OGH 2Ob22/08m

OGH2Ob22/08m27.3.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Baumann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Danzl, Dr. Veith, Dr. Grohmann und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Thomas S*****, geboren am *****, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau, über den Revisionsrekurs des Vaters Dr. Markus S*****, vertreten durch Dr. Karl Bernhauser, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 3. Juni 2004, GZ 21 R 113/04w-80, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 23. Jänner 2004, GZ 1 P 2420/95y-77 (nunmehr 3 P 91/04d), teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erhöhte im zweiten Rechtsgang die - im Revisionsrekursverfahren relevante - monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters (eines in einem niederösterreichischen Krankenhaus beschäftigten Anästhesisten) für den im Oktober 1990 geborenen Minderjährigen ab 1. 10. 2000 von 327,03 EUR auf 559,58 EUR. Dabei ging es von einem für den Zeitraum 2000 bis 2001 ermittelten monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen aus selbstständiger und unselbstständiger Tätigkeit von 3.727,50 EUR aus und zog davon Telefonkosten von 72,70 EUR monatlich sowie Kosten für Fortbildung (Anschaffung von Literatur) in gleicher Höhe ab. Die ebenfalls als Abzugspost geltend gemachten Pkw-Kosten seien durch die Pendlerpauschale und den Verkehrsabsetzbetrag (ca 129 EUR monatlich) gedeckt. Die Feststellung über das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen beruhe auf dem eingeholten Sachverständigengutachten, das im Wesentlichen sämtliche Aufwendungen des Vaters bereits berücksichtigt habe.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte die ausgesprochene Unterhaltserhöhung und teilte die Auffassung des Erstgerichts zur Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit von Beiträgen zum Wohlfahrtsfonds einer Ärztekammer fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der - dem Obersten Gerichtshof im Jänner 2008 vorgelegte - Revisionsrekurs des Vaters ist entgegen dem nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Unterhaltsbemessungen sind grundsätzlich Einzelfallentscheidungen (RIS-Justiz RS0007204 [T11]). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nur dann vor, wenn das Rekursgericht wesentliche Bemessungsfaktoren unberücksichtigt ließ oder bei der Beurteilung gesetzwidrig vorgegangen ist (RIS-Justiz RS0053263).

Der Vater gesteht in seinem Rechtsmittel im Wesentlichen zu, dass die Vorinstanzen die Abzugsfähigkeit der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds einer Ärztekammer grundsätzlich bejaht haben. Er wendet sich auch nicht grundsätzlich dagegen, der ab Oktober 2000 vorgenommenen Unterhaltserhöhung das ab 2000 ermittelte Durchschnittsnettoeinkommen zugrundezulegen. Sein Vorwurf geht vielmehr dahin, dem Gutachten und damit den Feststellungen des Erstgerichts lasse sich die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds nicht entnehmen. In seiner Argumentation verweist er dabei zwar auf die bescheidmäßige Festsetzung dieser Beiträge durch die Ärztekammer (deren Höhe dem Unterhaltsschuldner als Bescheidadressat wohl bekannt sein muss); er führt aber nicht aus, in welcher Höhe zusätzliche, nicht schon von den Vorinstanzen berücksichtigte, Abzüge gerechtfertigt sind und wie sich das auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage auswirken soll.

Die vom Rekursgericht im Zulassungsausspruch genannte erhebliche Rechtsfrage zur (von den Vorinstanzen ohnehin bejahten) grundsätzlichen Abzugsfähigkeit der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds einer Ärztekammer releviert der Revisionsrekurswerber mit diesen Ausführungen nicht. Vielmehr bemängelt der für die Abzugsfähigkeit bestimmter Positionen beweispflichtige (RIS-Justiz RS0111084; vgl RS0106533) Unterhaltsschuldner inhaltlich die erstinstanzlichen Feststellungen als Ergebnis eines mangelhaften und daher ergänzungsbedürftigen Gutachtens. Abgesehen von hier nicht relevanten Ausnahmen können vom Rekursgericht verneinte Verfahrensmängel erster Instanz nicht im Revisionsrekurs geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0050037). Der Oberste Gerichtshof ist auch im außerstreitigen Verfahren nur Rechts-, aber nicht Tatsacheninstanz (RIS-Justiz RS0007236).

