OGH 6Ob60/08d

OGH6Ob60/08d7.7.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Klein, Wuntschek & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die beklagte Partei S***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen 15.102,45 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 29. November 2007, GZ 2 R 133/07g-30, mit dem das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 31. Mai 2007, GZ 19 Cg 116/06k-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:

Das Berufungsgericht hat seinen über Antrag der Klägerin abgeänderten Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob Schadenersatzansprüche aufgrund eines Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter auch dann ausscheiden, wenn dem Geschädigten zwar keine vertraglichen Ansprüche gegen einen der Vertragspartner zustehen, wohl aber „quasi vertragliche" Ansprüche oder „nur gesetzliche Leistungspflichten". Nach den Feststellungen der Vorinstanzen erlitt eine Versicherungsnehmerin der Klägerin am 10. 11. 2004 in ihrem Wohnhaus in der Gemeinde O***** einen Wasserschaden, für den die Klägerin aufgrund eines aufrechten Versicherungsverhältnisses in der Folge einzustehen hatte. Der Wasserschaden wurde dadurch verursacht, dass bei Grabungsarbeiten in der Nähe mit einem Bagger eine Wasser führende Leitung zwar nur leicht angehoben und geringfügig verbogen, eine im Keller der Versicherungsnehmerin gelegene Abzweigung der Wasserleitung dadurch jedoch zum Bersten gebracht wurde, wodurch es zum Wasseraustritt und zur Beschädigung von Gebäude und gelagerten Materialien kam. Die Wasserleitung steht auf dem Grundstück der Versicherungsnehmerin in deren Eigentum; die Gemeinde trifft aufgrund gesetzlicher Bestimmungen jedoch die Verpflichtung zur Herstellung und Erhaltung; so veranlasste sie auch den Austausch alter Rohre der Gemeindewasserleitung sowie die Sanierung einer unsachgemäßen Leitungs- und Anschlusssituation beim Wohnhaus der Versicherungsnehmerin.

Die Grabungsarbeiten nahm ein Subunternehmer der Beklagten vor, die ihrerseits von einem Nahwärmeversorgungsunternehmen unter anderem damit beauftragt worden war, Grabungsarbeiten für die Verlegung einer Nahwärmeleitung durchzuführen; weiters sollte die Beklagte die Künetten für die Nahwärmeleitung im Auftrag eines Installationsunternehmens vertiefen, welches von der Gemeinde mit der Verlegung der neuen Wasserleitungsrohre beauftragt worden war, um diese Verlegung zu ermöglichen. Unmittelbare Anweisungen auf der Baustelle erhielten ein Mitarbeiter der Beklagten und der Baggerfahrer entweder vom Bürgermeister der Gemeinde oder vom Geschäftsführer des Nahwärmeversorgungsunternehmens, der gleichzeitig das Installationsunternehmen betreibt.

1. Die Klägerin hat sich im Verfahren erster Instanz ausdrücklich auf Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis zwischen dem Nahwärmeversorgungsunternehmen und der Beklagten berufen (AS 3, 13, 83); dabei habe es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter gehandelt, in dessen Schutzbereich auch die Klägerin einzubeziehen sei.

Dazu haben die Vorinstanzen jedoch ausgeführt, der Wasserschaden der Versicherungsnehmerin der Klägerin sei nicht im Zusammenhang mit den Grabungsarbeiten für die Verlegung der Nahwärmeleitung gestanden; vielmehr sei die Schädigung anlässlich der Grabungsarbeiten für die Erneuerung der Wasserleitungen erfolgt. Dies bestreitet die Klägerin auch gar nicht. Damit haben aber die Vorinstanzen das Klagebegehren bereits deshalb zutreffend abgewiesen, weil die Beklagte jenen Vertrag, in dessen Schutzbereich die Klägerin einbezogen sein will, gar nicht verletzt hat.

2.1. Nach ständiger, auch nach Kritik im Schrifttum aufrecht erhaltener Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird der geschädigte Dritte nicht in den Schutzbereich eines fremden, das heißt zwischen anderen geschlossenen, Vertrags einbezogen, wenn er selbst einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch aus eigenem Vertrag gegen einen der beiden Kontrahenten hat. Daher entfaltet regelmäßig auch der Vertrag zwischen einem Geschäftsherrn (etwa einem Generalunternehmer) und seinem Erfüllungsgehilfen (etwa einem Subunternehmer) keine Schutzwirkung zugunsten des Gläubigers des Geschäftsherrn (zuletzt 6 Ob 32/07k mwN; zur Kritik vgl Schmaranzer, Ausschluss des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter durch unmittelbare vertragliche Ansprüche?, JBl 2005, 267); diesem fehlt nämlich dann ein schutzwürdiges Interesse an einer Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrags (RIS-Justiz RS0022814). Das schutzwürdige Interesse wird dem Dritten zwar dann nicht abgesprochen, wenn er etwa als Grundeigentümer nur Ansprüche aus dem Nachbarrecht gegen einen der beiden Kontrahenten geltend machen (1 Ob 153/07t) oder wenn er seine Ansprüche selbst nur auf einen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter stützen kann (6 Ob 146/04w = JBl 2005, 255). Der Oberste Gerichtshof verneint eine solche Haftung jedoch auch dann, wenn der Dritte gegen einen der beiden Kontrahenten einen Anspruch auf Schadenersatz aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Sonderbeziehung hat (7 Ob 175/06w = JBl 2007, 389 [insoweit zustimmend Schmaranzer]; ebenso Reischauer in Rummel, ABGB3 [2007] § 1295 Rz 32). Handelte dieser dabei hoheitlich, ist gemäß § 9 Abs 5 AHG für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter nicht einmal der Rechtsweg zulässig (1 Ob 296/03s = JBl 2005, 387; dem zustimmend Schmaranzer, JBl 2007, 389 [Entscheidungsanmerkung]).

2.2. Selbst wenn man davon ausgehen sollte, die Klägerin würde ihr Begehren (auch) auf eine Verletzung der von der Gemeinde mit dem Installationsunternehmen und/oder der Beklagten abgeschlossenen Verträge stützen, müsste ihr Anspruch daher scheitern. Sie stellt nämlich die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht in Frage, wonach die Klägerin einen deckungsgleichen Schadenersatzanspruch gegenüber der Gemeinde geltend machen könnte. Damit fehlt ihr aber ein schutzwürdiges Interesse an einer Einbeziehung in den Schutzbereich dieser Verträge.

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