OGH 15Os117/08g

OGH15Os117/08g16.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Oktober 2008 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schmucker als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek, Dr. T. Solé und Mag. Lendl sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Metz als Schriftführer in der Strafsache gegen Stefan T***** wegen des Verbrechens der Vorbereitung eines Verbrechens durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel nach § 175 Abs 1 StGB über den Antrag des Angeklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung sowie über die neuerliche Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung gegen das Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht Innsbruck vom 21. Dezember 2007, GZ 39 Hv 204/05g-153, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht bewilligt. Die neuerliche Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Im ersten Rechtsgang wurde Stephan T***** mit Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht Innsbruck vom 13. Dezember 2005 der Verbrechen nach § 3g VG sowie der Vorbereitung eines Verbrechens durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel nach § 175 Abs 1 StGB schuldig erkannt. In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten hob der Oberste Gerichtshof mit Erkenntnis vom 15. Februar 2007, AZ 15 Os 20/06i, den das Verbrechen nach § 3g VG betreffenden Wahrspruch, den darauf beruhenden Schuldspruch und demzufolge den Strafausspruch auf und verwies die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an ein anderes Geschworenengericht beim Landesgericht Innsbruck (ON 146). Nachdem die Staatsanwaltschaft Innsbruck die Anklage im Umfang der Aufhebung gemäß § 227 Abs 1 StPO aF zurückgezogen hatte, setzte das Geschworenengericht beim Landesgericht Innsbruck mit dem angefochtenen Urteil die wegen des verbleibenden rechtskräftigen Schuldspruchs zu verhängende Strafe fest.

Die dagegen vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde sowie die Berufung wurden mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 8. Mai 2008, AZ 15 Os 31/08k, als verspätet zurückgewiesen, weil die Rechtsmittel, nachdem sich der Angeklagte nach Verkündung des Urteils am 21. Dezember 2007 vorerst drei Tage Bedenkzeit erbeten hatte, erst am 26. Dezember 2007 angemeldet wurden.

Nach Zustellung dieser Entscheidung am 5. Juni 2008 beantragte der Verteidiger des Angeklagten am 16. Juni 2008 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und meldete gleichzeitig neuerlich Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an (ON 167). Dabei machte er geltend, seine damalige, bis dahin stets verlässliche Kanzleileiterin habe - in Entsprechung seines telefonischen Auftrags vom 21. Dezember 2007, die dreitägige Rechtsmittelfrist in den Kanzleikalender einzutragen - diesen Vermerk irrtümlich auf den 27. statt auf den 24. Dezember 2007 gesetzt. Dieser Fehler beim Eintrag müsse ihr deshalb unterlaufen sein, weil sie selbst am 24. Dezember 2007 Urlaub hatte und offenbar am 21. Dezember 2007 unter dem Eindruck der Nachricht vom Ableben einer ihr gut bekannten Person gestanden sei. Der Verteidiger selbst habe am 24. Dezember 2007 anlässlich der Kontrolle des Kanzleikalenders festgestellt, dass für diesen Tag kein Fristeintrag vorgemerkt gewesen sei. Am 26. Dezember 2007 habe er die noch nicht erledigten, für den 27. Dezember 2007 eingetragenen Fristvormerke, darunter auch die in Rede stehende Rechtsmittelanmeldung, abgearbeitet.

Rechtliche Beurteilung

Der Wiedereinsetzungsantrag ist verspätet.

Nach § 364 Abs 1 Z 1 StPO ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand den Beteiligten des Verfahrens - neben anderen, hier nicht aktuellen Fällen - gegen die Versäumungsfrist zur Anmeldung eines Rechtsmittels zu bewilligen, sofern sie nachweisen, dass es ihnen durch unvorhersehbare oder unabwendbare Ereignisse unmöglich war, die Frist einzuhalten oder die Verfahrenshandlung vorzunehmen, es sei denn, dass ihnen oder ihren Vertretern ein Versehen nicht bloß minderen Grades zur Last liegt. Nach Z 2 und Z 3 des Abs 1 leg cit ist die Wiedereinsetzung innerhalb von vierzehn Tagen nach Aufhören des Hindernisses zu beantragen und die versäumte schriftliche Verfahrenshandlung zugleich mit dem Antrag nachzuholen. Ausgehend vom eigenen Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag, wonach der Verteidiger die Rechtsmittelanmeldung am 26. Dezember 2007 selbst verfasst hat, und deren Wortlaut („der Angeklagte meldet gegen das Urteil vom 21. Dezember 2007 fristgerecht Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an"; ON 154), war für den Verteidiger bereits zu diesem Zeitpunkt bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit erkennbar, dass die dreitägige Frist der §§ 284 Abs 1, 294 Abs 1 StPO schon abgelaufen war. Mit Wegfall des Hindernisses im Sinne des § 364 Abs 1 Z 2 StPO, nämlich der Versäumung der rechtzeitigen Rechtsmittelanmeldung infolge Fehleintragung der hiefür vorgesehenen Frist in den Kanzleikalender, hat jedoch die vierzehntägige Frist zur Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu laufen begonnen.

Demgemäß erweist sich der erst am 16. Juni 2008 eingebrachte Wiedereinsetzungsantrag als verspätet, weshalb die begehrte Wiedereinsetzung - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur, jedoch entgegen der hiezu erstatteten Äußerung der Verteidigung - zu verweigern war (vgl 13 Os 128/03, 15 Os 136/04). Demgemäß war auch die wiederholte Anmeldung der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung zurückzuweisen.

Stichworte