OGH 2Ob65/86

OGH2Ob65/8611.11.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Otto T***, Malergeselle, 9640 Kötschach 67, vertreten durch Dr. Hans Gradischnig, Rechtsanwalt in Villach, wider die beklagten Parteien

1.) Gerfried K***, technischer Zeichner, 9640 Kötschach 47, vertreten durch Dr. Hugo Schally und Dr. Anton Knees, Rechtsanwälte in Klagenfurt, und 2.) I*** U***- und

S***-AG, 1010 Wien, Tegetthoffstraße 7, vertreten

durch Dr. Leopold Hammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 400.500,-- s. A. und Feststellung (Interesse S 120.000,--), Revisionsinteresse S 140.000,--), infolge Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 14. März 1986, GZ 4 R 39/86-13, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. Oktober 1985, GZ 22 Cg 268/85-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Zweitbeklagte hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 28.5.1983 erlitten der Kläger und der Erstbeklagte bei einem Motorradunfall schwere Verletzungen. Eigentümer und Halter des Motorrades war K***, Haftpflichtversicherer die Zweitbeklagte. Mit rechtskräftigem Urteil des Strafgerichtes wurde Gerfried K*** (der Erstbeklagte) schuldig erkannt, er habe am 28.5.1983 auf der Plöckenpaß-Bundesstraße am Gailberg nördlich von Laas durch Überlassen seines Motorrades mit dem amtlichen Kennzeichen K 157.019 zur Lenkung an Otto T*** (den Kläger), von dem ihm bekannt war, daß dieser alkoholisiert war, fahrlässig Otto T*** am Körper schwer verletzt, da dieser von der Fahrbahn abkam, über eine Böschung stürzte und ein schweres Gehirntrauma mit einer Impressionsfraktur links erlitten habe. Gerfried K*** habe hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach dem § 88 Abs.1 und 4 StGB begangen. Der Kläger brachte vor, K*** habe das Motorrad zur Unfallszeit gelenkt; er lasse sich, weil er in Kenntnis der Alkoholisierung des K*** mit diesem mitgefahren sei, ein Mitverschulden von 1/4-Anteilen anrechnen und begehre unter Berücksichtigung der Haftungsquote von 75 % die Bezahlung eines Schmerzengeldes von S 300.000,-- sowie die Feststellung der künftigen Schadenshaftung beider Beklagter zu 3/4-Anteilen; außerdem habe er unfallsbedingt einen Verdienstentgang von S 100.500,-- erlitten, den er zur Gänze ersetzt begehre.

Der Erstbeklagte beantragte Klagsabweisung. Das ihm anzulastende, vom Strafgericht bindend festgestellte Verschulden sei gegenüber dem schweren Verschulden des Klägers, der das Motorrad in alkoholisiertem Zustand gelenkt habe, zu vernachlässigen; der Verdienstentgang sei überhöht berechnet, das Schmerzengeld wesentlich niedriger auszumessen, die Haftungsfeststellung unbegründet; im übrigen werde einer allenfalls zu Recht bestehenden Klagsforderung eine Gegenforderung an Schmerzengeld von S 300.000,-- aufrechnungsweise entgegengesetzt.

Die Zweitbeklagte beantragte ebenfalls Klagsabweisung, weil der Kläger als Lenker gegenüber dem Haftpflichtversicherer des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges keinen Versicherungsschutz genieße. Sollte dies doch der Fall sein, so treffe ihn ein Mitverschulden an seiner Verletzung von 3/4-Anteilen; außerdem sei das geltend gemachte Schmerzengeld überhöht, ein Feststellungsinteresse mangels Dauerfolgen nicht gegeben und der Verdienstentgang ohne Berücksichtigung des Quotenvorrechts der Sozialversicherung zu hoch errechnet worden.

Das Verfahren gegen den Erstbeklagten kam zum Ruhen. Das Erstgericht stellte mit Zwischenurteil gegenüber der Zweitbeklagten den Anspruch des Klägers auf Schmerzengeld und Haftung für alle künftigen Unfallsfolgen dem Grunde nach zu 1/4 als zu Recht bestehend fest, sprach mit Teilurteil außer der nochmaligen Haftungsfeststellung für künftige Unfallsfolgen zu 1/4 die Beschränkung der Haftung der Zweitbeklagten auf die Versicherungssumme aus und wies im weiteren das Begehren auf Bezahlung eines Verdienstentganges von S 100.500,-- ab. Die Klagsabweisung wurde rechtskräftig.

Die Berufung der Zweitbeklagten blieb erfolglos. Das Berufungsgericht bestätigte das Teilurteil des Erstgerichtes vollinhaltlich und das Zwischenurteil mit der Maßgabe, daß der Anspruch des Klägers auf Bezahlung eines Schmerzengeldes gegenüber der Zweitbeklagten dem Grunde nach zu 1/4 zu Recht bestehend erkannt wurde. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 60.000,--, nicht aber S 300.000,-- übersteige, und daß die Revision nicht nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO zulässig sei.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die außerordentliche Revision der Zweitbeklagten aus dem Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Annahme des Rechtsmittels und Abänderung des Urteiles des Berufungsgerichtes im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat dem Kläger mit Entscheidung vom 9.9.1986 die Erstattung einer Revisionsbeantwortung freigestellt; der Kläger hat keine Revisionsbeantwortung eingebracht.

1. Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision:

Das Berufungsgericht hat die Nichtzulassung der Revision lediglich damit begründet, daß hiezu "mangels Vorliegens bedeutsamer Rechtsfragen kein Anlaß bestehe".

Die Zweitbeklagte führt zur Zulässigkeit des Rechtsmittels unter anderem aus, im vorliegenden Verfahren sei die Rechtsfrage zu entscheiden, ob der alkoholisierte Lenker eines Fahrzeuges, der erwiesenermaßen einen Unfall verschuldete, bei dem er selbst zu Schaden kam, berechtigt sei, gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeuges, mit dem er den Unfall verschuldete, Ersatzansprüche zu stellen. Zu dieser Frage bestehe keine gesicherte Judikatur, es handle sich um die Frage des Umfanges der Haftung der Haftpflichtversicherung und bei der Entscheidung im gegebenen Fall um die Lösung einer Rechtsfrage, die nicht nur für die Rechtssicherheit und die Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung habe, sondern deren Lösung auch im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechung notwendig sei.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu. Zu der hier anzuwendenden Bestimmung des § 59 a KFG liegt noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor; ebenso zur Auslegung des § 63 Abs.1 KFG in dem Sinn, ob der Lenker als "geschädigter Dritter" im Sinn dieser Gesetzesstelle gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherten und dessen Haftpflichtversicherer anzusehen ist. Damit sind aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes die Voraussetzungen des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO gegeben und die außerordentliche Revision ist somit zulässig. Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Das Erstgericht ist im wesentlichen von folgenden für das Revisionsverfahren noch relevanten Feststellungen ausgegangen:

Vom 27.5.1983 etwa 21,30 Uhr bis in den Morgen des 28.5.1983 zechten der Beklagte und der Kläger gemeinsam in verschiedenen Gasthäusern. Schließlich, gegen 7,30 Uhr trafen sie im Lokal der Annerose B*** ein, wo sie weiter Bier tranken. Auf der Fahrt in Richtung Gailberg hatte der Beklagte das Motorrad gelenkt, während der Kläger am Sozius saß. Bereits auf dieser Fahrt versprach der Beklagte dem Kläger, daß dieser auf der Rückfahrt sein Motorrad lenken dürfe. Schon vor dem Unfall hatte K*** einmal mit dem Kläger, der ein Motorrad des gleichen Typs besitzt, das Motorrad getauscht. Nachdem K*** und der Kläger den "Gailtaler Hof" am Gailbergsattel verlassen hatten, überließ K*** dem alkoholisierten Kläger sein Motorrad, welcher das Fahrzeug auf der Plöckenpaß-Bundesstraße in Richtung Kötschach-Mauthen lenkte. Ca. 130 m nach dem Straßenkilometer 9,6 kam das vom Kläger gelenkte Motorrad in einer leichten Linkskurve von der Fahrbahn nach rechts ab, fuhr über eine ca. 1 m hohe Böschung und stürzte, wobei sowohl K*** als auch der Kläger schwer verletzt wurden. Bei der nach dem Unfall durchgeführten Blutalkoholbestimmung wurde beim Beklagten eine Blutalkoholkonzentration von 1,56 %o (Widmark) bzw. 1,61 %o (AHD) und beim Kläger eine Blutalkoholkonzentration von 1,6 %o (Widmark) bzw. 1,63 %o (AHD) festgestellt.

Bei dem Unfall erlitt der Kläger ein schweres Schädel-Hirn-Trauma sowie eine Impressionsfraktur links temporoparietal; es erfolgte ein operativer Eingriff, und zwar eine Trepanation mit Entfernung der Knochenfragmente und Hämatomausräumung sowie eine Tracheotomie. Der Kläger befand sich vom 28.5.1983 bis 24.6.1983 in der Neuro-chirurgischen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt. Vom 4.7.1983 bis Oktober 1983 befand er sich wegen eines schweren psychoorganischen Syndroms nach dem Schädel-Hirn-Trauma in der Psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses Klagenfurt. In der Folge wurde er in der Universitätsklinik in Innsbruck behandelt. Insgesamt war der Kläger 25 Tage bewußtlos.

Ein Strafverfahren gegen den Kläger wurde nicht eingeleitet. Zu der im Revisionsverfahren allein relevanten Frage der Haftung der Zweitbeklagten führte das Erstgericht aus, im vorliegenden Fall sei die im Unfallszeitpunkt bereits in Geltung stehende Bestimmung des § 59 a KFG anzuwenden. Die Ausschlußklausel des § 59 a Abs.2 Z 2 KFG beziehe sich nicht auf Ansprüche, die mitversicherte Personen gegen den Versicherungsnehmer erheben. Da der Versicherungsnehmer nicht Mitversicherter sei, müsse grundsätzlich Versicherungsschutz geleistet werden, wenn durch ein Verschulden des Versicherungsnehmers oder Halters der Lenker Ansprüche gegen diesen erhebe. Der Haftpflichtversicherer sei zur Deckung des Schadens verpflichtet, da die Ansprüche des Lenkers gemäß § 59 a Abs.2 Z 2 KFG nicht ausgeschlossen seien. Das Verschulden des Versicherungsnehmers K*** stehe auf Grund seiner strafgerichtlichen Verurteilung bindend fest. Den Kläger treffe jedoch ein weit überwiegendes Mitverschulden, weil er als Lenker des Motorrades in betrunkenem Zustand den Unfall herbeigeführt habe. Es sei daher eine Verschuldensteilung im Verhältnis von 1 : 3 zu Lasten des Klägers gerechtfertigt.

Das Berufungsgericht billigte, ausgehend von den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes auch dessen rechtliche Beurteilung in Ansehung der Haftung der Zweitbeklagten.

