Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger hat am 14. 11. 2003 mit der Beklagten einen Rechtsschutzversicherungsvertrag abgeschlossen, dem die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 1988) zugrundegelegt wurden. Diese regeln in ihrem ersten Teil die gemeinsamen Bestimmungen für sämtliche der verschiedenen versicherbaren Rechtsschutzrisken (Rechtsschutz-Bausteine), die unterschiedliche Bedarfssituationen zum Gegenstand haben. Vom Kläger wurde der Baustein „Kfz-Bonus-Rechtsschutz für ein Kfz" gewählt, der unter anderem die Risikogruppe „Allgemeiner Schadenersatz- und Strafrechtsschutz für den Privat- und Berufsbereich" beinhaltet. Der Kläger begehrt von der Beklagten Rechtsschutzdeckung für die Durchsetzung eines Amtshaftungsanspruchs gegen die Republik Österreich, der sich auf ein behauptetes deliktisches Fehlverhalten der Finanzmarktaufsicht gründet, wodurch der Kläger als Investor geschädigt worden sei. Den von der Beklagten erhobenen, in dritter Instanz allein noch strittigen Einwand der Vorvertraglichkeit entscheidet die Frage, was als Versicherungsfall zu gelten habe. Art 2 Pkt. 1. ARB 1988 legt fest, dass im Schadenersatz-Rechtsschutz (Art 17 Pkt. 2.1., Art 18 Pkt. 2.1. und Art 19 Pkt. 2.1.) als Versicherungsfall der Eintritt des dem Anspruch zugrundeliegenden Schadensereignisses gilt. „In den übrigen Fällen" gilt nach Art 2 Pkt. 3. ARB 1988 der Versicherungsfall in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Versicherungsnehmer, der Gegner oder ein Dritter begonnen hat oder begonnen haben soll, gegen Rechtspflichten oder Rechtsvorschriften zu verstoßen. Zum Schadenersatz-Rechtsschutz im Sinn des Art 2 Pkt. 1. der ARB 1988 zählt nach Art 19 Pkt. 2.1. ARB 1988 der Schadenersatz-Rechtsschutz für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts wegen eines erlittenen Personen-, Sach- oder Vermögensschadens, soweit diese Ansprüche nicht ausschließlich auf der Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung beruhen. Wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 7 Ob 275/99p, VersE 1860 = VersR 2001, 879 ausgesprochen hat, sind Amtshaftungsansprüche allgemein den Schadenersatzansprüchen aufgrund „gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts" im Sinn der ARB 1988 zuzurechnen.
Dieser Judikatur und dem klaren Wortlaut der zitierten Bestimmungen der ARB 1988 folgend, haben die Vorinstanzen die Ansicht vertreten, der Versicherungsfall bestimme sich hier durch das dem Anspruch zugrundeliegende Schadensereignis und nicht durch allfällige (angeblich bereits im Jahr 1999 begangene) Verstöße der Organe der Finanzmarktaufsicht. Bereits in der (eine Privathaftpflichtversicherung betreffenden) Entscheidung 7 Ob 16/92 waren Versicherungsbedingungen (dort die AHVB) maßgebend, in denen - wie hier in Art 2 Pkt. 1. ARB 1988 - als Versicherungsfall nicht der Verstoß, sondern das Schadensereignis definiert wurde. Dort wurde ausgesprochen, der Verstoß sei das Kausalereignis, also das haftungsrelevante Verhalten des Versicherungsnehmers, das den Schaden verursacht habe, Schadensereignis dagegen der „äußere Vorgang", der die Schädigung des Dritten und damit die Haftpflicht des Versicherungsnehmers unmittelbar herbeiführe. Schadensereignis sei also das Folgeereignis, das mit dem Eintritt des realen Verletzungszustands gleichgesetzt werde. Im Einklang (auch) mit dieser Entscheidung haben die Vorinstanzen die im November 2005, also etwa 2 Jahre nach Abschluss des Rechtsschutzversicherungsvertrags erfolgte Eröffnung des Konkurses über das Vermögen jenes Unternehmens, bei dem der Kläger Investitionen getätigt hatte, als Versicherungsfall beurteilt und den Einwand der Vorvertraglichkeit daher als unberechtigt erachtet.
Entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts, dass die Revision (zufolge eindeutiger Bedingungslage, die keine Auslegungszweifel lasse und weil es sich auch auf die Entscheidung 7 Ob 16/92 stützen habe können), unzulässig sei, hält die Revisionswerberin die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 502 Abs 1 ZPO für gegeben. Dem Urteil des Berufungsgerichts stehe, auch wenn es sich auf die Entscheidung 7 Ob 16/92 stütze, die Entscheidung 7 Ob 202/98a entgegen, der zum Eintritt des Versicherungsfalls (Art 2 ARB) wortidente Bestimmungen wie im vorliegenden Fall zugrunde gelegen seien und in der ebenfalls ein deliktischer Schadenersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten zu beurteilen gewesen sei. In dieser Entscheidung sei der Oberste Gerichtshof zur Ansicht gelangt, dass der Zeitpunkt des Verstoßes des Anspruchsgegners sehr wohl maßgeblich sei.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist der dieser Entscheidung zugrundeliegende Sachverhalt mit jenem der vorliegenden Rechtssache insofern nicht vergleichbar, als dort zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags bereits für den Versicherungsnehmer erkennbare Verstöße (schuldhafte Unterlassung von Unterhaltserhöhungsanträgen des Unterhaltssachwalters) vorlagen, sodass von einem sogenannten „Zweckabschluss" auszugehen war. Von einem „Zweckabschluss" kann im vorliegenden Fall, in dem der Kläger erstmals im Herbst 2005 - also lange nach Abschluss des Versicherungsvertrags - aufgrund von Zeitungsberichten Kenntnis von einer möglichen Schädigung erlangte, keine Rede sein. Die Revisionswerberin vermag sohin einen tauglichen Grund für die Zulassung ihres außerordentlichen Rechtsmittels nicht aufzuzeigen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)