Spruch:
Im Verfahren AZ 1 U 236/07g des Bezirksgerichts Bruck an der Leitha verletzen das Gesetz:
1. der Beschluss vom 1. Juli 2007 über die Anberaumung einer Hauptverhandlung in § 450 StPO aF iVm § 114 Abs 8 FPG;
2. das Urteil vom 30. Juli 2007 (ON 14) in §§ 447 (aF) und 261 Abs 1 StPO iVm § 114 Abs 8 FPG.
Dieses Urteil wird aufgehoben.
Text
Gründe:
Sergej K***** wurde mit (bereits rechtskräftigem und gemäß § 458 Abs 3 StPO in gekürzter Form ausgefertigtem) Urteil des Bezirksgerichts Bruck an der Leitha vom 30. Juli 2007, GZ 1 U 236/07g-14, anklagekonform (ON 3) des Vergehens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 FPG schuldig erkannt.
Die unterbliebene Wahrnehmung der sachlichen Unzuständigkeit durch das Bezirksgericht verletzt - wie die Generalprokuratur in ihrer deshalb zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - in zweifacher Hinsicht das Gesetz:
Rechtliche Beurteilung
Die Durchführung eines Strafverfahrens wegen des Vergehens der Schlepperei nach § 114 Abs 1 FPG obliegt gemäß Abs 8 leg cit „den Gerichtshöfen erster Instanz".
Die Zuständigkeit eines Gerichts höherer Ordnung war bereits nach dem Anklagevorbringen (vgl RIS-Justiz RS0101635) offenkundig. Indem es das Bezirksgericht unterlassen hat, seine nach der Aktenlage und dem Antrag auf Bestrafung indizierte sachliche Unzuständigkeit mittels Beschluss (RIS-Justiz RS0106263, RS0072997; Rainer, WK-StPO § 450 Rz
2) festzustellen, verletzt bereits die mit Beschluss vom 1. Juli 2007 verfügte Anberaumung einer Hauptverhandlung (AV-Bogen S 3) das Gesetz in § 450 StPO aF iVm § 114 Abs 8 FPG (vgl 15 Os 163/07w; Rainer, WK-StPO § 450 Rz 9).
Das am 30. Juli 2007 ergangene Urteil (ON 14) steht mit dem Gesetz ebenfalls nicht im Einklang, weil das Bezirksgericht auch noch in der Hauptverhandlung seine sachliche Unzuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen und gemäß § 447 StPO aF iVm § 261 Abs 1 StPO ein Unzuständigkeitsurteil zu fällen gehabt hätte (SSt 28/22 = RIS-Justiz RS0098835; vgl Rainer, WK-StPO § 450 Rz 4).
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Gesetzesverletzungen zum Nachteil des Verurteilten auswirkten, war das in Rede stehende Urteil gemäß § 292 letzter Satz StPO aufzuheben. Unter Beachtung des § 516 Abs 1 zweiter Satz StPO wird es gemäß § 475 Abs 2 zweiter Satz iVm § 263 Abs 4 StPO dem Ankläger obliegen, binnen drei Monaten die zur Einleitung des gesetzlichen Verfahrens erforderlichen Anträge zu stellen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)