Die Zweitbeklagte führt in ihrer Revision aus, das Wesen der Haftpflichtversicherung bestehe im Schutz Dritter vor Gefahren durch den Betrieb eines Kraftfahrzeuges und nicht im Schutz jener Personen, die beim Betrieb des Kraftfahrzeuges tätig seien. Mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 3 Z 3 EKHG sei auch § 19 EKHG im Sinne des Schutzes von dritten Personen, die nicht Lenker des Fahrzeuges seien, auszulegen. Das Verschulden des Versicherungsnehmers der Zweitbeklagten liege nicht darin, daß er in irgendeiner Weise den Betrieb des Fahrzeuges beeinflußt, sondern lediglich darin, daß er den Betrieb durch den betrunkenen Kläger ermöglicht habe. Dies sei sicherlich ein Grund dafür, daß ihn die Haftung für Schäden treffe, welche dadurch dritte Personen erleiden können. Dem Lenker gegenüber sei er jedoch in keiner Weise am Betrieb des Fahrzeuges beteiligt gewesen, sodaß im gegenständlichen Fall die Haftung der Versicherung ausgeschlossen sei. Haftungsbegründend könnte nur ein Verhalten des Versicherungsnehmers sein, welches mit dem Betrieb in unmittelbarem Zusammenhang stehe. Im gegenständlichen Fall sei jedoch der Betrieb des Fahrzeuges durch den Versicherungsnehmer nicht beeinflußt worden, sondern sein einziges Fehlverhalten habe in der fehlerhaften Beurteilung der durch Alkohol beeinträchtigten Fähigkeiten des Klägers bestanden. Vom Berufungsgericht sei nicht berücksichtigt worden, daß der Haftpflichttatbestand eine Gefährdungshaftung darstelle. Zwischen der Gefährdungshaftung und der Verschuldenshaftung sei jedoch zu unterscheiden. Es sei daher bereits aus diesem Grunde zu Unrecht die Haftung der Zweitbeklagten für den Schaden angenommen worden, der durch das eigene Handeln des Klägers bei ihm selbst eingetreten sei. Unrichtig sei auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß mit dem Ausdruck "geschädigter Dritter" in § 63 Abs.1 KFG jede vom Versicherer und ersatzpflichtigen Versicherten verschiedene Person zu verstehen sei, weil dann, wenn man von dem Begriff des geschädigten Dritten ausgehe, es notwendig sei, diesem den Schädiger gegenüber zu stellen. Schädiger beim gegenständlichen Unfall sei aber eindeutig der Kläger gewesen, der deshalb nicht gleichzeitig als geschädigter Dritter angesehen werden könne. Die Annahme der Haftung der Zweitbeklagten verstoße auch gegen die guten Sitten im Sinn des § 879 ABGB, weil sonst der Lenker eines Fahrzeuges, der pflichtwidrig im alkoholisierten Zustand ein Fahrzeug lenke und dabei zu Schaden komme, besser gestellt wäre als ein Lenker, der sich zwar bemühe, die Vorschriften einzuhalten, doch durch widrige Umstände fahrlässig zu Schaden komme. Dies sei jedoch mit dem Rechtsgefühl der Rechtsgemeinschaft, welche gerade das Lenken eines Fahrzeuges im alkoholisierten Zustand strikt ablehne, nicht vereinbar.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. Gemäß der im Unfallszeitpunkt bereits geltenden Bestimmung des § 59 a Abs.1 KFG muß die Versicherung die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Ersatzansprüche umfassen, die auf Grund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen (Abs.3) erhoben werden, wenn durch die Verwendung des Fahrzeuges gemäß § 1 Abs.1 KFG ua. Menschen verletzt werden. Die im Unfallszeitpunkt geltende Bestimmung des Art.1 Abs.1 AKHB 1967 stand im Einklang mit der Bestimmung des § 59 a Abs.1 KFG. Wie der Oberste Gerichtshof zu Art.1 Abs.1 AKHB 1967 ausgesprochen hat, sind unter "gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen" im Sinn dieser Vorschrift nicht nur jene des EKHG zu verstehen, sondern auch die Schadenersatznormen des ABGB (vgl. ZVR 1985/42 ua.). Daß dies auch für den Begriff der "gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen" in § 59 a Abs.1 KFG gilt, kann nicht zweifelhaft sein. Mit dem Hinweis auf § 3 Z 3 EKHG kann die Zweitbeklagte daher für ihren Standpunkt, sie habe für den Schaden des Klägers nicht einzustehen, nichts gewinnen. Durch die rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung des Erstbeklagten, des Versicherungsnehmers der Zweitbeklagten, steht nämlich im Sinn des § 268 ZPO bindend das Verschulden des Erstbeklagten und der Kausalzusammenhang zwischen dem schuldhaften Fehlverhalten des Erstbeklagten und der Verletzung des Klägers fest. Darüber hinaus hat die Zweitbeklagte ein 25 %-iges Mitverschulden des Erstbeklagten an der Verursachung des Unfalles zugestanden. Zutreffend hat daher das Berufungsgericht das Vorliegen der Voraussetzungen des § 59 a Abs.1 KFG bzw. des Art.1 Abs.1 AKHB, nämlich die Verletzung des Klägers bei der Verwendung des bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherten Motorrades, bejaht und daraus gefolgert, daß der Kläger zur Erhebung von auf das Verschulden des Versicherungsnehmers gestützten Schadenersatzansprüchen auch unmittelbar gegen die Zweitbeklagte (§ 63 Abs.1 KFG) berechtigt war. Der Kläger, der das Motorrad im Unfallszeitpunkt mit dem Willen des erstbeklagten Halters lenkte, war Mitversicherter im Sinn des § 59 a Abs.3 KFG und als solcher berechtigt, seinen Anspruch selbständig gegen den Versicherer geltend zu machen (vgl. SZ 46/89 ua. hinsichtlich Haftpflichtversicherung). Ebenfalls ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht erkannt, daß der Zweitbeklagten der Versicherungsausschluß des § 59 a Abs.2 Z 2 KFG nicht zustatten kommt, weil der Erstbeklagte als Versicherungsnehmer nicht zum Kreis der dort genannten mitversicherten Personen gehörte und damit gegen ihn geltend gemachte Ansprüche anderer Mitversicherter, für die der Versicherer Versicherungsschutz zu gewähren hat, nicht unter die Ausschlußklausel fallen (vgl. ZVR 1977/80 und 308 ua.). Schließlich kann entgegen der Auffassung der Revision auch aus § 63 Abs.1 KFG nicht abgeleitet werden, daß dem Kläger, der als berechtigter Lenker und daher Mitversicherter im Sinn des § 59 a Abs.1 KFG seinen Anspruch gegen den Versicherer selbst geltend machen konnte, die Eigenschaft der "geschädigten Dritten" im Sinn des § 63 Abs.1 KFG nicht zukäme.

Dem zweifellos überwiegenden Mitverschulden des Klägers, der in beträchtlich alkoholisiertem Zustand die Lenkung des Motorrades übernommen hatte, wurde durch die Schadensteilung im Verhältnis von 1 : 3 zu seinen Lasten hinreichend Rechnung getragen. Eine Haftungsbefreiung kann die Zweitbeklagte daraus aber nicht ableiten, weil die Voraussetzungen der Leistungsfreiheit nach Art.6 Abs.2 lit.b) AKHB in bezug auf den Kläger nicht zutreffen und eine allgemeine Trunkenheitsklausel (als Obliegenheitsverletzung) das Haftpflichtversicherungsrecht nicht enthält (vgl. Stiefel-Hofmann Kraftfahrtversicherung 1986, 2,142).

Der Einwand der Revision, daß die Annahme einer Haftung der Zweitbeklagten sittenwidrig im Sinn des § 879 ABGB sein könnte, geht schon deshalb fehl, weil diese Haftung, wie oben dargelegt, aus den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen abzuleiten ist. Für die Annahme eines - stillschweigenden - Haftungsausschlusses oder -verzichtes mangelt es schon an Behauptungen der zweitbeklagten Partei.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte