OGH 7Ob193/02m

OGH7Ob193/02m11.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Stefan A*****, in Obsorge der Mutter Elisabeth A*****, über den Revisionsrekurs des Vaters Karl Josef W*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 28. Juni 2002, GZ 16 R 194/02x-87, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 25. April 2002, GZ 2 P 1176/95-80, über Rekurs des Vaters bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung insgesamt zu lauten hat:

Karl Josef W***** ist als Vater des mj. Stefan A***** schuldig,

anstelle der mit Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 6. August

2001, GZ 2 P 1176/95t-62, festgesetzten monatlichen Unterhaltsbeträge

a) für die Zeit vom 1. Jänner 1999 bis 31. Oktober 2000 von S 9.500

(= EUR 690,39) und

b) ab 1. November 2000 von S 11.000 (= EUR 799,49)

folgende monatlichen Unterhaltsbeträge zu zahlen:

  1. a) für die Zeit vom 1. Jänner 1999 bis 31. Oktober 2000 EUR 580 und
  2. b) ab 1. November 2000 EUR 665.

    Das Mehrbegehren, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters

    a) für die Zeit vom 1. Jänner 1999 bis 31. Oktober 2000 um weitere EUR 34,95 auf EUR 545,05 und

    b) ab 1. November 2000 um weitere EUR 90,88 auf EUR 574,12 herabzusetzen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der außerehelich geborene minderjährige Stefan lebt bei seiner Mutter, der die alleinige Obsorge übertragen wurde. Er ist als Schüler ohne Einkommen. Die Unterhaltsverpflichtung des Vaters wurde aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Mödling vom 6. 8. 2001 mit monatlichen Unterhaltsleistungen von S 9.500 (EUR 690,39) für die Zeit von 1. 1. 1999 bis 31. 10. 2000 und von S 11.000 (EUR 799,49) ab 1. 11. 2000 geregelt. Dieser Unterhaltsbemessung wurde ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen des Vaters von S 77.000 (EUR 5.595,81) im Jahr 1999 und von S 80.000 (EUR 5.813,83) im Jahr 2000 zugrundegelegt.

Der Vater, den für seine berufstätige Ehefrau eine weitere (teilweise) Sorgepflicht trifft, beantragte, seine monatliche Unterhaltsverpflichtung ab 1. 1. 1999 auf EUR 545,05 (S 7.500) und ab 1. 11. 2000 auf EUR 574,12 (S 7.900) herabzusetzen, da die von der Mutter bezogene Familienbeihilfe entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 1285/02 zur Abgeltung seiner steuerlichen Mehrbelastung im verfassungsrechtlich gebotenen Ausmaß auf seine Unterhaltsverpflichtung anzurechnen sei.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der vom Verfassungsgerichtshof geforderten steuerlichen Entlastung des getrennt lebenden geldunterhaltspflichtigen Elternteils durch teilweise Anrechnung der Familienbeihilfe stehe § 12a FLAG entgegen, wonach die Familienbeihilfe nicht den Unterhaltsanspruch des Kindes mindere. Die Frage der steuerlichen Ungleichbehandlung der Elternteile sei im Rahmen der Unterhaltsbemessung nicht zu relevieren. Das vom Vater angerufene Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und bestätigte daher dessen Entscheidung, wobei es aussprach, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vorliege, mit der die vom Verfassungsgerichtshof erwogene Unterhaltsberechnung durchgeführt oder abgelehnt worden wäre.

Gegen die Entscheidung der zweiten Instanz richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, die Entscheidung der zweiten Instanz aufzuheben und die Sache an das Rekursgericht zurückzuverweisen bzw dessen Beschluss dahin abzuändern, dass die (von der Mutter bezogene) Familienbeihilfe auf die (Geld-)Unterhaltsver- pflichtung angerechnet werde. Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, und teilweise berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber wendet sich unter Hinweis auf das inzwischen ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 19. 6. 2002, womit § 12a FLAG teilweise als verfassungswidrig aufgehoben wurde, allein dagegen, dass es die Vorinstanzen abgelehnt haben, ihn entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. 6. 2001, B 1285/02, durch Anrechnung der Familienbeihilfe auf seine Unterhaltsverpflichtung steuerlich zu entlasten.

