OGH 9Ob29/07s

OGH9Ob29/07s20.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Innenausbau KEG, vertreten durch ***** als persönlich haftender Gesellschafter, *****, vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Erich K***** Trockenbau, *****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH, Graz, wegen 34.379,37 EUR sA, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Jänner 2007, GZ 6 R 282/06v-25, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Feldbach vom 21. September 2006, GZ 2 C 610/06d-17, ersatzlos aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.692 EUR (darin 282 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit der am 30. 12. 2005 eingelangten Klage begehrte die Klägerin zunächst die Zahlung von 30.285,40 EUR sA für auftragsgemäß für den Beklagten durchgeführte Innenausbauarbeiten. Zuletzt dehnte die Klägerin ihr Begehren auf 34.379,37 EUR sA aus. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Leistungen, welche die Klägerin honoriert erhalten wolle, seien teils nicht erbracht worden, soweit Leistungen erbracht worden seien, seien diese jedenfalls bezahlt worden; vorsichtshalber werde auch Verjährung eingewendet. Letztlich bestritt der Beklagte die Parteifähigkeit der Klägerin: Ein gegen die Klägerin gerichteter Antrag auf Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen sei mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen worden. Die Klägerin sei daher gemäß § 39 FBG aufgelöst.

Mit Beschluss vom 21. 9. 2006 (ON 17) wies das Erstgericht die Klage vom 30. 12. 2005 zurück und erklärte das bisherige Verfahren für nichtig. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Löschungsbeschluss die Vermutung der Vermögenslosigkeit der Klägerin indiziere, sodass von einer Vollbeendigung auszugehen und damit die Parteifähigkeit für einen Aktivprozess nicht mehr gegeben sei.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss ersatzlos auf und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass die Partei- und Prozessfähigkeit einer Gesellschaft mbH trotz Löschung solange nicht beeinträchtigt sei, als verwertbares Gesellschaftsvermögen noch unverteilt vorhanden sei. Solange eine Gesellschaft einen Anspruch behaupte und hierüber einen Aktivprozess führe, sei sie als parteifähig anzusehen, weil vor Beendigung eines solchen Rechtsstreits nicht beurteilt werden könne, ob sie wirklich und endgültig vermögenslos sei (1 Ob 22/01v mwN). Diese Erwägungen träfen auch auf die hier klagende KEG zu. Es sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die für eine Gesellschaft mbH geltenden Überlegungen auch auf eine KEG übertragbar seien. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos aufzuheben (gemeint: den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen), hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Klägerin wendete in ihrer Revisionsrekursbeantwortung ausdrücklich die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels mangels einer erheblichen Rechtsfrage ein.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch nicht zulässig.

Die Parteifähigkeit eines Rechtsgebildes (hier einer KEG) ist absolute Prozessvoraussetzung von Beginn des Rechtsstreits an bis zu seinem Ende (4 Ob 308/99v mwN). Der Verlust der Parteifähigkeit ist von Amts wegen zu beachten und führt jedenfalls zur Nichtigkeit des Verfahrens ab dem Eintreten der Parteiunfähigkeit. Die Löschung einer Personenhandelsgesellschaft im Firmenbuch wirkt allerdings nur deklarativ und beeinträchtigt ihre Partei- und Prozessfähigkeit solange nicht, als verwertbares Gesellschaftsvermögen noch unverteilt vorhanden ist (RIS-Justiz RS0035195, weiters 4 Ob 308/99v). Dabei ist zu beachten, dass gemäß § 4 EGG (hier noch anzuwenden) auf eingetragene Erwerbsgesellschaften die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs über die offene Handelsgesellschaft und die Kommanditgesellschaft anzuwenden sind (4 Ob 308/99v). Hiemit bedarf es - für die Beurteilung der Parteifähigkeit - keines Rückgriffs auf die zur GmbH speziell ergangenen Judikatur. Nach der Rechtsprechung (8 Ob 6/94 = GesRZ 1995, 53 = RdW 1995, 139) ist eine Personengesellschaft, die kein verwertbares und verteilbares Gesellschaftsvermögen mehr hat, noch solange als parteifähig anzusehen, als sie einen Anspruch behauptet und hierüber einen Aktivprozess führt. Nach herrschender Lehre (Fink in Fasching/Konecny2 II/2 § 155 Rz 18; derselbe JBl 2001, 674; Mahr GesRZ 1995, 170; Oberhammer, OHG 176; Gitschthaler in Rechberger ZPO3 § 155 Rz 7) genügt die schlüssige Behauptung eines vermögensrechtlichen Anspruchs, um die Parteifähigkeit einer (Personen-)Gesellschaft im Aktivprozess aufrecht zu erhalten. Damit wirft aber weder das Rekursgericht noch der Revisionsrekurswerber, der in erster Linie die zur GmbH ergangene Judikatur als unanwendbar erachtet, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO auf.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Frage nach der Partei- und Prozessfähigkeit der klagenden Partei wurde in einem Zwischenstreit gelöst, für den der darin erfolgreichen Partei, unabhängig vom Ausgang des Hauptverfahrens, Kostenersatz gebührt (SZ 74/35). Da die Klägerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen hat, diente dieser Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

Stichworte