OGH 8Ob10/08s

OGH8Ob10/08s28.2.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Konkurssache der Theresia H*****, vertreten durch Dr. Manfred Klicnik, Rechtsanwalt in Linz, über den Revisionsrekurs des Masseverwalters Dr. Peter Posch, Rechtsanwalt in Wels, und über den Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. Dezember 2007, GZ 2 R 236/07z-49, womit über Rekurs der Gläubiger 1. Ingrid H*****, 2. Mag. Gerald H*****, beide vertreten durch Dr. Josef Hofer, Rechtsanwalt in Wels, der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 16. November 2007, GZ 20 S 398/03k-46, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

  1. 1. Der Revisionsrekurs des Masseverwalters wird zurückgewiesen.
  2. 2. Dem Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Der Antrag der Gemeinschuldnerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekurses wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 13. 7. 2007 bestätigte das Erstgericht den am 12. 7. 2007 angenommenen Zwangsausgleich und sprach aus, dass mit Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses der Konkurs aufgehoben ist (§ 152b Abs 1 KO).

Das Erstgericht gab den wesentlichen Inhalt des Zwangsausgleichs wie folgt wieder:

„1. Die Konkursgläubiger erhalten eine 20 %ige Quote, zahlbar binnen 4 Wochen ab Annahme des Zwangsausgleichs, nicht aber vor Rechtskraft der Konkursaufhebung (= Rechtskraft dieses Beschlusses).

2. Die Ausschüttung der Quote an die Konkursgläubiger des Konkurses 20 S 462/96h LG Wels (soweit sie nicht auch ihre Forderungen in diesem Konkurs angemeldet haben und soweit diese nicht bereits als getilgt im Sinne des § 163 Abs 2 KO anzusehen sind) und an die Konkursgläubiger dieses Konkurses, soweit sie ihre Forderungen bisher angemeldet haben, erfolgt durch den Masseverwalter nach konkursrechtlichen Grundsätzen und nach Maßgabe dieses Zwangsausgleichs. Die nach Ausschüttung freie (verbleibende) Konkursmasse (mit Ausnahme der laufenden Pensionsbezüge der Gemeinschuldnerin) verbleibt in der Verfügungsgewalt des Masseverwalters, der diesbezüglich im Amt bleibt. Sollten daher Beträge für diese Konkursmasse frei werden oder hervorkommen, hat der Masseverwalter diese an die Konkursgläubiger (Satz 1 dieses Absatzes) als Superquote auszuschütten.

3. Im Falle des Verzugs des Schuldners bei der Ausgleichserfüllung gilt § 156 Abs 4 und 5 KO mit der Maßgabe, dass die in der an den Schuldner zu richtenden schriftlichen Mahnung, die eingeschrieben zu erfolgen hat, einzuräumende Nachfrist vier Wochen beträgt."

In dem dagegen erhobenen Rekurs stellten die Gläubiger den Antrag auf Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung dahin, dass dem Zwangsausgleich die Bestätigung zu versagen sei. Die Gläubiger machten geltend, dass die neuerliche Eröffnung des Konkurses durch das Konkursgericht den Abschluss eines weiteren Zwangsausgleichs unzulässig mache. Das Scheitern der Überwachung der Erfüllung des Zwangsausgleichs im Vorverfahren könne dem Schuldner nicht neuerlich die Möglichkeit eröffnen, über einen weiteren Zwangsausgleich abstimmen zu lassen. Die Stimmrechtsentscheidung des Erstgerichts sei unzutreffend, weil die Forderung der Gläubiger mit 165.106,14 EUR aushafte und den Gläubigern daher in diesem Umfang das Stimmrecht zuzuerkennen gewesen wäre. Wäre aber den Gläubigern von dieser Gesamtforderung das Stimmrecht zuerkannt worden, hätte der Zwangsausgleich nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 24. 10. 2007, ON 44, dem Rekurs im Umfang der Bestätigung des Zwangsausgleichs durch das Erstgericht nicht Folge, erklärte aber, den erstinstanzlichen Beschluss dahin „abzuändern", dass Satz 1 in Punkt 2 zu lauten habe:

„Die Ausschüttung der Quote an die Konkursgläubiger des Konkurses 20 S 462/96h LG Wels (soweit sie nicht auch ihre Forderungen in diesem Konkurs angemeldet haben und soweit diese nicht bereits als getilgt im Sinne des § 156 Abs 4 Satz 3 KO anzusehen sind) und an die Konkursgläubiger dieses Konkurses, soweit sie ihre Forderungen bisher angemeldet haben, erfolgt durch den Masseverwalter nach konkursrechtlichen Grundsätzen und nach Maßgabe dieses Zwangsausgleichs." Das Rekursgericht ersetzte daher lediglich die Bezugnahme des Erstgerichts auf § 163 Abs 2 KO durch den Hinweis auf § 156 Abs 4 Satz 3 KO.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Rechtlich meinte das Rekursgericht, dass als Folge des im Vorverfahren rechtskräftig geschlossenen Liquidationssachwalterzwangsausgleichs die Gemeinschuldnerin Schuldbefreiung bezüglich der die Zwangsausgleichsquote übersteigenden Forderungsteile erlangt habe (§ 156 Abs 4 Satz 3 KO). Die Eröffnung eines neuerlichen Konkurses nach §§ 157g Abs 5, 163 Abs 1 KO ändere daran nichts. Das neuerliche Konkursverfahren stelle keine Fortsetzung oder Wiederaufnahme des Vorverfahrens dar. Es sei dem Bestätigungsbeschluss des Erstgerichts jedoch nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Konkursgläubiger des vorherigen Konkursverfahrens, die ihre Forderungen nicht neuerlich angemeldet hätten, richtigerweise nur mit dem Unterschiedsbetrag zwischen Zahlung und Quote des seinerzeitigen Liquidationssachwalterzwangsausgleichs zu berücksichtigen seien. Der vom Erstgericht aufgenommene Hinweis auf § 163 Abs 2 KO lasse - wenn auch entgegen dem nicht zuletzt aus der Stimmrechtsentscheidung hervorgehenden wahren Entscheidungswillen des Erstgerichts - die Möglichkeit offen, dass diese Gläubigergruppe mit 67,5 % der ursprünglichen Forderungen zu berücksichtigen sei. Durch den vom Rekursgericht aufgenommenen Hinweis auf § 156 Abs 4 Satz 3 KO (anstelle des vom Erstgericht gesetzten Hinweises auf § 163 Abs 2 KO) werde klargestellt, dass der an die Konkursgläubiger des Vorverfahrens bereits bezahlte Quotenteil zu berücksichtigen sei. Im Hinblick auf § 156 Abs 4 Satz 3 KO lebten trotz Verzugs in der Erfüllung des früheren Ausgleichs die Forderungen der Altgläubiger nicht wieder auf.

Dieser Beschluss des Rekursgerichts wurde am 31. 10. 2007 in der Insolvenzdatei unter wörtlicher Aufnahme des Satzes 1 des Punktes 2 des Spruchs veröffentlicht. Die individuelle Zustellung an den Vertreter der Gläubiger erfolgte am 2. 11. 2007.

Das Erstgericht wies den am 16. 11. 2007 überreichten Revisionsrekurs der Gläubiger mit Beschluss vom gleichen Tag (ON 46) mit der Begründung zurück, dass es sich bei der Rekursentscheidung ohne Zweifel um eine Entscheidung über die Bestätigung des Zwangsausgleichs handle, die auch dann, wenn sie vom zweitinstanzlichen Gericht gefällt werde, öffentlich bekannt zu machen sei. Damit seien aber die Folgen der Zustellung durch die öffentliche Bekanntmachung eingetreten. Die 14-tägige Rechtsmittelfrist des § 176 Abs 1 KO habe demgemäß am 14. 11. 2007 geendet.

Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss erhoben die Gläubiger Rekurs. Das Rekursgericht gab mit dem nun angefochtenen Beschluss vom 17. 12. 2007, ON 49, diesem Rekurs Folge und änderte den erstinstanzlichen Beschluss im Sinne seiner ersatzlosen Behebung ab. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, dass die Entscheidung des Konkursgerichts über die Bestätigung des Ausgleichs (also sowohl die Bestätigung als auch die Versagung der Bestätigung) gemäß § 152 Abs 2 KO allen Konkursgläubigern und den übrigen Beteiligten zuzustellen sei. Gemäß § 152 Abs 3 KO sei die Entscheidung über die Bestätigung öffentlich bekannt zu machen. Normiere die Konkursordnung nebeneinander die individuelle Zustellung und jene durch öffentliche Bekanntmachung, würden die Folgen der Zustellung bereits mit der öffentlichen Bekanntmachung eintreten. Die Beurteilung der Rechtzeitigkeit des von den Rekurswerbern erhobenen Revisionsrekurses hänge daher davon ab, ob der Beschluss des Rekursgerichts öffentlich bekannt zu machen gewesen sei. Diese Frage sei zu verneinen. § 152 KO spreche nur von der Entscheidung des Konkursgerichts, worunter die Konkursordnung das erstinstanzliche Gericht verstehe. Es sei daher für den Lauf der Revisionsrekursfrist das Datum der individuellen Zustellung maßgeblich. Davon ausgehend sei der am 16. 11. 2007 überreichte Revisionsrekurs rechtzeitig.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen vom Masseverwalter erhobene Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der von der Schuldnerin erhobene Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Die den Revisionsrekurs der Gläubiger zurückweisende Entscheidung des Erstgerichts, die vom Rekursgericht ersatzlos behoben wurde, betrifft die Bestätigung des im Verfahren geschlossenen Zwangsausgleichs. Der Masseverwalter kann gegen die Bestätigung des Ausgleichs gemäß § 155 Abs 1 Z 3 KO nur bei Nichtvorliegen der in § 152a Abs 1 Z 1 und 2 KO genannten Voraussetzungen Rekurs erheben. Dem Masseverwalter kommt somit keine Rekurslegitimation gegen die Bestätigung des Zwangsausgleichs durch das Erstgericht zu (RIS-Justiz RS0065305). Diese für die Hauptsachenentscheidung geltende Regelung des § 155 KO ist aus Wertungsgründen auch im Zwischenstreit über die Rechtzeitigkeit eines Rechtsmittels, das die Bestätigung des Zwangsausgleichs betrifft, anzuwenden. Berücksichtigt man, dass der Gesetzgeber den Masseverwalter nicht unter jenen Personen anführt, die (abgesehen von einem hier nicht vorliegenden Ausnahmsfall) gegen die Bestätigung oder die Versagung der Bestätigung des Ausgleichs rekurslegitimiert sind, wäre es widersinnig, dem Masseverwalter bei Zwischenentscheidungen über die Rechtzeitigkeit oder Zulässigkeit eines Rekurses gegen die Bestätigung oder die Versagung der Bestätigung des Zwangsausgleichs Rechtsmittellegitimation zuzuerkennen. Mit eben dieser Begründung wurde dem Masseverwalter auch die Rekurslegitimation gegen den Beschluss über die Einleitung des Verfahrens über einen Zwangsausgleichsantrag abgesprochen (8 Ob 11/07m). Der vom Masseverwalter erhobene Revisionsrekurs ist somit unzulässig.

Anders ist jedoch die Zulässigkeit des Revisionsrekurses der Gemeinschuldnerin zu beurteilen: Der Gemeinschuldner kann gemäß § 155 Abs 2 Z 1 KO nur gegen die Versagung der Bestätigung des Zwangsausgleichs Rekurs erheben, nicht aber gegen die Bestätigung des Ausgleichs. Nun hat zwar - worauf noch näher einzugehen sein wird - das Rekursgericht den Beschluss des Erstgerichts, mit welchem der Zwangsausgleich bestätigt wurde, in Wahrheit zur Gänze bestätigt. Allerdings richtet sich der Rekurs der Gemeinschuldnerin nicht gegen diesen Beschluss, sondern gegen die Zwischenentscheidung des Rekursgerichts, mit welchem es im Ergebnis die Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses der Gläubiger gegen den (bestätigenden) Beschluss des Rekursgerichts bejahte. In diesem Revisionsrekurs stellten die Gläubiger den Antrag, die Entscheidung des Rekursgerichts dahin „abzuändern", dass dem am 12. 7. 2007 angenommenen Zwangsausgleich die Bestätigung versagt werde.

