OGH 3Ob54/08z

OGH3Ob54/08z10.4.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon.‑Prof. Dr. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****klub *****, vertreten durch Dr. Erich Kafka und Dr. Manfred Palkovits, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Eva Johanna Z*****, vertreten durch Dr. Michael Ott und Mag. Christoph Klein, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 18. Dezember 2007, GZ 40 R 312/07i‑18, womit das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 26. September 2007, GZ 30 C 63/07p‑14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0030OB00054.08Z.0410.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Das Erstgericht erklärte die auf Weitergabe des Mietobjekts gestützte Aufkündigung des Mietverhältnisses über eine im 2. Wiener Gemeindebezirk gelegene Wohnung für rechtsunwirksam und wies das Begehren, die Beklagte zur geräumten Übergabe der Wohnung zu verpflichten, ab. Rechtlich ging der Erstrichter davon aus, die Beklagte habe im September 2006 die Mietrechte an der Wohnung an ihre Mutter übertragen. Diese habe zuvor zwei Jahre im gemeinsamen Haushalt mit der Beklagten gelebt, gehöre gemäß § 12 MRG zum Kreis der eintrittsberechtigten Personen und habe zum Zeitpunkt der Übertragung über ein dringendes Wohnbedürfnis verfügt. Die Mutter der Beklagten sei daher wirksam in die Mietrechte eingetreten. Aus diesem Grund sei die Beklagte zum Zeitpunkt der Aufkündigung nicht mehr Hauptmieterin gewesen, sodass sie für eine Kündigung nicht passiv klagslegitimiert sei. Auf das Vorbringen des Bestandgebers, es bestehe kein wirksamer Mietvertrag, sei nicht weiter einzugehen, weil bei Richtigkeit dieses Vorbringens eine Räumungsklage wegen titelloser Benützung einzubringen gewesen wäre.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Der Revisionswerber erblickt eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung darin, dass keine oberstgerichtliche Judikatur zu der Rechtsfrage bestehe, ob ein nach zwangsweiser „Arisierung" des Hauses in den Jahren 1938 bis 1945 mit dem neuen Hauseigentümer abgeschlossener Mietvertrag iSd § 879 ABGB nichtig sei. Ebenso fehle eine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob der nunmehrigen Bestandgeberin als Rechtsnachfolgerin des rechtmäßigen Eigentümers, an den das Haus 1950 rückgestellt worden sei, ein außerordentliches Kündigungsrecht zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist nicht zulässig.

1. Auch wenn man dem Revisionsvorbringen folgte, der Abschluss des Mietvertrags mit dem neuen Eigentümer nach zwangsweiser „Arisierung" des Hauses im Jahr 1942 stelle einen wichtigen (außerordentlichen) Grund für eine Aufkündigung nach § 30 Abs 1 MRG dar, so fehlt eine in der gerichtlichen Aufkündigung enthaltene Darstellung dieses Sachverhalts. In der Aufkündigung ist als Kündigungsgrund lediglich mangelnder Bedarf des Mieters bzw die Weitergabe des Mietgegenstands nach § 30 Abs 2 Z 4 MRG angeführt (ON 1). Daraus folgt aber, dass der Vermieter andere als diese Kündigungsgründe im vorliegenden Verfahren nicht mehr geltend machen kann (§ 33 Abs 1 zweiter Satz MRG).

2. Formale Gründe stehen auch der erfolgreichen Geltendmachung der Nichtigkeit des Mietvertrags iSd § 879 Abs 1 ABGB entgegen: Wenngleich der Einwand der Nichtigkeit des Mietvertrags infolge dessen Abschluss mit dem neuen Eigentümer nach „Arisierung" des Hauses bereits im Zuge des Verfahrens erster Instanz (in der Tagsatzung vom 29. August 2007) erhoben wurde, sind in der Berufung der klagenden Partei keine Ausführungen zu diesem Thema enthalten, obwohl dies zur Aufrechterhaltung der Geltendmachung der Ungültigkeit des Mietvertrags im Berufungsverfahren erforderlich gewesen wäre. Eine in der Berufung unterbliebene Rechtsrüge kann nach ständiger Rechtsprechung im Revisionsverfahren nicht mehr nachgeholt werden (Kodek in Rechberger3, § 503 ZPO Rz 23 mwN). Ein rechtlicher Feststellungsmangel liegt somit nicht vor.

3. Selbst wenn man von der Nichtigkeit des Bestandvertrags ausgehen wollte, wäre für den Bestandgeber nichts gewonnen. Wie schon das Erstgericht erkannte, setzt eine gerichtliche Aufkündigung das Vorliegen eines Bestandverhältnisses voraus. Die Aufkündigung müsste also jedenfalls abgewiesen werden, weil mangels eines Bestandverhältnisses nur eine Räumung wegen titelloser Benützung in Frage käme. Eine dennoch erhobene gerichtliche Aufkündigung kann in einem solchen Fall eine Räumungsklage nicht ersetzen (RIS‑Justiz RS0044714, RS0020856).

Da die klagende Partei in ihrer Revision keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, von der die Entscheidung abhängt, ist ihre außerordentliche Revision als unzulässig zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte