. 7. 2006 Krankengeld in Höhe von insgesamt 8.394,33 EUR ausbezahlt. Über ihr Aufforderungsschreiben vom 22. 12. 2006 wurde von ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine Neuberechnung ihrer offenen Urlaubsansprüche aus den Jahren 2002 bis 2006 vorgenommen. Aufgrund des nunmehr richtig errechneten offenen Urlaubsanspruchs der Klägerin von insgesamt 143 Werktagen (= 166 Sozialversicherungstagen) verlängerte sich das Pflichtversicherungsverhältnis der Klägerin vom 1. 3. 2006 bis 13. 8. 2006 und erhielt die Klägerin im Februar 2007 von ihrem ehemaligen Dienstgeber für diesen Zeitraum insgesamt 13.498,35 EUR brutto an Urlaubsersatzleistung überwiesen. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass die Klägerin im Hinblick auf diesen „nachträglich festgestellten Anspruch" auf Urlaubsersatzleistung gemäß § 107 Abs 1 letzter Satz ASVG zur Rückzahlung des für den Zeitraum vom 5. 3. 2006 bis 2. 7. 2006 von der Beklagten bezogenen Krankengeldes verpflichtet sei, steht daher im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in vergleichbaren Fällen (10 ObS 353/97b = SSV-NF 11/139; 10 ObS 290/88 = SSV-NF 2/127 ua).

Soweit die Revisionswerberin in ihrer außerordentlichen Revision nunmehr geltend macht, sie habe das Krankengeld gutgläubig verbraucht, weil sie im Zeitpunkt ihres Antrags auf Gewährung von Krankengeld noch nicht gewusst habe, ob ihr Arbeitgeber die ihr zustehenden Urlaubsersatzleistungen anerkennen werde, ist ihr entgegenzuhalten, dass es beim erwähnten Rückforderungstatbestand des § 107 Abs 1 letzter Satz ASVG weder um die Prüfung der Verletzung von Meldevorschriften noch um das Erkennenmüssen der Unrechtmäßigkeit der erbrachten Leistung (vgl dazu § 107 Abs 1 erster Satz ASVG) geht. Auch der Behauptung eines etwaigen gutgläubigen Verbrauchs kommt keine rechtliche Bedeutung zu, weil auch der Rückforderungstatbestand des § 107 Abs 1 letzter Satz ASVG von subjektiven Momenten unabhängig ist und die Grundsätze des Judikats 33 neu (SZ 11/86) über den gutgläubigen Verbrauch nicht zur Anwendung kommen (vgl 10 ObS 234/00k mwN; RIS-Justiz RS0114485; H. Stolzlechner, Probleme des Irrtums im Leistungsrecht der Sozialversicherung, DRdA 1986, 288 ff [302]).

Die außerordentliche Revision war daher mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte