OGH 9ObA9/07z

OGH9ObA9/07z10.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und AR Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dietmar F*****, Maschinist, *****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei T***** Personalservice *****, vertreten durch Dr. Erich Kaltenbrunner, Rechtsanwalt in Linz, wegen (eingeschränkt) 5.515,61 EUR sA, über die Revision (Revisionsinteresse 1.428,44 EUR) der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. Oktober 2006, GZ 11 Ra 78/06d-15, womit das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Juli 2006, GZ 60 Cga 5/06i-11, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 300,10 EUR (darin 50,02 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger ist angelernter Baggerfahrer, er war vom 12. 4. 2005 bis

25. 11. 2005 bei der Beklagten, einer Arbeitskräfteüberlasserin, zum

Zwecke der Verleihung als Baggerfahrer beschäftigt. Im

Revisionsverfahren ist nur noch strittig, ob dem Kläger für die Dauer

seines Einsatzes bei einem Bauunternehmer als Beschäftiger der

sogenannte „Referenzlohn" nach Abschnitt IX Z 3

Arbeitskräfteüberlassungs-KollV in Höhe von 110 % des

kollektivvertraglichen Lohns im Beschäftigerbetrieb für angelernte

Arbeitnehmer zusteht oder nicht. Unstrittig ist, dass im

Beschäftigerbetrieb ein Kollektivvertrag galt, der von

Referenz-Verbänden im Sinn des Abschnitts IX Z 4 des

Arbeitskräfteüberlassungs-KollV abgeschlossen worden war. Anlässlich

der Überlassung an den Beschäftigerbetrieb erhielt der Kläger von der

Beklagten folgende „Überlassungsmitteilung laut § 12 AÜG" schriftlich

ausgehändigt: „F***** Dietmar *****,. Beginnend mit 26. 7. 05 werden

Sie zur Arbeitsleistung an die Firma H***** & T***** Baugesellschaft

mbH als neuen Beschäftiger zugewiesen. ... Ort der Beschäftigung:

Österreich beschäftigt als: Arbeiter ... Normalarbeitszeit

wöchentlich (h): 39 ... Bruttoentgelt für die Überlassung:

Normalstunde EUR 8,05/h ... Diät groß frei EUR 26,40/t ... Linz, am

26. 7. 2005 Unterschriften der Arbeitgeberin und des Arbeitnehmers."

Abschnitt IX des Arbeitskräfteüberlassungs-KollV lautet auszugsweise wie folgt:

„Mindestlöhne ...

  1. 1. ...
  2. 2. ...
  3. 3.

    Überlassungslohn

    Für die Dauer der Überlassung besteht Anspruch auf den im Beschäftiger-Betrieb vergleichbaren Arbeitnehmern für vergleichbare Tätigkeiten zu zahlenden kollektivvertraglichen Lohn (ggf Satzung, Mindestlohntarif usw), wenn dieser höher ist als der in Punkt 1 und 2 geregelte Mindestlohn/Grundlohn. Bei Überlassung in einen Betrieb, für dessen vergleichbare Arbeitnehmer ein Kollektivvertrag gilt, der von einem der in Punkt 4 genannten Verbände abgeschlossen wurde, beträgt der Überlassungslohn jedoch für ungelernte Arbeitnehmer 106 %, für angelernte Arbeitnehmer 110 %, für Facharbeiter 114 % des im ersten Satz bezeichneten kollektivvertraglichen Lohnes. ... Die Erhöhung des Überlassungslohnes nach den vorstehenden Absätzen gilt nicht im Probemonat und nicht, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich zur Verrichtung auswärtiger Arbeiten (Abschnitt VIII Punkt 1 bis 10) überlassen und dies in der Einsatzinformation (§ 12 AÜG) angeführt ist (somit Anspruch auf Aufwandsentschädigung bei Arbeitsleistung besteht)."

    Abschnitt VIII „Regelungen für auswärtige Arbeiten" lautet auszugsweise:

    „A) Bei Entsendung durch den Beschäftiger:

    1. Eine Dienstreise liegt vor, wenn der Arbeitnehmer vom Beschäftiger für Arbeiten außerhalb des ständigen, ortsfesten Betriebes des Beschäftigers verwendet oder zu Dienstreisen entsendet wird. Arbeiten auf Baustellen usw gelten jedenfalls als Arbeit außerhalb des Betriebes des Beschäftigers. Die nachstehend geregelten Aufwandsentschädigungen berühren nicht den Entgeltanspruch gemäß § 10 Abs 1 dritter Satz AÜG.

    2. Tagesgelder: Bei einer auswärtigen Tageszeit von mehr als fünf Stunden gebührt ein Tagesgeld pro Arbeitstag in der Höhe von EUR 9,20. Bei einer auswärtigen Arbeitszeit von mehr als neun Stunden gebührt ein Tagesgeld pro Arbeitstag in der Höhe von EUR 19,70. Wenn die Beschäftigung außerhalb des ständigen Betriebes eine Nächtigung außer Haus erfordert oder eine solche angeordnet wird, gebührt täglich ein Tagesgeld in der Höhe von EUR 26,40."

    Das Erstgericht wies den im Revisionsverfahren noch strittigen Teil des Klagebegehrens mit der Begründung ab, dass dem Kläger kein Referenzzuschlag gebühre. Nach den Feststellungen sei in der Einsatzinformation auf „Diät groß frei" ausdrücklich Bezug genommen worden. Eine solche stehe nur bei auswärtigen Arbeiten zu, der Kläger sei somit ausdrücklich unter Anführung des Anspruchs auf Aufwandsentschädigung zur Verrichtung auswärtiger Arbeiten überlassen worden.

    Das Berufungsgericht sprach in Abänderung des Ersturteils den Referenzzuschlag von 10 % (somit 110 % des Kollektivvertragslohns) zu. Es erachtete den Hinweis „Diät groß frei ... EUR 26,40/t" als nicht ausreichend, sodass der Kläger nicht klar erkennen konnte, dass eine auf die gesamte Dauer der Überlassung bezogene Verrichtung auswärtiger Arbeiten vereinbart worden und Inhalt des Einsatzes sei. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur Frage des Schriftlichkeitsgebots für die Ausnahme von Referenzlohn (Abschnitt IX Z 3 Arbeitskräfteüberlassungs-KollV) keine oberstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

    Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren hinsichtlich des Betrags von 1.428,44 EUR abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem das Revisionsgericht nicht bindenden Zulassungsausspruch (§ 508a Abs 1 ZPO) ist die Revision nicht zulässig. Der Arbeitskräfteüberlassungs-KollV weist in seinem Abschnitt IX Z 3 letzter Absatz klar darauf hin, dass die Erhöhung des Überlassungslohns (Anmerkung im Sinn des Referenzlohns) nach den vorstehenden Absätzen nicht gilt, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich zur Verrichtung auswärtiger Arbeiten überlassen und dies in der Einsatzinformation (§ 12 AÜG) angeführt ist. § 12 Abs 1 AÜG bestimmt ausdrücklich, dass die Überlassungsmitteilung ehestmöglich schriftlich zu bestätigen ist. Infolge dieser klaren Regelungen im Kollektivvertrag führt das Fehlen von Rechtsprechung allein noch nicht zur Annahme einer erheblichen Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0109942; RS0042656 [T15]). Da dem Kläger im vorliegenden Fall unstrittig die Überlassungsmitteilung in schriftlicher Form ausgehändigt wurde (Beilage ./E), stellt sich hier die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage der Schriftlichkeit gar nicht.

Fraglich ist vielmehr, ob die Hinweise in der schriftlichen

Einsatzinformation ausreichen, um dem überlassenen Arbeitnehmer zu

verdeutlichen, dass er für auswärtige Arbeiten überlassen worden ist.

Zieht man im vorliegenden Fall in Betracht, dass die

Einsatzinformation als Ort der Beschäftigung „Österreich" und als

Bruttoentgelt für die Überlassung neben dem Normalstundenlohn nur „Diät groß frei EUR 26,40/t" anführt, ist die im Einzelfall erfolgte Beurteilung des Berufungsgerichts, dass dies den notwendigen Inhaltserfordernissen nicht entspreche, um den Referenzlohn auszuschließen, zumindest vertretbar. Insbesondere ist auch in die Erwägungen miteinzubeziehen, dass der Ausdruck „Diät" im Kollektivvertrag nicht vorkommt und mangels Anführung des Beschäftigungsorts bzw der Beschäftigungsorte für den Arbeitnehmer auch nicht sofort nachvollziehbar ist, wofür „Diät groß frei" stehen soll. Während daher der Aussagegehalt einer Einsatzinformation der Auslegung im Einzelfalle vorbehalten bleibt, vermag auch die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Unrichtig ist, dass das Berufungsgericht in der Einsatzinformation nach § 12 AÜG eine „Vereinbarung" gesehen habe. Dieses spricht vielmehr unter ausdrücklichem Zitat der Entscheidung 8 ObA 116/02w davon, dass es sich dabei um eine deklarative Information handle. Das Berufungsgericht verweist lediglich darauf, dass sich aus der konkreten Einsatzinformation nicht ergebe, dass eine Vereinbarung über eine dauernd auswärtige Verwendung außerhalb des Betriebs des Beschäftigers eingegangen worden sei, ohne aber der Urkunde selbst Vereinbarungscharakter zuzuerkennen.

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO erweist sich die Revision daher als unzulässig. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat Anspruch auf Ersatz der Kosten seiner Revisionsbeantwortung, in der er auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen hat.

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