OGH 10ObS112/08f

OGH10ObS112/08f14.10.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Krüger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Dr. Andrea Eisler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Grace T*****, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Ausgleichszulage, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 29. April 2008, GZ 10 Rs 9/08d-15, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

In ihrer außerordentlichen Revision macht die Klägerin, die von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt eine Invaliditätspension bezieht und mit ihrem unselbständig erwerbstätigen Ehegatten im gemeinsamen Haushalt lebt, aus verschiedensten Blickwinkeln Bedenken gegen den Richtsatz nach § 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG (bei gemeinsamem Haushalt von Ehegatten), vor allem dessen zu geringe Höhe geltend. Die Heranziehung des Richtsatzes sei vor allem dann ungerechtfertigt, wenn die Pensionsbezieherin gar keinen zivilrechtlichen Unterhaltsanpruch gegenüber dem Ehegatten habe. Bei Heranziehung des Richtsatzes sei es in diesem Fall jedenfalls ungerechtfertigt, das volle Einkommen des Ehegatten anzurechnen (das Gesetz spreche nur von „berücksichtigen"). Ehegatten würden gegenüber Lebensgefährten diskriminiert. Bei den Ärmsten der Armen zu sparen sei - wie zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen aus dem Bereich der Armutsforschung ergeben hätten - völlig verkehrt.

Eine die Anrufung des Obersten Gerichtshofs rechtfertigende erhebliche Rechtsfrage liegt nicht vor.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass gegen die Verfassungskonformität des § 293 Abs 1 lit a sublit aa ASVG (und die Parallelbestimmungen) keine Bedenken bestehen (RIS-Justiz RS0084859). Zwischen dem Fall, in dem zwei Ehegatten im gemeinsamen Haushalt leben und dem Fall, in dem Ehegatten getrennt leben, bestehen wesentliche Unterschiede im Tatsächlichen, die eine unterschiedliche gesetzliche Regelung rechtfertigen (10 ObS 312/91 = SSV-NF 6/18 = SZ 65/25 uva). Die weitgehend mit dem Sozialhilferecht der Länder abgestimmte Regelung trägt auch dem Umstand Rechnung, dass dann, wenn die Ehegatten getrennt leben, die Höhe der Bedürfnisse jedes einzelnen höher liegt als der Hälfte des Familienrichtsatzes entspricht (10 ObS 337/97z = SSV-NF 12/21 uva). Auch eine Diskriminierung von Ehegatten gegenüber Lebensgefährten ist im Hinblick auf die rechtlichen Unterschiede zwischen Ehe und Lebensgemeinschaft nicht zu erkennen. Letztlich lässt die Klägerin in ihren vorwiegend rechtspolitisch determinierten Erwägungen die nach geltendem Recht bestehende Subsidiarität der Ausgleichszulage außer Betracht.

Die volle Anrechnung des Ehegatteneinkommens, die sich aus dem klaren Wortlaut des § 292 Abs 2 ASVG ergibt („ist auch das gesamte Nettoeinkommen des ... Ehegatten ... zu berücksichtigen"), wird vom Obersten Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung bejaht (zB 10 ObS 337/97z = SSV-NF 12/21; RIS-Justiz RS0085216). Dem Wort „berücksichtigen" kann im Zusammenhang mit dem „gesamten" Nettoeinkommen nicht die Bedeutung beigemessen werden, dass keine volle Anrechnung vorzunehmen wäre.

Mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte