OGH 13Os100/08t

OGH13Os100/08t27.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. August 2008 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Ratz als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher und Dr. Lässig und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Fuchs in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Falmbigl als Schriftführer in der Strafsache gegen Zelimir B***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Zelimir B*****, Sanel M***** und Hermann F***** sowie die Berufung des Angeklagten Stipo C***** gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Geschworenengericht vom 10. April 2008, GZ 25 Hv 128/07a-117, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Den Angeklagten Zelimir B*****, Sanel M***** und Hermann F***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Schuldspruch des Angeklagten Stipo C***** sowie mehrere (Teil-)Freisprüche enthaltenden Urteil wurden die Angeklagten Zelimir B***** (I/2 und 4), Sanel M***** (I/1 und 3) und Hermann F***** (I/3) aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen der bzw des Verbrechen(s) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB, Zelimir B***** überdies der Vergehen der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB (I/5) sowie der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (I/6) schuldig erkannt.

Danach haben, soweit im Nichtigkeitsbeschwerdeverfahren von

Bedeutung,

(I) in Wels

3) Sanel M***** und Hermann F***** am 29. Juni 2006 im einverständlichen Zusammenwirken dem Amir I***** dadurch, dass sie eine Gaspistole und einen Gasrevolver gegen diesen richteten und ihn aufforderten, sich auf den Boden zu legen und Geld herauszugeben, worauf hin der in den Tatplan eingebundene Zelimir B***** nach Öffnung von Spielautomaten und Kasse ihnen das Geld übergab, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung von Waffen, einen 3.000 Euro übersteigenden, seinem Dienstgeber gehörenden Geldbetrag mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt und

4) Zelimir B***** etwa eine Woche vor dem 29. Juni 2006 Sanel M***** und Hermann F***** zur Ausführung der zu I/3 beschriebenen Tat bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB) und dazu beigetragen (§ 12 dritter Fall StGB), indem er sie aufforderte, den von ihm geplanten Überfall durchzuführen, die Tatplanung vornahm und ihnen telefonisch den konkret vorgesehenen Tatzeitpunkt bekannt gab.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Schuldsprüche gerichteten, von Zelimir B***** ausschließlich auf Z 6, von Sanel M***** und Hermann F***** überdies auf Z 5 und 8 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden gehen fehl.

Soweit die Beschwerde des Zelimir B***** auch die Schuldsprüche I/2, 5 und 6 bekämpft, war auf sie vom Obersten Gerichtshof keine Rücksicht zu nehmen, weil der Beschwerdeführer insoweit weder bei deren Anmeldung noch im Rahmen der Ausführung die Nichtigkeitsgründe einzeln und bestimmt bezeichnete (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 344 StPO).

Im Folgenden werden die Nichtigkeitsbeschwerden gemeinsam behandelt, weil sie - bezogen auf die einzelnen Beschwerdepunkte - im Wesentlichen inhaltsgleich sind.

Indem die Verfahrensrügen (Z 5) der Angeklagten M***** und F***** die Abweisung (S 434 f/II) des (gemeinsam gestellten) Antrags, zu den (auf den gegenständlichen Raubüberfall bezogenen) Hauptfragen V und VI (US 4 f) je eine Eventualfrage nach „Beitrag zur Veruntreuung" an die Geschworenen zu richten (S 434/II), relevieren, gehen sie schon im Ansatz fehl. Mängel der Fragestellung können nämlich auch dann nur aus Z 6 geltend gemacht werden, wenn ein darauf bezogener Antrag einer Prozesspartei vom Schwurgerichtshof abgewiesen worden ist (RIS-Justiz RS0101012).

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die die Abweisung eines Antrags nach Ansicht des Erstgericht rechtfertigenden Entscheidungsgründe als solche - den Beschwerden zuwider - nicht unter Nichtigkeitssanktion stehen, sondern darauf abzustellen ist, ob dem Antrag nach der - auf den Zeitpunkt der Antragstellung bezogenen - Ansicht des Obersten Gerichtshofs Berechtigung zugekommen ist (jüngst 12 Os 31/07m).

Die Fragenrügen (Z 6) basieren auf der Prämisse, der Angeklagte B*****, der (ebenso wie Amir I*****) Dienstnehmer des geschädigten Unternehmens gewesen ist, habe den Raubüberfall mit Hilfe der beiden anderen Beschwerdeführer inszeniert, um seine Geldnöte zu beseitigen. Hievon ausgehend vermissen sie Eventualfragen nach dem Vergehen der Veruntreuung (§ 133 [gemeint:] Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB), jene des Angeklagten M***** überdies eine solche nach dem Verbrechen der schweren Nötigung ([gemeint:] §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB), bringen den herangezogenen Nichtigkeitsgrund aber nicht prozessordnungskonform zur Darstellung.

Die Beschwerden der Angeklagten B***** und F***** unterlassen die gebotene Bezugnahme auf Verfahrensergebnisse, die (ihrer Ansicht nach) Anlass zur begehrten Fragestellung geboten hätten. Mit dem diesbezüglichen Verweis auf die Gegenäußerung des Verteidigers zum Anklagevortrag (S 209/II) verkennt die Rüge des Angeklagten F*****, dass der § 314 Abs 1 StPO zu Grunde liegende Begriff des Tatsachenvorbringens iS des § 258 Abs 1 StPO zu verstehen ist, also nur aus der in der Hauptverhandlung gewählten Verantwortung des Angeklagten oder den dort vorgeführten Beweismitteln abgeleitet werden kann (vgl Schindler, WK-StPO § 313 Rz 9; Lendl, WK-StPO § 258 Rz 5).

Die Beschwerde des Angeklagten M***** trachtet danach, die Notwendigkeit der geforderten Fragestellung aus einzelnen, isoliert herausgegriffenen Passagen der Aussagen des Beschwerdeführers, seines Mitangeklagten Zelimir B***** sowie des Zeugen Amir I***** zu erschließen und unterlässt solcherart die erforderliche Betrachtung der herangezogenen Beweisergebnisse in ihrem inneren Sinnzusammenhang (Schindler, WK-StPO § 313 Rz 14).

Nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 101, 111) bieten die relevierten Depositionen in ihrer jeweiligen Gesamtheit aber gerade keinen Anlass für die Annahme, Amir I***** wäre nicht mit dem (sodann erreichten) Ziel, den Beschwerdeführern Bargeld zu verschaffen, unter Vorhalt von Waffen gefährlich bedroht worden (s insbes S 219, 221, 238 f, 428 f/II).

Die Instruktionsrügen (Z 8) der Angeklagten M***** und F*****, die auf die Tatbestände der schweren Nötigung und der Veruntreuung zielen, verfehlen den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt, weil die Rechtsbelehrung nur insofern angefochten werden kann, als sie Fragen betrifft, die den Geschworenen tatsächlich gestellt worden sind (Ratz, WK-StPO § 345 Rz 63; 15 Os 30/03).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen. Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte