OGH 9ObA78/08y

OGH9ObA78/08y20.8.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christa Brezna und Mag. Thomas Kallab als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Michael Z*****, vertreten durch Brigitte E. Jentzsch, Rechtsanwältin in München, im Einvernehmen (§ 5 EuRAG) mit Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwalt in Leoben, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Zumtobel Kronberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 20.466,29 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. April 2008, GZ 8 Ra 1/08s-30, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach dem Kollektivvertrag für Arbeiter im Güterbeförderungsgewerbe können - soweit hier von Interesse - Arbeitsverhältnisse nur schriftlich gelöst werden.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu vergleichbaren Formvorschriften in Kollektivverträgen und verschiedenen gesetzlichen Bestimmungen handelt es sich bei diesem Formgebot nicht bloß um eine Ordnungsvorschrift, sondern um eine Wirksamkeitsvoraussetzung (ständige Rechtsprechung; zuletzt etwa 9 ObA 14/08m; 9 ObA 96/07v; 9 ObA 53/03i).

Das Gebot der Schriftlichkeit bedeutet nach § 886 ABGB im Allgemeinen „Unterschriftlichkeit", es sei denn, das Gesetz sieht ausdrücklich eine Ausnahme vor. Dies ist hier nicht der Fall.

„Unterschriftlichkeit" erfordert in der Regel die eigenhändige Unterschrift unter dem Text (9 ObA 14/08m; 9 ObA 96/07v uva; siehe dort auch Näheres zu den mit diesem Formgebot verfolgten Zwecken). Die in der Revision ins Treffen geführten Beispiele, aus denen die Revisionswerberin eine „Aufweichung" der wiedergegebenen Rechtsprechung ableiten will, sind sämtlich mit dem hier zu beurteilenden Problemkreis nicht vergleichbar. Dass in der Entscheidung 5 Ob 207/02f der Oberste Gerichtshof für die in § 10 Abs 4 MRG geforderte schriftliche Anzeige die Mitteilung per Telefax als ausreichend erachtet hat, wenn das Faxschreiben die eigenhändige, ebenfalls fernkopierte Unterschrift des Mieters trägt, erlaubt nicht die vom Revisionswerber daraus gezogenen Schlüsse. Zum einen weist die hier zu beurteilende Erklärung keine (fern-)kopierte eigenhändige Unterschrift auf; zum anderen wurde in der zitierten Entscheidung unter Auseinandersetzung mit dem Formzweck auf Art und Inhalt der dort zu beurteilenden Erklärung abgestellt, die mit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses in keiner Weise vergleichbar ist. Den Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung zum Schriftlichkeitsgebot der CMR hat bereits das Berufungsgericht zutreffend entkräftet (siehe dazu die schon vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 6 Ob 512/96).

In Fällen, die mit dem hier zu beurteilenden Problemkreis vergleichbar sind, hat der Oberste Gerichtshof erst in allerjüngster Zeit seine bisherige Rechtsprechung bekräftigt (9 ObA 96/07v; 9 ObA 14/08m; in der zuletzt genannten Entscheidung wurde etwa im Fall einer Kündigung nach dem VBG die nur den gedruckten Namen des Entscheidungsträgers tragende Fertigungsklausel nicht als zur Erfüllung des Schriftlichkeitsgebots des § 32 Abs 1 VBG ausreichend erachtet).

Dass die Beklagte (mehr als zwei Monate nach dem behaupteten Ende des Arbeitsverhältnisses!) im vorliegenden Rechtsstreit in einem Schriftsatz daran festgehalten hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung zum darin angeführten Zeitpunkt beendet worden sei, konnte die formungültige Kündigung nicht heilen. Die dazu zitierte Entscheidung zur Fälligstellung eines Darlehens ist mit der hier zu beurteilenden Konstellation in keiner Weise vergleichbar. Die Auffassung, dass der ins Treffen geführte Schriftsatz der Beklagten das Arbeitsverhältnis zum nächst möglichen Kündigungstermin beendet haben soll, findet in seinem Inhalt - wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - keine Deckung.

Die Ausführungen der Revisionswerberin, aus denen sie einen einvernehmlichen Verzicht auf das Unterschriftlichkeitsgebot ableiten will, sind wohl im Sinne der Behauptung zu interpretieren, der Kläger habe die formungültige Kündigung akzeptiert. Diesen Einwand hat schon das Berufungsgericht mit keineswegs unvertretbarer Begründung verneint.

Stichworte