OGH 7Ob137/08k

OGH7Ob137/08k27.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan L*****, vertreten durch Dr. Anton Waltl und andere Rechtsanwälte in Zell am See, gegen die beklagte Partei A***** Versicherungs AG, *****, vertreten durch Egger & Musey Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 9.750 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 26. Februar 2008, GZ 3 R 200/07p-15, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 10. Juli 2007, GZ 12 Cg 136/06g-11, nicht Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil einschließlich des bestätigten Teils zu lauten hat:

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 9.750 EUR samt 4 % Zinsen seit 9. 9. 2006 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei 7,5 % Zinsen aus 9.750 EUR vom 18. 8. 2005 bis 8. 9. 2006, 3,5 % Zinsen aus 9.750 EUR seit 9. 9. 2006 sowie 100 EUR an Nebenforderung zu bezahlen, wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.357,77 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz (darin enthalten 175,71 EUR an 20%iger USt und 303,50 EUR an Barauslagen) und die mit 3.815,31 EUR bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren (darin enthalten 285,55 EUR an 20%iger USt und 2.102 EUR an Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Folgendes ist unstrittig:

Am 1. 8. 2005 ereignete sich ein Verkehrsunfall, an dem der von der S***** Gesellschaft nach bürgerlichem Recht (in Hinkunft: GesbR) gehaltene und bei der Beklagten haftpflichtversicherte Lkw Tatra und der Lkw Iveco des Klägers beteiligt waren. Der Lkw Tatra kam aufgrund eines Fahrfehlers seines Lenkers ins Rutschen, stürzte über den Fahrbahnrand und fiel in der Folge auf den Lkw Iveco des Klägers. Der Schaden am Lkw Iveco beträgt 19.500 EUR.

Zwischen der Beklagten einerseits und dem Kläger sowie Kilian L***** (in Hinkunft: Mitgesellschafter) andererseits bestand zum Zeitpunkt dieses Unfalls für den Lkw Tatra eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, der die „Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (AKHB 1995, Fassung Juli 1995)" zugrunde lagen. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

„Artikel 2:

Wer sind mitversicherte Personen, wie können diese ihre Ansprüche geltend machen und unter welchen Voraussetzungen ist der Versicherer ihnen gegenüber bei einem Fehlverhalten des Versicherungsnehmers leistungsfrei?

1. Mitversicherte Personen sind der Eigentümer, der Halter und Personen, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeuges tätig sind oder mit dem Fahrzeug befördert werden oder die den Lenker einweisen.

[...]

Artikel 8

Was ist nicht versichert? (Risikoausschlüsse)

Nicht vom Versicherungsschutz umfasst sind

1. Ersatzansprüche des Eigentümers, des Halters und - bei Vermietung des Fahrzeuges ohne Beistellung eines Lenkers - des Mieters und der Personen, denen der Mieter das Fahrzeug überlässt, gegen mitversicherte Personen wegen Sach- oder bloßer Vermögensschäden;

[...]".

Der Kläger begehrte ursprünglich sowohl vom Lenker des Fahrzeugs als Erstbeklagten als auch vom Haftpflichtversicherer des Lkw Tatra als Zweitbeklagten (in Hinkunft: Beklagte) den Ersatz des am Lkw Iveco eingetretenen Schadens von 19.500 EUR samt 200 EUR an Nebenforderung. In der Folge zog der Kläger die Klage gegenüber dem Lenker unter Verzicht auf den Anspruch zurück und schränkte sein Begehren gegenüber der Beklagten auf 9.750 EUR an Kapital sA und 100 EUR an Nebenforderung ein.

Der bei der Beklagten haftpflichtversicherte und schadensverursachende Lkw Tatra stehe je zur Hälfte im Eigentum des Klägers und des Mitgesellschafters, die gemeinsam als Halter dieses Lkws für den eingetretenen Schaden haften würden. Der Mitgesellschafter hafte daher im Innenverhältnis für die Hälfte des am Lkw Iveco entstandenen Schadens. Dafür habe die Beklagte als Haftpflichtversicherer einzustehen. Die Ausschlussklausel des Artikel 8.1. AKHB 1995 betreffe nur das versicherte Fahrzeug laut Artikel 1 AKHB 1995, somit nur das schadensverursachende Fahrzeug. Da der Mitgesellschafter nicht Halter und daher auch nicht versicherte Person betreffend das beschädigte Fahrzeug sei, stelle der Kläger in Bezug auf den in seinem Alleineigentum befindlichen Lkw Iveco den geschädigten Dritten dar.

Die Beklagte bestritt und wendete - soweit für das Revisionsverfahren noch relevant - ein, einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht komme keine Rechtspersönlichkeit zu. Die Halter des versicherten Lkw Tatra seien die beiden Gesellschafter. Diese seien daher nicht nur Versicherungsnehmer, sondern auch versicherte Personen im Sinn des Artikel 2 AKHB 1995. Die gesetzliche Halterhaftung, die die beiden Gesellschafter als Mithalter des Lkw Tatra treffen könne und die der Kläger mit seiner Klage geltend mache, bewirke, dass der Kläger Ersatzansprüche wegen des Sachschadens an seinem Lkw gegen die gemäß Artikel 2.1. AKHB 1995 mitversicherte Person (= den Mithalter) geltend mache, was - gesetzlich zulässig (§ 4 Abs 1 Z 1 KHVG) - vertraglich nach Artikel 8.1. AKHB 1995 ausgeschlossen sei. Die Beklagte bestritt auch den Beginn des Zinsenlaufs und die Höhe der Zinsen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Beklagte habe von einer gesetzlich eingeräumten Möglichkeit eines Risikoausschlusses betreffend Ersatzansprüche unter anderem des Eigentümers und Halters gegen mitversicherte Personen wegen Sach- oder bloßer Vermögensschäden Gebrauch gemacht. Der Kläger mache als Eigentümer gegen eine mitversicherte Person, „nämlich den Lenker des schadensverursachenden Lkw Tatra" Ansprüche geltend, die vom Versicherungsschutz allerdings nicht mitumfasst seien. Damit bleibe für die von der Klägerin angestrebte Teilung des Risikoausschlusses auf beide Versicherungsnehmer kein Raum.

Der Berufung des Klägers gab das Berufungsgericht nicht Folge. Es schloss sich der von Prölss/Martin (in VVG27 § 11 AKB Rz 4) und Becker/Böhme (Kraftverkehrshaftpflichtschäden20 Rz Q 104) vertretenen Ansicht an, es seien Ansprüche bei Beschädigung eines anderen Kraftfahrzeugs des Versicherungsnehmers ausgeschlossen, da sich der Ausschluss nicht nur auf das versicherte Fahrzeug, sondern auf das ganze Vermögen des Versicherungsnehmers beziehe. Nach der Regelung des Artikel 8.1. AKHB 1995 komme es nicht darauf an, ob die beschädigte Sache ein Fahrzeug sei oder nicht und auch nicht darauf, ob sie versichert sei oder nicht. Diese Ausschlussklausel spreche allgemein von Ansprüchen wegen Sach- und Vermögensschäden unter anderem des Eigentümers und Halters und erfasse damit alle seine Gegenstände und sein gesamtes Vermögen. Wäre nur das versicherte Fahrzeug gemeint, hätte es sich erübrigt, neben den Sachschäden auch bloße Vermögensschäden zu erwähnen. Auch die Regelung des Artikels 8.2. AKHB 1995 wäre nicht notwendig gewesen, die ausdrückliche Ansprüche wegen der Beschädigung des versicherten Fahrzeugs von der Versicherung ausschließt. Der Haftungsausschluss sei daher zusammengefasst so zu deuten, dass auch der im vorliegenden Fall dem Kläger entstandene Schaden vom Ausschluss mitumfasst sei und damit keine Leistungspflicht der Beklagten bestehe. Daran könne auch die Feststellung nichts ändern, dass die GesbR Halterin des Lkw Tatra sei. Da einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts keine eigene Rechtspersönlichkeit zukomme, seien Zurechnungsobjekte für alle Rechte und Pflichten ausschließlich die Gesellschafter, die somit als Mithalter zu behandeln seien.

Die ordentliche Revision erklärte das Berufungsgericht für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der über den Einzelfall hinaus bedeutsamen Frage fehle, wie der Haftungsausschluss nach Artikel 8 AKHB 1995 auszulegen sei, wenn durch das versicherte Fahrzeug ein anderes Fahrzeug des Versicherungsnehmers beschädigt werde.

Dagegen richtet sich die ordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag, das Berufungsurteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern, hilfsweise aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht, hilfsweise zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Dem trat die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie ist auch in der Hauptsache im Ergebnis berechtigt:

1. Es ist unstrittig, dass es sich beim Kläger neben dem Mitgesellschafter um einen weiteren Mithalter des versicherten Lkw Tatra handelt. Mitversichert im Bereich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung sind gemäß § 2 Abs 2 KHVG (= Artikel 2.1. AKHB 1995) jedenfalls der Eigentümer, der Halter und Personen, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeugs tätig sind oder mit dem Fahrzeug befördert werden oder die den Lenker einweisen. Zweifellos handelt es sich daher beim den Unfall verschuldenden Lenker des Lkw Tatra (den früheren Erstbeklagten) um einen Mitversicherten; nach dem Wortlaut der genannten Gesetzesbestimmung und Klausel gilt dies auch für den (Mit-)Halter des Lkw Tatra, also den Mitgesellschafter.

Allerdings hat der Oberste Gerichtshof zu vergleichbarer Gesetzes-/Bedingungslage judiziert, der Versicherungsnehmer sei grundsätzlich eine von den Mitversicherten verschiedene Person (RIS-Justiz RS0081186), und der Versicherungsnehmer selbst gelte nicht als mitversicherte Person im Sinn des § 59a Abs 2 Z 2 KFG (RIS-Justiz RS0081186).

2. Für die Beantwortung der Frage, ob sich die Beklagte hinsichtlich der hier zu beurteilenden Sachschäden auf einen Risikoausschluss nach Artikel 8.1. AKHB 1995 berufen kann, bedarf es daher der Klärung, ob es sich beim Lenker des Lkw Tatra (dem früheren Erstbeklagten) und/oder dem Mitgesellschafter um Versicherungsnehmer der für den Lkw Tatra abgeschlossenen Versicherungsvertrags handelt und gegebenenfalls, ob deshalb der Risikoausschluss des Artikel 8.1. AKHB 1995 nicht zur Anwendung kommt.

Zur Frage, wer Versicherungsnehmer des für das Beklagtenfahrzeug Lkw Tatra abgeschlossenen Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherungsvertrags ist, wurde seitens des Klägers nichts vorgebracht. Allerdings behauptete die Beklagte mehrfach, zwischen dem Kläger sowie dem Mitgesellschafter einerseits und ihr andererseits habe zum Unfallszeitpunkt eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung bestanden, die den Lkw Tatra erfasst habe; Versicherungsnehmer dieser Versicherung seien die beiden Genannten gewesen. Dem trat der Kläger in keiner Weise entgegen, sodass diese Tatsachenbehauptung der Beklagten als schlüssig zugestanden im Sinn des § 267 ZPO anzusehen ist, da es dem Kläger ein Leichtes gewesen wäre, dazu Stellung zu nehmen (RIS-Justiz RS0039927 [T1] und [T12]). Es hat die Beklagte auch noch in der Revisionsbeantwortung vorgebracht, sie habe von der Möglichkeit des Ausschlusses gemäß § 4 Abs 1 Z 1 KHVG Gebrauch gemacht und mit dem Kläger und dem Mitgesellschafter den angesprochenen Risikoausschluss im Rahmen des Versicherungsvertrags betreffend den Lkw Tatra vereinbart. Zweifel an der Unstrittigkeit der Tatsache, es handle sich sowohl beim Kläger als auch beim Mitgesellschafter um Versicherungsnehmer der Beklagten aus dem Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherungsvertrag für den Lkw Tatra, sind daher nicht angebracht.

3. Der Oberste Gerichtshof hat mehrfach anlässlich der Beurteilung von Ansprüchen wegen (legalzedierter) Heilungskosten nach Verkehrsunfällen, die sich im Jahr 1972 ereigneten, zur damals gültigen Klausel nach Artikel 4 lit b AKHB Stellung genommen. Danach waren Ersatzansprüche unter anderem des Eigentümers und des Halters gegen mitversicherte Personen von der Versicherung ausgeschlossen.

3.1. Zur Frage, ob es sich beim Versicherungsnehmer grundsätzlich um eine von den Mitversicherten verschiedene Person handelt und daher Artikel 4 lit b AKHB nicht zur Anwendung komme, führte der Oberste Gerichtshof zu 7 Ob 3/76 (= ZVR 1977/80, 118) unter anderem aus:

„Nach allgemeinen versicherungsrechtlichen Grundsätzen ist Versicherungsnehmer jene Person, die den Versicherungsvertrag abgeschlossen hat und aus ihm daher in erster Linie berechtigt ist (sieht man von Fällen ab, in denen der Versicherungsnehmer nicht zugleich Versicherter ist). Neben dem Vertragspartner des Versicherers können aber auch weitere Personen aus dem Versicherungsvertrag berechtigt sein. Bezüglich dieser Personen spricht man im allgemeinen von Mitversicherten. [...]. Es kann davon ausgegangen werden, daß dem Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Versicherers grundsätzlich Versicherungsschutz geleistet werden soll. Die Mitversicherung im Sinn des Art 1 Abs 2 AKHB bringt es mit sich, daß der Versicherer daneben auch einem wechselnden Personenkreis, auf dessen Zusammensetzung er keinen Einfluß hat, Versicherungsschutz leisten muss. Dies führt zu einem erhöhten Risiko für ihn. Art 4 lit b AKHB will dieses Risiko dort einschränken, wo infolge des wechselnden Personenkreises erhöhte Manipulationsgefahr besteht. Wenn schon für dem Versicherer vorher nicht bekannte Personen Versicherungsschutz geleistet werden muß, soll dies doch ausgeschlossen werden, wenn den Anspruch eine dieser Personen gegen eine andere desselben Personenkreises geltend macht. Für den Versicherungsnehmer als Vertragspartner des Versicherers gelten diese Bedenken nicht im selben Ausmaß, weil dem Versicherer bei Abschluß des Vertrags die Person des Versicherungsnehmers bekannt war [...]. Wo jedoch erhöhte Kollusionsgefahr anzunehmen ist, [...] wurde der Ausschluß von Ansprüchen gegen den Versicherungsnehmer ausdrücklich neben dem Ausschluß von Ansprüchen gegen die mitversicherten Personen angeführt. Gerade dies zeigt aber, daß die Verordnung den Ausschluß von Ansprüchen gegen mitversicherte Personen nicht als Ausschluß von Ansprüchen gegen den Versicherungsnehmer selbst verstanden wissen wollte."

3.2. Daran hielt der Oberste Gerichtshof zu 7 Ob 41/76 (= ZVR 1977/308, 375) fest: Der Vertragspartner des Versicherers (Versicherungsnehmer) sei nach der Definition des Art 1 Abs 2 AKHB nicht Mitversicherter, und es solle ihm grundsätzlich Versicherungsschutz geleistet werden; daher beziehe sich die Ausschlussbestimmung des Artikel 4 lit b AKHB nicht auf Ansprüche, die mitversicherte Personen gegen den Versicherungsnehmer erheben.

3.3. Zu 7 Ob 65/77 bekräftigte der Oberste Gerichtshof diese Ansicht neuerlich: Das Hauptargument sei, dass der Versicherungsnehmer als direkter Vertragspartner des Versicherers in erster Linie Erfüllung des Vertrags durch Gewährung des Versicherungsschutzes verlangen könne. Im österreichischen Recht bestehe der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten seien. Unabhängig davon, ob die Seriösität eines möglichen Vertragspartners mehr oder weniger eingehend geprüft werde oder werden könne, müsse sich derjenige, der einen Vertrag abschließe, darüber im Klaren sein, dass er dem ihm bekannten Vertragspartner gegenüber bestimmte Verpflichtungen übernehme. Es sei daher nicht angebracht, Risikoausschlüsse in Versicherungsbedingungen insoweit eher einschränkend auszulegen, als sie den unmittelbaren Vertragspartner des Versicherers, nämlich den Versicherungsnehmer, beträfen. Die im Wesen der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung liegende Mitversicherung, wodurch der Versicherer auch für das Verhalten von Personen einzutreten habe, deren Kreis er bei Abschluss des Versicherungsvertrags auch nicht annähernd überblicken könne, lasse es verständlich erscheinen, dass Versicherungsbedingungen bezüglich dieses unbestimmten Kreises Risikoeinschränkungen aufnehmen. Dass die Ausdehnung derartiger Einschränkungen auf den Vertragspartner selbst nicht angebracht erscheine, liege auf der Hand.

4. Anlässlich eines im Jahr 1976 eingetretenen Verkehrsunfalls und mit Bezugnahme auf Art 4 lit b AKHB ging der Oberste Gerichtshof davon aus, dass dieser Risikoausschluss zum Tragen komme, weil der Zweitbeklagten als mitversicherter Person mit dieser Bestimmung der Versicherungsschutz entzogen werde, zumal sie auch nicht als Versicherungsnehmerin des Fahrzeugs, mit dem der Unfall zustande gekommen sei, angesehen werden könne (8 Ob 71/82).

