OGH 5Ob102/08y

OGH5Ob102/08y26.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Eva S*****, geborene T*****, geboren am *****, 2. Norbert S*****, geboren am *****, beide vertreten durch Dr. Josef Thaler und Mag. Wilfried Huber, Rechtsanwälte in Zell am Ziller, wegen Einverleibung des Eigentums und anderer Grundbuchhandlungen ua ob der Liegenschaft EZ ***** GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 17. Jänner 2008, AZ 54 R 4/08x, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

Begründung

Zur Liegenschaft EZ ***** GB ***** gehören (ua) die Grundstücke Nr 686 (KG *****) sowie Nr 447 und 448 (je KG *****). Ob dieser Liegenschaft war und ist zu TZ 14790/1991 sub C‑LNR 9a das „Vorkaufsrecht hins Gst 686 KG ***** Gst 447 448 gem Pkt III Zif 2 Übereinkommen 1991‑10‑19 für S***** Andrä Dr. Geb *****" einverleibt.

Punkt III Z 2 des Übereinkommens vom 5. 4./19. 10. 1991 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„2. ... räumt Antonia S***** ihrem Sohn Dr. Andrä S***** ... das zeitlich bis zum 31. 12. 2020 beschränkte Vorkaufsrecht an den Gsten Nr. 686 KG ***** sowie 447 und 448 KG ***** ein, sollten aus diesen Grundstücken Grundflächen veräußert werden.

Vorstehendes Vorkaufsrecht gilt für alle Veräußerungsfälle, ausgenommen die Übergabe der Gesamtliegenschaft EZ ***** in direkter Linie. Somit wirkt dieses Vorkaufsrecht auch im Falle der Veräußerung des genannten Anwesens an andere Personen, als jeweils Kinder auch Schwiegerkinder als weitere Miteigentümer.

Wenn die Gste Nr. 686 KG ***** und Nr. 447 und 448 KG ***** oder Teilflächen aus diesen Grundstücken Gegenstand der Veräußerung sind, steht dem Dr. Andrä S***** das Recht zu, aus diesen Grundstücken ein Baugrundstück im Ausmaß bis zu 600 m² ... vom jeweiligen Eigentümer zu fordern, wobei für dieses Grundstück nicht der von dritten Interessenten gebotene Kaufpreis sondern ein dermaßen begünstigter Kaufpreis zu leisten ist, der einem Drittel des Verkehrswertes bzw des Preises entspricht, den andere Kaufinteressenten für Nachbargründe, allenfalls auch in der verdichteten Bauweise bezahlen."

Die Antragsteller Eva S***** und Norbert S***** (= damaliger Alleineigentümer der Liegenschaft) beantragten mit ihrem beim Erstgericht am 29. 3. 1996 eingelangten Grundbuchsgesuch ua ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** die Einverleibung des Eigentumsrechts zur ideellen Hälfte für die Erstantragstellerin Eva S***** sowie die Einverleibung des Belastungs- und Veräußerungsverbots für den Zweitantragsteller Norbert S***** auf dem Hälfteanteil der Erstantragstellerin. Ein urkundlicher Nachweis, dass dem Vorkaufsberechtigten ein gehöriges Angebot übermittelt worden sei und dieser von seinem Recht keinen Gebrauch gemacht habe oder dass der Vorkaufsberechtigte mit der Eigentumseinverleibung einverstanden sei, fehlte.

Das Erstgericht bewilligte den wiedergegebenen Teil des Eintragungsbegehrens mit Beschluss vom 1. 4. 1996. Eine Verständigung des Vorkaufsberechtigten unterblieb (vorerst).

Über seinen Antrag erhielt der Vorkaufsberechtigte den Beschluss des Erstgerichts am 5. 11. 2007 zugestellt, worauf er am 3. 12. 2007 beim Erstgericht einlangend Rekurs erhob mit dem erschließbaren Abänderungsantrag auf Abweisung des Antrags auf Eigentumseinverleibung.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vorkaufsberechtigten Folge und wies den Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts zur ideellen Hälfte für die Erstantragstellerin sowie des Belastungs- und Veräußerungsverbots für den Zweitantragsteller ob dem Hälfteanteil der Erstantragstellerin ab. Es sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 EUR und der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, mit dem diese - neben der Darstellung einer rechtlich irrelevanten „Vorgeschichte" - keine erheblichen Rechtsfragen geltend machen:

1.1. Nach Ansicht der Antragsteller müsse hier im Hinblick auf die unklare Formulierung des Vorkaufsrechts im Zusammenhang mit den Schwiegerkindern und wegen des gebotenen Gutglaubensschutzes die dreijährige Rekursfrist gelten.

1.2.1. Die Einverleibung des Eigentumsrechts an einer Liegenschaft, bei der ein Vorkaufsrecht einverleibt ist, kann - abgesehen vom Fall der Zustimmung des Vorkaufsberechtigten und dem noch später zu erörternden Fall, dass kein Vorkaufsfall vorliegt - nur gegen den Nachweis bewilligt werden, dass die Liegenschaft dem Vorkaufsberechtigten zum Kauf angeboten wurde und dass dieser vom Vorkaufsrecht kein Gebrauch gemacht habe (vgl RIS‑Justiz RS0021839). Die erstgerichtliche Bewilligung ohne diesen Nachweis war - bei gegebenem Vorkaufsfall - rechtsirrig, wogegen dem Vorkaufsberechtigten das Rekursrecht zusteht (5 Ob 191/62 = SZ 35/91; 5 Ob 55/05g; vgl auch RIS‑Justiz RS0060824).

1.2.2. Wird eine Person, der ein Grundbuchbeschluss zuzustellen ist, vorschriftswidrig nicht verständigt, so erlischt ihr Rekursrecht erst dann, wenn die Eintragung auch mit Löschungsklage nicht mehr bekämpft werden könnte (RIS‑Justiz RS0060806). Wer also von der Bewilligung einer Eintragung vorschriftswidrig nicht verständigt wurde, kann jedenfalls analog zu § 64 GBG innerhalb der für eine Löschungsklage gegen einen gutgläubigen Dritten zustehenden Frist - demnach innerhalb von drei Jahren - Rekurs erheben (RIS‑Justiz RS0060824). Ist allerdings die Löschungsklage - wie hier - gegen eine Person (die Erstantragstellerin) zu richten, die unmittelbar durch die Einverleibung, auf deren Löschung geklagt wird, Rechte erworben hat, so ist die Dauer des Klagerechts (und damit die Möglichkeit zur Rekurserhebung) nach den zivilrechtlichen Bestimmungen über die Verjährung zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0060824 [T1]), weshalb hier für die Anfechtung der zu Unrecht bewilligten Einverleibung des Eigentumsrechts gemäß § 62 GBG iVm § 1489 ABGB dreißig Jahre zur Verfügung stehen (vgl RIS‑Justiz RS0105993); dass daran auch die später einverleibte Dienstbarkeit (C‑LNR 18a) nichts ändert, ist schon aus 5 Ob 298/60 (= JBl 1961, 369) ableitbar. Das Gericht zweiter Instanz hat damit die Rechtzeitigkeit des Rekurses im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats bejaht.

2.1. Die Antragsteller machen geltend, als Nichtlandwirt könne der Vorkaufsberechtigte die mit diesem Recht belasteten Grundstücke aus grundverkehrsrechtlichen Gründen nicht erwerben. Das Vorkaufsrecht stelle sich in Wahrheit als ein „getarntes", den Zweck des § 364c ABGB aushöhlendes Veräußerungsverbot und deshalb als sittenwidrig und unzulässig dar.

2.2. Die Frage nach der grundverkehrsbehördlichen Genehmigungsbedürftigkeit und -tauglichkeit eines Rechtsgeschäfts ist nicht vom Grundbuchgericht zu beurteilen, sondern der Beurteilung der Grundverkehrbehörde vorbehalten (jüngst 5 Ob 75/08b; 5 Ob 120/06t = ecolex 2006/434 = NZ 2006/664 = MietSlg 58.806 je mwN). Im Übrigen verkennen die Antragsteller die Wirkung von Veräußerungsverbot und Vorkaufsrecht; letzteres steht grundsätzlich einem Verkauf gerade nicht entgegen (vgl RIS‑Justiz RS0020222). Aus außervertraglichen Umständen abgeleiteten Bedenken in Richtung der Sittenwidrigkeit eines Vertrags kann im grundbuchrechtlichen Urkundenverfahren nicht nachgegangen werden.

3.1. Letztlich berufen sich die Antragsteller darauf, dass bei Schenkung einer Liegenschaft auch ein Vorkaufsrecht, das vereinbarungsgemäß für alle Veräußerungsfälle gelten solle, nicht ausgeübt werden könne, sofern nicht bereits bei Rechtseinräumung ein bestimmter oder auf eine festgelegte Weise bestimmbarer Preis vereinbart wurde.

3.2.1. Beim hier verbücherten Veräußerungsverbot ist zufolge § 5 GBG der genaue Inhalt des Vertragspunkts maßgeblich. Da eine Übertragung (bloß) eines Hälfteanteils angestrebt war, kommt die am Umfang der Rechtsübertragung orientierte Ausnahmeregelung (Übergabe der Gesamtliegenschaft) nicht zum Tragen.

3.2.2. Auch die Schenkung zählt zu den Veräußerungsarten, die im Sinn der Anordnung des § 1078 ABGB ein Vorkaufsrecht auslösen können. Dies ist im vorliegenden Fall anzunehmen, ist doch hier ausdrücklich vereinbart, das Vorkaufsrecht gelte „für alle Veräußerungsfälle" (vgl 5 Ob 24/82 = SZ 55/57 = EvBl 1982/159, 519). In der gerade bezogenen Entscheidung 5 Ob 24/82 (= SZ 55/57 = EvBl 1982/159, 519) hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass bei Schenkung einer Liegenschaft ein Vorkaufsrecht, das vereinbarungsgemäß für alle Veräußerungsfälle gelten solle, für das jedoch nicht bereits bei der Einräumung des Vorkaufsrechts ein bestimmter oder auf eine festgelegte Weise bestimmbarer Preis vereinbart wurde, nicht ausgeübt werden könne, sondern auf den Beschenkten zu übertragen sei; an dieser Ansicht hat der Oberste Gerichtshof bislang festgehalten (5 Ob 64/93 = HS 24.577 = ecolex 1994, 229; 1 Ob 66/01i = RdW 2001/497, 463 = MietSlg 53.125 = ecolex 2001/172, 527 [Thaler]). Diese Rechtsansicht steht jedoch der Ausübung des Vorkaufsrechts im gegebenen Fall gerade nicht entgegen, weil vertraglich ein bestimmbarer Preis (ein Drittel des Verkehrswerts) festgelegt wurde.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers ist daher wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG (iVm § 126 Abs 2 GBG) unzulässig und zurückzuweisen.

Stichworte