Mit dem Vorwurf, die im Jänner 2004 gefällte Entscheidung des Erstgerichts enthalte keine Feststellungen über das Einkommen des Unterhaltspflichtigen für die Jahre 2002 und 2003, übersieht der Revisionsrekurswerber zunächst, dass er selbst von einem monatlichen durchschnittlichen Nettoeinkommen von 3.560,97 EUR für die erste Jahreshälfte 2002 ausgegangen ist (ON 65 S 5). Nach Berücksichtigung der Abzugsposten von zweimal 72,70 EUR monatlich errechnet sich ein Betrag von 3.415,57 EUR. Bei der vom Erstgericht vorgenommenen Festsetzung des monatlichen Unterhaltsbetrags (20 % der Bemessungsgrundlage von 3.582,15 EUR und anschließender Kürzung aufgrund des Bezugs der Familienbeihilfe) lässt sich keine erhebliche Differenz erkennen, welche die Annahme einer korrekturbedürftigen Fehlbeurteilung rechtfertigen könnte. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassung erster Instanz lagen die Einkommenssteuererklärungen und Steuerbescheide für die Jahre 2002 und 2003 noch nicht vor, was der Ermittlung der Bemessungsgrundlage aus selbst- und unselbstständiger Tätigkeit entgegensteht. Das Argument der fehlenden Unterhaltsermittlung für das Jahr 2003 vernachlässigt daher insbesondere das Datum der erstinstanzlichen Entscheidung mit 23. 1. 2004. Abgesehen davon zeigt der Revisionsrekurswerber auch in diesem Punkt nicht auf, welches monatliche Durchschnittsnettoeinkommen seiner Auffassung nach der Unterhaltsbemessung zugrunde zu legen ist. Die Berücksichtigung des Aufwands für Fahrten mit dem Pkw zum Arbeitsplatz ist vom konkreten Einzelfall abhängig (RIS-Justiz RS0111469). Entgegen der Auffassung des Vaters, der in seinem erstinstanzlichen Vorbringen einen monatlichen Abzug von 8.000 S für sämtliche Pkw-Kosten (aliquote Anschaffungskosten, Service, Reparatur, Radwechsel, Versicherungen, Ummeldespesen im Zusammenhang mit einer Übersiedlung, Benzinkosten) erreichen wollte, sind diese Kosten jedenfalls nicht zur Gänze abzugsfähig, weil dies eine Besserstellung des Unterhaltsschuldners gegenüber anderen Pkw-Benutzern bedeuten würde (7 Ob 344/98h; 2 Ob 150/02a). Die Auffassung der Vorinstanzen, den bei der Unterhaltsfestsetzung zu berücksichtigenden Pkw-Aufwand mit monatlich ca 129 EUR zu bemessen, begründet noch keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung. Dasselbe gilt für die unterlassene Berücksichtigung zusätzlicher Kosten für Telefon und Fortbildung. Auch zu diesem Thema begnügt sich der Revisionsrekurs im Wesentlichen mit dem Vorwurf, seine tatsächlichen Aufwendungen seien nicht zur Gänze berücksichtigt worden. Mit Ausnahme der Telefonkosten (145,35 EUR) beziffert er aber die von ihm angestrebten Abzüge nicht. Telefonkosten sind aber jedenfalls nicht zur Gänze abzugsfähig, weil Kosten privater Telefonate Ausgaben des täglichen Lebens darstellen und daher keinen Einfluss auf die Unterhaltsbemessungsgrundlage haben (vgl Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 189). Erachtet das Erstgericht die vorgelegten Telefonrechnungen als nicht ausreichend, um anhand dieser Urkunden den vom Unterhaltsschuldner mit 145,35 EUR bemessenen Aufwand für ausschließlich berufliche Telefonate festzustellen, ist dies ein vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbarer Akt der Beweiswürdigung. Kosten für berufliche Fortbildung bilden nur dann eine Abzugspost, wenn sie existenznotwendig sind (Gitschthaler aaO Rz 194; Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht³ 61). Ob es sich bei den - ebenfalls nicht bezifferten - Auslagen für Fortbildung um derartige existenznotwendige Aufwendungen handelt, lässt sich dem Revisionsrekurs nicht entnehmen. Der wiederholte Hinweis des Rechtsmittels auf das erstinstanzliche Vorbringen ist nicht ausreichend (vgl RIS-Justiz RS0043616). Der von den Vorinstanzen vorgenommene Abzug von jeweils 72,70 EUR an monatlichen Kosten für Telefon und Fortbildung hält sich jedenfalls im Beurteilungsspielraum.

Soweit der unterhaltspflichtige Vater seine unterlassene Einvernahme zum Thema Abzugsposten bemängelt, macht er damit einen Verfahrensmangel erster Instanz geltend, was - wie bereits erwähnt - durch den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar ist. Die Ausführungen zu den Revisionsrekursgründen der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens und der Aktenwidrigkeit zeigen die erforderliche Relevanz nicht auf.

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