OGH 10ObS290/88

OGH10ObS290/8822.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag,. Engelmaier und Dr. Angst als weitere Richter und durch die fachkundigen Laienrichter Dr. Sylvia Krieger (Arbeitgeber) und Werner Fendrich (Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. Helmut J***, Angestellter, 2391 Kaltenleutgeben, Hauptstraße 220, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei N*** G***, 3100 St. Pölten, Dr. Karl Renner-Promenade 14-16, vertreten durch Dr. Adolf Lientscher, Rechtsanwalt in St. Pölten, wegen Ruhens von Krankengeld und Rückforderung eines Überbezuges infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 27.Juni 1988, GZ 34 Rs 238/87-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23.Juli 1987, GZ 5 Cgs 1514/87-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Die Sozialrechtssache wird zur Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Die bisherigen Kosten des Klägers sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger befand sich vom 3.8.1984 bis 3.2.1985 arbeitsunfähig im Krankenstand und erhielt deshalb aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit für die 39 Tage vom 6.8. bis 13.9.1984 ein tägliches Krankengeld von 385 S, für die 143 Tage vom 14.9.1984 bis 3.2.1985 ein tägliches Krankengeld von 462 S, insgesamt daher 81.081 S.

Am 28.2.1986 schloß der Kläger, der die Volksbank Stockerau regGenmbH im Verfahren Cr 1/85 des Arbeitsgerichtes Korneuburg auf Feststellung geklagt hatte, daß sein Dienstverhältnis zu ihr über den 31.7.1984 hinaus aufrecht fortbestehe und die mit Schreiben dieses Datums ausgesprochene Entlassung rechtsunwirksam sei, sowie nach Ausdehnungen auf die Zahlung der Bezüge für die Zeit von August 1984 bis Dezember 1985 von 1,113.336 S brutto samt stufenweisen Zinsen, mit der damaligen Beklagten vor dem genannten Arbeitsgericht einen Vergleich. Darin wurde das Dienstverhältnis einvernehmlich mit 31.3.1986 aufgelöst. Die damalige Beklagte verpflichtete sich, dem Kläger bis 31.3.1986 3,000.000 S netto und die mit 104.968,90 S (verglichenen Prozeßkosten) zu zahlen. Der Kläger verpflichtete sich, die Dienstwohnung bis 31.3.1986 unter Verzicht auf jedweden Räumungsaufschub zu räumen und der damaligen Beklagten zu übergeben. Damit wurden sämtliche den damaligen Parteien bekannte Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, insbesondere auf seiten des Klägers dessen Pensionsanspruch, verglichen.

Unter Berufung auf diesen Vergleich sprach die beklagte Partei mit Bescheid vom 16.3.1987 aus, daß der eingangs erwähnte Krankengeldanspruch für die Zeit vom 6.8.1984 bis 3.2.1985 nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG ruhe und forderte das zu Unrecht gezahlte Krankengeld von 81.081 S nach § 107 Abs 1 (letzter Satz) ASVG zurück.

Mit der dagegen rechtzeitig erhobenen Klage begehrte der Kläger die Feststellung, daß sein Anspruch auf Krankengeld in der Zeit vom 6.8.1984 bis 3.2.1985 nicht ruhe und die Verurteilung der beklagten Partei zur Unterlassung der Rückforderung des für diese Zeit erbrachten Krankengeldes.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klage. Das Erstgericht wies die Klage ab und legte dem Kläger den Rückersatz von 81.081 S an die beklagte Partei binnen vier Wochen auf.

Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt traf das Erstgericht folgende wesentliche Feststellungen:

Der Kläger war seit 1.12.1981 bei der Volksbank Stockerau als Angestellter beschäftigt und bei der beklagten Partei pflichtversichert. Mit Schreiben vom 31.7.1984 wurde er wegen Vertrauensunwürdigkeit fristlos entlassen. Im schon erwähnten Arbeitsgerichtsverfahren behielt sich der Kläger die Ausdehnung der Klage um die mit seiner Dienstgeberin für den Fall des Übertritts in den Ruhestand vereinbarte Pension vor. Der damals eingeklagte Betrag wurde hilfsweise als Kündigungsentschädigung begehrt. Zum Vergleich vom 28.2.1986 vereinbarten die damaligen Parteien mündlich, daß der Dienstgeberin die Deklarierung des Vergleichsbetrages von 3,000.000 S netto gegenüber dem Finanzamt und dem Sozialversicherungsträger zwecks größtmöglicher Abgabeneinsparung freistehen solle. Eine Widmung des Vergleichsbetrages für bestimmte Ansprüche erfolgte zwischen den Vergleichspartnern nicht. Die beklagte Partei zahlte das Krankengeld, weil wegen des Arbeitsgerichtsprozesses noch nicht klar war, ob der Kläger für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit von seiner ehemaligen Dienstgeberin noch Entgelt beziehen werde. Nach der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichts ergibt sich aus dem Vergleich, daß das Dienstverhältnis des Klägers zur Volksbank Stockerau einvernehmlich mit 31.3.1986 aufgelöst wurde. Deshalb habe er bis dahin auch einen Entgeltanspruch gehabt, auf den er während des Arbeitsgerichtsprozesses und im Vergleich nicht verzichtet habe. Dieser Entgeltanspruch sei daher im nicht näher spezifizierten Nettovergleichsbetrag enthalten und abgegolten. Auch bei sinngemäßer Anwendung der Widmungsbestimmung des § 1416 ABGB sei nicht zu bezweifeln, daß der Vergleichsbetrag zunächst auf die schon fällige Entgeltschuld anzurechnen sei. Sofern der Kläger trotz einvernehmlicher Lösung seines Dienstverhältnisses zum 31.3.1986 eine Entgeltverpflichtung seiner Dienstgeberin bis zum Auflösungstag als nicht vereinbart ableugne, müßte er sich bezüglich des einvernehmlichen Auflösungszeitpunktes den Vorwurf des Scheingeschäftes gefallen und sich hinsichtlich der beklagten Partei auf § 916 Abs 2 ABGB verweisen lassen. Der Kläger sei daher verpflichtet, das während eines Schwebezustandes bezogene Krankengeld nach Bereinigung des Schwebezustandes zurückzuzahlen. Dagegen erhob der Kläger wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtiger Tatsachenfeststellung und unrichtiger rechtlicher Beurteilung Berufung, in der er die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils beantragte.

Das Berufungsgericht bestätigte das angefochtene Urteil. Es verneinte den behaupteten Verfahrensmangel durch Nichteinholung eines versicherungsmathematischen Gutachtens, übernahm die bekämpfte Feststellung, daß zwischen den Vergleichsparteien keine Widmung des Vergleichsbetrages für bestimmte Ansprüche erfolgt sei, als unbedenklich und erachtete auch die Rechtsrüge als nicht berechtigt. Der Vergleich könne nach der Übung des redlichen Verkehrs nur so verstanden werden, daß darin auch das dem Kläger aufgrund des Dienstvertrages gebührende Entgelt enthalten sei, zumal das Leistungsbegehren vor dem Vergleichsabschluß weder eingeschränkt noch zurückgenommen worden sei. Soweit die Rechtsrüge davon ausgehe, daß die Vergleichssumme die Abgeltung einer Betriebspension sei, gehe sie nicht von den Feststellungen aus. Im vorliegenden Fall habe die Versicherungs- und Beitragspflicht nach § 11 Abs 1 letzter Satz ASVG bis zum 31.3.1986

bestanden und der Anspruch auf Krankengeld nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG geruht, weil der Kläger aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen Anspruch auf Weiterleistung von mehr als 50 % der vollen Geld- und Sachbezüge vor dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit gehabt habe. Da dem Kläger für den Zeitraum, in dem ihm Krankengeld ausgezahlt worden sei, von seiner Dienstgeberin nachträglich Entgelt gezahlt worden sei, habe er die zu Unrecht gewährten Leistungen nach § 107 Abs 1 ASVG zurückzuzahlen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung (der Sache) mit den Anträgen, das angefochtene Urteil im klagestattgebenden Sinn abzuändern oder es allenfalls aufzuheben. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die nach § 46 Abs 4 ASGG ohne die Beschränkungen des Abs 2 dieser Gesetzesstelle zulässige Revision ist im Sinn des Eventualantrages berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit (§ 503 Abs 1 Z 2 ZPO) liegt allerdings nicht vor (§ 510 Abs 3 leg cit; vgl zB SSV-NF 1/32 und 68).

Unbestritten blieb, daß der Kläger nach § 138 Abs 1 und § 139 Abs 1 ASVG aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vom 4.Tag der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 26 Wochen, also vom 6.8.1984 bis 3.2.1985, Anspruch auf Krankengeld in der im § 141 leg cit festgesetzten Höhe hatte und daß ihm für diesen Zeitraum von der beklagten Partei ein Krankengeld im Gesamtbetrag von 81.081 S ausgezahlt wurde.

Der Anspruch auf dieses Krankengeld würde nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG ruhen, solange der Versicherte aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen Anspruch auf Weiterleistung von mehr als 50 vH der vollen Geld- und Sachbezüge (§ 49 Abs 1 leg cit) vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hatte. Hätte ein Anspruch auf Weiterleistung von 50 vH dieser Bezüge bestanden, so hätte das Krankengeld zur Hälfte geruht. (In diesem Zusammenhang sind unter Versicherten als Anspruchsberechtigten nach § 122 Abs 5 ASVG auch die im Abs 2 dieser Gesetzesstelle bezeichneten aus der Versicherung ausgeschiedenen Personen zu verstehen.) Nach dem im § 143 Abs 1 Z 3 ASVG bezogenen § 49 Abs 1 leg cit sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält. Als Entgelt in diesem Sinn gelten aber nach Abs 3 der letztzitierten Gesetzesstelle unter anderem nicht Vergütungen, die aus Anlaß der Beendigung des Dienst(Lehr)verhältnisses gewährt werden, wie zB Abfertigungen, Abgangsentschädigungen, Übergangsgelder, nach gesetzlicher Vorschrift gewährte Urlaubsabfindungen (Z 7) und Zuschüsse des Dienstgebers, die für die Zeit des Anspruches auf laufende Geldleistungen aus der Krankenversicherung gewährt werden, sofern diese Zuschüsse weniger als 50 vH der vollen Geld- und Sachbezüge vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, wenn aber die Bezüge aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Regelungen nach dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erhöht werden, weniger als 50 vH der erhöhten Bezüge betragen (Z 9). Nach § 49 Abs 6 ASVG sind die Versicherungsträger, Verwaltungsbehörden und Schiedsgerichte (nunmehr infolge der Verweisung im § 100 ASGG die zur Entscheidung in Sozialrechtssachen zuständigen Gerichte) an rechtskräftige Entscheidungen der Arbeitsgerichte (nunmehr infolge der genannten Verweisungsnorm der zur Entscheidung in Arbeitsrechtssachen zuständigen Gerichte), in denen Entgeltansprüche des Dienstnehmers (Lehrlings) festgestellt werden, gebunden. Dieser Bindung steht die Rechtskraft der Beitragsvorschreibung nicht entgegen. Die Anwendung dieser Gesetzeslage auf den festgestellten Sachverhalt führt zu folgenden Ergebnissen:

Das Angestelltendienstverhältnis zwischen dem Kläger und der Volksbank Stockerau wurde nicht durch vorzeitige Entlassung zum 31.7.1984, sondern aufgrund der vergleichsweisen Regelung vom 28.2.1986 mit 31.3.1986 einvernehmlich aufgelöst.

Der Kläger hatte daher bis zur Auflösung dieses Dienstverhältnisses aufgrund der dieses regelnden gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des Angestelltengesetzes und vermutlich auch aufgrund (dienst)vertraglicher Bestimmungen grundsätzlich Anspruch auf Weiterleistung des Entgelts, den er auch im erwähnten Arbeitsgerichtsverfahren für die Zeit von August 1984 bis Jänner 1985, also etwa den Zeitraum seines Krankengeldbezuges, mit 374.048 S brutto und bis Dezember 1985 mit 1,113.336 S brutto bezifferte und samt 4 % Stufenzinsen klageweise geltend machte.

Da mit dem genannten Vergleich sämtliche den Vergleichsparteien bekannte Ansprüche aus dem Dienstverhältnis verglichen wurden, wurde selbstverständlich auch der bereits eingeklagte Entgeltanspruch mitverglichen.

Wegen dieser vergleichsweisen Regelung wurde die Höhe des dem Kläger ab August 1984 aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen zustehenden Entgeltanspruchs im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht mehr festgestellt. Die Feststellung der ihm für die Zeit seines Krankengeldbezuges vom 6.8.1984 bis 3.2.1985 aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen zustehenden Ansprüche auf Geld oder Sachbezüge und des ihm vor dem Eintritt seiner Arbeitsunfähigkeit am 3.8.1984 zustehenden diesbezüglichen Anspruchs wurde auch im vorliegenden Sozialgerichtsverfahren noch nicht vorgenommen, obwohl sie entscheidungswesentlich ist.

Nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG kommt es nämlich für das gänzliche oder teilweise Ruhen des Anspruchs des Klägers auf Krankengeld für die Zeit vom 6.8.1984 bis 3.2.1985 darauf an, ob und wie lange er während dieser Zeit aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Bestimmungen Anspruch auf Weiterleistung von mehr als 50 vH bzw wenigstens von 50 vH der vollen Geld- und Sachbezüge (§ 49 Abs 1) vor dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hatte, nicht aber darauf, in welcher Höhe dieser Anspruch mehr als ein Jahr nach Ende dieses Krankengeldanspruches in einem zwischen den Dienstvertragspartnern geführten Arbeitsgerichtsverfahren verglichen oder gar durch Zahlungen der Dienstgeberin realisiert wurde (Binder, Das Zusammenspiel arbeits- und sozialrechtlicher Leistungsansprüche in Tomandl, Wiener Beiträge zum Arbeits- und Sozialrecht Band 12, 175, insbesondere 210; derselbe in Tomandl, SV-System 3.ErgLfg 245). In diesem Zusammenhang verweist die Revision zutreffend auf § 8 Abs 1 AngG, wonach ein Angestellter, der...durch Krankheit oder Unglücksfall in der Leistung seiner Dienste verhindert ist, ohne daß er die Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, seinen Anspruch auf das volle Entgelt nur für 6 bis 12 Wochen und auf das halbe Entgelt nur für weitere 4 Wochen behält.

Mangels entsprechender Feststellungen kann nicht beurteilt werden, ob der Kläger aufgrund vertraglicher Bestimmungen diesen Entgeltanspruch länger behielt.

Weil diese nach Inhalt der Prozeßakten dem Revisionsgericht schon für die Beurteilung der Fragen, wie lange und in welchem Ausmaß der Anspruch des Klägers auf Krankengeld in der Zeit vom 6.8.1984 bis 3.2.1985 ruhte und in welchem Ausmaß ihm die beklagte Partei deshalb in dieser Zeit zu Unrecht Krankengeldleistungen erbrachte, erheblich scheinenden Tatsachen schon in erster Instanz weder erörtert noch festgestellt wurden, waren die Urteile der Vorinstanzen nach dem gemäß § 513 ZPO auch vom Revisionsgericht anzuwendenden § 496 Abs.1 Z 3 ZPO aufzuheben und war die Sozialrechtssache an das Erstgericht zur Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Wenn im fortgesetzten Verfahren das Ausmaß der dem Kläger von der beklagten Partei zu Unrecht erbrachten Krankengeldleistungen geklärt ist, dann kann die beklagte Partei diese zu Unrecht erbrachten Geldleistungen vom Kläger nach § 107 Abs 1 letzter Satz ASVG zurückfordern.

Danach sind Geldleistungen vom Versicherungsträger dann zurückzufordern, wenn und soweit sich wegen eines nachträglich festgestellten Anspruchs auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstellt, daß sie zu Unrecht erbracht wurden.

Diese Voraussetzungen treffen hier zu.

Wegen der Entlassung zum 31.7.1984 war für den beklagten Krankenversicherungsträger die Pflichtversicherung des bei der Volksbank Stockerau als Dienstnehmer beschäftigten Klägers mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses am 31.7.1984 beendet (§ 11 Abs 1 ASVG).

Da nach § 122 Abs 2 Z 2 ASVG für Versicherungsfälle, die nach dem Ende der Versicherung oder nach Ablauf des im Abs 1 lit b dieser Gesetzesstelle bezeichneten Zeitraumes eintreten, Leistungen auch an Personen zu gewähren sind, die innerhalb der letzten 12 Monate vor dem Ausscheiden aus der durch eine Beschäftigung begründeten Pflichtversicherung mindestens 26 Wochen oder unmittelbar vorher mindestens 6 Wochen versichert waren und sogleich nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung erwerbslos geworden sind, wenn der Versicherungsfall während der Erwerbslosigkeit und binnen drei Wochen nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung eintritt, hatte der Kläger nach § 138 Abs 1 ASVG nicht nur als Pflichtversicherter sondern auch als aus der Pflichtversicherung ausgeschiedener nach § 122 Anspruchsberechtigter aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit vom 4.Tag der Arbeitsunfähigkeit an Anspruch auf Krankengeld. Deshalb ergab sich für den beklagten Krankenversicherungsträger damals keinerlei Grund für die Annahme, daß der Krankengeldanspruch des Klägers wegen eines Anspruchs auf Weiterleistung von Geld- und Sachbezügen im Sinn des § 143 Abs 1 ASVG ganz oder teilweise ruhen könnte.

Ein solcher Anspruch auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge wurde erst mehr als ein Jahr nach Ende des Krankengeldanspruchs durch den zwischen den Dienstvertragspartnern am 28.2.1986 vor dem Arbeitsgericht Korneuburg geschlossenen Vergleich nachträglich festgestellt.

Daß es sich bei der nachträglichen Feststellung um eine Feststellung durch eine gerichtliche Entscheidung handeln müsse, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, das die Rückforderung für den Fall anordnet, daß sich nachträglich ein Anspruch auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge herausstellt. Durch § 107 Abs 1 letzter Satz ASVG wurde für Fälle, in denen sich wegen eines nachträglich festgestellten Bezuges aus einem Arbeitsverhältnis ergibt, daß ein sozialversicherungsrechtlicher Anspruch zu Unrecht erbracht wurde, eine nachträgliche Korrektur der Sozialversicherungsleistungen ermöglicht; für diese Fälle wurde ein von subjektiven Momenten unabhängiger Rückforderungstatbestand geschaffen (22.3.1988 10 ObS 51/88).

Daß es für das Ruhen des Krankengeldanspruchs nach § 143 Abs 1 Z 3 ASVG nur auf das Bestehen eines gesetzlichen oder vertraglichen (Rechts)Anspruchs auf Weiterleistung der Geld- und Sachbezüge in entsprechender Höhe, nicht aber darauf ankommt, in welcher Höhe dieser Anspruch verglichen oder gar liquidiert wurde, wurde schon oben ausgeführt.

Der Revision war daher nur im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrages Folge zu geben.

Über die Verpflichtung der beklagten Partei zum Ersatz der bisherigen Verfahrenskosten des Klägers konnte noch nicht entschieden werden (§ 52 Abs 1 ZPO).

Die Entscheidung, daß die beklagte Partei die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen hat, beruht auf § 77 Abs 1 Z 1 ASGG, weil sich kein Hinweis darauf ergeben hat, daß der Kläger der beklagten Partei die Kosten der Revisionsbeantwortung durch Mutwillen, Verschleppung oder Irreführung verursacht hätte (Abs 3 leg cit).

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