Ausgehend von diesem Revisionsrekursantrag kann der Gemeinschuldnerin ein Interesse an der Zurückweisung des Revisionsrekurses der Gläubiger trotz des aus § 155 Abs 1 KO hervorgehenden Rechtsmittelsausschlusses nicht abgesprochen werden. Wird nämlich dieser Revisionsrekurs zurückgewiesen, also die zurückweisende Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt, ist die Bestätigung des Zwangsausgleichs endgültig.

Der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin ist im Ergebnis auch berechtigt:

Im Vordergrund der Revisionsrekursausführungen, aber auch der Begründung des Rekursgerichts, steht die Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses der Gläubiger gegen die Rekursentscheidung. Einer Auseinandersetzung damit, ob die Anordnung in § 152 Abs 3 KO, wonach die Entscheidung über die Bestätigung öffentlich bekannt zu machen ist, auch auf Rekursentscheidungen anzuwenden ist, oder aber, wie es das Rekursgericht meint, nur auf Entscheidungen des Erstgerichts, bedarf es allerdings aus folgenden Überlegungen nicht:

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Gläubiger, der sich schon nach dem Rekursantrag ausschließlich gegen die Bestätigung des Zwangsausgleichs wendete und eine Abänderung im Sinne einer Versagung der Bestätigung anstrebte, in diesem Umfang nicht Folge. Es sprach allerdings aus, dass im Satz 1 des Punktes 2 anstelle des vom Erstgericht aufgenommenen Verweises auf „§ 163 Abs 2 KO" der Hinweis auf „§ 156 Abs 4 Satz 3 KO" zu erfolgen habe. Diese bloße Klarstellung des erstgerichtlichen Spruchs stellt sich allerdings nicht als inhaltliche Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses dar. Vielmehr verwies das Rekursgericht selbst zutreffend darauf, dass aus der eigenen Stimmrechtsentscheidung des Erstgerichts der wahre Entscheidungswille des Erstgerichts hervorgehe, dass nämlich jene Konkursgläubiger des Vorverfahrens, die ihre Forderungen im nunmehrigen neuerlichen Konkurs nicht anmeldeten, gerade nicht mit 67,5 % ihrer ursprünglichen Forderungen zu berücksichtigen seien. Diese Korrektur stellt ungeachtet der Formulierung im Spruch der rekursgerichtlichen Entscheidung, wonach der angefochtene Beschluss „abgeändert" wird, inhaltlich eine bloße Maßgabestätigung des Rekursgerichts dar. Da somit eine Änderung des Inhalts der erstgerichtlichen Entscheidung vom Rekursgericht weder vorgenommen wurde noch beabsichtigt war, weil das Rekursgericht selbst auf den wahren Entscheidungswillen des Erstgerichts verwies, liegt ein bestätigender Beschluss vor („zur Maßgabebestätigung" vgl RIS-Justiz RS0074300; RIS-Justiz RS0042684). Ein bestätigender Beschluss unterliegt auch im Konkursverfahren gemäß § 171 KO iVm § 528 Abs 2 Z 2 ZPO dem Rechtsmittelausschluss.

Da absolut unzulässige Rekurse auch vom Erstgericht zurückgewiesen werden können (§ 523 ZPO iVm § 171 KO), ist somit der erstgerichtliche Zurückweisungsbeschluss hinsichtlich des von den Gläubigern gegen den Beschluss des Rekursgerichts erhobenen Revisionsrekurses im Ergebnis jedenfalls berechtigt, ohne dass es eines Eingehens auf die Rechtzeitigkeit dieses Revisionsrekurses bedürfte.

Dem Revisionsrekurs war daher Folge zu geben und der Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen. Der Antrag der Schuldnerin auf Zuspruch von Kosten ihres Revisionsrekurses war abzuweisen, weil gemäß § 173 Abs 1 KO im Konkursverfahren, soweit es sich nicht um Rechtsstreitigkeiten handelt, ein Kostenersatz nicht stattfindet (RIS-Justiz RS0065227; zu den Kosten des Rechtsmittelverfahrens 8 Ob 232/00a).

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