Die Kernaussagen dieses Erkenntnisses vom 27. 6. 2001 hat der Verfassungsgerichtshof in seinem erwähnten Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02-20, selbst dahin zusammengefasst, die nach seiner Judikatur (insb. VfSlg 12.940/1991 und 14.992/1997) verfassungsrechtlich gebotene einkommenssteuerliche Entlastung des gegenüber Kindern zivilrechtlich unterhaltsverpflichteten Elternteiles (die nach der derzeitigen Rechtslage bei gemeinsamer Haushaltsführung in hinreichender Weise durch die sog. Transferleistungen - Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrtag - herbeigeführt werde; vgl. dazu VfSlg 16.026/2000), müsse auch im Falle getrennt lebender Eltern dem Grunde nach gewährleistet sein. Würde die Transferleistung wegen der getrennten Haushaltsführung zu keiner oder nur zu einer unzureichenden Entlastung des zum Geldunterhalt Verpflichteten führen, wäre das (entgegen der Begründung der RV zum Budgetbegleitgesetz 1998) nicht durch eine private Lebensentscheidung oder die Verwirklichung eines persönlichen Risikos bedingt, sondern die Wirkung von allenfalls den Kindsunterhalt bei getrenntem Haushalt abweichend regelnden Vorschriften. Solche seien "freilich nirgends zu sehen". Die somit auch in Fällen getrennter Haushaltsführung erforderliche steuerliche Entlastung könne in diesen Fällen allerdings nicht im Steuerrecht und nicht im Zuge der Transferleistungen besorgt werden. Die den konkreten Verhältnissen gerecht werdende (im gemeinsamen Haushalt sich praktisch erübrigende) Zuordnung der Transferleistungen sei daher im Fall getrennter Haushaltsführung der Eltern eine Frage der (den Zivilgerichten obliegenden) Bemessung des Geldunterhaltes. Wenn der Gesetzgeber die Transferleistungen auch bei getrennten Haushalten grundsätzlich dem das Kind betreuenden Elternteil zukommen lasse und (in § 12a FLAG) eine Anrechnung auf den Unterhalt verbiete, so müsse das im Lichte der verfassungsrechtlich gebotenen steuerlichen Entlastung so verstanden werden, dass die für das Kind zu verwendenden Transferleistungen zwar in der Regel (soweit als möglich) den Unterhalt des Kindes fördern und nicht den Unterhaltspflichtigen entlasten sollten, dass aber der im Einzelfall doch nötige Ausgleich für die überhöhte Steuerbelastung ebenso wenig behindert werde, wie im gemeinsamen Haushalt. Ziehe der Gesetzgeber nämlich die zunächst als bloße Förderung gedachten Transferleistungen angesichts der ihm durch die Verfassung auferlegten Schranken bei gehobenen Einkommen als Mittel zum verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung heran - und davon sei jedenfalls seit den auf die einschlägigen Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs folgenden Fassungen des Gesetzes auszugehen -, müsse der normative Gehalt des § 12a FLAG teleologisch auf jenen Bereich reduziert werden, in dem die Transferleistungen nicht zum Ausgleich der überhöhten Steuerbelastung benötigt würden. Diese Auffassung liege, da § 12a FLAG nicht zwischen getrennter und gemeinsamer Haushaltsführung unterscheide, schon dem Erkenntnis B 1340/00 zu Grunde. Sie gelte unabhängig von der Art der Lebensführung der Eltern.

Bedenken des Obersten Gerichtshofs und mehrerer zweitinstanzlicher Gerichte gegen die vom Verfassungsgerichtshof für notwendig erachtete teleologische Reduktion des § 12a FLAG 1967, BGBl Nr. 376, idF BGBl Nr. 646/1977, hat der Verfassungsgerichtshof "in Wahrnehmung seiner Rechtsbereinigungsfunktion" dadurch Rechnung getragen, dass er die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" in § 12a FLAG als verfassungswidrig aufgehoben hat. Da dadurch das vom Obersten Gerichtshof erblickte Hindernis gegen die vom Verfassungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis als geboten erachtete steuerliche Entlastung getrennt lebender Geldunterhaltspflichtiger durch (teilweise) Anrechnung der vom betreuenden Elternteil bezogenen Familienbeihilfe auf den Unterhalt weggefallen ist, erscheint ein solches, vom Verfassungsgerichtshof gefordertes, eine unter dem Aspekt des Gleichheitsgrundsatzes überhöhte steuerliche Belastung des getrennt lebenden geldunterhaltspflichtigen Elternteils beseitigendes, Vorgehen nun jedenfalls möglich und im Sinne einer gebotenen verfassungskonformen Gesetzesauslegung (Bydlinski in Rummel3 Rz 21 zu § 6 ABGB mwN) aus den vom Verfassungsgerichtshof dargelegten Gründen auch erforderlich.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 19. 6. 2002 dazu abschließend bemerkt, er gehe davon aus, dass die Aufhebung der betreffenden Wortfolge keineswegs zu Folge habe, dass nunmehr die Familienbeihilfe stets zur Gänze dem geldunterhaltspflichtigen Elternteil zugute komme, also zur Gänze auf dessen Unterhaltsverpflichtung anzurechnen sei. Es werde vielmehr der Umstand zu berücksichtigen sein, dass es der Zweck der Neufassung des § 12a FLAG durch BGBl 646/1977 gewesen sei (der in § 2 Abs 2 FLAG seinen deutlichen Niederschlag gefunden habe), die Familienbeihilfe grundsätzlich jenem Haushalt zukommen zu lassen, in dem das Kind betreut wird, sodass eine Anrechnung auf die Geldunterhaltsverpflichtung des nicht haushaltszugehörigen Elternteils nur dann und insoweit in Betracht zu ziehen sei, als die Familienbeihilfe auf Grund der jüngeren Entwicklung der Familienbesteuerung die Funktion einer Abgeltung der steuerlichen Mehrbelastung von Unterhaltsverpflichteten zu übernehmen habe. Für das Ausmaß dieser Anrechnung enthalte das Erkenntnis zu B 1285/00 die maßgebenden Grundsätze.

Der Oberste Gerichtshof teilt diese Ansichten und insbesondere auch die Auffassung, dass es durch die vom Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen B 1340/00 und B 1285/00 entwickelte Berechnungsmethode, die auch im Schrifttum Zustimmung gefunden hat (sie wird von Zorn, Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, 799 [809] als "innovativ" und "weise", von Gitschthaler, [in seiner in Druck befindlichen Monografie: Familienbeihilfe und deren Anrechnung auf Kindesunterhaltsansprüche in JBl 2003 in Druck] als "wohl durchdacht" bezeichnet) möglich ist, festzustellen, ob und inwieweit eine steuerliche Entlastung in Wege der Weiterverrechnung eines Teiles der (vom betreuenden Elternteil bezogenen) Transferleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) erforderlich ist. Nach dieser Methode ist die erforderliche steuerliche Entlastung dadurch zu berechnen, dass die Hälfte des verpflichtend an Kinder zu leistenden Unterhalts vom Einkommen des Geldunterhaltspflichtigen abgezogen wird. Dies führt zu einer steuerlichen Auswirkung in Höhe des jeweiligen Grenzsteuersatzes nach § 33 Abs 1 EStG (50 %, 41 %, 31 %) (der weitere Grenzsteuersatz von 21% ist hier, da die Notwendigkeit einer steuerlichen Entlastung dabei praktisch nicht in Betracht kommt, nicht zu erwähnen. Der jeweilige Grenzsteuersatz muss allerdings, wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis B 1340/00 zum Ausdruck gebracht hat, noch etwas vermindert werden, da zu berücksichtigen ist, dass der Geldunterhaltspflichtige zusätzlich typischerweise (in der Regel aber nicht nachweisbar - vgl Zorn aaO 803) steuerlich begünstigte Einkünfte wie Sparbuch- und Wertpapierzinsen bezieht. Hinsichtlich des Grenzsteuersatzes von 50 % hat der Verfassungsgerichtshof daher in den genannten Erkenntnissen eine Absenkung auf 40 % (also um ein Fünftel), für jedenfalls erforderlich bzw angezeigt erachtet. Ein derartiger genereller pauschaler Abschlag erscheint angesichts des Umstands, dass jeweils im Einzelfall eine Vielzahl von kaum abschätzbaren Faktoren zu berücksichtigen wären, in aller Regel unumgänglich und in der vom Verfassungsgerichtshof gewählten Höhe von einem Fünftel des Grenzsteuersatzes auch angemessen. Durch diese pauschale Absenkung wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass durch die steuerliche Entlastung, die der Geldunterhaltspflichtige durch Anrechnung (eines Teiles) der Transferleistungen erhält, seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit auch wieder seine Unterhaltspflicht steigt (vgl dazu die Ausführungen von Zorn aaO 803f).

In einem weiteren Schritt ist sodann von dem Betrag, der sich durch die Anwendung des abgesenkten Grenzsteuersatzes auf den (halben) Geldunterhalt ergibt, der Unterhaltsabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3 b EStG), den der Steuerpflichtige erhält, abzuziehen (monatlich für das erste Kind ein Absetzbetrag von EUR 25,50, für das zweite Kind ein Absetzbetrag von EUR 38,20 und für jedes weitere Kind von jeweils EUR 50,90). Es verbleibt der Betrag der notwendigen steuerlichen Entlastung (vgl neuerlich Zorn aaO 804).

Auf eine Formel gebracht, lässt sich diese Berechnung daher wie folgt darstellen (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 337; ders. JBl 2003 [in Druck]):

Der (wie bisher nach der Prozentwertmethode berechnete) zu leistende Geldunterhalt dividiert durch zwei, mal verminderter Grenzssteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (höchstens 40 %), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist (selbstverständlich macht es mathematisch keinen Unterschied und wird daher dasselbe Ergebnis erzielt, wenn die Halbierung statt beim Unterhalt erst beim abgesenkten Grenzsteuersatz vorgenommen, also zunächst der (ganze) Geldunterhalt mit dem halben abgesenkten Grenzsteuersatz [höchstens 20 %] multipliziert wird). Durch diese Rechenoperation lässt sich feststellen, ob und wenn ja inwieweit die monatliche Unterhaltszahlungspflicht des getrennt lebenden Geldunterhaltspflichtigen durch Anrechnung auf die Transferleistungen zum Zwecke der notwendigen steuerlichen Entlastung zu vermindern ist.

Zu den beiden in ständiger Rechtsprechung betonten, dem Familienlastenausgleich dienenden (6 Ob 243/01f und 6 Ob 262/01z ua) Aspekten der Familienbeihilfe, Kindern einkommensschwacher Unterhaltspflichtiger einen gewissen Mindestunterhalt zu garantieren (Stichwort Mindestunterhalt) und die mit der Betreuung verbundenen Mehrbelastungen zumindest zum Teil auszugleichen (Stichwort Betreuungshilfe), tritt also die weitere Funktion, für die notwendige steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu sorgen. Alle diese Aspekte erscheinen durch die Berechnungsmethode des Verfassungsgerichtshofes angemessen berücksichtigt:

Für Kinder, die auf die Familienbeihilfe als Mindestunterhalt angewiesen sind, wird in aller Regel der Aspekt der steuerlichen Entlastung keine Bedeutung haben, weil ihre Eltern ohnehin kein Einkommen erzielen, das eine steuerliche Entlastung erforderte. Bei Unterhaltspflichtigen mit durchschnittlichem Einkommen sorgt die Berechnungsmethode dafür, dass einerseits ein angemessener Teil der Familienbeihilfe neben dem zu berücksichtigenden Kinderabsetzbetrag) dem steuerlich zu entlastenden Geldunterhaltspflichtigen zu Gute kommt und der andere Teil dem betreuenden Elternteil zum Ausgleich seiner mit der Betreuung des Kindes verbundenen Mehrbelastung dienen kann. Bei überdurchschnittlich gut verdienenden, getrennt lebenden Unterhaltsverpflichteten wird allenfalls auch ein größerer Teil der Familienbeihilfe zur steuerlichen Entlastung dienen müssen, wobei der Unterhaltsstopp zu Folge der Luxusgrenze, wie Gitschthaler azaO, VIII Höchstgrenzen der Anrechnung, rechnerisch nachweist, bewirkt, dass eine volle Ausschöpfung der Familienbeihilfe zum Zwecke der steuerlichen Entlastung nicht in Betracht kommt.

Diese Erwägungen machen deutlich, dass die Anwendung fixer Sätze bzw eine starre Quotierung der zur steuerlichen Entlastung heranzuziehenden Teile der Familienbeihilfe als den Erfordernissen im Einzelfall nicht Rechnung tragend und die Intention des Verfassungsgerichtshofs eines im Einzelfall ausreichenden und daher verfassungsgemäßen steuerlichen Ausgleichs unterlaufend, abzulehnen sind (vgl Korn, der aaO 808 ebenfalls der Meinung, eine pauschale Regelung wäre sachgerecht, widerspricht; vgl auch Gitschthaler azaO, der eine - von Holzner, Familienbeihilfe und Unterhalt, ÖJZ 2002, 444 [450] ventilierte - Anrechnung lediglich [höchstens] der halben Familienbeihilfe und des halben Kinderabsetzbetrages entschieden verwirft).

Zur Ausmittlung des vom getrennt lebenden Geldunterhaltspflichtigen zu leistenden Unterhalts nach der Berechnungsmethode des Verfassungsgerichtshofs ist über die, wie bisher vorzunehmende Unterhaltsberechnung nach der Prozentwertmethode hinaus lediglich die Feststellung des Grenzsteuersatzes des betreffenden Unterhaltspflichtigen erforderlich. Dabei ist zu betonen, dass bei der Ausmittlung des Grenzsteuersatzes allein steuerrechtliche Parameter maßgebend und die für die Bestimmung der Unterhaltsbemessungsgrundlage entwickelten Grundsätze nicht von Bedeutung sind. Grundsätzlich lässt sich der Grenzsteuersatz des betreffenden Geldunterhaltsverpflichteten durch Einsichtnahme in den Jahreslohnzettel bzw den Einkommenssteuerbescheid feststellen (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 245 und 337; zutreffend wird von Gitschthaler aaO auch auf die diesbezügliche Behauptungs- und Beweispflicht des Unterhaltspflichtigen hingewiesen). Außer in Grenzfällen wird in der Regel, wie von Zorn aaO 804 ausgeführt, auch schon die Feststellung des Brutto- Jahreseinkommens des Geldunterhaltspflichtigen (ohne allfälliges Urlaubsgeld oder Weihnachtsgeld, § 2 Abs 2 und § 41 Abs 4 EStG) Aufschluss über den heranzuziehenden Grenzsteuersatz geben. Wie erwähnt, ist dieser Grenzsteuersatz allerdings bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung noch entsprechend zu vermindern (abzusenken), wobei die Ansicht des Verfassungsgerichtshofes, hinsichtlich des Grenzsteuersatzes von 50 % sei eine Absenkung auf nicht mehr als 40 % angemessen, aus den bereits erörterten Gründen zu billigen ist. Im vorliegenden Fall wurde zwar nur das monatliche Nettoeinkommen des als Pilot unselbständig beschäftigten Vaters festgestellt. Im Hinblick darauf, dass dieses (zwar unter Berücksichtigung von Weihnachts- und Urlaubsgeld) jährlich mit EUR 69.765,92 bereits deutlich über dem zu einem Grenzsteuersatz von 50 % führenden jährlichen Brutto-Einkommen von EUR 50.870 liegt, ist evident, dass das jährliche Bruttoeinkommen diesen Betrag überschreitet und daher der Grenzsteuersatz des Vaters 50 % beträgt, weshalb sich ein Auftrag zu Feststellung des hier anzuwendenden Grenzsteuersatzes durch die Vorinstanzen erübrigt.

Damit sind alle Prämissen bekannt, die zur Berechnung der dem Vater nach den dargelegten Grundsätzen gebührenden steuerlichen Entlastung durch Anrechnung der von der Mutter bezogenen Transferleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) auf die Geldunterhaltsverpflichtung notwendig sind.

Zu beachten ist nun allerdings, dass der Vater ein überdurchschnittlich hohes Einkommen erzielt, welcher Umstand nach ständiger Rechtsprechung dazu veranlasst, die Prozentkomponente bei der Ausmessung des Unterhalts seines Sohnes nicht voll auszuschöpfen (RIS-Justiz RS0007138); vielmehr ist in einem solchen Fall zur Vermeidung einer pädagogisch schädlichen Überalimentierung eine Angemessenheitsgrenze als Unterhaltsstopp zu setzen (Schwimann, Unterhaltsrecht2, 32; Stabentheiner in Rummel3 Rz 5d zu § 140 ABGB; Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 252ff, jeweils mwN; RIS-Justiz RS0047447). Diese "Luxusgrenze" wird im Allgemeinen im Bereich des 2 bis 2,5fachen des Regelbedarfs liegend angenommen, wobei allerdings überwiegend die Meinung vertreten wird, dass dies keine absolute Obergrenze darstellt (vgl Schwimann aaO, 32f; Stabentheiner aaO, Rz 5d zu § 140; Gitschthaler aaO Rz 254ff; 1 Ob 311/98m mwN; 2 Ob 193/00x ua).

Im vorliegenden Fall wurde diese "Luxusgrenze" von den Vorinstanzen beachtet: Nach der anerkannten, dem Interesse der Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle Rechnung tragenden Prozentwertmethode bestimmt sich der Unterhalt von Kindern für den hier relevanten Altersbereich von über 15 Jahren mit rund 22 % des Nettoeinkommens des Unterhaltspflichtigen, wobei konkurrierende Unterhaltspflichten durch Abzüge angemessen berücksichtigt werden: für jedes weitere Kind je nach dessen Alter über oder unter 10 Jahren 1 bis 2 %, für einen Ehegatten 0 bis 3 %, je nach dessen Eigenverdienst (RIS-Justiz RS0053242 mit zahlreichen Entscheidungsnachweisen). Zieht man, diesen Grundsätzen folgend, wie dies bereits die Vorinstanzen in einer früheren Entscheidung getan haben, hinsichtlich der Ehefrau des Vater 2 % ab, so verbleibt für den 17-jährigen Stefan ein Prozentsatz von 20 % des Nettoeinkommens, womit sich ein monatlicher Unterhalt von EUR 1.162,76 (20 % von EUR 5.813,83) errechnen würde. Tatsächlich wurde der Unterhalt des mj. Stefan, dessen Antrag folgend, von den Vorinstanzen zuletzt aber (nur) mit umgerechnet EUR 799,40 festgesetzt. Dies entspricht in etwa der Luxusgrenze, die im Hinblick auf den monatlichen Regelbedarf eines 16-19 Jahre alten Jugendlichen im Jahr 2001 von etwa EUR 330,- (Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 262) mit ca EUR 825,- monatlich anzusetzen ist.

Gitschthaler vertritt nun in JBl 2003, Punkt IX Anrechnung bei Wirksamwerden des Unterhaltsstopps (in Druck) die Ansicht, in einem solchen Fall des Unterhaltsstopps, in dem der Unterhaltspflichtige ohne diese "Deckelung" mehr leisten müsste, also aus der Sicht des Kindes und unter Berücksichtigung seiner Leistungsfähigkeit "zu wenig" bezahle, erscheine es billig, von einer an sich zustehenden Anrechnung der Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen (teilweise) Abstand zu nehmen; wäre doch der Unterhaltspflichtige sonst zweifach "begünstigt": Einerseits müsste er weniger leisten, als es seiner Leitungsfähigkeit entspräche, und andererseits käme ihm dann für diesen verringerten Betrag auch noch die Steuerentlastung durch die (teilweise) Anrechnung der Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbeträge zugute. Man könne sagen, dass in diesen Fällen die Steuerentlastung des Unterhaltspflichtigen ohnehin schon durch den Unterhaltsstopp antizipiert werde. Die Steuerentlastung habe jedenfalls nichts mit der Frage einer Überalimentierung zu tun. Diese Auffassungen können nicht geteilt werden. Die verfassungsmäßig gebotene Anrechnung der Transferleistungen muss selbstredend auch jenen Unterhaltspflichtigen zugute kommen, deren Leistungsfähigkeit zufolge der Luxusgrenze nicht ganz ausgeschöpft wird. Der Umstand, dass die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten durch die sogenannte Luxusgrenze limitiert werden, ändert nichts daran, dass der (tatsächliche) Unterhaltsanspruch bzw die vom Unterhaltspflichtigen (tatsächlich) zu fordernde Unterhaltsleistung in diesen Fällen Maßstab für die den Unterhaltspflichtigen zu gewährende steuerliche Entlastung sein und bleiben muss. Eine (von Gitschthaler praktisch geforderte) fiktive Anhebung der Luxusgrenze, um trotz Anrechnung der Transferleistungen zu keiner Unterhaltsherabsetzung unter die Luxusgrenze zu kommen, muss daher auch in jenen Fällen abgelehnt werden, in denen die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen isoliert betrachtet ein solches Vorgehen rechtfertigen könnte. Nach der dargestellten - also auch hier ohne Einschränkung anzuwendenden - Berechnungsmethode errechnet sich die dem Vater gebührende steuerliche Entlastung wie folgt:

a) für die Zeit vom 1. 1. 1999 bis 31. 10. 2000:

40 % des halben, dem Vater auferlegten monatlichen Unterhalts von EUR 345,19, ds EUR 138,07 minus Unterhaltsabsetzbetrag EUR 25,50 = EUR 112,57.

b) für die Zeit ab 1. 11. 2000:

40 % des halben monatlichen Unterhaltsbetrags von EUR 399,74, ds EUR 159,90 minus Unterhaltsabsetzbetrag EUR 25,50 = EUR 134,40. Damit vermindert sich der vom Vater zu leistende monatliche Unterhalt durch Anrechnung auf die für den Minderjährigen bezogenen Transferleistungen für den Zeitraum 1. 1. 1999 bis 31. 10. 2000 auf EUR 577,82, aufgerundet EUR 580 und ab dem 1. 11. 2000 auf EUR 665,09, abgerundet EUR 665.

Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, dass eine über den Kinderabsetzbetrag (hinsichtlich desssen § 12a FLAG einer Anrechnung von vornherein nicht entgegengestanden ist) hinausgehende, zum Zwecke der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen vorzunehmende Reduzierung des Unterhalts grundsätzlich erst ab Kundmachung des Aufhebungserkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs in BGBl 2002/152 am 13. 9. 2002 möglich ist. Dies gilt gemäß Art 140 Abs 7 B-VG im vorliegenden "Anlassfall" jedoch nicht; dem Vater gebührt eine steuerliche Entlastung, entsprechend seinem Antrag, daher schon ab 1. 1. 1999.

In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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