Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 300,10 EUR (darin 50,02 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist die am 2. August 1989 geborene Tochter des Antragsgegners. Mit ihrem am 28. Februar 2006 beim Bezirksgericht Klosterneuburg eingelangten Antrag begehrte sie - vertreten durch ihre Mutter -, den Antragsgegner beginnend mit 1. Dezember 2004 bis auf weiteres zu einer monatlichen Unterhaltszahlung von 907,50 EUR zu verpflichten. Sie brachte dazu vor, der Antragsgegner beziehe ein Monatseinkommen von 12.000 EUR, sodass sich nach der sogenannten Prozentmethode ein monatlicher Unterhaltsbetrag von 2.160 EUR ergebe. Dieser läge über der sogenannten „Luxusgrenze", sodass der Unterhalt mit dem 2,5-fachen des Regelbedarfs zu bemessen sein werde; dies ergebe einen Betrag von 907,50 EUR monatlich (ON 1). In der Tagsatzung vom 23. April 2007 änderte die Antragstellerin ihr Vorbringen dahingehend, dass sich - ausgehend von einem von ihr nunmehr angenommenen monatlichen Nettoeinkommen des Antragsgegners von nur etwa 7.000 EUR - ihr Unterhaltsanspruch unter Anwendung der Prozentwertmethode mit 1.330 EUR und ab der Geburt von dessen unehelicher Tochter mit 1.260 EUR errechne. Unter Berücksichtigung der Familienbeihilfe ergebe sich ein geschuldeter Unterhaltsbeitrag von jedenfalls 907,50 EUR (ON U-23 AS 77).
Der Antragsgegner wendete (unter Vorlage von Einkommensnachweisen) zusammengefasst ein, sein monatliches Nettoeinkommen betrage (nur) 5.600 EUR und übersteige somit die Höhe, bei der für den Unterhaltsanspruch nicht mehr die Prozentberechnung anzustellen, sondern das 2,5-fache des Regelbedarfs zu ermitteln sei. Er akzeptiere daher die Unterhaltspflicht bis zum 2,5-fachen des Regelbedarfs (ON 13). Für die Zeit vom 1. April 2006 bis 28. Februar 2007 sei er damit einverstanden, dass seine Unterhaltsverpflichtung mit 907,50 EUR festgesetzt werde. Ab 1. März 2007 sei er nur mehr mit einem monatlichen Unterhalt von 750 EUR für die Antragstellerin einverstanden, weil deren Mutter die Familienbeihilfe beziehe und diese Leistung bei Ausmittlung der Höhe des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen sei.
Das Erstgericht verpflichtete den Antragsgegner für den Zeitraum vom 1. April 2006 bis 28. Februar 2007 zur Leistung von monatlich 907,50 EUR an Unterhalt (unter Anrechnung der in diesem Zeitraum bereits geleisteten Unterhaltszahlungen); ab 1. März 2007 bis auf weiteres, längstens jedoch bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit zur Leistung von 775 EUR. Das Mehrbegehren auf Leistung weiterer Unterhaltsbeträge von monatlich 132,50 EUR wies es ab. Das Erstgericht traf dazu folgende Feststellungen:
Die Antragstellerin lebt im Haushalt ihrer Mutter; der Antragsgegner hat die eheliche Wohnung im November 2004 endgültig verlassen. Er bezieht als Arzt aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit ein Einkommen von zumindest 5.600 EUR monatlich. Er hat Sorgepflichten für seine Ehefrau (die Mutter der Antragstellerin) und eine am 12. Dezember 2005 geborene uneheliche Tochter. In der Zeit vom 11. November 2004 bis 25. August 2005 behob die Mutter der Antragstellerin monatlich rund 3.016 EUR vom Konto des Antragsgegners zur Abdeckung ihrer eigenen Unterhaltsbedürfnisse sowie jener der Antragstellerin. In diesem Zeitraum trug der Antragsgegner zusätzlich sämtliche Betriebskosten des von der Antragstellerin und ihrer Mutter bewohnten Hauses sowie die das Haus betreffenden Kreditrückzahlungsraten. Nachdem der Antragsgegner von seinem Rechtsanwalt dahingehend beraten wurde, dass der gesetzliche Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau etwa 1.500 bis 1.600 EUR (= 29 % von 5.600 EUR) und der der Antragstellerin etwa 900 EUR betrage, leistete er von September 2005 bis Februar 2007 monatlich rund 2.000 EUR an barem Unterhalt für die Antragstellerin und deren Mutter. Eine Widmung, welcher Teilbetrag davon auf den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin entfalle, erfolgte nicht. Weiters trug der Antragsteller in diesem Zeitraum Kreditrückzahlungsraten für das Haus; im Zeitraum vom 1. Februar 2006 bis 2. Jänner 2007 waren dies monatlich rund 1.354 EUR.
In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, dass der 2,5-fache Regelbedarf für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 907,50 EUR betrage, ab 1. Juli 2006 hingegen 925 EUR, jeweils ohne Berücksichtigung der Familienbeihilfe. Finde die Familienbeihilfe Berücksichtigung, errechne sich für die Antragstellerin ein monatlicher Unterhaltsbetrag im Zeitraum 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2006 von 760 EUR und ab 1. Juli 2006 von 775 EUR. Da die Antragstellerin keine höheren Bedürfnisse klargelegt habe, stehe ihr an laufendem Unterhalt nur der 2,5-fache Regelbedarf von 907,50 EUR zu. Da sich der Antragsgegner aber bereit erklärt habe, vom 1. April 2006 bis 28. Februar 2007 monatlich 907,50 EUR an Unterhalt zu leisten, sei für diesen Zeitraum ein Unterhaltsbeitrag in dieser Höhe zuzuerkennen. Ab 1. März 2007 sei die Familienbeihilfe zu berücksichtigen, sodass sich der Unterhaltsbeitrag auf monatlich 775 EUR reduziere.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Die Antragstellerin habe kein Vorbringen dazu erstattet, welche Gründe dafür sprächen, vom 2,5-fachen Regelbedarf abzugehen. Insbesondere habe sie nicht dargelegt, worin ihre Bedürfnisse bestünden, die ein Überschreiten des 2,5-fachen Regelbedarfs rechtfertigen könnten. Auch für den Fall, dass die Leistungsfähigkeit des Vaters nicht voll ausgeschöpft sein sollte, seien dennoch Transferleistungen für die Entlastungsberechnung heranzuziehen.
Über Zulassungsvorstellung der Antragstellerin ließ das Rekursgericht letztlich den ordentlichen Revisionsrekurs mit der Begründung zu, es fehle oberstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob dann, wenn ein Unterhaltspflichtiger über einen längeren Zeitraum hinweg Unterhaltsleistungen in Höhe „der Luxusgrenze" erbracht habe, eine Unterschreitung dieser Grenze durch Anrechnung der Transferleistungen unstatthaft sei.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch - ist der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.
a) Die Bemessung des Kindesunterhalts ist grundsätzlich stets eine Frage des Einzelfalls. Hat das Rekursgericht nicht erkennbar gesetzliche Bemessungsfaktoren missachtet oder gegen den Willen des Gesetzgebers verstoßen, liegt eine zur Anrufung des Obersten Gerichtshofs erforderliche Rechtsfrage erheblicher Bedeutung zur Wahrung der Rechtsentwicklung, Rechtssicherheit oder Rechtseinheit iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht vor (1 Ob 108/01s = JBl 2002, 449 [Kerschner]; 3 Ob 82/07s = EF-Z 2007/132, 226 [Gitschthaler] uva; RIS-Justiz RS0007138). Auch die Rechtsfrage, unter welchen Voraussetzungen zur Vermeidung einer Überalimentierung des Unterhaltsberechtigten ein sogenannter Unterhaltsstopp eintritt, ist nach ständiger Rechtsprechung nicht in diesem Sinn erheblich. Vielmehr hängt die Ausmittlung des Unterhaltsbetrags unter Berücksichtigung der Luxusgrenze stets von den Umständen des Einzelfalls ab (3 Ob 82/07s mwN uva; RIS-Justiz RS0007138). Das Rekursgericht folgte in seiner Entscheidung dabei der ständigen Spruchpraxis der Gerichte zweiter Instanz. Das Erstgericht erörterte mit der Antragstellerin, ob eine besondere Rechtfertigung - etwa ein Individual- oder Sonderbedarf - gegeben sei, der eine Überschreitung dieser Obergrenze im Einzelfall doch zu rechtfertigen vermag. Die Antragstellerin nannte jedoch keine konkreten Gründe dafür, warum sie mit einer Alimentierung in der Höhe des 2,5-fachen Regelbedarfs nicht das Auslangen finden könnte, sodass der Unterhalt auch im vorliegenden Fall mit dem 2,5-fachen Regelbedarf zu begrenzen war. Unter diesen Voraussetzungen ist die exakte Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen oder auch eine allfällige weitere Unterhaltsverpflichtung nicht maßgeblich. Die Schlussfolgerung der Vorinstanzen, ein - wie behauptet - doch höheres als das festgestellte Einkommen des Vaters würde zu keinem anderen Ergebnis führen, gibt somit keinen Anlass zu einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof (9 Ob 265/00m). Ausgehend von diesen rechtlichen Erwägungen begründet es keinen Mangel des zweitinstanzlichen Verfahrens, wenn sich das Rekursgericht nicht ausdrücklich mit der Rüge befasste, das Erstgericht hätte das Einkommen nicht nur mit „zumindest" 5.600 EUR, sondern „konkret" unter Berücksichtigung der gestellten - im Rekurs nicht näher genannten - Beweisanträge festzustellen gehabt.
b) In ständiger Rechtsprechung entscheidet der Oberste Gerichtshof, dass dem Unterhaltsverpflichteten die verfassungsmäßig gebotene steuerliche Entlastung durch Anrechnung von Transferleistungen auch dann zugute kommt, wenn seine Leistungsfähigkeit aufgrund eines infolge Erreichens der Luxusgrenze angenommenen Unterhaltsstopps nicht zur Gänze ausgeschöpft wird. Eine fiktive Anhebung der Luxusgrenze, um diese steuerliche Entlastung zu umgehen, ist nicht zulässig (für viele 7 Ob 193/02m = JBl 2003, 113; 9 Ob 27/03s = EFSlg 103.986, zuletzt 3 Ob 82/07s ua; RIS-Justiz RS0117017). Eine von Gitschthaler (Familienbeihilfe und deren Anrechnung auf Kindesunterhaltsansprüche, JBl 2003, 16) praktisch geforderte fiktive Anhebung der Luxusgrenze, um trotz Anrechnung der Transferleistungen zu keiner Unterhaltsherabsetzung unter die Luxusgrenze zu kommen, wurde bereits in der E 7 Ob 54/03x auch in jenen Fällen abgelehnt, in denen die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen isoliert betrachtet ein solches Vorgehen rechtfertigen könnte.
c) Nur wenn eine vergleichsweise Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zu einem das 2,5-fache des Regelbedarfs übersteigenden Unterhaltsbeitrag vorläge, bei der der Wille der Vergleichsparteien darauf gerichtet ist, auch in Hinkunft solle ein höherer als der 2,5-fache Regelbedarf geleistet werden, wäre diese Vergleichsrelation zukünftig aufrecht zu erhalten. Eine derartige Verpflichtung ist aus dem im vorliegenden Verfahren erstatteten schriftlichen Anbringen (vgl § 10 AußStrG) des Antragsgegners nicht abzuleiten: Aus seinem Vorbringen, er widme von den im Zeitraum 1. April 2006 bis 28. Februar 2007 geleisteten Unterhaltszahlungen einen monatlichen Teilbetrag von 907,50 EUR für den Unterhalt der Antragstellerin, ist zwar erkennbar, dass er für diesen Zeitraum keine Anrechnung der Familienbeihilfe im Sinn der Berechnungsmethode des Verfassungsgerichtshofs anstrebt. Dass er sich auch in Hinkunft zu einer den 2,5-fachen Regelbedarf übersteigenden Unterhaltsleistung an die Antragstellerin verpflichten wollte, kann dem Antragsgegner aber schon deshalb nicht unterstellt werden, weil er gleichzeitig ausdrücklich erklärte, ab 1. März 2007 nicht 907,50 EUR, sondern nur mehr 775 EUR an monatlichem Unterhalt zu leisten. Die Ansicht der Vorinstanzen, ausgehend von den Umständen des vorliegenden Einzelfalls sei die monatliche Unterhaltsleistung ab 1. März 2007 auf 775 EUR zu reduzieren, begegnet somit keinen Bedenken.
Da weder die vom Rekursgericht als solche bezeichnete Rechtsfrage eine von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG ist, noch die Antragstellerin in ihrem Rechtsmittel eine solche Frage aufzuzeigen vermag, war der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
Eine Kostenentscheidung war zu treffen, weil die Antragstellerin am 2. August 2007 die Volljährigkeit erreichte. Da für nach Erreichen der Volljährigkeit entstandene Vertretungskosten ein Kostenersatzanspruch bzw eine Kostenersatzverpflichtung besteht (Deixler-Hübner in Rechberger, AußStrG § 101 Rz 13 mwN), sind dem Antragsgegner die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung zuzusprechen.
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