OGH 5Ob180/08v

OGH5Ob180/08v26.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1) Fulvio V*, und 2) Dunia C*, beide vertreten durch Dr. Herbert Linser, Rechtsanwalt in Imst, wider die Antragsgegner 1) Andrea J*, vertreten durch Mag. Laszlo Szabo, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2) Brigitte R*, 3) Christoph N*, 4) Ing. Gerhard G*, 5) Mag. Sonja T*, 6) Cornelia W*, 7) Birgit W*, 8) Maria W*, 9) Günter R*, 10) Barbara S*, 11) Lea G*, 12) Ludwig G*, 13) Silvia H*, 14) Christoph H*, 15) Elisabeth G*, 16) Herbert G*, 17) Ing. Christian J*, 18) Claudia M*, 19) Gerd S*, 20) Claudia L*, 21) Mathias S*, 22) Tanja S*, 23) Martin H*, 24) Bernadette H*, 25) Hans G*, 26) Katja Maria D*, 27) Brigitte S*, 28) Christian S*, wegen Ersetzung der Zustimmung zu einer Änderung (§ 52 Abs 1 Z 2 WEG 2002), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den (richtig) Sachbeschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 26. Juni 2008, GZ 4 R 242/08d‑18, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:E88702

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

 

 

Begründung:

 

Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus mehreren getrennten Doppelhäusern; die Wohnungen der Antragsteller und der Erstantragsgegnerin sind im selben Doppelhaus. Die Antragsteller ließen im Juni 2006 den 1,30 Meter tiefen Balkon auf 3 Meter Tiefe ausbauen. Die übrigen Balkone der Wohnhausanlage sind um einiges schmäler.

Das Rekursgericht wies den Antrag auf Genehmigung der Änderung ab und qualifizierte den durch den Balkonausbau verursachten Verlust an Privatsphäre der Erstantragsgegnerin (Einsehbarkeit in ihre Wohnung) als Beeinträchtigung wesentlicher Interessen dieser Wohnungseigentümer.

 

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, der die Interessen der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer als nicht beeinträchtigt wertet und daraus die Genehmigungsfähigkeit der Änderung ableitet, zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:

1. Der Ausbau des Balkons war mit einer Umgestaltung bzw Inanspruchnahme der Außenfassade verbunden, die einen allgemeinen Liegenschaftsteil darstellt (5 Ob 152/92 = RIS‑Justiz RS0069457; RS0069976; RS0083334). Diese Änderung muss damit nicht nur den in § 16 Abs 2 Z 1 WEG 2002 genannten Voraussetzungen entsprechen (insbesondere fehlende Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer); sie muss nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 entweder der Übung des Verkehrs entsprechen oder einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen.

2. Das wichtige Interesse hat die Antragstellerin in ihrem erstinstanzlichen Vorbringen mit der erheblichen Steigerung des Wohnwerts und des Verkehrswerts begründet, was nach der höchstgerichtlichen Judikatur für die Annahme eines wichtigen Interesses in der Regel nicht genügt (RIS‑Justiz RS0083345; RS0083341 [T2]; 5 Ob 63/08p), ebensowenig wie bloße Zweckmäßigkeitserwägungen (5 Ob 269/98i = wobl 2000/39, 87 [Hausmann]; 5 Ob 63/08p).

3. Eine (allenfalls) fehlende Beeinträchtigung der Interessen der übrigen Wohnungseigentümer begründet nach der Judikatur nicht das eigene wichtige Interesse des die Änderung anstrebenden Wohnungseigentümers (vgl 5 Ob 269/98i = wobl 2000/39, 87 [Hausmann]; 5 Ob 63/08p).

4. Die Zulässigkeit einer Änderung eines Wohnungseigentumsobjekts lässt sich nicht grundsätzlich bejahen oder verneinen. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an, die in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind (RIS‑Justiz RS0083309; vgl RS0109643; 5 Ob 275/05k). Solange der dem Rechtsanwender eingeräumte Ermessensspielraum (5 Ob 47/06g mwN = wobl 2006/96, 221 [Call]; 5 Ob 63/08p) nicht überschritten wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor. Die Auffassung des Rekursgerichts, die Voraussetzungen einer Änderung iSd § 16 Abs 2 WEG zu verneinen, stellt insgesamt keine grobe Fehlbeurteilung dar, die der Oberste Gerichtshof zu korrigieren hätte.

Stichworte