OGH 7Ob164/08f (7Ob184/08x)

OGH7Ob164/08f (7Ob184/08x)27.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Ablehnungssache des Betroffenen Felix Caspar P*****, vertreten durch Mag. Christian Pilz, Rechtsanwalt in Wien, im Verfahren 231 P 982/07z des Bezirksgerichts Graz-Ost, I. über den Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 9. Mai 2008, GZ 2 R 64/08m-5, womit der gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 31. März 2008, GZ 7 Nc 20/08h-2 vom Betroffenen erhobene Rekurs vom 21. April 2008 zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst (7 Ob 164/08f):

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

II. über den „Revisionsrekurs" des Betroffenen gegen Punkt 2. des Beschlusses des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 27. Juni 2008, GZ 2 R 64/08m-7, womit der Antrag des Betroffenen auf amtswegige Berichtigung/Aufhebung der Zurückweisung des Rekurses vom 21. April 2008 mit Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 9. Mai 2008, GZ 2 R 64/08m-5, abgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst (7 Ob 184/08x):

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Antrag zurückgewiesen wird.

Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Auf Anregung seiner Mutter ist beim Bezirksgericht Graz-Ost zu 231 P 982/07z ein Sachwalterbestellungsverfahren für den Betroffenen anhängig. Die Erstanhörung fand am 23. Jänner 2008 durch die Richterin Mag. J***** statt. Mit Beschluss vom selben Tag setzte diese das Verfahren zur Prüfung der Sachwalterbestellung fort und bestellte sowohl eine Verfahrenssachwalterin als auch eine mittlerweilige Sachwalterin für dringende Angelegenheiten, insbesondere zur Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten. Mit Schriftsatz vom 23. Jänner 2008, eingelangt am 28. Jänner 2008 lehnte der Betroffene alle Richter des Bezirksgerichts Graz-Ost, insbesondere die Richterinnen Dr. O***** und Mag. J*****, darüber hinaus alle Richter des Bezirksgerichts Graz-West, des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz und ebenso namentlich genannt alle 32 Richter des Oberlandesgerichts Graz als befangen ab und stellte einen auf die vermeintliche Befangenheit gegründeten Delegierungsantrag „in den Sprengel des OLG Linz".

Vom gemäß § 23 JN zuständigen Senat des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz wurde der Befangenheitsantrag gegen die Richterin des Bezirksgerichts Graz-Ost Mag. J***** abgewiesen. Soweit vom Ablehnungsantrag weitere Richter des Sprengels des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz betroffen sind, wurde er zurückgewiesen. Den vom Betroffenen (per Telefax) eingebrachten, mit einem Ablehnungs- (und darauf gestützten Delegierungs-)antrag unter anderem auch gegen alle namentlich genannten Richter des Oberlandesgerichts Graz verbundenen, Rekurs wies das Oberlandesgericht Graz mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 9. Mai 2008 als verspätet zurück und erklärte den ordentlichen (Revisions-)Rekurs für nicht zulässig. In seiner ausführlichen Begründung führte das Rekursgericht zusammengefasst aus, die Rekursfrist habe mit Ablauf des 21. April 2008 geendet, weshalb der erst am 23. April 2008 beim Erstgericht (Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz) eingelangte Rekurs verspätet sei. § 46 Abs 3 AußStrG sei nach dem zweiten Satz des § 127 AußStrG im Sachwalterbestellungsverfahren nicht anzuwenden, sodass auch im vorliegenden Ablehnungsverfahren ein verspäteter Rekurs nicht berücksichtigt werden könne. Der zweite, zur Entscheidung über Rekurse in Ablehnungssachen zuständige Zivilsenat des Oberlandesgerichts Graz habe ungeachtet der Ablehnung aller Mitglieder dieses Senats pauschal und samt allen anderen Richtern des Oberlandesgerichts Graz durch den Rekurswerber entscheiden können, weil in Wahrheit ein unzulässiger und substanzloser Pauschalablehnungsantrag einen ganzen Gerichtshof betreffend vorliege. Daher habe sich auch eine Befassung des Höchstgerichts mit dieser unzulässigen Pauschalablehnung erübrigt. Da auch im Fall einer Bestätigung einer Antragszurückweisung aus formalen Gründen eine Zulassung eines Revisionsrekurses unter der Voraussetzung des § 528 Abs 1 ZPO in Betracht komme, sei zu dessen Zulässigkeit Stellung zu nehmen. Da aber zur Wahrung der Rekursfrist auch im Sachwalterbestellungsverfahren gesicherte Rechtsprechung bestehe, liege kein Fall des § 528 Abs 1 ZPO vor.

Dagegen stellte der Betroffene einen sowohl an das Bezirksgericht Graz-Ost als auch an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz und an das Oberlandesgericht Graz gerichteten „Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs verbunden mit Revisionsrekurs", in eventu einen Antrag auf „amtswegige Aufhebung" an das Rekursgericht. Mit seinem Beschluss vom 27. Juni 2008 überwies das Oberlandesgericht Graz den Revisionsrekurs vom 25. Juni 2008 dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zur geschäftsordnungsmäßigen Bearbeitung (Punkt 1.), wies den Antrag auf amtswegige Berichtigung/Aufhebung der Zurückweisung des Rekurses vom 21. April 2008 ab (Punkt 2.) und erklärte den ordentlichen (Revisions-)Rekurs für nicht zulässig (Punkt 3.).

Einer Entscheidung über den offenbar einerseits gemeinten Antrag, den ordentlichen Rekurs doch zuzulassen, bedürfe es - zumindest derzeit durch das Oberlandesgericht Graz - nicht, da grundsätzlich der Beschluss des Rekursgerichts auf Zurückweisung des Rekurses als verspätet ungeachtet des Ausspruchs im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO anfechtbar sei. Dieser Antrag sei aber verspätet, da die Rechtsmittelfrist nach Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses am 28. Mai 2008 bereits mit Ablauf des 11. Juni 2008 geendet habe, sodass der erst am 25. Juni 2008 per Telefax (offenbar auch an das Erstgericht und das Bezirksgericht Graz-Ost) gerichtete Revisionsrekurs verspätet erhoben worden sei. Das Rechtsmittel sei aber vorerst vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Gerichtshof erster Instanz einer geschäftsordnungsgemäßen Behandlung zuzuführen. Es bestehe auch für eine amtswegige ersatzlose Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses als offensichtlich unrichtig und für eine neuerliche Entscheidung über den diesfalls rechtzeitigen Rekurs kein Anlass. Entgegen der Behauptungen des Rechtsmittelwerbers sei nämlich weder nach den Beilagen des Rechtsmittelschriftsatzes noch nach der Aktenlage ersichtlich, dass ein Rekursschriftsatz am 21. April 2008 nicht nur an das Bezirksgericht Graz-Ost, sondern auch an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz gefaxt worden wäre. Vielmehr seien beide Rechtsmittelschriftsätze an das Bezirksgericht Graz-Ost gerichtet und gefaxt worden. Daher sei der Antrag auf amtswegige Berichtigung/Aufhebung der Rekursentscheidung abzuweisen gewesen. Rechtsfragen von den Einzelfall übersteigender Bedeutung im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO seien nicht zu lösen gewesen.

Rechtliche Beurteilung

I. Das Erstgericht (Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz) legte nunmehr den Rechtsmittelschriftsatz des Betroffenen vom 25. Juni 2008 als „außerordentlichen Revisionsrekurs" dem Obersten Gerichtshof - ungeachtet des Hinweises auf dessen Verspätung durch das Oberlandesgericht Graz und der Bestimmung des § 526 Abs 2 ZPO - vor. I.1. Der Revisionsrekurs in Ablehnungssachen ist zulässig, wenn das Rekursgericht eine meritorische Behandlung des gegen die erstgerichtliche Entscheidung gerichteten Rekurses aus formellen Gründen ablehnte; in diesen Fällen sind die Voraussetzungen des § 528 ZPO zu beachten (RIS-Justiz RS0044509, RS0046065; Ballon in Fasching/Konecny² § 24 JN Rz 8 mwN), sodass der Wert des Entscheidungsgegenstands und die Erheblichkeit der Rechtsfrage zu prüfen sind (5 Ob 68/06w). Allerdings hat der Entscheidungsgegenstand in Personenstandssachen ebensowenig einen Geldeswert wie Personenrechte und Familienrechte (1 Ob 543/91; RIS-Justiz RS0007110). Da der Entscheidungsgegenstand im Ablehnungsverfahren mit jenem im Hauptverfahren gleichzusetzen ist (1 Ob 543/91; RIS-Justiz RS0044508), hat das Rekursgericht zutreffend von einem Bewertungsausspruch Abstand genommen.

I.2. Das Rechtsmittel wurde aber verspätet erhoben: Die Zustellung der Rekursentscheidung des Oberlandesgerichts Graz vom 9. Mai 2008 sowohl an den frei gewählten Vertreter des Betroffenen als auch an seine Verfahrenssachwalterin und mittlerweilige Sachwalterin für dringende Angelegenheiten erfolgte am 28. Mai 2008. Die vierzehntägige Revisionsrekursfrist (8 Ob 34/05x; RIS-Justiz RS0001995) endete daher mit Ablauf des 11. Juni 2008. Die Erhebung des mit 25. Juni 2008 datierten Rechtsmittelschriftsatzes erfolgte somit jedenfalls außerhalb dieser Frist und daher verspätet. I.3. Gemäß § 46 Abs 3 AußStrG können Beschlüsse auch nach Ablauf der Rekursfrist angefochten werden, wenn ihre Abänderung oder Aufhebung mit keinem Nachteil für andere Personen verbunden ist. Diese Bestimmung gilt gemäß § 71 Abs 4 AußStrG auch im Revisionsrekursverfahren (RIS-Justiz RS0007078 [T3]). § 46 Abs 3 AußStrG ist die Nachfolgebestimmung des § 11 Abs 2 AußStrG 1854, zu der in ständiger Rechtsprechung judiziert wurde, dass sie bei einem verspäteten Rekurs gegen die Verwerfung der Ablehnung eines Außerstreitrichters unanwendbar ist (RIS-Justiz RS0007295; RS0017269 [T3] und [T5]). Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, in Ablehnungssachen würden auch im außerstreitigen Verfahren für den Rechtsmittelzug nur § 24 Abs 2 JN und die Rekursvorschriften der ZPO gelten, sodass § 11 Abs 2 AußStrG 1854 nicht anwendbar sei. Insofern hat sich die Rechtslage nicht geändert, weil auch das AußStrG 2005 keine Regelungen zur Ablehnung/Befangenheit enthält, sodass nach wie vor die allgemeinen Bestimmungen der §§ 19 ff JN maßgeblich sind. Diese enthalten aber nichts, was für eine Möglichkeit der Berücksichtigung eines verspäteten Rekurses spräche, sodass kein Anlass für ein Abgehen von der ständigen Rechtsprechung besteht. Es ist deshalb weiter daran festzuhalten, dass - auch nach § 46 Abs 3 AußStrG - ein verspäteter (Revisions-)Rekurs gegen die Verwerfung der Ablehnung eines Außerstreitrichters inhaltlich nicht zu behandeln ist (vgl Feil/Marent, AußStrG² § 46 Rz 9). Daher bedarf es auch keiner Auseinandersetzung mit der Bestimmung des § 127 AußStrG. II.1. Das Rekursgericht (Oberlandesgericht Graz) legte die weitere Rechtsmittelschrift des Betroffenen vom 17. Juli 2008, bezeichnet als „I. Revisionsrekurs, in eventu II. Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs" vor, der sich gegen den Beschluss des „Oberlandesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz 2 R 64/08m, zugestellt am 3. Juli 2008, in seiner Gänze" richtet, also gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 27. Juni 2008. Die Ausführungen im Rechtsmittel lassen - ungeachtet der Erklärung, die Entscheidung zur Gänze anzufechten - zweifelsfrei erkennen, dass (doch nur) Punkt 2. bekämpft wird, weil sich nur Ausführungen gegen die aufrecht erhaltene Ansicht des Rekursgerichts finden, der im Punkt I. dieses Beschlusses behandelte Revisionsrekurs sei verspätet eingebracht worden.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Graz auf Abweisung des Antrags auf amtswegige Berichtigung/Aufhebung der Zurückweisung des Rekurses vom 21. April 2008 stellt einen nicht im Rahmen des Rekursverfahrens gefassten Beschluss dar, der nach § 45 AußStrG zu beurteilen ist, weil das Oberlandesgericht Graz funktionell als erste Instanz entschieden hat. Der Beschluss ist daher unabhängig von Streitwert, Entscheidungsgegenstand oder erheblicher Rechtsfrage - mit Rekurs - bekämpfbar (Klicka in Rechberger, AußStrG § 62 Rz 1) und somit - ungeachtet des ohnehin nicht bindenden Ausspruchs im Beschluss (§ 71 Abs 1 AußStrG) - zulässig.

II. Allerdings kommt ihm keine Berechtigung zu:

II.1. Als „Nichtigkeit" macht der Betroffene die Entscheidung durch befangene Richter geltend, weil die konsequente Beharrung auf einem unrichtigen Sachverhalt mit einer psychologischen Sperre, den wahren Sachverhalt zu erheben, zwingend Zweifel an der Unbefangenheit auslöse. Ein schwerer Verfahrensverstoß nach § 58 Abs 4 AußStrG für den Fall der Entscheidung durch (einen) mit Erfolg abgelehnte(n) Richter liegt aber schon deshalb nicht vor, weil der Rechtsmittelwerber eine solche positive Entscheidung über eine Ablehnung der Mitglieder des erkennenden Rekurssenats gar nicht behauptet. Ebenso wenig vermag in den Ausführungen die Stellung eines Ablehnungsantrags erblickt zu werden, weil sich dazu kein Antrag in der Rechtsmittelschrift findet. Der behauptete schwere Verfahrensverstoß ist daher zu verneinen.

II.2. (Auch) alle weiteren Rechtsmittelgründe unterstellen die Unrichtigkeit der im bekämpften Beschluss aufrecht erhaltenen Ansicht, der Revisionsrekurs vom 21. April 2008 sei verspätet eingebracht worden. Sowohl der Betroffene als auch das Oberlandesgericht Graz haben allerdings übersehen, dass die Zurückweisung eines Rechtsmittels durch die zweite Instanz wegen Verspätung nur mit einem Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof bekämpfbar ist, nicht jedoch mit einem Berichtigungsantrag (RIS-Justiz RS0041597; 5 Ob 13/05f). Das gilt auch im Außerstreitverfahren, da § 41 AußStrG bezüglich der Berichtigung von Beschlüssen auf die ZPO verweist.

Der Antrag des Betroffenen auf amtswegige Berichtigung/Aufhebung der Zurückweisung des Rekurses vom 21. April 2008 wegen ungerechtfertigter Annahme der Verspätung stellt inhaltlich aber nichts anderes dar als einen Antrag auf amtswegige Berichtigung wegen irrtümlicher Annahme der Verspätung. Ein solcher ist aber kein zulässiger Rechtsbehelf gegen den Beschluss des Rekursgerichts vom 9. Mai 2008, gegen den dem Betroffenen nur der - ohnehin erhobene, allerdings verspätet eingebrachte - Revisionsrekurs offenstand. Das Rekursgericht hatte daher seine Vorentscheidung gar nicht zu überprüfen, sondern hätte den Berichtigungsantrag als unzulässig zurückweisen müssen.

Einer meritorischen Behandlung der bekämpften Entscheidung bedarf es daher nicht, vielmehr war sie mit der Maßgabe zu bestätigen, dass der Antrag des Betroffenen zurückgewiesen wird.

II.3. Angesichts der Erfolglosigkeit des Rechtsmittels hat der Betroffene dessen Kosten selbst zu tragen (§ 78 AußStrG).

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