5. Schließlich nahm der Oberste Gerichtshof in 2 Ob 65/86 (= SZ 59/195) zu § 59a KFG in der zum Unfallszeitpunkt am 28. 5. 1983 geltenden und mit den hier maßgebenden Bestimmungen des KHVG vergleichbaren Fassung Stellung. Der Oberste Gerichtshof hielt fest, dass der Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs der Versicherungsausschluss des § 59a Abs 2 Z 2 KFG nicht zustatten komme, weil der Erstbeklagte (Eigentümer und Halter des Fahrzeugs) als Versicherungsnehmer nicht zum Kreis der dort genannten mitversicherten Personen gehöre und gegen ihn geltend gemachte Ansprüche anderer Mitversicherter, für die der Versicherer Versicherungsschutz zu gewähren habe, nicht unter die Ausschlussklausel fielen.

6. Diese Rechtsprechung entspricht auch der herrschenden deutschen Lehre. So vertritt Knappmann (in Prölss/Martin VVG27, § 11 AKB Rz 3) zur vergleichbaren Bestimmung des § 11 Z 2 AKB die Ansicht, mitversichert sei, wer durch denselben Vertrag wie der Versicherungsnehmer versichert sei, ohne selbst Versicherungsnehmer zu sein, etwa ein Mithalter.

In diesem Sinn lehren auch Stiefel/Hofmann (in Kraftfahrversicherung17 § 11 AKB Rz 9), mitversicherte Personen seien diejenigen, die durch den gleichen Versicherungsvertrag im Wege der Fremdversicherung seitens des Versicherungsnehmers gegen die Haftpflicht mitversichert seien. Mitversicherte Personen seien danach niemals mehrere Versicherungsnehmer im Verhältnis zueinander. In der Haftpflichtversicherung stehe bei mehreren Versicherungsnehmern jedem von ihnen ein eigener unabhängiger Versicherungsschutzanspruch gegen den Versicherer zu. Die Inanspruchnahme durch den geschädigten Dritten sei für jeden Versicherungsnehmer ein selbständiges Wagnis, sodass die Versicherungsschutzansprüche der einzelnen Versicherungsnehmer völlig unabhängig voneinander seien. Demgemäß beziehe sich § 11 Z 2 AKB niemals auf die Ansprüche eines Versicherungsnehmers gegen einen anderen Versicherungsnehmer des gleichen Vertrags, gleichgültig, ob diese Versicherungsnehmer untereinander in einem Gesamthandverhältnis stünden oder als Bruchteilseigentümer an dem Fahrzeug beteiligt seien.

7. Es besteht kein Anlass, von der dargestellten ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu vergleichbarer Gesetzes-/Bedingungslage abzugehen, weil das überzeugende Hauptargument, der - dem Versicherer schon beim Vertragsabschluss bekannte - Versicherungsnehmer habe als direkter Vertragspartner Anspruch auf Erfüllung des Versicherungsvertrags durch Gewährung des Versicherungsschutzes, nichts an Gewicht und Aktualität eingebüßt hat. Das bedeutet, dass sich die Beklagte betreffend den Mitgesellschafter zu Unrecht auf den Risikoausschluss nach Artikel 8.1. AKHB 1995 beruft, weil der Mitgesellschafter als (einer der) Versicherungsnehmer des versicherten Fahrzeugs Lkw Tatra davon nicht erfasst wird.

8. Der Deckungsumfang des Versicherers ist in § 2 KHVG gesetzlich zwingend umschrieben. Nach dessen Abs 1 umfasst die Versicherung die Befriedigung begründeter oder die Abwehr unbegründeter Ersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch die Verwendung des versicherten Fahrzeugs Personen verletzt oder getötet werden, Sachen beschädigt oder zerstört worden oder abhanden gekommen sind oder ein Vermögensschaden verursacht worden ist, der weder Personen- noch Sachschaden ist (bloßer Vermögensschaden).

Voraussetzung für die Haftung des Versicherers ist daher, dass den Versicherungsnehmer oder den Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht trifft. § 2 Abs 1 KHVG begründet keine von der Ersatzpflicht dieser Personen unabhängige Schadenersatzpflicht des Versicherers. Trifft weder den Versicherungsnehmer noch einen Mitversicherten eine Schadenersatzpflicht, so haftet der Versicherer auch dann nicht, wenn der Schaden durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs verursacht wurde (RIS-Justiz RS0088976 [T2]). Die Haftung der Beklagten für den geltend gemachten Sachschaden des Klägers hängt also davon ab, ob der Kläger aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen über einen Schadenersatzanspruch gegen eine der in § 2 Abs 1 KHVG genannten Personen (Versicherungsnehmer oder Mitversicherter) verfügt. Unter gesetzlichen Haftbestimmungen im Sinn dieser Vorschrift sind nach ständiger Rechtsprechung sowohl jene des EKHG als auch die Schadenersatznormen des ABGB zu verstehen (RIS-Justiz RS0065615; RS0081163).

9. Zur Frage der (Mit-)Haltereigenschaft von Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass die Teilhaber einer Arbeitsgemeinschaft (also einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts) als Halter eines von der ARGE betriebenen Kraftfahrzeugs anzusehen sind (RIS-Justiz RS0058129); diese haften gemäß § 5 Abs 2 EKHG zur ungeteilten Hand. Damit wird auf §§ 891 ff ABGB verwiesen, sodass für den Rückgriff im Verhältnis zwischen mehreren Haltern § 896 ABGB einschlägig ist (Schauer in Schwimann3 § 5 EKHG Rz 32).

Dem Kläger können zwar Ersatzansprüche gegen sich selbst als Mithalter des Lkw Tatra naturgemäß nicht zustehen, weil niemand gegen sich selbst Forderungen haben und so sein eigener Schuldner sein kann (Koziol/Welser II13 107). Wohl aber besteht ein Ersatzanspruch des Klägers gegen den zweiten Mithalter (vgl 2 Ob 73/05g). Da ein „anderes besonderes Verhältnis" im Sinn des § 896 ABGB weder erkennbar ist noch behauptet wurde, hat es zwischen dem Kläger und dem Mitgesellschafter bei der in § 896 ABGB subsidiär angeordneten Teilung nach Köpfen zu bleiben. Der Kläger hat daher Anspruch gegenüber dem Beklagten im Ausmaß der Hälfte des an seinem Lkw Iveco eingetretenen Schadens, also im zuletzt eingeklagten und unstrittigen Ausmaß von 9.750 EUR.

10. Zusammenfassung:

Der Revision des Klägers war daher zum Hauptanspruch Folge zu geben und die Urteile der Vorinstanzen insoweit im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern.

11. Hinsichtlich eines Teils des Zinsenbegehrens und der begehrten Nebenforderung von 100 EUR hat es allerdings bei der Klagsabweisung zu bleiben.

Die Voraussetzungen für den Zuspruch der begehrten Zinsen von 7,5 % und für einen Zinsenlauf bereits ab 18. 8. 2005 hat der Kläger nämlich nicht bewiesen. Zinsen können daher nur im gesetzlichen Ausmaß von 4 % ab dem der Klagsbehändigung folgenden Tag (das ist der 9. 8. 2006) zugesprochen worden.

Die Behauptungen zur von der klagenden Partei geltend gemachten Nebenforderung von 100 EUR „für ihre Aufwendungen" blieben ohne ausreichende Substantiierung, was einem Zuspruch - auch ohne Erörterung (§ 182a ZPO) - entgegensteht.

12.1. Die Kostenentscheidung zum Verfahren erster Instanz gründet sich auf §§ 41, 43 ZPO.

Die bereits in der Mahnklage geltend gemachten vorprozessualen Kosten von 1.177,80 EUR blieben auch mit der bei Schluss der Verhandlung gelegten Kostennote - entgegen § 54 Abs 1 ZPO - unbescheinigt und sind daher nicht ersatzfähig.

Im ersten Verfahrensabschnitt bis zur Klagseinschränkung ist der Kläger gegenüber der Beklagten nur zur Hälfte durchgedrungen, weshalb gemäß § 43 Abs 1 ZPO mit Kostenaufhebung vorzugehen ist, ausgenommen die halbe Pauschalgebühr von 303,50 EUR. Dem Schriftsatz mit der Klagsrücknahme/-einschränkung vom 24. 10. 2006 ist die Notwendigkeit zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Sinn des § 41 ZPO abzusprechen, weshalb eine Entlohnung nicht in Frage kommt.

Für den zweiten Abschnitt hat der nun zur Gänze mit der Hauptforderung durchdringende Kläger die Kosten richtig verzeichnet und Anspruch auf vollen Ersatz gemäß § 41 ZPO.

12.2. Die Kostenentscheidung zu den Rechtsmittelverfahren gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat dem Kläger die richtig verzeichneten Kosten beider Rechtsmittelschriften zu ersetzen.

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